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40 Jahre Martinsviertel - Portal-Darmstadt

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Hermann Stumme<br />

<strong>40</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Martinsviertel</strong><br />

Die Geschichte der Sanierung eines Stadtteils<br />

Stadtplanungsamt


VORWORT<br />

DIE ENTSTEHUNG DES MARTINSVIERTELS UND SEINE BEWOHNER<br />

DIE VORGESCHICHTE DER SANIERUNG<br />

Der Flächennutzungsplan von 1960<br />

Der Bebauungsplanentwurf N5<br />

DIE VORBEREITUNG DER SANIERUNG<br />

Die Metroplan-Untersuchung<br />

Das Städtebauförderungsgesetz und die Grundsätze des Sozialplans<br />

Der Rahmenplan zur Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

Anwaltsplaner und der Kampf um die Osttangente<br />

Die Wählergemeinschaft <strong>Darmstadt</strong> (WGD)<br />

Das Ende der Osttangentenplanung<br />

DIE SANIERUNG GREIFT<br />

Die Neuordnung der Blockinnenräume<br />

Die Modernisierung veralteter Bausubstanz<br />

Immobilienspekulation im <strong>Martinsviertel</strong><br />

Der Umbau von Straßen und Plätzen<br />

Soziale Einrichtungen, Handel und Gewerbe<br />

DAS MARTINSVIERTEL HEUTE – WAR DIE SANIERUNG EIN ERFOLG?<br />

ÜBERSICHTSPLAN<br />

QUELLEN, ANMERKUNGEN<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

1<br />

3<br />

8<br />

8<br />

11<br />

14<br />

14<br />

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25<br />

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45<br />

53<br />

55<br />

58<br />

61


Mit der Osttangente fing alles an! Mitten<br />

durch die Wohnbebauung des vom Krieg<br />

weitgehend verschonten <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

sollte eine neue Hauptverkehrsstrasse geschlagen<br />

werden.<br />

Diese Idee wurde Ende der 50er <strong>Jahre</strong><br />

geboren, um die Lösung städtischer Verkehrsprobleme<br />

mit der Erneuerung eines<br />

alten Stadtviertels zu verknüpfen. Das war<br />

der Beginn von 20 <strong>Jahre</strong>n Auseinandersetzung<br />

um den Straßendurchbruch Osttangente,<br />

den dafür notwendigen umfangreichen<br />

Abbrüchen von Wohnhäusern und<br />

der erforderlichen Neubebauung.<br />

Erst 1980, nach dem endgültigen Verzicht<br />

auf den Bau dieser Straße, konnten Planung<br />

und Durchführung einer erhaltenden<br />

Erneuerung des Viertels richtig greifen. Die<br />

Modernisierung veralteter Gebäude, Wohnumfeldverbesserung<br />

und Verkehrsberuhigung<br />

wurden die wesentlichen Themen. Es<br />

sind sinnvolle und wirkungsvolle Maßnahmen,<br />

die schon seit <strong>Jahre</strong>n keine bemerkenswerten<br />

Kontroversen mehr auslösen.<br />

Im Folgenden wird die wechselvolle Geschichte<br />

der Planung und Durchführung<br />

der Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s aufgezeigt,<br />

von den Anfängen bis heute. Dabei<br />

soll auch das mit der Erneuerung Erreichte<br />

an den verfolgten Absichten gemessen werden.<br />

Sanierung für wen? Das war eine über die<br />

langen <strong>Jahre</strong> der Planung und Durchführung<br />

immer wichtige Frage. Sie muss sowohl im<br />

Kontext der Stadt und ihrer Bewohner wie<br />

auch für das Stadtviertel und die von der<br />

Sanierung Betroffenen gesehen werden.<br />

1<br />

VORWORT<br />

Die Geschichte von <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n Sanierungsplanung<br />

im <strong>Martinsviertel</strong>s ist nicht nur<br />

eine Darmstädter Geschichte. In den unterschiedlichen<br />

Zielvorstellungen, die verfolgt<br />

wurden, spiegeln sich die wechselnden Leitbilder<br />

der Stadtplanung, die in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts den Städtebau<br />

in der Bundesrepublik geprägt haben.


<strong>Darmstadt</strong>s Alte Vorstadt und die entstehende Pankratiusvorstadt, Planausschnitt von 1852<br />

2


DIE ENTSTEHUNG DES MARTINSVIERTELS UND SEINE BEWOHNER<br />

Das <strong>Martinsviertel</strong>s ist zwar in seinen wesentlichen<br />

Teilen gründerzeitlich geprägt,<br />

entstand aber über einen langen Zeitraum.<br />

Seit Ende des 16. Jahrhunderts entwickelte<br />

sich nördlich der Altstadt die „alte<br />

Vorstadt“, von einer erweiterten Stadtmauer<br />

umgeben. Die für die wachsende Zahl<br />

der wohlsituierten Hofbeamten errichteten<br />

Schweifgiebelhäuser sind im östlichen Teil<br />

der Alexander- und in der Magdalenenstraße<br />

weitgehend erhalten, aber erheblich<br />

restauriert und zum Teil auch nach dem<br />

letzten Krieg im alten Stil erst wieder aufgebaut<br />

worden. Sie zeigen trotz mancher<br />

Veränderungen ein recht einheitliches Bild<br />

historischer Stadtgestalt.<br />

Nördlich an die alte Vorstadt anschließend<br />

Schweifgiebelhäuser in der Magdalenenstraße um 1900<br />

3<br />

entwickelt sich im 18. Jahrhundert, erstmals<br />

außerhalb der Stadtmauer, die kleinbäuerlich<br />

geprägte, kleinteilige Pankratiusvorstadt.<br />

Es siedelten sich Landwirte aus der Altstadt,<br />

einzelne Handwerker und Veteranen<br />

aus den Garnisonen der Stadt an. Mit der<br />

weiteren Ausdehnung nach Osten in die<br />

Lauteschläger- und Heinheimer Straße<br />

sowie nach Norden im Zuge der Arheilger<br />

Straße zog dann auch in die Stadt drängende,<br />

verarmte Landbevölkerung zu. Dieser<br />

Bereich des <strong>Martinsviertel</strong>s zeichnet<br />

sich durch schmale, unregelmäßig geführte<br />

Straßen mit einer heute recht heterogenen<br />

Bebauung aus, in der aber an vielen Stellen<br />

Reste der ursprünglichen Bebauung noch<br />

gut erkennbar sind.


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

setzte mit der beginnenden Industrialisierung<br />

ein rasantes Bevölkerungswachstum<br />

ein, das schließlich zu einem spekulativ angeheizten<br />

Bauboom im Viertel führte. Zwischen<br />

1880 und 1910 hat sich die Zahl der<br />

Haushalte von 1630 auf 5200 um mehr als<br />

das Dreifache erhöht. 1<br />

Zuerst entstanden noch zwei bis dreigeschossige<br />

Wohnhäuser, insbesondere im<br />

Bereich der 1885 eingeweihten Martinskirche.<br />

In den 90er <strong>Jahre</strong>n wurde dann fast die<br />

gesamte Fläche zwischen Dieburger- und<br />

Frankfurter Straße mit Miethäusern bebaut.<br />

Wie in vielen gründerzeitlichen Stadtvierteln<br />

entstand ein recht einheitliches<br />

Stadtbild, Straßenzüge teils mit, teils ohne<br />

4<br />

Vorgärten, gesäumt von viergeschossigen<br />

Wohnbauten, oft mit historisierendem Dekor<br />

geschmückt.<br />

1871 wurde die Trasse der Odenwaldbahn<br />

auf einem Damm direkt nördlich des heutigen<br />

Rhönrings fertiggestellt. Sie umfährt<br />

das damalige <strong>Darmstadt</strong> in großem Bogen<br />

und prägt den nördlichen Abschluss des<br />

<strong>Martinsviertel</strong>s. Schon wenige Jahrzehnte<br />

später wird die Bahntrasse im Zusammenhang<br />

mit dem 1912 fertiggestellten Darmstädter<br />

Hauptbahnhof nach Norden verlegt.<br />

Während des Ersten Weltkrieges wurde der<br />

Bahndamm von französischen Kriegsgefangenen<br />

wieder abgebaut. Auf den freigelegten<br />

Flächen konnte in den 20er <strong>Jahre</strong>n<br />

Zwei kleine Gardistenhäuser der Pankratiusvorstadt vom Anfang des 18. Jh. und ein gründerzeitliches Mietshaus<br />

aus späterer Zeit in der im Zuge der Sanierung umgebauten Gardistenstraße.


sozialer Wohnungsbau von der Stadt errichtet<br />

werden. Es entstand eine insgesamt<br />

1,5 km langgestreckte, einheitlich gestaltete<br />

Baugruppe, die einen klaren städtebaulichen<br />

Abschluss des <strong>Martinsviertel</strong>s nach<br />

Norden bildet.<br />

Innerhalb des Viertels waren einzelne Flächen<br />

unbebaut geblieben, insbesondere<br />

am Friedrich-Ebert-Platz. Auch dort wurde<br />

bis in die frühen 30er <strong>Jahre</strong> sozialer Wohnungsbau<br />

errichtet, nun in vom Bauhaus<br />

beeinflusster Formensprache.<br />

Zwischen <strong>Martinsviertel</strong> und Innenstadt<br />

liegt die Technische Universität. Ihre Hauptgebäude<br />

wurden an der 1891 gebauten<br />

5<br />

Hochschulstraße errichtet, der ersten direkten<br />

Verkehrsanbindung des Viertels an<br />

die Innenstadt.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden der<br />

damaligen Technischen Hochschule großzügige<br />

Erweiterungen zwischen Alexander-<br />

und Landgraf-Georg-Straße auf Flächen<br />

der im Krieg vollständig zerstörten Altstadt<br />

ermöglicht. Die Hochschule dehnte sich<br />

- neben umfangreichen Neubauten auf der<br />

Lichtwiese - aber auch in das <strong>Martinsviertel</strong><br />

aus. Am Kantplatz entstanden recht gewaltige<br />

Institutsbauten, die den Maßstab des<br />

kleinteiligen Viertels deutlich sprengen.<br />

Das <strong>Martinsviertel</strong> war schon früh Wohnort<br />

Das gründerzeitliche <strong>Martinsviertel</strong> von Norden, Aufnahme 1961. Oben der Riegerplatz, in der Mitte die Lichtenbergstraße.<br />

Die Blockinnenräume sind weitgehend zugebaut, rechts oben im Blockinnern die Firma Baas.


Typische gründerzeitliche Bebauung in der Liebfrauenstraße<br />

6


der weniger Bemittelten. „Aufgrund ihrer<br />

Einwohnerstruktur hat die Pankratiusvorstadt<br />

den bei weitem niedrigsten sozialen<br />

Status aller Stadtteile.“ 2<br />

Daran hat sich im Laufe der Entwicklung<br />

nur wenig geändert. Das <strong>Martinsviertel</strong><br />

bleibt weitgehend Wohnort der sozial<br />

schwachen Bevölkerung und der unteren<br />

Mittelschicht. Es gibt allerdings ein deutliches<br />

Gefälle zwischen dem Ostteil, der<br />

eher von der Mittelschicht geprägt ist und<br />

dem Westteil mit dem alten zentralen Bereich<br />

um die Pankratius- und die Arheilger<br />

Straße, in dem untere soziale Gruppen ansässig<br />

sind. Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

und in den folgenden <strong>Jahre</strong>n löst sich diese<br />

Schichtung teilweise auf, Unterschiede zwischen<br />

dem Ost- und dem Westteil bleiben<br />

aber bestehen.<br />

Sozialer Wohnungsbau am Friedrich-Ebert-Platz, um 1930.<br />

7<br />

Das <strong>Martinsviertel</strong> hatte 1961 18.000 Einwohner.<br />

20 <strong>Jahre</strong> später waren es noch<br />

14.800 und wiederum 20 <strong>Jahre</strong> später<br />

10.100. Ein solcher Einwohnerverlust findet<br />

in allen dicht besiedelten Stadtvierteln<br />

statt, in denen nicht so viele Wohnungen<br />

neu gebaut werden wie die „Wohlstandsauflockerung“<br />

es erfordern würde, um die Einwohnerzahl<br />

zu halten. Die Familien werden<br />

kleiner, gleichzeitig ziehen sie in immer<br />

größere Wohnungen. Die Zahlen für <strong>Darmstadt</strong><br />

zeigen dies deutlich. So hatte die<br />

Stadt 1961 136.<strong>40</strong>0 Einwohner in 43.550<br />

Wohnungen, was einer Belegung von 3,14<br />

Personen je Wohnung entspricht. Im <strong>Jahre</strong><br />

2001 hatte <strong>Darmstadt</strong> die gleiche Einwohnerzahl<br />

in 74.830 Wohnungen, ein Wohnungszuwachs<br />

in <strong>40</strong> <strong>Jahre</strong>n von gut 70%.<br />

Die Belegungsdichte beträgt noch 1,83 Personen<br />

je Wohnung.


DIE VORGESCHICHTE DER SANIERUNG<br />

Der Flächennutzungsplan von 1960<br />

1960 wurde ein neuer Flächennutzungsplan<br />

für die Stadt <strong>Darmstadt</strong> beschlossen.<br />

Er ging von einem Bevölkerungswachstum<br />

von 135.000 auf 150.000 Einwohner aus,<br />

stellte neben verschiedenen Neubaugebieten<br />

umfangreiche gewerbliche Bauflächen<br />

im Nordwesten der Stadt und ein erheblich<br />

erweitertes Straßennetz dar.<br />

In diesem Flächennutzungsplan wurden<br />

auch Neuordnungsgebiete gekennzeichnet,<br />

für die eine „umfassende Sanierung“ für erforderlich<br />

gehalten wurde. Es sind dies Gebiete<br />

in denen „der Baubestand, der Grundstückszuschnitt<br />

und das Verkehrsnetz eine<br />

gesunde städtebauliche Entwicklung ohne<br />

erhebliche Eingriffe nicht mehr erlauben.“ 3<br />

Neuordnungs- bzw. Sanierungsgebiete wurden<br />

in den alten Ortskernen von Bessungen,<br />

Arheilgen und Eberstadt dargestellt und<br />

auch in Teilen des <strong>Martinsviertel</strong>s. Hier<br />

ging es weniger um die Neuordnung alter<br />

dörflicher, von schmalen Gassen geprägter<br />

Strukturen als auch um die „baulichen<br />

Sünden durch die Gründerzeit des 19.<br />

Jahrhunderts,“ 4 die eine „Auflockerung“ erforderten.<br />

Das städtebauliche Leitbild der<br />

Nachkriegszeit, die gegliederte und aufgelockerte<br />

Stadt, war in den Köpfen der Planer<br />

so fest verankert, dass daran gedacht war,<br />

intakte und vom Krieg verschonte Stadtviertel<br />

an die Leitvorstellung anzupassen.<br />

Das Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe<br />

im Mischgebiet, „einem mit den Zielsetzungen<br />

des heutigen Städtebaus schwer<br />

verträglichen Baugebietstyp“ - wie der Erläuterungsbericht<br />

zum Flächennutzungsplan<br />

aussagt - sollte so weit wie möglich beseitigt<br />

werde. Zudem sollten Straßenräume<br />

aufgebrochen werden, um Licht, Luft und<br />

Sonne in die Wohnviertel zubringen.<br />

Das gründerzeitliche Johannesviertel war<br />

8<br />

nicht zur Neuordnung vorgesehen. Auch<br />

nicht große Teile der gleichartigen, geschlossenen<br />

Blockbebauung im <strong>Martinsviertel</strong>.<br />

Dafür aber die Flächen der ehemaligen<br />

Pankratiusvorstadt westlich der<br />

Heinheimer Straße. Wichtige Gründe für<br />

diese Ausweisung waren neben der alten<br />

Baustruktur die Planung einer neuen<br />

Hauptverkehrsstraße durch die Wohnbebauung<br />

des Viertels und die vorgesehene<br />

Erweiterung der Technischen Hochschule<br />

nach Osten.<br />

Ausschnitt aus dem Flächennutzungsplan von 1960<br />

mit der erstmals eingezeichneten Osttangente und<br />

den zwei waagerecht schraffierten Neuordnungsgebieten<br />

im <strong>Martinsviertel</strong>. Dargestellt ist die Heinheimer<br />

Straße als vorhandene städtische Hauptverkehrsstraße<br />

und die Osttangente als geplante anbaufreie<br />

Stadtverkehrsstraße sowie eine Erweiterung der Technischen<br />

Hochschule mit Anschluß an die Osttangente<br />

im Bereich Pankratius- / Ruthstraße.


