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Tagungen<br />
Verantwortung „verdunstet“<br />
Eine Fachtagung in Paderborn thematisiert die Eigentümerverantwortung<br />
Die Finanz- und Wirtschaftskrise<br />
sowie die Diskussion über<br />
hohe Boni und die Gehalts- und<br />
Anreizstruktur für Manager vor<br />
allem bei international tätigen<br />
Unternehmen waren der Hintergrund<br />
für eine prominent besetzte<br />
Fachtagung am 8. und<br />
9. Oktober in Paderborn.<br />
Getragen wurde die Fachtagung<br />
vom <strong>BKU</strong>, der Katholischen Sozialwissenschaftlichen<br />
Zentralstelle<br />
in Mönchengladbach und der<br />
Theologischen Fakultät in Paderborn.<br />
Sozialethische und ordnungspolitische<br />
Grundlagen legten<br />
Prof. Dr. Günter Wilhelms<br />
vom Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre<br />
der theologischen<br />
Fakultät Paderborn und der TübingerWirtschaftswissenschaftler<br />
Prof. Dr. Joachim Starbatty,<br />
Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft<br />
Soziale Marktwirtschaft.<br />
In den Diskussionen der Unternehmenspraktikerkristallisierte<br />
sich schnell der Unterschied zwischen<br />
eigentümergeführten mittelständischen<br />
Unternehmen und<br />
börsennotierten Publikumsgesellschaften<br />
heraus. <strong>BKU</strong>-Projektgruppenleiter<br />
Dr. Thomas Köster<br />
fasste dies so zusammen: „Bei eigentümergeführten<br />
Unternehmen<br />
fallen Führungsverantwortung<br />
und Eigentümerverantwortung<br />
zusammen. Der oder die Eigentümer(-in)<br />
oder die Mitglieder einer<br />
Eigentümerfamilie sind sowohl<br />
den Mitarbeitern als auch der Öffentlichkeit<br />
in der Regel persönlich<br />
bekannt, Verantwortung ist personal<br />
zurechenbar. Bei großen Kapitalgesellschaften<br />
liegen die Dinge<br />
oft anders. Zumindest in den<br />
letzten Jahren konnte der Eindruck<br />
entstehen, als ginge die persönliche<br />
Verantwortung zwischen<br />
Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung<br />
in einem ,kaskadenhaften<br />
Verdunstungsprozess‘<br />
verloren.“<br />
14 <strong>BKU</strong>-Journal 4 2010<br />
Diskutierten die Rahmenbedingungen für Unternehmerverantwortung:<br />
FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler (v.li.), Prof. Dipl.-Ing. Heribert Schmitz<br />
(ehem. Hewlett-Packard GmbH Deutschland), <strong>BKU</strong>-Mitglied Dr. Manfred<br />
Fuchs (Fuchs Petrolub AG, Mannheim) und Dr. Richard Böger (Vorstandsvorsitzender<br />
der Bank für Kirche und Caritas, Paderborn).<br />
Wollen das Thema weiterverfolgen: Die <strong>BKU</strong>-Vorsitzende Marie-Luise Dött<br />
MdB (v.li.), Dr. Thomas Köster (Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer<br />
Düsseldorf), Dr. Carsten Linnemann, MdB, CDU und <strong>BKU</strong>-Berater<br />
Prof. Dr. André Habisch (Katholische Universität Eichstädt-Ingolstadt).<br />
Ein Teilnehmer spitzte dies zu<br />
und fragte mit Blick auf die Verantwortung<br />
auch des einzelnen<br />
Aktionärs: „Was bedeutet es für<br />
den Grundsatz ,Eigentum verpflichtet!‘,<br />
wenn Aktien als Eigentumstitel<br />
täglich, stündlich, minütlich<br />
oder sogar sekündlich rund<br />
um den Globus gehandelt werden<br />
können und der ,Share Holder‘<br />
zum ,Share Hopper‘ wird?“<br />
Dr. Axel Smend, Geschäftsführer<br />
Deutsche Agentur für Aufsichtsräte,<br />
beklagte das Versagen von<br />
Aufsichtsräten in ihrer Verantwortung,<br />
die jeweiligen Unternehmensvorstände<br />
zu kontrollieren.<br />
Verschiedene Teilnehmer teil-<br />
ten diese Auffassung und machten<br />
die mehrfache Verantwortungsdelegation<br />
der Eigentümer als<br />
Kernproblem aus. Besitzer von<br />
Aktienfonds beispielsweise delegierten<br />
ihre Eigentümerverantwortung<br />
an die Fondsmanager,<br />
die zwar in der Regel auf der<br />
Hauptversammlung präsent seien,<br />
aber keine Aufsichtsratsverantwortung<br />
wollten. Vom Fondsanteilseigner<br />
über den Fondsmanager<br />
und den Aufsichtsrat bis zum Vorstand<br />
ergebe sich so eine dreifache<br />
Verantwortungsdelegation, in der<br />
die Personalität der Eigentümerverantwortung<br />
weitgehend verloren<br />
gehe. Martin J. Wilde