In dem zur Zeit von Oberbaudirektor Grund<br />

erarbeiteten Verkehrsplan von 1948 5 ist<br />

als zusammenhängender Straßenzug eine<br />

Tangente östlich vom Stadtkern geplant,<br />

die die Nieder-Ramstädter-Straße über die<br />

Teichhausstraße in die Heinheimer Straße<br />

und dann weiter nach Norden führt. Dieser<br />

Straßenzug erforderte den Durchbruch einer<br />

neuen Straße - der späteren Pützerstraße<br />

- zwischen der Landgraf-Georg- und der<br />

Dieburger Straße. Das nördliche Teilstück<br />

zwischen Erbacher- und Dieburger Straße<br />

Ausschnitt aus dem Verkehrsplan <strong>Darmstadt</strong> von 1948<br />

9<br />

wurde noch in den 50er <strong>Jahre</strong>n realisiert,<br />

es fügt sich heute ganz selbstverständlich<br />

in die Stadtstruktur ein. Das südliche, zumeist<br />

vierspurige Teilstück wurde Ende der<br />

60er <strong>Jahre</strong> verwirklicht und wirkt immer<br />

noch als Fremdkörper im Stadtgefüge.<br />

Im Verkehrsplan von 1948 sollte also die<br />

Heinheimer Straße Hauptverkehrsstraße<br />

werden. Mit der Idee, Teile des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

zu sanieren, änderte sich das. So heißt<br />

es im Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan<br />

von 1960: Im neuen Straßenzug


der östlichen Stadtkerntangente „ist die<br />

dichtbesiedelte und beiderseits überwiegend<br />

viergeschossig bebaute Heinheimer<br />

Straße das schwächste Glied; sie sollte<br />

deshalb durch einen neuen, weiter westlich<br />

im Bogen durch das Neuordnungsgebiet zu<br />

führenden Straßenzug ersetzt werden, der<br />

zugleich das Gebiet der Technischen Hochschule<br />

berührt und diese damit besser an<br />

das Hauptverkehrsnetz anschließt.“ 6. Die<br />

neue Hauptverkehrsstraße sollte anbaufrei<br />

sein.<br />

10


Für die ausgewiesenen Neuordnungsgebiete<br />

beschloss der Magistrat im Mai 1960<br />

zur Sicherung der Planung „wird Bausperre<br />

bis zum Inkrafttreten der hierfür aufzustellenden<br />

Bebauungspläne verhängt,<br />

längstens auf die Dauer von drei <strong>Jahre</strong>n.“ 7<br />

Die erforderlichen Planungszeiträume für<br />

schwierige Bebauungspläne hatte der Ma-<br />

Der Bebauungsplanentwurf N5, 1969<br />

11<br />

Der Bebauungsplanentwurf N5<br />

gistrat allzu optimistisch eingeschätzt. Der<br />

formelle Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan<br />

N5 - <strong>Martinsviertel</strong> wurde erst<br />

im Dezember 1963 gefasst, die Offenlage<br />

schließlich im Februar 1969 beantragt,<br />

aber von der Stadtverordnetenversammlung<br />

nie beschlossen.


Dieser Plan sah mindestens im zentralen<br />

Bereich eine gründliche Umstrukturierung<br />

durch Flächensanierung vor, d.h. den Abbruch<br />

zahlreicher vorhandener Gebäude,<br />

den Bau neuer Straßen und Neubauten auf<br />

den freigeräumten Freiflächen. Die Planung<br />

erinnert in Teilen an Neubaugebiete, wie sie<br />

in den 60er und 70er <strong>Jahre</strong>n am Stadtrand<br />

entstanden.<br />

Prägnant schwingt die Osttangente im Bebauungsplanentwurf<br />

N5 durch das Viertel,<br />

vierspurig mit begrüntem Mittelstreifen,<br />

anbaufrei und ohne die in Grünflächen<br />

geführten begleitenden Gehwege 19,5<br />

bis 22 Meter breit. Nur eine einzige Kreuzung<br />

im Zuge einer Querachse, die mitten<br />

durch Bebauung von der Pallaswiesen- zur<br />

Wenckstraße führt, verbindet mit dem Straßennetz<br />

des Viertels.<br />

Zahlreiche Straßen enden an der Osttangente<br />

in Wendehämmern, so auch die<br />

Heinheimer Straße im Norden und im Süden.<br />

Andere Straßen, wie zum Beispiel<br />

die Kranichsteiner Straße, die Müller- und<br />

die Eckhartsrasse sowie Teile der Schuhknecht-<br />

und der Liebfrauenstraße sind als<br />

öffentliche Grünflächen mit Fußwegen ausgewiesen.<br />

Der markanteste Teil der neuen Bebauung<br />

sind fünf achtgeschossige Punkthäuser, die<br />

umgeben von Grünflächen die Stadtschnellstraße<br />

auf der Ostseite säumen. Auf der<br />

Westseite sind von der Dieburger- bis fast<br />

zur Gardistenstraße alle Flächen für die<br />

Erweiterung der Technischen Hochschule<br />

vorgesehen. Nördlich anschließend wurden<br />

dann Bauflächen für ortsgebundenes Kleingewerbe<br />

ausgewiesen.<br />

Nur wenige der gründerzeitlichen Baublöcke<br />

sind im Plan vollständig erhalten. Insbeson-<br />

12<br />

dere auf der Südseite der Blöcke wurden<br />

bisweilen ganze Häuserzeilen beseitigt und<br />

teilweise durch senkrecht zur Straße stehende,<br />

viergeschossige Neubauten ersetzt;<br />

so wurden die Baublöcke für Licht, Luft und<br />

Sonne geöffnet. An einigen Stellen müssen<br />

ganze Häuserzeilen zweigeschossigen Gemeinschaftsgaragen<br />

und Pkw-Stellplätzen<br />

weichen.<br />

Der Entwurf des Bebauungsplanes N5 fand<br />

bei den betroffenen Bürgern des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

wenig Gefallen. Schon im April<br />

1964 hat der Magistrat in einer Bürgerversammlung<br />

mit dem Thema „das <strong>Martinsviertel</strong><br />

soll schöner werden“ den damaligen<br />

noch wenig ausgearbeiteten Stand der Planung<br />

vorgestellt. Die Erläuterung der vorgesehenen<br />

Planung durch Oberbaudirektor<br />

Hans Assmann war so umfassend, dass sie<br />

vom Darmstädter Echo als städtebauliche<br />

Vorlesung bezeichnet wurde. 8 Das Leitbild,<br />

unter dem die Planungsarbeit stehe, sei die<br />

Verschönerung des Stadtviertels. Ein aufgelockertes,<br />

gründurchzogenes, allerdings<br />

durch die Osttangente geteiltes <strong>Martinsviertel</strong><br />

solle entstehen. Zahlreiche Punkte<br />

der vorgestellten Sanierungsplanung wurden<br />

von den Bürgern kritisiert: Die Gebäudeansprüche<br />

der Technischen Hochschule,<br />

die zahlreichen Abbrüche von Wohnbauten<br />

und Geschäftshäusern mit unabsehbaren<br />

Folgen für die Gewerbetreibenden, deutlich<br />

höhere Mieten für die Neubauten an Stelle<br />

der Altbauwohnungen. Schließlich wurden<br />

Sinn und Zweck der Sanierung überhaupt in<br />

Frage gestellt, z.B. durch Georg Hahn, Vorsitzender<br />

des Bezirksvereins <strong>Martinsviertel</strong>:<br />

„Mir is es Watzeverdel schee genug.“ 9<br />

Sehr lebhaft ging es bei einer Bürgerversammlung<br />

<strong>Jahre</strong> später, im Juni 1969 zu.<br />

Der Bebauungsplan N5 war nun endlich<br />

vollständig ausgearbeitet. Wichtigstes Thema<br />

war die Osttangente. Die Martinsviert-


ler, so das Darmstädter Echo “sind offensichtlich<br />

in ihrer Mehrheit der Meinung,<br />

dass die Funktion der Osttangente auch<br />

die Heinheimer Straße übernehmen kann.<br />

Der Architekturstudent Steuernagel der<br />

mit dem Oberbürgermeister und dem Planungschef<br />

die Klingen kreuzte - es war der<br />

Höhepunkt des Abends - plädierte für diese<br />

Lösung. Das Argument, die Heinheimer<br />

Straße sei beiderseits bebaut widerlegte<br />

er mit einem Hinweis auf den Plan: Dieser<br />

zeige deutlich, das große Teile der Ostrandbebauung<br />

ohnehin wegfallen.“ 10 Das Echo<br />

berichtet von frenetischem Beifall, wenn<br />

die Notwendigkeit der Osttangente in Frage<br />

gestellt wurde. Nach weiterer Kritik und nur<br />

recht generellen Antworten auf Fragen aus<br />

dem Publikum meinte Oberbürgermeister<br />

Dr. Engel schließlich: „Dieser Plan ist nicht<br />

der Weisheit letzter Schluss, es gibt schon<br />

neue Überlegungen.“ 11 Nur 14 Tage später<br />

titelt das Darmstädter Echo: Staatsbegräbnis<br />

erster Klasse für den N5 ? 12 Der Vorsitzende<br />

der SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung<br />

Heribert Wenzel „hält<br />

es für ein unerträgliches Verfahren, das die<br />

Verwaltung diesen Plan den Stadtverordneten<br />

zur Annahme empfehle.“ 13 Tatsächlich<br />

erschien der N5 dann auch nicht mehr auf<br />

der Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung,<br />

der Plan verschwand im Archiv.<br />

Schon 1968, bevor auch nur eine abgestimmte<br />

Planung zur Neuordnung des<br />

<strong>Martinsviertel</strong>s vorlag, beabsichtigte der<br />

Magistrat, der Neuen Heimat Südwest die<br />

gesamte Durchführung der Sanierung zu<br />

übertragen. Die Gesellschaft war bereits im<br />

neu entstehenden Stadtteil Kranichstein als<br />

Maßnahmeträger für die Stadt tätig. In der<br />

Stadtverordnetenversammlung formierte<br />

sich aber bald deutlicher Widerstand gegen<br />

die Absicht, die Verantwortung für<br />

die Durchführung der Sanierung - auf der<br />

13<br />

Grundlage der entstehenden Bebauungsplanung<br />

N5 - kurzerhand an eine große<br />

auswärtige Gesellschaft zu delegieren.<br />

Das Vorhaben scheiterte, die bereits vorliegenden<br />

Verträge wurden von den Vertretern<br />

der Stadt nicht unterschrieben.<br />

Ende 1969 stellte sich die Situation folgendermaßen<br />

dar:<br />

• Das <strong>Martinsviertel</strong> soll saniert werden.<br />

Schließlich werden vom Bund schon seit<br />

1966 Zuschüsse für Neuordnungsmaßnahmen<br />

in einem „Modellgebiet“ (zwischen<br />

der Heinheimer Straße und der neuen Osttangententrasse)<br />

gezahlt. Zudem hatte das<br />

Statistische Amt der Stadt <strong>Darmstadt</strong> im<br />

Juni 1969 eine Untersuchung vorgelegt, die<br />

mit zahlreichen Daten zur veralteten Bausubstanz,<br />

zur schlechten sanitären Ausstattung<br />

der Wohnungen und zur überalterten<br />

Bevölkerungsstruktur belegte, wie erneuerungsbedürftig<br />

das <strong>Martinsviertel</strong> ist. 14<br />

• Zur Lösung der Verkehrsprobleme im Osten<br />

der Kernstadt soll eine neue vierspurige<br />

Straße - die Osttangente - durch das Viertel<br />

geführt werden. Auch im Gutachten von<br />

Professor Schaechterle zum Generalsverkehrsplan<br />

von 1966 wurde diese Straße als<br />

notwendig dargestellt.<br />

• Der in vieljähriger Arbeit auf der Grundlage<br />

des städtebaulichen Leitbildes der<br />

gegliederten und aufgelockerten Stadt entstandene<br />

Bebauungsplanentwurf für das<br />

<strong>Martinsviertel</strong>, der N5, findet keine Zustimmung,<br />

weder bei den betroffenen Bürgern<br />

noch in der Stadtverordnetenversammlung.<br />

• Eine Sanierungsuntersuchung soll das<br />

weitere Vorgehen klären.


DIE VORBEREITUNG DER SANIERUNG<br />

Die Metroplan-Untersuchung<br />

Bei den Beratungen des umstrittenen Bebauungsplanentwurfes<br />

N5 wurde von verschiedenen<br />

Seiten immer lauter gefordert<br />

und dann auch von der Stadtverordnetenversammlung<br />

beschlossen, vor weiteren<br />

Planungen eine Sanierungsuntersuchung<br />

in Auftrag zugeben. Mängel des Viertels<br />

sollten definiert und Wege aufgezeigt werden,<br />

wie sie behoben werden können. Die<br />

von der Sanierung Betroffenen sollten beteiligt<br />

werden, um sie für die geplanten<br />

Maßnahmen zu gewinnen.<br />

Anfang 1970 lagen der Stadt schließlich<br />

zwei recht unterschiedliche Angebote vor,<br />

Planungsgrundlagen und Vorschläge für die<br />

städtebauliche Erneuerung des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

zu bearbeiten. Ein Angebot enthielt den<br />

Vorschlag, verschiedene Planungsvarianten<br />

auszuarbeiten und diese nach einem in Israel<br />

entwickelten mathematischen Modell<br />

zu analysieren und zu bewerten; Neuland<br />

für städtebauliche Untersuchungen und für<br />

manchen Stadtplaner ein faszinierendes<br />

Verfahren. Soziale Aspekte schienen aber<br />

vernachlässigt, die Ergebnisse undurchschaubar.<br />

Das andere Angebot der Metroplan<br />

Heidelberg 15 bot konventionellere Planungsverfahren.<br />

Neu war der Vorschlag, die<br />

Bewohner des <strong>Martinsviertel</strong>s durch einen<br />

Sanierungsbeirat an den Untersuchungen,<br />

den Planungen und der Bewertung unterschiedlicher<br />

Vorschläge zu beteiligen.<br />

Im Juni 1970 wurde die Metroplan beauftragt.<br />

Die Arbeit begann, allein die Zusammensetzung<br />

des Planungsbeirates und die<br />

Definition seiner Funktion erwiesen sich als<br />

schwierig und zeitraubend. Im April 1971<br />

trat der Beirat zu seiner ersten Sitzung mit<br />

Vertretern des Haus- und Grundbesitzervereins,<br />

der Handwerks- und der Architektenkammer,<br />

des Einzelhandelsverbandes, des<br />

Bezirksvereins <strong>Martinsviertel</strong>, einem Sozio-<br />

14<br />

logen u. a. zusammen. Die so wichtigen<br />

Vertreter aus dem <strong>Martinsviertel</strong> - ein Mieter,<br />

ein Student, eine Hausfrau, eine Sozialarbeiterin,<br />

eine Kindergärtnerin - wurden<br />

erst in einer Bürgerversammlung im Juni<br />

1971 gewählt.<br />

Die Metroplan hatte bei Ihrer Bewerbung<br />

um den Untersuchungsauftrag ein anspruchsvolles<br />

Arbeitsprogramm angeboten.<br />

Es zeigte sich bald, dass sie im festgelegten<br />

Zeitrahmen und zum vereinbarten<br />

Honorar nicht in der Lage war, die von ihr<br />

selbst geweckten Erwartungen zu erfüllen.<br />

So forderten Mitglieder des Planungsbeirat<br />

im September 1971, den Vertrag mit der<br />

Metroplan zu kündigen. Die Mehrzahl der<br />

Beiratsmitglieder stimmte dem zwar nicht<br />

zu, aber das Vertrauen in gute Untersuchungsergebnisse<br />

war gestört.<br />

Die Arbeit der Metroplan wurde Anfang<br />

1972 vorgelegt. Sie enthielt ein umfangreiches<br />

Datenwerk, dessen Auswertung<br />

sich weitgehend als wenig relevant für die<br />

anstehenden Sanierungsaufgaben zeigte<br />

und ein als zu kompliziert empfundenes<br />

Bewertungssystem für die unterschiedlichen<br />

Planungsvarianten. Absicht der<br />

Metroplan war es, den Planungsbeirat an<br />

den Bewertungen zu beteiligen. Das so heterogen<br />

zusammengesetzte Gremium war<br />

dazu aber nicht in der Lage und hat diese<br />

Aufgabe nicht wahrgenommen. Nachdem<br />

eine Gruppe von Mitgliedern des Planungsbeirates<br />

begonnen hatte, grundsätzliche<br />

gesellschaftliche Fragen zu erörtern ist der<br />

Beirat „nach erfolgversprechendem Anfang<br />

in Begriffsverwirrung und Methodenstreit<br />

stecken geblieben.“ 16 Er wurde vom Vorsitzenden<br />

Stadtbaurat nicht mehr einberufen.<br />

Kern der Planungsalternativen der Metroplan<br />

sind unterschiedliche Lösungen zum


Problem Osttangente. Der „Durchbruchsplan“<br />

hat manche Ähnlichkeit mit dem<br />

Bebauungsplanentwurf N5. Er enthält die<br />

Osttangente in der bekannten Trasse, große<br />

Erweiterungsflächen für die Technische<br />

Hochschule und gewerbliche Nutzungen an<br />

der neuen Hauptverkehrsstraße. Der „Umwandlungsplan“<br />

spaltet die Funktion der<br />

Osttangente in zwei Einbahnstraßen auf, in<br />

Nordrichtung durch die Heinheimer Straße<br />

und in Südrichtung im Zuge der Pankratiusstraße<br />

und weiter mit Durchbruch zur<br />

Dieburger-/Pützerstrasse. Diese Lösung<br />

verbindet die Metroplan mit erheblichen<br />

Umstrukturierungen und einer hohen baulichen<br />

Verdichtung für Gewerbe zwischen<br />

den Einbahnstraßen. Diese Alternative wird<br />

in der öffentlichen Diskussion gleich verwor-<br />

Durchbruchsplan<br />

15<br />

fen. Der „Regenerierungsplan“ verschiebt<br />

die strittige Tangente nach Osten bis zum<br />

Ostbahnhof und in den Spessartring. Vom<br />

Washingtonplatz führt sie weiter nach Norden<br />

durch den Bürgerpark. Die Hochschule<br />

wird nur geringfügig nach Norden bis<br />

zur Ruthsstraße erweitert. Nur Gebäude<br />

in schlechten Zustand sollen abgebrochen<br />

werden und so werden auch fast keine Bewohner<br />

durch die Sanierung verdrängt.<br />

Die Arbeit der Metroplan wurde in einer<br />

Broschüre zusammengefasst, die zwar in<br />

großer Zahl verbreitet wurde aber nur als<br />

missglückt bezeichnet werden kann. Mit<br />

dem „Sanierungscocktail“ wird den Martinsviertlern<br />

empfohlen: „Sie können die<br />

Lösung des Problems, wie sie das <strong>Martinsviertel</strong><br />

haben wollen, als Frage nach der


Zusammensetzung eines guten Cocktails<br />

betrachten... Mixen sie sich ihre eigenen<br />

Getränke zusammen, geben Sie der Stadtverwaltung<br />

ihre Rezepte bekannt, sie wird<br />

dann einen für alle verträglichen Cocktail<br />

daraus herstellen.“ 17 Zusammen mit den<br />

als volkstümlich-populär gedachten Texten<br />

in der Broschüre und einer Reihe von wenig<br />

seriösen Karikaturen fühlen sich weder die<br />

Martinsviertler noch die Kommunalpolitiker<br />

ernst genommen und das Vertrauen in<br />

die Untersuchungsergebnisse ist verspielt.<br />

Trotz manch richtiger Ansätze hat die Arbeit<br />

der Metroplan in der weiteren Sanierungsdiskussion<br />

keine Rolle gespielt.<br />

Eine Einwohnerversammlung im Mai 1972<br />

- vom Darmstädter Echo 18 als „hitzige Debatte<br />

in gereizter Atmosphäre“ bezeichnet-<br />

klärte noch einmal, dass die Martinsviertler<br />

aber auch gar nichts von der Osttangente<br />

durch ihr Viertel halten. Oberbürgermeister<br />

Sabais und Stadtbaurat Reißer argumentierten<br />

weiter für den Straßendurchbruch<br />

„und ernteten dabei nur selten Beifall. Buhrufe,<br />

Pfeifen und Zischen wenn sie sprachen;<br />

Aus der Metroplan-Broschüre, 1972<br />

16<br />

frenetischen Beifall„ 19 erhielten die, die<br />

den Magistrat heftig angegriffen. Die Trassenführung<br />

war und blieb die alles bestimmenden<br />

Frage der Sanierungsdiskussion.<br />

Inzwischen hatte sich eine Diplomarbeit<br />

aus der Architekturfakultät der Technischen<br />

Hochschule intensiv mit den städtebaulichen<br />

Auswirkungen des Straßendurchbruchs<br />

durch das <strong>Martinsviertel</strong> beschäftigt.<br />

Dies unter der Prämisse, dass auf die<br />

Osttangente im städtischen Verkehrssystem<br />

nicht verzichtet werden kann. Ergebnis<br />

war eine Führung der neuen Tangente,<br />

die in Ihrem nördlichen Teil nach Westen<br />

verschoben der Arheilger Straße folgt und<br />

damit die Struktur des Viertels weniger<br />

zerstören würde. Der Magistrat der Stadt<br />

<strong>Darmstadt</strong> griff dankbar die Ergebnisse<br />

der „wissenschaftlichen Untersuchung“<br />

auf. Er entschied erneut diese neue Hauptverkehrsstraße<br />

im Interesse der Leistungsfähigkeit<br />

des innerstädtischen Straßensystems<br />

durch das Viertel zu führen, nun in<br />

der neuen Lage.


Das Städtebauförderungsgesetz und die Grundsätze des Sozialplans<br />

1971 wurde in Bonn das viele <strong>Jahre</strong> vorbereitete<br />

und diskutierte Städtebauförderungsgesetz<br />

beschlossen. Es regelt<br />

u.a. detailliert die Vorbereitung, Planung,<br />

Durchführung und Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen.<br />

Im Mai 1972 beschloss die Stadtverordnetenversammlung<br />

großzügig, das gesamte<br />

<strong>Martinsviertel</strong> als Sanierungsgebiet gemäß<br />

Städtebauförderungsgesetz förmlich festzulegen.<br />

Dieser Beschluss ist noch immer<br />

gültig. Er betrifft eine Fläche von 65 ha mit<br />

rund 14.000 Einwohnern, immer wieder als<br />

eines der größten Sanierungsgebiete der<br />

Bundesrepublik bezeichnet. Die nach den<br />

Regeln des Gesetzes normalerweise vor der<br />

Festlegung eines Sanierungsgebietes erforderlichen<br />

vorbereitenden Untersuchungen<br />

konnten entfallen, weil schon Sanierungsgelder<br />

nach <strong>Darmstadt</strong> geflossen waren.<br />

Im Städtebauförderungsgesetz wird ein Sozialplan<br />

gefordert, um zu klären, wie für Betroffene<br />

mögliche nachteilige Auswirkungen<br />

der Sanierung vermieden oder gemildert<br />

werden können. Im Oktober 1972 beschäftigte<br />

sich der Magistrat mit der nach dem<br />

Gesetz erforderlichen Sozialplanung und<br />

legte Grundsätze für den Sozialplan fest.<br />

Die wichtigsten sind:<br />

• Kein Bewohner des <strong>Martinsviertel</strong>s soll<br />

durch Sanierungsmaßnahmen aus dem Gebiet<br />

verdrängt werden, sofern er dort wohnen<br />

bleiben möchte. Ersatzwohnungen sind<br />

in ausreichender Zahl und zu zumutbaren<br />

Bedingungen zur Verfügung zu stellen.<br />

• Abgesehen vom unmittelbaren Bereich<br />

der Osttangententrasse gibt es im Sanierungsgebiet<br />

keine Flächensanierung. Sanierungsmaßnahmen<br />

erstrecken sich auf<br />

Modernisierung, schließen von Baulücken,<br />

entkernen von Blöcken. Der Althausbestand<br />

17<br />

ist so weit wie möglich zu erhalten.<br />

• Neu- und Ersatzwohnungsbau im Sanierungsgebiet<br />

ist so weit wie nötig öffentlich<br />

zu fördern, um erschwingliche Mieten zu<br />

erzielen und um das Belegungsrecht für die<br />

Stadt zu sichern.<br />

• Die Technische Hochschule soll sich nicht<br />

weiter in das <strong>Martinsviertel</strong> ausdehnen.<br />

Mit diesen Grundsätzen hatte sich zumindest<br />

für den nicht vom Osttangentendurchbruch<br />

betroffenen Bereich eine Wende in<br />

der Sanierungspolitik angebahnt. Ziele<br />

waren nun: Erhalt der baulichen und der<br />

sozialen Struktur des <strong>Martinsviertel</strong>s und<br />

Schluss mit der Absicht, Teile des Viertels<br />

für die Erweiterung der Technischen Hochschule<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Für diese Abkehr von bisherigen Vorstellungen<br />

hatten besonders der Ortsverein<br />

<strong>Martinsviertel</strong> der SPD und Oberbürgermeister<br />

Sabais geworben. Eine neu eingesetzte<br />

und dem OB direkt unterstellte Arbeitsgruppe<br />

Sozialplan leistete Überzeugungsarbeit.<br />

Sie sorgte auch dafür, dass die Stadt ihre<br />

Verantwortung für die Sanierungspolitik<br />

wahrnahm und selbst Maßnahmeträger für<br />

die Durchführung wurde. Obwohl die Übertragung<br />

von Sanierungsmaßnahmen auf<br />

Trägergesellschaften aus Sanierungsförderungsmitteln<br />

bezahlt werden können – die<br />

zu je einem Drittel vom Bund und vom Land<br />

Hessen getragen werden - beschloss die<br />

Stadt, eigene Mitarbeiter für diese Aufgabe<br />

einzusetzen. Diese muss sie aus eigenen<br />

Mitteln finanzieren. Eine Entscheidung, die<br />

für die politische Kontrolle vor Ort, die spätere<br />

Sanierungsplanung und den langfristigen<br />

Erfolg der Erneuerungsmaßnahmen<br />

sicherlich von großer Bedeutung war.


In den nächsten <strong>Jahre</strong>n passierte im <strong>Martinsviertel</strong><br />

nicht viel. So formulierte Stadtbaurat<br />

Reißer im Januar 1975 für das<br />

Darmstädter Tagblatt: „Sie haben kürzlich<br />

in einem Kommentar festgestellt, dass<br />

man von der Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

nichts mehr höre. Ihren zwar etwas drastischen<br />

aber zweifellos richtigen Ausführungen<br />

kann nicht widersprochen werden.<br />

Es muss im <strong>Martinsviertel</strong> nicht nur praktisch<br />

Fortschritt, es muss auch Übersicht<br />

über Ziele und bisher erreichte Einsichten<br />

für die Betroffenen hergestellt werden.“ 20<br />

Mehrere Veränderungssperren in den von<br />

der Osttangente betroffenen Bereichen<br />

und die Verunsicherung der Eigentümer<br />

verhinderten auch die notwendigsten Instandsetzungsmaßnahmen<br />

an alten Häusern.<br />

Die Stadt nutzte nach wie vor die zur<br />

Verfügung stehenden Sanierungsmittel, um<br />

Grundstücke aufzukaufen, insbesondere im<br />

Bereich der geplanten Tangente. Auch auf<br />

diesen Grundstücken wurde nicht investiert<br />

sondern eher abgerissen. Ergebnis war, wie<br />

es die FDP in einer Mitteilung ausdrückte,<br />

„konsequente Verslummung der Gebiete im<br />

Trassenbereich, die dann in der Tat sanierungsbedürftig<br />

werden.“ 21 Viele der Mobileren<br />

verließen das Viertel, sozial Schwache<br />

blieben zurück.<br />

Pankratiusstraße um 1975, Bereich der geplanten<br />

Osttangente<br />

18<br />

Fuhrmannstraße um 1975


19<br />

Rahmenplan <strong>Martinsviertel</strong>, 1975


Der Rahmenplan zur Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

Im April 1975 legt Stadtbaurat Reißer<br />

den vom Stadtplanungsamt erarbeiteten<br />

Rahmenplan für das <strong>Martinsviertel</strong> vor. Er<br />

benennt erstmals konkret die Ziele der Sanierung<br />

und Maßnahmen zu ihrer Verwirklichung.<br />

In der in hoher Auflage gedruckten<br />

und an alle Haushalte im Viertel verteilten<br />

Broschüre ist zwar nur eine einzige Seite<br />

der Osttangente gewidmet, die gewaltige,<br />

durch das Viertel geschlagene Schneise,<br />

vierspurig, 32 - 37 Meter breit, mit eigenem<br />

Gleiskörper für eine Straßenbahn in der<br />

Mitte, 22 spielt trotzdem eine zentrale Rolle.<br />

Ergänzend sieht der Rahmenplan als interne<br />

Verbindung zwischen <strong>Martinsviertel</strong>-Ost<br />

und -West wie auch als Anbindung an die<br />

Osttangente eine Straßenquerspange von<br />

der Schlossgarten- zur Wenckstraße vor.<br />

Als unstrittig und als dauerhaft bedeutsam<br />

für die weiteren Planungen haben sich<br />

die übrigen im Rahmenplan vorgesehenen<br />

Maßnahmen erwiesen. So weit nicht die<br />

Osttangente und ihre Randbebauung berührt<br />

sind bedeuten sie eine Abkehr von der<br />

früher geplanten Flächensanierung hin zur<br />

erhaltenden Erneuerung.<br />

So soll die Randbebauung der gründerzeitlichen<br />

Blocks in ihrer Struktur erhalten werden.<br />

Eine baulichen Verdichtung wird nicht<br />

vorgesehen. Dies ist auch eine Reaktion auf<br />

das erste Sanierungsvorhaben im <strong>Martinsviertel</strong>,<br />

die Bebauung auf dem Grundstück<br />

des ehemaligen Gesundheitsamtes am Kopernikusplatz.<br />

Der Wohnbau war für Sanierungsbetroffene<br />

vorgesehen, die es aber bei<br />

seiner Fertigstellung noch gar nicht gab.<br />

Mit sieben Geschossen auf kleinem Grundstück<br />

überragt er weit die Nachbarbauten,<br />

das Grundstück ist deutlich dichter bebaut<br />

als üblich.<br />

20<br />

Kinderspielplätze und weitere Grün- und<br />

Freiflächen sollen als private Gemeinschaftsanlagen<br />

in den Blockinnenräumen<br />

geschaffen werden, ein Vorschlag, der die<br />

spätere konkrete Bebauungsplanung sehr<br />

beschäftigt hat.<br />

Problematisch war - und ist noch immer -<br />

die Unterbringung des ruhenden Verkehrs,<br />

d.h. eine ausreichende Zahl von Stellplätzen<br />

für Autos zu schaffen. Vorgesehen ist ein<br />

gegenüber Neubauten reduzierter Standard<br />

von 0,85 Stellplätzen je Altbauwohnung,<br />

der so weit wie möglich in den vorhandenen<br />

Straßen realisiert werden soll. Der Rahmenplan<br />

schlägt zahlreiche Einbahnstraßen mit<br />

schmalen Fahrbahnen vor, die es erlauben,<br />

mehr als die übliche Zahl von Parkplätzen<br />

auf der Straße unterzubringen.<br />

Eine Erweiterung der Technischen Hochschule<br />

in das <strong>Martinsviertel</strong> wird nicht<br />

mehr vorgesehen. Die Gefahr weiterer maßstabssprengender<br />

Institutsbauten ist für<br />

das Viertel damit gebannt.<br />

Die Umwandlung des <strong>Martinsviertel</strong>s in ein<br />

„modernes Wohngebiet“ - wie im früheren<br />

Bebauungsplanentwurf N5 vorgesehen -<br />

war endgültig gescheitert. Der Rahmen für<br />

eine behutsam Erneuerung weiter Teile des<br />

Viertels war gesetzt, mitten drin aber noch<br />

immer die breite Schneise der zerstörerischen<br />

Osttangente.<br />

Ebenso gescheitert war der Versuch, die<br />

Martinsviertler mit einem Beirat an den<br />

Planungen zu beteiligen. Gewachsen war<br />

dagegen der Widerstand aus dem Viertel<br />

gegen die Osttangente.


Wichtige Grundsätze zum Sozialplan waren<br />

beschlossen, die wesentliche Anliegen<br />

der Wohnbevölkerung berücksichtigten:<br />

Niemand sollte aus dem Viertel vertrieben<br />

Aus der Rahmenplanbroschüre:<br />

Kinderspielplätze als Ausnahme für einzelne Kinder Gemeinschaftspielplatz<br />

Straßenrandparken Geordnet mit neu gepflanzten Bäumen<br />

21<br />

werden, weder durch eine Reduzierung der<br />

Anzahl der Wohnungen noch durch teure<br />

Mieten. Offen blieb, wie es nun tatsächlich<br />

mit der Sanierung vorangehen soll.


Anwaltsplaner und der Kampf um die Osttangente<br />

Die Studentenproteste der zweiten Hälfte<br />

der 60er <strong>Jahre</strong> gegen das gesellschaftliche<br />

System der Bundesrepublik, das Establishment<br />

und die verkrusteten Strukturen waren<br />

nicht ohne Einfluss auf das geistige und<br />

politische Klima. Es wurde nach Veränderungen<br />

gerufen und Bundeskanzler Brandt<br />

versprach 1969 in seiner Regierungserklärung,<br />

mehr Demokratie zu wagen.<br />

Die technische und scheinbar unpolitische<br />

Zielsetzung der Stadtplanung wurde nun<br />

hinterfragt, mit dem Ergebnis, dass zumeist<br />

nur die Mächtigen und Einflussreichen auf<br />

Kosten der Allgemeinheit von Entwicklungsmaßnahmen<br />

profitieren. Es entstand die<br />

Forderung nach wirksamer „Partizipation“<br />

d. h. einer Beteiligung der Betroffenen an<br />

der Stadtentwicklung, einer Kontrolle der<br />

behördlichen Planung nicht nur durch die<br />

örtlichen Politiker sondern durch die, in deren<br />

Stadtteil, in deren Wohnumfeld eingegriffen<br />

werden soll.<br />

In dieser Situation und auf Grund der<br />

Schwierigkeiten, die Bewohner des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

für die Pläne der Stadt zu gewinnen,<br />

beschloss der Magistrat der Stadt<br />

<strong>Darmstadt</strong> im November 1973 für das Sanierungsgebiet<br />

ebenso Anwaltsplaner einzusetzen,<br />

wie im neu entstehenden Stadtteil<br />

Kranichstein. Bezogen auf das Ziel einer<br />

Partizipation der Betroffenen war das eine<br />

ganz innovative Entwicklung, ein „Experiment<br />

zur Herstellung von Öffentlichkeit im<br />

Planungs- und Entscheidungsprozess,“ 23<br />

bei der <strong>Darmstadt</strong> in Kranichstein Vorreiter<br />

in der Bundesrepublik war. Das Modell<br />

für diese Form der Bürgerbeteiligung kam<br />

aus den USA. Den Betroffenen werden fachkundige<br />

Helfer, Anwaltsplaner an die Seite<br />

gestellt, die von der öffentlichen Hand, hier<br />

von der Stadt <strong>Darmstadt</strong> bezahlt werden,<br />

aber im Gegensatz zu den beamteten und<br />

22<br />

angestellten Stadtplanern nicht weisungsgebunden<br />

sind. Sie sollen unabhängig sein<br />

und die Interessen der betroffenen Bürger<br />

vertreten und dabei „speziell unterprivilegierten<br />

und nicht organisierten Gruppen<br />

und Personen bei der Wahrnehmung ihrer<br />

eigenen Interessen helfen. Der Magistrat<br />

versteht die Advokatenplanung als ein Mittel,<br />

einerseits die Rahmenbedingungen einer<br />

Sanierungsplanung zu verdeutlichen,<br />

andererseits aber auch lokale Interessen<br />

und Probleme zum Ausdruck zubringen.<br />

Es soll über die Advokaten der Versuch<br />

gemacht werden, die verschiedenen Meinungen<br />

und Diskussionsergebnisse gegenseitig<br />

zu vermitteln, um zum Ausgleich<br />

zwischen Gruppeninteressen und Allgemeininteressen<br />

beizutragen.“ 24<br />

Im Oktober 1974 nahmen zwei Anwaltsplaner<br />

ihre Tätigkeit auf. Sie waren quasi<br />

„von oben eingesetzt“, d.h. anders als in<br />

Kranichstein, wo eine rege und tatkräftige<br />

Bürgerinitiative ihren Einsatz gefordert hatte<br />

und als Gesprächspartner zur Verfügung<br />

stand, mussten sie im <strong>Martinsviertel</strong> ihre<br />

Klientel, ihre Ansprechpartner erst selbst<br />

suchen. Es gab vielerlei Widerstand gegen<br />

die Osttangente, aber vorerst keine organisierte<br />

Gruppe, die sich diesem Ziel und der<br />

Weiterentwicklung des Viertels im Sinne<br />

einer bürgernahen Sanierung verschrieben<br />

hatte.<br />

Die Anwaltsplaner organisierten eine<br />

Sprechstunde für alle Interessenten und<br />

nahmen nach den verschiedensten Seiten<br />

Kontakte auf. Das waren Vereine, kirchliche<br />

Arbeitsgruppen und die lokalen Parteigruppen.<br />

Bei ihrer anfänglichen Unsicherheit,<br />

ob die Osttangente nicht doch für ein<br />

funktionierendes Straßenverkehrssystem<br />

in der Stadt erforderlich wäre, mussten die<br />

Anwaltsplaner als Interessenvertreter der


Bürger - deren aktiver Teil die Osttangente<br />

nach wie vor heftig ablehnte - nach und<br />

nach deutlicher Position gegen den Straßendurchbruch<br />

beziehen. Langsam gewannen<br />

sie an Einfluß. Nach einer von ihnen 1976<br />

einberufenen Bürgerversammlung bildete<br />

sich schließlich eine „Bürgerinitiative zur<br />

Erhaltung des <strong>Martinsviertel</strong>s“, Keimzelle<br />

einer ein Jahr später gegründeten Gruppe,<br />

die das gewohnte Parteienspektrum in<br />

<strong>Darmstadt</strong> langfristig verändern sollte.<br />

Im April 1976 beschloss schließlich auch<br />

die Stadtverordnetenversammlung nach<br />

langer Diskussion den Rahmenplan für die<br />

Eine Ausgabe der Stadtteilzeitung <strong>Martinsviertel</strong> mit<br />

klarer Aussage zur Position der Bürger.<br />

23<br />

Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s mit dem<br />

Osttangentendurchbruch. Während die allgemeinen<br />

Zielsetzungen des Rahmenplans<br />

kaum strittig waren entzündeten sich die<br />

Kontroversen nach wie vor an der Planung<br />

der Osttangente. Das Unbehagen an deren<br />

Lage mitten im Viertel war so groß, dass die<br />

SPD nur unter der Bedingung zugestimmt<br />

hatte, eine abgesenkte, überdeckte Straße<br />

zu untersuchen. Die FDP forderte gleich<br />

die Führung der neuen Straße im Tunnel,<br />

beides völlig unrealistische Vorschläge, was<br />

von den betroffenen Martinsviertlern auch<br />

so gesehen wurde.


Die Wählergemeinschaft <strong>Darmstadt</strong> (WGD)<br />

Alle Proteste und Unterschriftensammlungen<br />

gegen die Osttangente waren umsonst.<br />

„Keine Fraktion und keine Partei haben<br />

bisher den Mut gehabt, die Osttangente<br />

noch einmal infrage zu stellen.“ 25 Anfang<br />

Januar 1977 beginnt eine neue Phase der<br />

Auseinandersetzung. „Mit wirksamen Waffen<br />

wollen Darmstädter Bürger gegen ein<br />

ungeliebtes Straßenbauprojekte zu Felde<br />

ziehen. Sie sind entschlossen, sich unter<br />

dem Namen „Bürger gegen die Osttangente“<br />

zu einer freien Wählergemeinschaft<br />

zusammen zu tun, um die über 30 Meter<br />

breite Straßenschneise mitten durch das<br />

Altbaugebiet <strong>Martinsviertel</strong> zu verhindern.<br />

Mit eigenen Kandidaten wird der Initiativkreis<br />

zur Kommunalwahl am 20. März antreten,<br />

so der Sprecher des Initiativkreises<br />

Wählergemeinschaft.“ 26 In dem Kreis hatten<br />

sich verschiedene Bürgerinitiativen und<br />

Stadtteilgruppen zusammengeschlossen,<br />

insbesondere Gegner der Ostautobahn und<br />

der Osttangente, die sich dann gemeinsam<br />

als „Wählergemeinschaft <strong>Darmstadt</strong> „<br />

(WGD) an der Kommunalwahl beteiligten.<br />

Der Erfolg war für die erst kurz vor der Wahl<br />

gegründete Gruppe ohne Wahlkampferfahrung<br />

und ohne bekannte Kandidaten mit<br />

8 % der Stimmen in <strong>Darmstadt</strong> und 18,2 %<br />

der Stimmen im <strong>Martinsviertel</strong> grandios.<br />

Die Gegner des Straßenbaus waren nun<br />

erstmals in der Stadtverordnetenversammlung<br />

vertreten, wenn auch noch in der Opposition,<br />

ohne Partner und ohne Mehrheit;<br />

aber „immer deutlicher wird die Verkehrsplanung<br />

zum zentralen Thema in <strong>Darmstadt</strong>.“<br />

27 Die SPD hatte ihre Mehrheit in der<br />

Stadtverordnetenversammlung verloren,<br />

die CDU profitierte und stellte erstmals in<br />

<strong>Darmstadt</strong> die stärkste Fraktion. Zusammen<br />

mit der FDP bildete sie eine Koalition.<br />

24<br />

Inzwischen hatten sich CDU, SPD und FDP<br />

auf ein Moratorium geeinigt, d.h. bis zur<br />

Vorlage des bereits in Auftrag gegebenen<br />

neuen Verkehrsgutachtens für <strong>Darmstadt</strong><br />

sollten alle weiteren Entscheidungen zur<br />

Osttangente zurückgestellt werden.<br />

Nach dem Wahlsieg der CDU 1977 war zunächst<br />

ungeklärt, wie es mit dem Einsatz<br />

der Anwaltsplaner weitergeht. Im November<br />

1977 stellt die Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung aber fest: „Advokatenplanung wird<br />

den Machtwechsel im Darmstädter Stadtparlament<br />

überleben.“ 28 Die CDU hatte<br />

ihren traditionellen Widerstand gegen die<br />

Bürgeranwälte auf Druck des Koalitionspartners<br />

FDP aufgegeben. In Fachkreisen<br />

hatte das Modell schon länger viel Anerkennung<br />

gefunden. Zudem hatte sich die<br />

Zusammenarbeit zwischen Anwaltsplanern<br />

und Stadtplanern zu einem kollegialen,<br />

vertrauensvollen und für beide Seiten nützlichen<br />

Verhältnis entwickelt.<br />

In dieser Zeit begannen außerhalb des Osttangentenbereichs<br />

Instandsetzungen und<br />

Modernisierungen einiger weniger Wohngebäude.<br />

Auch wurden Planungen für einzelne<br />

von Straßen umgebene Baublöcke mit den<br />

Betroffenen erörtert. Davon wird noch berichtet.<br />

Verschiedene Hausabbrüche durch<br />

die Stadtbauverwaltung sorgten immer mal<br />

wieder für erheblichen Unmut und für laute<br />

Proteste. Zentrale Themen waren dies aber<br />

nicht. „Für diese Legislaturperiode und<br />

wahrscheinlich noch darüber hinaus dreht<br />

sich in dieser Stadt die ganze Politik um die<br />

Verkehrsplanung, im Extrakt also um deren<br />

umstrittene Bestandteile Osttangente und<br />

Ostautobahn,“ so die Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung. 29


Ende 1978 wurde das neue Gutachten zum<br />

Generalverkehrsplan für <strong>Darmstadt</strong> vorgelegt,<br />

das eine Reihe von Alternativen mit<br />

verschiedenen Varianten enthält und bewertet.<br />

Die meisten der untersuchten Netze<br />

verbinden – wie schon in der Schaechterle-Planung<br />

der frühen 60er <strong>Jahre</strong> - die von<br />

Norden (A 661) und Osten (A 680) auf<br />

<strong>Darmstadt</strong> zulaufenden Autobahnen miteinander;<br />

die Stadt wäre so an allen Seiten<br />

von Autobahnen eingeschnürt. Das Stadtplanungsamt<br />

wurde beauftragt, die Vorschläge<br />

zu prüfen und eine Entscheidungsgrundlage<br />

vorzulegen.<br />

Nun geschah etwas Ungewöhnliches. Eine<br />

Gruppe von Stadtplanern – später als Dissidenten<br />

bezeichnet - setzte sich in einem<br />

internen Arbeitspapier mit der Straßenplanung<br />

in <strong>Darmstadt</strong> grundsätzlich auseinander<br />

und kam dabei zu Ergebnissen, die der<br />

bisherigen Stadtpolitik voll widersprachen.<br />

Statt Autobahnverknüpfungen wurden zweispurige<br />

Bundesstraßen vorgeschlagen, die<br />

die Naherholungsgebiete im Osten und Süden<br />

der Stadt weitgehend schonen. Die von<br />

Dieburg/Rossdorf kommende A 680 wurde<br />

als zweispurige Straße zum Ostbahnhof<br />

verlängert und weiter weitgehend auf der<br />

Trasse der heute aktuellen Tunnelplanung<br />

durch den Bürgerpark Nord geführt. Anstelle<br />

des Osttangentendurchbruchs wurde<br />

die Heinheimer Straße vorgesehen. Dieses<br />

interne Arbeitspapier gelangte an die Öffentlichkeit,<br />

wurde zuerst in der Zeitung<br />

und dann von den Bürgergruppen, die sich<br />

gegen die offizielle städtische Verkehrsplanung<br />

gebildet hatten, groß herausgebracht<br />

und gab schließlich der Diskussion um den<br />

für erforderlich gehaltenen Straßenbau eine<br />

Wende.<br />

Lange hatten die Kommunalpolitiker der<br />

zwei großen Parteien SPD und CDU ge-<br />

25<br />

Das Ende der Osttangentenplanung<br />

meinsam den Bau der Osttangente im<br />

<strong>Martinsviertel</strong> vertreten. Beeinflusst von<br />

ihrem mitgliederstarken Ortsverein <strong>Martinsviertel</strong><br />

löste sich nun die SPD von der<br />

Idee, die Osttangente sei notwendig, um<br />

Darmstädter Verkehrsprobleme zu lösen.<br />

Die CDU hingegen blieb bei den bisherigen<br />

Beschlüssen und insbesondere ihr Stadtbaurat<br />

Reißer argumentierte weiter für den<br />

Straßendurchbruch, inzwischen umgeplant<br />

und statt 30m nur noch 13m breit. „Die<br />

Straße wird die grüne Achse des <strong>Martinsviertel</strong>s.<br />

Der Name Arheilger Allee wird zutreffen.“<br />

30<br />

Ende Februar 1980 beschließt die Mehrheit<br />

in der Darmstädter Stadtverordnetenversammlung<br />

zum Generalsverkehrsplan für<br />

<strong>Darmstadt</strong> und das Darmstädter Echo titelt:<br />

„Jetzt endgültig: Keine Osttangente im<br />

<strong>Martinsviertel</strong>“ 31<br />

Die CDU aber hielt nach wie vor an dieser<br />

Straßenplanung fest. Die Osttangente wird<br />

zur „Grünen Achse der Vernunft“ und zum<br />

Wahlkampfthema. In einer in 6000 Exemplaren<br />

gedruckten Broschüre wird die<br />

nun nur noch zweispurige innerstädtische<br />

Hauptstraße vom Stadtbaurat mit vielen<br />

Argumenten gepriesen: „Sie muss sein,<br />

wenn wir das <strong>Martinsviertel</strong> tatsächlich<br />

verbessern wollen, wenn wir nicht wollen,<br />

dass über die Arheilger Straße die Ratten<br />

huschen.“ 32 „Wo ungeordnete Flächen und<br />

eine düstere Straße ein schlimmes Bild von<br />

Armut und Verfall zeichnen, sollen viele<br />

neue Wohnungen an einer schmucken Allee<br />

entstehen.“ 33<br />

Bei der Kommunalwahl 1981 verlor die CDU<br />

in <strong>Darmstadt</strong> drei Prozent Stimmenanteil,<br />

hatte im <strong>Martinsviertel</strong> aber nur einen Verlust<br />

von 1,2%. Die SPD gewann 3,7%, die<br />

WGD legte mit 10,1% noch einmal in der


Gestaltungsvorschlag für die Arheilger Allee - die „Grüne Achse der Vernunft“, Baudezernat 1980<br />

26


Gesamtstadt zu und konnte mit der SPD<br />

eine Koalition bilden, nun als „Regierung.“<br />

Die neue Koalition und insbesondere die<br />

WGD wollten die Rückkehr zu den alten<br />

Strassenbauplänen endgültig verhindern<br />

und sorgten kraftvoll für eine neue Wohnbebauung<br />

an der Ecke Dieburger-/Heinheimer<br />

Straße. Damit war die für den Bau<br />

der Osttangente solange frei gehaltene Fläche<br />

zugebaut und der Straßendurchbruch<br />

Neubau Ecke Heinheimer- /Dieburger Straße<br />

27<br />

durch das Viertel nicht mehr möglich.<br />

Der lange und teils bitter geführte Kampf<br />

um die neue Straße war zu Ende. Erst einzelne<br />

Martinsviertler, dann Bürgerinitiativen<br />

mit Hilfe der Anwaltsplaner und schließlich<br />

die bei ihrer zweiten Teilnahme an einer<br />

Kommunalwahl noch einmal erstarkte WGD<br />

hatten das von der Stadtregierung jahrzehntelang<br />

verfolgte Projekt endgültig zu<br />

Fall gebracht.


DIE SANIERUNG GREIFT<br />

Mit dem Verzicht auf die Osttangente war<br />

die für den Mittelbereich des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

vorgesehenen Flächensanierung mit<br />

Totalabriss und Neubebauung „vom Tisch.“<br />

Eindeutiges und allseits anerkanntes Ziel<br />

der Sanierung wurde die erhaltende Erneuerung<br />

mit nur behutsamen Eingriffen in die<br />

überkommene Baustruktur und mit der<br />

Modernisierung überalterter Bausubstanz.<br />

Der ursprüngliche Zweck der Sanierung,<br />

die Aufwertung des veralteten Wohnquartiers<br />

wurde endlich für das ganze Viertel<br />

Schwerpunkt der weiteren Planungsarbeit.<br />

Der von der Osttangentenplanung berührte<br />

Bereich mit seinen langjährigen Bausperren<br />

zeigte einen aufgestauten Instandsetzungs-<br />

und Modernisierungsbedarf, der wirksam<br />

abgebaut werden musste. Die Abwanderung<br />

einkommensstärkerer Schichten sollte<br />

gestoppt werden, ohne das Mietniveau<br />

des billigen - weil schlechten - Altwohnhausbestandes<br />

tüchtig ansteigen zu lassen.<br />

Schließlich war einer der wichtigsten<br />

Grundsätze des 1972 beschlossenen Sozialplans,<br />

dass kein Bewohner des Viertels<br />

durch Sanierungsmaßnahmen oder ihre<br />

Auswirkungen aus dem Viertel verdrängt<br />

werden soll.<br />

Das nun verfolgte Erneuerungskonzept<br />

sieht ein Maßnahmebündel aus den drei<br />

folgenden Schwerpunktaufgaben vor:<br />

• Neuordnung der Blockinnenräume<br />

• Modernisierung veralteter Bausubstanz<br />

• Umbau von Straßen und Plätzen<br />

Diese Aufgaben und ihre Realisierung werden<br />

im Folgenden beschrieben.<br />

28<br />

Pankratiusstraße um 1975<br />

Pankratiusstraße im gleichen Bereich wie oben mit<br />

der Kindertagesstätte Hedwig-Dohm-Haus, 2007


In den gründerzeitlichen Wohnquartieren<br />

sind die ehemals begrünten Blockinnenbereiche<br />

im Laufe der <strong>Jahre</strong> mit vielerlei Gebäuden<br />

und Anlagen verbaut und verstellt<br />

worden. Lagerschuppen, kleinere Fabriken,<br />

Garagenhöfe und vereinzelte Wohngebäude<br />

haben dichtbebaute, ungeordnete und<br />

unfreundliche Hofräume entstehen lassen.<br />

In den seltensten Fällen gibt es auf den<br />

Grundstücken einen ansprechenden Kleinkinderspielplatz.<br />

Öffentliche Spielplätze<br />

sind ebenso rar, und die Straßen dienen<br />

dem Verkehr. Damit ist das Wohnquartier<br />

zum Problembereich für Familien mit kleinen<br />

Kindern geworden, die oft ausziehen,<br />

wenn sie es sich leisten können.<br />

Wohnumfeldverbesserung ist notwendig.<br />

Sie bedeutet, aufzuräumen, zu begrünen<br />

und Wege zu finden, durch die die Blockinnenräume<br />

für die Bewohner wieder benutzbar<br />

werden.<br />

Private Kleinkinderspielplätze können auch<br />

in bebauten Bereichen von der Stadtbauverwaltung<br />

nachgefordert werden, „wenn dies<br />

die Gesundheit oder der Schutz der Kinder<br />

erfordern,“ so erlaubt es die bis zum <strong>Jahre</strong><br />

2002 gültige Hessischen Bauordnung. In<br />

vielen Gebäuden gibt es aber gar keine Kinder;<br />

andere, besonders die Eckgrundstücke<br />

haben keine Freiflächen und wieder andere<br />

sind von anderen Nutzungen wie z.B. Pkw-<br />

Stellplätzen belegt. Das einfache Nachfordern<br />

muss deswegen erfolglos bleiben.<br />

Für die von alten Leuten belegten Gebäude<br />

konnten so keine Verbesserungen für die<br />

nächste, junge Generation geschaffen werden.<br />

Ein schwieriges Problem im Sanierungsgebiet<br />

ist zudem die Unterbringung der<br />

wachsenden Anzahl von Autos. Plätze und<br />

Straßen sind bis an die Grenze des Er-<br />

Die Neuordnung der Blockinnenräume<br />

29<br />

träglichen zugeparkt, weitere Kapazitäten<br />

können nicht gewonnen werden. Vorgärten<br />

sind schützenswert und keine zum Abstellen<br />

von Autos geeigneten Flächen. Einzelne<br />

unbebaute Grundstücke werden für den<br />

Wohnungsbau gebraucht, um Bewohner<br />

abbruchreifer Häuser unterzubringen. Disponibel<br />

sind lediglich - zumindest theoretisch<br />

- die Flächen im Blockinnern. Größere<br />

offene Stellplatzanlagen, die den Verkehrslärm<br />

der Straßen auch in die Blockinnenflächen<br />

tragen, stören dort aber sehr. Es bleibt<br />

- auch wieder theoretisch - Tiefgaragen in<br />

größerem Umfang zu bauen, eine perfekte<br />

Lösung. Die Kosten je Stellplatz sind aber<br />

so hoch, dass die resultierende Miete nicht<br />

akzeptiert wird. Die Subventionierung mit<br />

Sanierungsförderungsmitteln im erforderlichen<br />

Umfang ließe für Modernisierungen,<br />

Blockentkernung, Straßen- und Platzumbau<br />

keine Mittel übrig. Die Sanierungsplanung<br />

bemüht sich deswegen um unterschiedliche,<br />

verträglich in die Umgebung eingefügte Lösungen.<br />

Eine ist der Bau von Paletten, bei<br />

denen die Pkw platzsparend in zwei Ebenen<br />

übereinander angeordnet sind, und die mit<br />

tragbaren Kosten errichtet werden können.<br />

In geeigneten Bereichen der Blockinnenräume<br />

werden zudem kleinere, ebenerdige<br />

Stellplatzanlagen untergebracht. Sie sind<br />

preiswert und werden dicht mit Büschen<br />

und Bäumen bepflanzt<br />

Kleinkinderspielplätze und Pkw-Stellplätze<br />

wollen die Planer als Anlagen im Gemeinschaftseigentum<br />

schaffen. Das ist ein auch<br />

in der Sanierungsplanung neuer Ansatz,<br />

der eine deutliche Wohnwertverbesserung<br />

bedeutet, ohne Eigentümer und Mieter besonders<br />

zu belasten. Grundstücksflächen<br />

mit Spielplätzen und Stellplätzen als Gemeinschaftseigentum<br />

sind bei Wohnanlagen<br />

mit Eigentumswohnungen üblich und<br />

auch gesetzlich geregelt. Die Anlagen sind


im Eigentum vieler, die sie auch gemeinsam<br />

unterhalten. Anders als beim Verkauf<br />

von Eigentumswohnungen müssen die erforderlichen<br />

Gemeinschaftsgrundstücke im<br />

Sanierungsgebiet aber erst geschaffen und<br />

dann den Eigentümern zugeteilt werden,<br />

was zu vielerlei Bedenken der betroffenen<br />

Eigentümer und damit zu Schwierigkeiten<br />

bei der Durchführung führte.<br />

All die genannten Ziele einer umfassenden<br />

Neuordnung der Blockinnenbereiche setzen<br />

die Aufstellung von Bebauungsplänen und<br />

damit recht aufwendige Planungsverfahren<br />

voraus. Diese Verfahren sind notwendig, um<br />

die folgenden Absichten zu erreichen:<br />

• Realisierung der privaten Kleinkinderspielplätze,<br />

nicht als Kleinstanlagen grundstücksweise<br />

sondern als größere, für alle<br />

benutzbare, zentral gelegene Bereiche, die<br />

als Grünanlagen den gesamten Blockinnenbereich<br />

aufwerten.<br />

• Schaffung von privaten Pkw-Stellplätzen<br />

zusammengefasst in Bereichen des Block-<br />

innenraums, in denen sie das Wohnen nicht<br />

zu sehr stören.<br />

• Anwendung bewährter und erprobter Verfahrensgänge,<br />

die eine ausreichende Mitwirkung<br />

aller Beteiligten sicherstellen aber<br />

nicht von der Zustimmung jedes einzelnen<br />

Betroffenen abhängig sind.<br />

• Aktivierung privater Investitionsmittel in<br />

einem Ausmaß, das durchsetzbar ist und<br />

die sozialpolitischen Ziele nicht gefährdet,<br />

da nur geringfügige Mieterhöhungen erforderlich<br />

werden.<br />

Bis ein Bebauungsplan rechtsverbindlich<br />

wird muss ein längerer Verfahrensgang ab-<br />

30<br />

gewickelt werden, durch den unterschiedliche<br />

private Interessen und Bedürfnisse<br />

mit den Zielen der Sanierungsplanung so<br />

weit wie möglich abgestimmt werden. Dies<br />

gilt sowohl für grundsätzliche Fragen – wie<br />

z.B. die Unterbringung des ruhenden Verkehrs<br />

- wie auch für zahlreiche nur einzelne<br />

Grundstücke betreffende Probleme. Die<br />

Kosten der Durchführung müssen geklärt<br />

sein, damit jeder einzelne Eigentümer weiß,<br />

welche Kosten er zu tragen hat. Schließlich<br />

sind die neuen Grundstückszuschnitte und<br />

Eigentumsverhältnisse zu regeln. Mit einzelnen<br />

Betroffenen müssen Maßnahmen<br />

des Sozialplans vereinbart werden.<br />

Über den Beginn eines Bebauungsplanverfahrens<br />

und die wesentlichen Ziele der anstehenden<br />

Planung werden alle Mieter und<br />

Eigentümer mit einem Faltblatt informiert.<br />

Nach einer gründlichen Bestandsaufnahme<br />

und vielen Einzelgesprächen werden den<br />

Betroffenen Planungsvorschläge in einer<br />

Broschüre gemacht, die mit einer Einladung<br />

zu einer öffentlichen Erörterung verbunden<br />

sind. In den ersten <strong>Jahre</strong>n der Entwicklung<br />

von Neuordnungskonzepten für<br />

einzelne Blöcke haben dann die Anwaltsplaner<br />

Zusammenkünfte der interessierten<br />

Bewohner organisiert, bei denen die<br />

Planungsvorschläge detailliert besprochen<br />

und soweit möglich abgestimmt wurden.<br />

Aus dem Ergebnis wurde der Bebauungsplanentwurf<br />

entwickelt, der dann öffentlich<br />

ausgelegt und später, nach Abwägung der<br />

eingegangenen Stellungnahmen von der<br />

Stadtverordnetenversammlung verbindlich<br />

beschlossen wurde. Gelegentlich waren<br />

Entscheidungen in Konfliktfällen erforderlich.<br />

Inzwischen konnte der Verfahrensgang<br />

für solche Blöcke vereinfacht werden, in denen<br />

keine Veränderungen der Grundstücke<br />

vorgesehen sind.


Im September 1976 fand die erste öffentliche<br />

Erörterung des Blockneuordnungskonzeptes<br />

für den sogenannten Bäko-Block<br />

statt, das Straßengeviert zwischen Heinheimer-,<br />

Müller-, Lichtenberg und Kranichsteiner<br />

Straße. Dort hatte der städtische<br />

Bauverein schon umfangreiche Baumaßnahmen<br />

ohne vorherige Sanierungsplanung<br />

durchgeführt, Anlass für manch heftige<br />

Kritik. Eingeladen waren die Bewohner und<br />

Hauseigentümer des Blocks. Die Erörterung<br />

leitete „eine neue Sanierungsphase“ 34<br />

ein und befasste sich erstmals detailliert<br />

mit einer den Zielen der Sanierung entsprechenden<br />

Aufgabe. Sie wurde von den<br />

städtischen Planern ohne Beteiligung der<br />

Politiker durchgeführt, um die durch die<br />

Osttangentendiskussion aufgeheizte Stim-<br />

Wohnungsbau im Bäko-Block, 1977<br />

31<br />

mung zumindest zu dämpfen. „Nach <strong>Jahre</strong>n<br />

bloßen Debattierens gestaltete sich der<br />

Übergang zum Handeln erwartungsgemäß<br />

schwierig,“ berichtet das Darmstädter<br />

Tagblatt. 35 Mit ungeübten und mit ihren<br />

ausführlichen Erläuterungen viel zu langatmigen<br />

Planern auf der einen Seite und<br />

misstrauischen Bürgern auf der anderen<br />

Seite, die nicht glauben wollten, dass die<br />

ihnen vorgestellten Vorschläge tatsächlich<br />

Diskussionsgrundlage und keine fertige<br />

Planung sind, entstand nur ein recht mühsamer<br />

Dialog, zudem voller Missverständnisse.<br />

Mit Hilfe der Anwaltsplaner bildete<br />

sich nach der Veranstaltung eine aktive<br />

Gruppe von Blockbewohnern, die verschiedene<br />

Vorschläge diskutierte, eine Befragung<br />

unter den Bewohnern durchführte


und dann eine eigene Planung zur Neuordnung<br />

vorlegte. Ein Anfang war gemacht, die<br />

Betroffenen an der Planung ihres Wohnumfeldes<br />

zu beteiligen.<br />

Schon bei der zweiten Erörterungsveranstaltung<br />

im März 1977 zum sog. Petri-Block<br />

wurden die Planer von der Presse gelobt, 36<br />

weil sie ihre Aussagen auf das Wesentliche<br />

konzentrierten und deutlich machten, dass<br />

sie ein Konzept diskutieren wollen, das ver-<br />

Der Petri-Block vor der Sanierung: ein zugebauter Blockinnenraum.<br />

32<br />

ändert werden kann. Die Diskussion wurde<br />

von einem der Anwaltsplaner geleitet,<br />

sie war keineswegs ohne kontroverse Meinungen,<br />

aber sachlich und konstruktiv.<br />

Der Petri Block, das Quartier zwischen<br />

Heinheimer-, Kaup-, Pankratius- und Liebfrauenstraße<br />

war beispielhaft für die Situation<br />

im <strong>Martinsviertel</strong> und die Absicht der<br />

Planer, die Flächen im Block neu zu ordnen.<br />

Aus dem Block war die Schreinerei Petri


wegen ihres Lärms und fehlender Erweiterungsflächen<br />

ausgelagert worden. Die Stadt<br />

hatte das tief in den Block ragende Gelände<br />

erworben, zugebaute Flächen mit allerlei<br />

Gebäuden in schlechtem Zustand. Sie wurden<br />

ebenso wie ein dreigeschossiges Wohn-<br />

Hinterhaus abgebrochen. Dort wurden nun<br />

als Ausgleich für fehlende Spiel-, Grün- und<br />

Autoabstellflächen eine Gemeinschaftsanlage<br />

vorgeschlagen, mit einem Kinderspielplatz<br />

und Freiflächen mit Büschen und Bäu-<br />

Das Neuordnungskonzept mit Grün- und Spielflächen als Gemeinschaftsanlage.<br />

33<br />

men, die Schatten spenden und gegen die<br />

privaten Gärten der Wohnhäuser abschirmen.<br />

Die Anlage wurde so geplant, dass<br />

sie von fast allen Privatgrundstücken durch<br />

Gartentore, Heckendurchlässe usw. direkt<br />

erreichbar ist und somit Hausgärten erweitert<br />

oder ersetzt. Die Eigentumsanteile der<br />

Gemeinschaftsanlage sollten in einer nach<br />

den Vorschriften des Bundesbaugesetzes<br />

durchgeführten Umlegung zugeteilt werden.


Die Darmstädter Presse äußerte sich diesmal<br />

positiv. Das Tagblatt spricht von einer<br />

bestechenden planerischen Idee, 37 das<br />

Echo zwar zuerst wegen unübersehbarer<br />

Folgekosten von einer „Katze im Sack,“<br />

dann aber von einer großen sozialen Leistung.<br />

38<br />

Neben dem Abbruch der Gebäude im<br />

Blockinnern und zwei Neubauten in den<br />

Baulücken am Blockrand sah das Planungskonzept<br />

die Instandsetzung und Modernisierung<br />

der Wohnhäuser vor, die nicht zeitgemäßen<br />

Wohnbedürfnissen entsprachen.<br />

Bei den Erörterungen des Neuordnungskonzeptes<br />

meldeten sich überraschenderweise<br />

die Mieter nahezu überhaupt nicht. Mit den<br />

Eigentümern fanden zahlreiche Gespräche<br />

Der neue Spielplatz als private Gemeinschaftsanlage im Petri-Block<br />

34<br />

statt, die in ihrer Mehrzahl nach anfänglichem<br />

zögern schließlich von den Vorteilen<br />

des vorgelegten Konzeptes überzeugt werden<br />

konnten. Am meisten interessierten die<br />

entstehenden finanziellen Belastungen, die<br />

minuziös berechnet wurden. Den Ausbau<br />

der Grün- und Spielflächen finanzierte die<br />

Stadt aus Sanierungsförderungsmitteln.<br />

Den Eigentümern verblieb der Bau der rentierlichen<br />

Parkplatzanlage und der Erwerb<br />

des Eigentumsanteils am Grundstück der<br />

Anlage. Der größte Teil der erforderlichen<br />

Mittel zum Unterhalt konnte aus den Einnahmen<br />

der Vermietung der fünfzehn Stellplätze<br />

erwirtschaftet werden. Bei Umlage<br />

aller so entstehenden Nebenkosten auf die<br />

Miete errechneten die Planer eine Mietsteigerung<br />

von 1,70 DM je Wohnung und<br />

Monat, ein durchaus bescheidener Betrag.


Dem steht dann eine deutliche Wertsteigerung<br />

des Besitzes für die Hauseigentümer<br />

und ein bemerkenswert höherer Wohnwert<br />

für die Mieter gegenüber, insbesondere für<br />

die mit kleinen Kindern.<br />

Im August 1978 wurde der Bebauungsplan<br />

für den Petri-Block rechtsverbindlich,<br />

im Mai 1981 konnte die Umlegung abgeschlossen<br />

und die Gemeinschaftsanlage<br />

den Eigentümern übereignet werden. Ein<br />

neues Modell der Wohnwertverbesserung,<br />

ganz im ursprünglichen Sinne der Sanierung,<br />

war nach viel Überzeugungsarbeit<br />

der Stadtplaner endlich realisiert.<br />

Die Sanierungsplanung war auch bei der<br />

Neuordnung des Baas-Blockes erfolgreich.<br />

Aus dem Blockinnenbereich war 1975 die<br />

Hinterhofbebauung im Jägerhaus-Block, 1979<br />

35<br />

große Flächen beanspruchende Aufzugsfirma<br />

Baas ausgesiedelt worden. Eines ihrer<br />

Fabrikgebäude, eine Werkhalle, sollte erhalten<br />

werden, Beispiel für den Willen der Planer,<br />

funktionslos gewordene Gebäude nicht<br />

immer nur abzubrechen sondern - soweit<br />

möglich - zu erhalten und neue Nutzungen<br />

für sie zu finden. Hier bot sich eine Spiel-<br />

und Bewegungshalle für Kinder im Viertel<br />

an, eine Einrichtung, für die ein erheblicher<br />

Bedarf vorhanden war. Nach ausführlichen<br />

Erörterungen und langen Verhandlungen<br />

übernahm das zur Martinsgemeinde gehörende<br />

Max-Rieger-Heim die Verwaltung<br />

der Halle, die mit Sanierungsmitteln an<br />

die neue Nutzung angepasst wurde, freilich<br />

erst nachdem die Stadt die Finanzierung<br />

des Betreuers der Jugendlichen zugesichert<br />

hatte. Die rege Nutzung der Halle


im wesentlichen durch Jugendliche hat<br />

sich seit <strong>Jahre</strong>n bewährt und ist längst zur<br />

Selbstverständlichkeit im Viertel geworden.<br />

Der größere Teil des ehemaligen Baas-<br />

Grundstückes wurde 1983 Gemeinschaftsanlage<br />

der Eigentümer im Block, mit<br />

Grünflächen, Kleinkinderspielplatz und 20<br />

Pkw-Stellplätzen.<br />

Vorschlag der Stadtplaner zur Neuordnung des Jägerhaus-Blocks<br />

36<br />

Meinungsverschiedenheiten und Streit mit<br />

Betroffenen und Einwohnern gab es öfter<br />

über Gebäude im Blockinnenbereich, die<br />

Begrünung und neue Freiflächen behinderten,<br />

recht häufig in schlechtem Zustand<br />

aber bewohnt waren. Immer wieder wurde<br />

den Planern vorgeworfen, gerade die Mieter<br />

durch den Abbruch ihrer Wohnungen zu ver-


treiben, die auf billige Mieten angewiesen<br />

sind. Beispielhaft war die Auseinandersetzung<br />

um die Hinterhäuser mit Einfachwohnungen<br />

im Jägerhaus-Block. Zusammen mit<br />

dem niedrigen villenartigen sog. Jägerhaus<br />

blockierten sie mit ihrer zentralen Lage und<br />

ihren vier Geschossen jede Neuordnung<br />

im Blockinnenraum und verschatteten die<br />

Der Jägerhausblock vor und auch nach der Blockerneuerung. Gebaut wurde lediglich ein nicht dargestellter<br />

Parkplatz an der Ecke Taunusplatz / Taunusstraße.<br />

37<br />

Rückseiten einiger Häuser in der Kittlerstraße<br />

erheblich. Die Stadtplaner wollten<br />

diese vernachlässigten Gebäude mit ihren<br />

unglücklichen Wohnungsgrundrissen abbrechen.<br />

In zahllosen Gesprächen mit einzelnen<br />

Eigentümern und dem im Zuge der<br />

Blockplanung gebildeten aktiven Arbeitskreis<br />

Jägerhaus-Block versuchten die Pla-


ner von ihrer Vorstellung der Neuordnung<br />

zu überzeugen. Mit dem Beschluss zum<br />

Entwurf des Bebauungsplanes stimmte die<br />

Stadtverordnetenversammlung 1981 dem<br />

Abbruch der strittigen Hinterhäuser noch<br />

zu. Als die Planung dann 1983 endgültig<br />

beschlossen werden sollte gab es sowohl<br />

öffentliche wie parteiinterne lebhafte und<br />

kontroverse Diskussionen. Die Stimmung<br />

hatte sich geändert, und die Stadtplaner<br />

wurden schließlich beauftragt, ihre Planung<br />

so zu ändern, dass die strittigen Hinterhäuser<br />

erhalten bleiben.<br />

Die folgende neue Planung konnte dann<br />

mit dem Bewohner-Arbeitskreis weitgehend<br />

einvernehmlich abgestimmt werden.<br />

Die zwei Miethausblöcke wurden schließlich<br />

mit hohem Aufwand modernisiert.<br />

Der als Gemeinschaftsanlage viel kleiner als<br />

ursprünglich geplante Kleinkinderspielplatz<br />

konnte allerdings nicht an die vorgesehene<br />

Eigentümergemeinschaft übergeben werden,<br />

da keine Einigung mit den Betroffenen<br />

erzielt wurde. Das Grundstück blieb wie die<br />

Hinterhäuser im Eigentum der Stadt.<br />

Das Modell der Gemeinschaftsanlage für<br />

die Blockbewohner – für die Sanierungsaufgabe<br />

Blockentkernung und -Neuordnung<br />

von zentraler Bedeutung - wurde von den Eigentümern<br />

anderer Blöcke oft nicht als beispielhaftes<br />

und nachahmenswertes Vorbild<br />

akzeptiert. So erlebten die Planer bei ihren<br />

Erörterungen seltener positive Reaktionen.<br />

Häufiger überwogen bei den sehr unterschiedlichen<br />

Blocksituationen Skepsis bis<br />

massive Ablehnung. Mit viel Diskussionsaufwand<br />

und zahlreichen Gesprächen in Bewohnerarbeitskreisen<br />

gelang es, manchen<br />

Eigentümer zu überzeugen und neben der<br />

Entkernung der Blockinnenräume eine Reihe<br />

weiterer Gemeinschaftsanlagen durchzusetzen.<br />

Dabei war es leichter Anlagen<br />

dort zu realisieren, wo die Stadt als Grund-<br />

38<br />

eigentümer die Flächen im Block verteilen<br />

konnte. Kaum akzeptiert wurden Eingriffe<br />

in das Eigentum d. h. auch nur Teile von<br />

privaten Grundstücken in Gemeinschaftseigentum<br />

zu überführen. Inzwischen sind 13<br />

Anlagen unterschiedlicher Größe, teilweise<br />

mit nur wenigen Eigentümern, realisiert.<br />

Hinzu kommen eine Reihe von Anlagen, die<br />

wie geplant von den Anliegern benutzt werden,<br />

aber nicht in Gemeinschaftseigentum<br />

überführt wurden.<br />

Das Institut Wohnen und Umwelt in <strong>Darmstadt</strong><br />

hat die Gemeinschaftsanlage des Petri-<br />

Blockes 1983 und noch einmal 1992/93<br />

empirisch untersucht. Es ging darum, das<br />

Modell zu überprüfen, die Meinung der<br />

Blockbewohner zu dieser neuen Wohnumfeldmaßnahme<br />

zu erfragen und die Art und<br />

Häufigkeit der Benutzung der Anlage zu<br />

erkunden. Sie wurde überwiegend positiv<br />

eingeschätzt, 1992 von immerhin 75 % der<br />

Befragten. Vorteile wurden insbesondere für<br />

Kinder und für Mütter mit kleinen Kindern<br />

gesehen. Nach den Beobachtungen bei der<br />

Untersuchung wurde die Anlage auch weit<br />

überwiegend von Kindern bis elf <strong>Jahre</strong>n benutzt,<br />

weniger von Jugendlichen und nur in<br />

recht geringem Umfang von Erwachsenen.<br />

Gleichzeitig waren das Interesse und die<br />

Bereitschaft der Bewohner, sich für die gemeinsamen<br />

Belange der Spiel- und Grünanlage<br />

im Innenblock einzusetzen, gering.<br />

Die früher öfter geäußerte Sorge, dass die<br />

Verbesserung des Wohnumfeldes durch die<br />

Gemeinschaftsanlage zu einem Anstieg der<br />

Mieten führen könnte, hat sich bei der Untersuchung<br />

als grundlos herausgestellt. Die<br />

Anlagen sind in aller Regel gut unterhalten,<br />

und es war noch kein Problem, Verwalter<br />

aus den Reihen der Eigentümer zu finden.


Im <strong>Martinsviertel</strong> wurden um die Jahrhundertwende<br />

zahlreiche Miethäuser als billiger<br />

Wohnraum für die in die Stadt strebenden<br />

Industriearbeiter gebaut. Während<br />

die Bausubstanz zu Beginn der Sanierung<br />

häufig noch gut war konnte die Ausstattung<br />

keineswegs zeitgemäßen Ansprüchen<br />

genügen. Die Wohnungen waren ohne Bad,<br />

die Toilette oft außerhalb der Wohnung<br />

am Treppenabsatz, Elektro- und Wasserinstallationen<br />

veraltet und die Heizung mit<br />

Öfen bescheidenster Standard. Es zeigte<br />

sich ein großer Modernisierungsbedarf,<br />

der dringend angegangen werden musste.<br />

Nun sind Architekten durchaus in der Lage,<br />

auch in alten Häusern schicke Wohnungen<br />

mit allem Komfort zu planen und den Umbau<br />

durchzuführen. Die Kosten sind dann<br />

aber hoch und können die Größenordnung<br />

von Neubauten erreichen. Im <strong>Martinsviertel</strong><br />

ging es aber darum, die Bewohner nicht<br />

zu vertreiben, das war mit den Grundsätzen<br />

zum Sozialplan auch so beschlossen<br />

worden. Für die ansässige Bevölkerung in<br />

den schlecht ausgestatteten und billigen<br />

Wohnungen mussten die Mieten auch nach<br />

der Instandsetzung und Modernisierung<br />

noch bezahlbar sein. Mit sorgfältiger Planung<br />

für einen möglichst preiswerten Umbau<br />

zu einem eher bescheidenen Standard<br />

und mit hohen öffentlichen Zuschüssen zu<br />

den entstehenden Kosten sollte das Ziel erreicht<br />

werden.<br />

Im Frühjahr 1977 wurde die erste von der<br />

Stadt durchgeführte Modernisierung eines<br />

Miethauses mit acht Wohnungen in der<br />

Barkhausstraße eingeweiht, als „Modellmodernisierung“<br />

ein Anfang, Lernprozess<br />

für die Stadt und Vorbild und Anreiz für<br />

private Eigentümer. Je Wohnungen wurden<br />

50.000 Mark investiert. Dafür gab es Etagenheizung<br />

und Rollläden, die Toilette lag<br />

nicht mehr hinter der Speisekammer, jede<br />

Die Modernisierung veralteter Bausubstanz<br />

39<br />

Wohnung besitzt ein Bad und unter Putz<br />

verlegte Leitungen. „Die Mieter sind des<br />

Lobes voll über ihren Hausherren, der die<br />

Mietkaserne aus dem <strong>Jahre</strong> 1900 modernisieren<br />

ließ... Folgende Aufgabe war gestellt:<br />

Mäßig große, schlecht geschnittene, in der<br />

Substanz vernachlässigte Dreizimmerwohnungen<br />

in dem 77 <strong>Jahre</strong> alten Haus mit bescheidenen<br />

Aufwand auf „mittleren Komfort“<br />

zubringen, ohne dabei den Geldbeutel,<br />

die Lebensgewohnheiten oder den Wohngeschmack<br />

der Mieter so zu strapazieren,<br />

dass sie sich in dem Haus nicht mehr wohl<br />

fühlen.“ 39 Von 1,85 DM je Quadratmeter<br />

stieg die Miete immerhin um mehr als das<br />

Doppelte auf 3,50 DM.<br />

Das dann folgende Musterbeispiel der Modernisierung<br />

eines Hauses in der Pankratiusstraße<br />

zeigte das Dilemma der Wahl<br />

zwischen einem vernünftigen Modernisierungsstandard<br />

und dem Ziel der nur wenig<br />

angehobenen Miete. Die Minimalsanierung<br />

dort verteuerte die Miete der Wohnungen<br />

nur um 1,05 bis 1,35 DM je Quadratmeter.<br />

Dafür konnte keine Heizung eingebaut werden<br />

und es wurde den Mietern überlassen<br />

ob sie elektrisch, mit Öfen oder einzelnen<br />

Gasgeräten die Wohnung wärmen. Der Modellfall<br />

„minimale Modernisierung“ ohne<br />

zeitgemäße Heizung war kein Erfolg, er<br />

wurde nicht wiederholt. Noch im gleichen<br />

Jahr wurde beschlossen, zusätzliche Mittel<br />

für den Einbau von Etagenheizungen zu bewilligen.<br />

Die Mieter hatten diesen Komfort<br />

gefordert und waren auch bereit, die dafür<br />

erforderliche zusätzliche Mieterhöhung zu<br />

akzeptieren.<br />

Ergänzend zur möglichst weitgehend mit<br />

den Mietern abgestimmten Planung und<br />

dem folgenden Umbau der Wohnung bemühte<br />

sich die Sozialplanung intensiv und<br />

mit viel Engagement um die Betroffenen. In-


Modernisierte Hausgruppe am Taunusplatz<br />

<strong>40</strong>


dividuelle Sozialpläne sorgten soweit möglich<br />

für die Vermeidung von persönlichen<br />

Härten. So wurden notwendige Umzüge<br />

mit Sanierungsmitteln finanziert, und zum<br />

Beispiel die nach dem Umzug nicht mehr<br />

notwendige Kohle im Keller übernommen.<br />

Es wurde auch mal ein Rentnerpaar während<br />

der Umbauzeit ihrer Wohnung auf öffentliche<br />

Kosten in Urlaub in den Odenwald<br />

geschickt. Wem keine Mieterhöhung in Folge<br />

des Umbaus seiner Wohnung zuzumuten<br />

ist, dem wird im Ringtauschsystem eine<br />

andere preiswerte, noch nicht modernisierte<br />

Wohnung angeboten. Ein Verfahren, das<br />

mit viel Verwaltungsaufwand verbunden ist<br />

Obergeschoss<br />

Erdgeschoss<br />

Wohnung vor dem Umbau mit Toilette am Treppenabsatz<br />

41<br />

aber auch vielen Sanierungsbetroffenen<br />

hilft. Die Zahl der erforderlichen Umzüge<br />

wird sicherlich größer. Den Wünschen<br />

nach der Wohnlage <strong>Martinsviertel</strong> - der<br />

angestammten Umgebung - wird aber entsprochen<br />

und die von vielen Kritikern der<br />

Sanierung vorausgesagten und immer wieder<br />

beschworenen Verdrängungsprozesse<br />

vermieden.<br />

Bei weiteren städtischen Modernisierungsmaßnahmen<br />

gab es für die guten Ergebnisse<br />

manches Lob von den Mietern, ungeachtet<br />

vieler Erschwernisse während der<br />

Umbauzeit. Die Mieten mussten trotz hoher<br />

Obergeschoss<br />

Erdgeschoss<br />

Wohnung nach dem Umbau mit Bad und WC in der<br />

Wohnung


öffentlicher Zuschüsse angehoben werden,<br />

dem stand aber auch ein deutlich verbesserter<br />

Wohnwert gegenüber. Zudem blieben<br />

die neuen Mieten noch immer unter dem<br />

Richtwert für den sozialen Wohnungsbau,<br />

dessen Standard mit der Modernisierung<br />

aber weitgehend erfüllt wurde.<br />

Während mit der Erneuerung weiterer städtischer<br />

Häuser und zunehmender Erfahrung<br />

der Planer die Modernisierung langsam<br />

Routine wurde - längst kam der Oberbürgermeister<br />

nicht mehr zur Einweihung jedes<br />

neuen fertiggestellten Gebäudes - begannen<br />

private Eigentümer nur sehr zögerlich<br />

damit, ihren Besitz auf einen zeitgemäßen<br />

Standard zubringen. Recht hohe öffentliche<br />

Mittel standen aus dem Modernisierungsprogramm<br />

von Bund und Ländern,<br />

aus Sanierungsförderungsmitteln und aus<br />

Mitteln des sozialen Wohnungsbaus zur<br />

Verfügung, hatten aber auch Mietpreisbindungen<br />

und Belegungsrechte der Stadt zur<br />

Folge, die von manchen Hauseigentümern<br />

Während des Umbaus nutzte eine Mietpartei die leerstehende Wohnung als Übergang, ein Rentnerehepaar<br />

machte ‚bezahlten‘ Urlaub im Odenwald, eine Rentnerin ging solange zur Tochter. Die Dachwohnung wurde neu<br />

belegt.<br />

42<br />

abgelehnt wurden. 1980 legte die Stadt als<br />

Anreiz für eine umfangreichere private Modernisierungstätigkeit<br />

einen ausführlichen<br />

Leitfaden zur Altbaumodernisierung vor,<br />

der unter anderem detailliert unterschiedliche<br />

Finanzierungsmodelle darstellt.<br />

Im März 1982 konnte in einer weiteren Broschüre<br />

eine modernisierte Hausgruppe in<br />

der Wenckstraße vorgestellt werden, zwei<br />

private und ein städtisches Wohnhaus, die<br />

von verschiedenen Architekten und mit unterschiedlichen<br />

Förderungsmethoden zu<br />

einem guten Standard modernisiert wurden.<br />

Dabei wurden neue Bäder eingebaut,<br />

eine Essdiele geschaffen, die Installationen<br />

erneuert sowie eine zentrale Gasheizungsanlage<br />

eingebaut, Fenster isoliert, die Fassaden<br />

renoviert und manche weitere bautechnisch<br />

notwendige Arbeit durchgeführt. Bei<br />

Baukosten zwischen 226.000 und 269.000<br />

DM für jeweils vier Wohnungen errechneten<br />

sich Mieterhöhungen von 0,60 bis 1,02 DM<br />

je Quadratmeter Wohnfläche.


Bis zum Jahr 2004 wurden 50 städtische<br />

Wohnhäuser mit 273 Wohnungen modernisiert.<br />

Die Anzahl der inzwischen privat<br />

durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen<br />

ist sicherlich höher. Viele Eigentümer<br />

haben sich beraten lassen und auch<br />

öffentliche Zuschüsse in Anspruch genommen.<br />

Viele haben auch darauf verzichtet<br />

und nur die in Sanierungsgebieten günstigen<br />

steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten<br />

genutzt.<br />

Wohnhaus Taunusstraße 39<br />

Immobilienspekulation im <strong>Martinsviertel</strong><br />

43<br />

In der Mitte der 80er <strong>Jahre</strong>n entstand eine<br />

Spekulationswelle, die auch Mieter des<br />

<strong>Martinsviertel</strong> bedrohte, dann aber weitgehend<br />

abgewehrt werden konnte.<br />

Es war damals möglich, spekulative Gewinne<br />

durch den Kauf alter Miethäuser<br />

zu erwirtschaften, in denen aus Mietwohnungen<br />

Eigentumswohnungen gemacht<br />

wurden, die dann einzeln verkauft werden<br />

konnten. Der aus dem Verkauf der Eigentumswohnungen<br />

erzielte Preis lag sehr viel<br />

höher als der vorher für das Miethaus auf-


gewendete. Die alten Mietverträge blieben<br />

zwar gültig, die neuen Eigentümer konnten<br />

aber nach einer Frist von drei <strong>Jahre</strong>n Eigenbedarf<br />

anmelden und die bisherigen Mieter<br />

herausdrängen. Eine Variante zu diesem<br />

Verfahren erlaubte dem neuen Hauseigentümer<br />

nach einer gründlichen und umfassenden<br />

Modernisierung der Wohnungen<br />

- meist als Luxusmodernisierung bezeichnet<br />

- die Mieten so erheblich zu steigern,<br />

dass viele der bisherigen Mieter quasi „von<br />

selbst“ auszogen. Die nicht bewohnte und<br />

gut ausgestattete Eigentumswohnung ließ<br />

sich dann besonders gut verkaufen.<br />

Diese Spekulation mit Mietwohnhäusern<br />

hat damals in vielen Großstädten so erhebliche<br />

Unruhe gestiftet, dass der Bundesgesetzgeber<br />

schließlich - nach jahrelanger<br />

Diskussion - die Rechte der Mieter erheblich<br />

stärkte, insbesondere durch das Verbot<br />

der Eigenbedarfskündigung bis zehn <strong>Jahre</strong><br />

nach dem Wohnungskauf.<br />

Im <strong>Martinsviertel</strong> hat Ende 1985 der vorgesehenen<br />

spekulative Kauf des Miethauses<br />

Taunusstraße 39 mit 10 Wohnungen durch<br />

private Investoren die Sanierungsplaner,<br />

die Anwaltsplaner und dann auch die Kommunalpolitiker<br />

länger beschäftigt. Der Vorgang<br />

war kein Einzelfall und die Frankfurter<br />

Allgemeine Zeitung fragte in ihrer Ausgabe<br />

vom 23.1.86: „Wird nun das <strong>Martinsviertel</strong><br />

zum Spielfeld von Spekulanten?“ Zu befürchten<br />

war, dass sich die soziale Struktur<br />

des Viertels längerfristig verändert und die<br />

Grundsätze der städtischen Sozialplanung<br />

nicht haltbar sind. Die Mieter der Taunusstraße<br />

39 wehrten sich. Sie gründeten zusammen<br />

den Verein Taunusburg, wandten<br />

sich an die Stadt um Hilfe - die allerdings in<br />

Sorge um weitere gleichartige Fälle wenig geneigt<br />

war, das ihr zustehende Vorkaufsrecht<br />

auszuüben - und sie informierten mehrmals<br />

die Öffentlichkeit. Auch die am Kauf des<br />

44<br />

Hauses interessierten Immobilienhändler<br />

gingen an die Presse und versuchten, die<br />

Mieter der Taunusburg in Misskredit zubringen.<br />

Als „gutbetuchte Akademiker würden<br />

sie von der Stadt verlangen, dass mit<br />

Steuergeldern die Taunusburg gekauft wird,<br />

nur um weiter billig wohnen zu können.“ <strong>40</strong><br />

Die Mieter wollten dann in Zusammenarbeit<br />

mit der Stadt und mit öffentlichen Mitteln<br />

aus verschiedenen Programmen das Haus<br />

erwerben und die Modernisierung selbst<br />

in die Hand nehmen. Das Vorhaben scheiterte.<br />

Schließlich wurde - nicht ganz ohne<br />

Druck der Stadt - die Taunusburg von der<br />

städtischen Baugesellschaft Bauverein für<br />

Arbeiterwohnungen erworben.<br />

Die Mieter hatten sich mit der Unterstützung<br />

von vielen Seiten erfolgreich gegen die<br />

Spekulation gewehrt. Die breite öffentliche<br />

Diskussion machte möglichen Nachahmern<br />

klar, dass im <strong>Martinsviertel</strong> solch spekulative<br />

Geschäfte zu Lasten der Mieter nicht<br />

ohne Widerstand abgewickelt werden können.


Zu höchst kontroversen Diskussionen<br />

führten immer wieder Verkehrsplanungen.<br />

Die Straßen im Viertel wurden einmal für<br />

Fußgänger und Pferdefuhrwerke gebaut.<br />

Nun sollen sie fußgänger- und fahrradgerecht,<br />

kind- und altengerecht und schließlich<br />

auch noch autogerecht sowohl zum<br />

Fahren wie zum Parken sein. Eine Vielzahl<br />

von Ansprüchen, die keineswegs alle erfüllt<br />

werden können. Bei Anwohnerversammlungen<br />

führen die vielen kraftvoll vorgetragenen<br />

Anforderungen an die Nutzung des<br />

Straßenraumes leicht zu hitzigen Auseinandersetzungen<br />

in denen es dann nur schwer<br />

möglich war, sich auf akzeptable Vorschläge<br />

und angemessene Gestaltung zu einigen.<br />

„Die Verkehrsverhältnisse im Viertel zu<br />

verbessern, Wohnstraßen ruhiger und ungefährlicher<br />

zu machen“ war schon Ziel der<br />

Rahmenplanung von 1975. So allgemein<br />

gesagt, war jeder dafür. Das Verkehrskonzept<br />

des Stadtplanungsamt von 1981, die<br />

nach dem Fortfall der Osttangente erforderliche<br />

Fortschreibung des Rahmenplans,<br />

machte klare und detaillierte Vorschläge,<br />

zu denen es dann auch Kritik gab. Das Konzept<br />

geht von drei Straßenkategorien aus,<br />

Verkehrskonzept <strong>Martinsviertel</strong>, 1981<br />

45<br />

Der Umbau von Straßen und Plätzen<br />

die unterschiedliche Funktionen erfüllen<br />

sollen. Verkehrsstraßen sind die das Viertel<br />

umgebenden Straßen und die Heinheimer<br />

Straße, deren Umbau mit Radwegen inzwischen<br />

auch gelungen ist. Wohnstraßen<br />

sammeln den Verkehr im Viertel, sie sollen<br />

mit maximal 30 km/h. befahren werden;<br />

Radfahrer benutzen die Fahrbahn. Alle übrigen<br />

Straßen sollten als verkehrsberuhigte<br />

Bereiche ausgewiesen werden. Dort haben<br />

Fußgänger und Fahrzeuge gleiche Rechte,<br />

d.h. Autos müssen Schritt fahren, Fußgängern<br />

dürfen die Straße in ihrer ganzen Breite<br />

benutzen, Kinderspiel auf der Straße ist<br />

erlaubt. Die „Bürgerinitiative zur Erhaltung<br />

des <strong>Martinsviertel</strong>s“ hatte schon vorher<br />

alle Konzepte abgelehnt, „die einzelne Straßen<br />

oder Straßenzüge auf Kosten anderer<br />

zu Wohn- und Spielstraßen machen.“ Die<br />

Initiative forderte, „ein Programm zu entwickeln,<br />

das auf lange Sicht das gesamte<br />

<strong>Martinsviertel</strong> zur verkehrsberuhigten Zonen<br />

anhebt.“ 41 Obwohl die Bürgerinitiative<br />

später zum Parken „Abhilfe für die unter<br />

zugestellten Bürgersteigen stöhnenden<br />

Martinsviertler“ fordert, werden die zwei<br />

vorgeschlagenen Parkhäuser und etliche


zweigeschossige Parkpaletten als unnötig<br />

kritisiert. „Man könne das Problem des ruhenden<br />

Verkehrs im <strong>Martinsviertel</strong> auch billiger<br />

lösen als durch den Bau aufwändiger<br />

Parkhäuser. Wenn der vorhandene Parkraum<br />

auf den Straßen des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

mit Pinsel und Farbe vernünftig eingeteilt<br />

werde, sei ein Teil der Probleme schon gelöst.“<br />

42 Die Verkehrsplanen hätten nichts<br />

dagegen, wenn das so einfach wäre. Sie<br />

beginnen nun, immer mehr und immer intensiver<br />

Bürgergruppen in die Entwicklung<br />

ihrer Vorschläge einzubeziehen.<br />

Der nach der Straßenverkehrsordnung ausgewiesene<br />

verkehrsberuhigte Bereich - oft<br />

auch als Spielstraße bezeichnet - bewährte<br />

sich nur in Einzelfällen, dort wo die Straße<br />

mit hohen Kosten umgebaut und eine<br />

einheitliche Verkehrsfläche ohne Gehsteige<br />

und Fahrbahn entstanden war. 43 Weil der<br />

vollständige Straßenumbau so teuer ist,<br />

wurden im <strong>Martinsviertel</strong> bislang nur die<br />

südliche Robert-Schneider-Straße und die<br />

Fuhrmannstraße zum verkehrsberuhigten<br />

Bereich umgebaut und entsprechend beschildert.<br />

Weit umfangreichere Auswirkungen auf die<br />

Verkehrsplanung hatte die Anfang der 80er<br />

<strong>Jahre</strong> bundesweit entstandene Diskussion<br />

um die allgemeine Verkehrsberuhigung.<br />

Mehr Sicherheit im Verkehr und eine Verbesserung<br />

des Wohnumfeldes sollten im<br />

wesentlichen durch die Beschränkung der<br />

Geschwindigkeit auf Tempo 30 erreicht<br />

werden. Von Anfang an war klar, dass langsame<br />

und rücksichtsvolle Autofahrer nicht<br />

allein durch Verkehrsschilder erreicht werden<br />

können. Erforderlich ist eine Strassengestaltung,<br />

die durch schmale, versetzte<br />

Fahrgassen und andere Maßnahmen wie<br />

z. B. Schwellen zum vorsichtigen Fahren<br />

zwingt.<br />

46<br />

Die Diskussion um die Verkehrsberuhigung<br />

erfasste dann auch das <strong>Martinsviertel</strong><br />

und hat zu gemeinsamem Suchen nach<br />

Lösungen geführt. „Die Bürgergruppen im<br />

westlichen <strong>Martinsviertel</strong>, die ihre Ideen<br />

und Vorschläge zur Verkehrsberuhigung in<br />

diesem Gebiet eingebracht haben, sind mit<br />

dem vorliegenden Konzept der Stadt zufrieden.<br />

Sie loben durchweg die Zusammenarbeit<br />

mit den beiden Planeradvokaten und<br />

der Verwaltung.“ 44 Der westliche Teil des<br />

<strong>Martinsviertel</strong> sollte damals provisorisch<br />

und zur Erprobung mit Hilfe von Markierungen<br />

und Kanalrohren - die in ihren besten<br />

Zeiten Blumenkübel waren - und mit<br />

Tempo-30-Schildern verkehrsberuhigt werden.<br />

An einzelnen Kreuzungen und z.B. bei<br />

den Einfahrten vom Rhönring in das <strong>Martinsviertel</strong><br />

hat sich das Konzept bewährt.<br />

Dem Provisorium entsprechend erfolgte<br />

später der sorgfältige Umbau dieser Einmündungen<br />

mit Straßenverengungen und<br />

einzelnen Bäumen.<br />

Umbauvorschlag für die Liebfrauen-, Ecke Arheilger<br />

Straße. An Stelle des Ausbaus mit Bordsteinen, Bäumen<br />

und neuer Pflasterung wurden Betonringe gesetzt<br />

und Fahrbahnmarkierungen angebracht.


Weit schwieriger war die Situation in der<br />

Liebfrauenstraße. Als dicht bewohnte und<br />

gleichzeitig relativ stark befahrene Sammelstraße,<br />

Ausweichstrecke für den verstopften<br />

Rhönring und zudem noch Buslinie<br />

sollte sie aufgrund vieler Forderungen dringend<br />

beruhigt werden. Die provisorischen<br />

Verkehrsanordnungen dort stießen dann<br />

aber auf heftige Kritik: „Busfahrer schimpfen,<br />

Fahrgäste maulen, Autofahrer fluchen:<br />

seit gestern ist die zweite Phase der Verkehrsberuhigung<br />

im <strong>Martinsviertel</strong> in Kraft.<br />

Neue Kanalrohre verengen die Liebfrauenstraße<br />

zu einer Slalomstrecke.... Bringt<br />

die Verkehrsberuhigung noch mehr Unruhe<br />

ins Viertel?“ 45 Und die Anwohner des Rhönrings<br />

hatten schon vorher befürchtet, durch<br />

Verdrängung des Durchgangsverkehrs aus<br />

dem <strong>Martinsviertel</strong> noch stärker belastet zu<br />

werden: Die Anwohner seien keine „Bürger<br />

zweiter Klasse, die Stadt könne den Verkehr<br />

nicht dahin schieben, wo kein Widerstand<br />

erwartet wird.“ 46 So entstehen Bürgerinitiativen.<br />

Den durch mehrere Instanzen geführten<br />

Prozess eines Rechtsanwaltes gegen die<br />

den Verkehrsfluss behindernden Kübel hat<br />

die Stadt zwar gewonnen, aber nach einiger<br />

Zeit die Einbauten doch entfernt. Das Darmstädter<br />

Tagblatt hatte geurteilt: „Das ist<br />

eine radikale und nicht sehr bürgerfreundliche<br />

Art der Verkehrspolitik, wobei der gewünschte<br />

Beruhigungseffekt bis jetzt nicht<br />

erreicht ist. Es fahren weniger Autos durch<br />

diese Straße, dafür fahren sie langsamer,<br />

stockender, hupender, stinkender, zorniger,<br />

aggressiver und somit für Fußgänger nicht<br />

sicherer zwischen den Hindernissen.“ 47<br />

Die Bauverwaltung beurteilte den Modellversuch<br />

nach der Auswertung einer großangelegten<br />

wissenschaftlichen Untersuchung<br />

anders. Die durchschnittliche Geschwindigkeit<br />

sank deutlich von 38 auf 31 km/h.<br />

47<br />

(Gemessen wurden nur Fahrzeuge, die<br />

nicht von anderen Fahrzeugen behindert<br />

wurden.) Das Verkehrsaufkommen im gesamten<br />

<strong>Martinsviertel</strong>-West verminderte<br />

sich um fast 20 Prozent, ein Ergebnis, dass<br />

allerdings auch durch die Sperrung der Pallaswiesenstraße<br />

für den Geradeausverkehr<br />

vom Gewerbegebiet in das Johannesviertel<br />

beeinflusst wurde. Bei der Unfallschwere<br />

wurde eine leichte Minderung festgestellt<br />

und durch Verhinderung des Parkens im direkten<br />

Kreuzungsbereich konnten Fußgänger<br />

die Straße leichter und sicherer überqueren.<br />

Über 60 Prozent der Befragten<br />

Martinsviertler beurteilten die Maßnahmen<br />

positiv, obwohl ihre Erwartungen in die Auswirkungen<br />

nicht voll erfüllt wurden.<br />

Die Betonrohre sind entfernt, ansonsten ist<br />

die Liebfrauenstraße noch unverändert, lediglich<br />

Zebra-Markierungen, die eigentlich<br />

nicht überfahren werden dürfen, erinnern<br />

an den Versuch von 1987. Ein Umbau ist<br />

geplant. Vorgesehen sind eine schmalere<br />

Fahrbahn und einseitige, versetzte Parkflächen<br />

mit Bäumen. Die Busse sollen möglichst<br />

ungehindert fahren können, gleichzeitig<br />

aber die hohe Geschwindigkeit vieler<br />

Fahrzeuge reduziert werden.<br />

In der deutlich weniger befahrenen Barkhausstraße<br />

hat sich die Kübelanordnung hingegen<br />

bewährt. Es gibt sie noch immer und<br />

teilweise sind sie auch ansehnlich bepflanzt.<br />

Wie in der gesamten Stadt sind auch im<br />

<strong>Martinsviertel</strong> eine Reihe von Tempo-30-<br />

Zonen mit wenigen auf die Geschwindigkeit<br />

der Autofahrer drückenden Maßnahmen<br />

eingerichtet. Wo das möglich ist fahren viele<br />

Autofahrer zwar schneller als erlaubt, aber<br />

die sonst im Stadtgebiet geltende Tempo-<br />

50-Geschwindigkeit wird in aller Regel nicht<br />

erreicht.


So heftig bisweilen über fehlende Parkplätze<br />

im Viertel geklagt wurde, so sicher gab<br />

es auch Widerstand aus der unmittelbaren<br />

Umgebung, wenn der Bau einer Parkgarage<br />

geplant war. An der Ecke Pallaswiesen-<br />

/Ploenniesstraße sollte nach Abbruch des<br />

Gebäudes der umgesiedelten Firma Reiser<br />

auf der nun unbebauten Fläche ein Parkhaus<br />

für die umgebende, dichte Bebauung<br />

errichtet werden. Der Protest der Anwohner<br />

war heftig. Übrig von der Garagenbauabsicht<br />

blieben in einer Tiefgarage nur die für<br />

den Wohnungsneubau auf dem Grundstück<br />

erforderlichen Stellplätze.<br />

Auf erheblichen Protest stieß auch das von<br />

der damaligen Technischen Hochschule mit<br />

<strong>40</strong>0 Stellplätzen geplante Parkhaus, ange-<br />

Parkpalette Kranichsteiner- / Ecke Taunusstraße<br />

48<br />

baut an die protzigen Institutsbauten an<br />

der Pankratiusstraße. Auch hier sorgte sich<br />

eine Bürgergruppen um den zusätzlichen<br />

Verkehr auf engen und bereits verstopften<br />

Straßen und wollte „andere Parkplatzstandorte,<br />

Möglichkeiten einer besseren<br />

Busverbindung zur TH und die Überlegung<br />

geprüft wissen, ob es nicht sinnvoll sei, die<br />

Parkplätze nur noch den Einwohnern zur<br />

Verfügung zu stellen.“ 48 Die TH hatte ihre<br />

Stellplatzverpflichtungen entsprechend der<br />

Hessischen Bauordnung schon länger nicht<br />

mehr erfüllt. Es fehlten über 2000 Plätze.<br />

Bei einer hitzigen Podiumsdiskussion mit<br />

den aufgebrachten Anwohnern versprach<br />

der TH-Präsident „eine Mischnutzung,<br />

tagsüber durch Studenten nachts durch die<br />

Anwohner.“ 49 Das Parkhaus wurde gebaut,


aus der Mischnutzung wurden nichts, aber<br />

das so oft befürchtete Verkehrschaos blieb<br />

auch aus. Das Parkhaus kann nur von denen<br />

benutzt werden, die eine Berechtigung<br />

haben, Parksuchverkehr findet damit nicht<br />

statt.<br />

An der Ecke Lauteschläger-/Heinheimer<br />

Straße gelang es – wie im Verkehrskonzept<br />

vom September 1981 vorgesehen - unter<br />

dem Neubau eines Wohnhauses mit Sozialwohnungen<br />

ein öffentliches Parkhaus<br />

in mehreren Tiefgaragenebenen zu bauen.<br />

Es wurde lange Zeit wenig genutzt. So sehr<br />

auch Autofahrer Parkplätze auf den Straßen<br />

suchen, so schwer fällt es ihnen, einen<br />

Tiefgaragenplatz anzumieten.<br />

Bewährt hat sich der Bau zweigeschossiger<br />

Parkpaletten wie sie zum Beispiel an der<br />

Ecke Heinheimer-/Müllerstraße und Kranichsteiner-/Taunusstraße<br />

errichtet wurden.<br />

Im Untergeschoss sind fest vermietete<br />

Garagen, oben öffentlichen Parkplätze. In<br />

beiden Fällen konnte das Geländegefälle<br />

so ausgenutzt werden, dass nur sehr kurze<br />

Rampen auf das obere Parkdeck führen<br />

und sich die Anlage oben problemlos in die<br />

Umgebung einfügt.<br />

49<br />

Erfolgreicher als der Versuch, die Verkehrsprobleme<br />

des <strong>Martinsviertel</strong>s zu lösen,<br />

war der Umbau der Plätze. Die Neugestaltung<br />

eines Platzes strahlt auf die<br />

Umgebung aus, sie zeigt, hier passiert etwas<br />

zur Aufwertung des Viertels, hier wird<br />

es schöner, hier entsteht ein neuer Raum<br />

für Fußgänger und Kinder, ein Treffpunkt<br />

und ein Platz für die Außengastronomie der<br />

benachbarten Kneipe. Während der Umbau<br />

der Straßen mit ihren vielen 1000 Quadratmetern<br />

Fläche enorme und unaufbringbare<br />

Summen gekostet hätte war es möglich,<br />

den Umbau der meist kleinen Flächen der<br />

unterschiedlichen Plätze im Viertel nach<br />

und nach mit den zur Verfügung stehenden<br />

Sanierungsmitteln zu finanzieren.<br />

Die Plätze im Viertel waren vor ihrem Umbau<br />

fast ausschließlich Abstellfläche für<br />

ungeordnet parkende Autos. Schon 1981<br />

forderte deswegen eine Anwohnerinitiative,<br />

den Lichtenberg Platz „ohne allzu große<br />

Benachteiligung der Autofahrer in einen<br />

Treffpunkt für Anwohner und Spielplatz zu<br />

verwandeln.“ Es ginge darum „etwas gegen<br />

den Verkehr und für die Bewohner zu<br />

tun.“ 50 Bei Anwohnerversammlungen forderten<br />

aber auch die Autofahrer ihre Rechte<br />

ein. „In der zeitweise sehr hitzigen Debatte<br />

spielte die leidige Parkplatzfrage die<br />

Hauptrolle.“ 51 Es mussten immer wieder<br />

Kompromisse gesucht werden. Am Lichtenberg<br />

Platz führten sie in den 80er <strong>Jahre</strong>n zu<br />

einer preiswerten provisorischen Lösung.<br />

Inzwischen liegen nach langjährigen Erfahrungen<br />

mit dem Provisorium Planungen<br />

für einen endgültigen Umbau vor, der aber<br />

noch nicht ausgeführt ist.<br />

Die Neugestaltung der Plätze begann 1983<br />

mit dem Schlossgartenplatz. Die auf der<br />

gebogenen Südostseite des Platzes verlaufende<br />

Straße wurde aufgehoben und stattdessen<br />

ein breiter Fußweg mit Ruhebänken


Der Schlossgartenplatz vor dem Umbau, ein ungeordneter Parkplatz<br />

Blumen und Fußgängerbereich des umgebauten Schlossgartenplatzes<br />

50


angelegt. In der Achse der St.- Elisabeth-<br />

Kirche wurde ein sorgfältig gestalteter, für<br />

Kinder bespielbarer Brunnen gebaut, Ergebnis<br />

eines Wettbewerbs unter Darmstädter<br />

Bildhauern. Durch eine neue Verkehrsführung<br />

entstand vor den Eingängen zum<br />

Herrngarten und zum Prinz-Georg-Schlößchen<br />

ein größerer Vorplatz, Gewinn für die<br />

Fußgänger, die nun schmalere Fahrbahnen<br />

an übersichtlicher Stelle überqueren können.<br />

Vor der großen Kirche und dem Gemeindezentrum<br />

und als Teil einer viel begangenen<br />

Fußwegverbindung waren statt<br />

unübersichtlicher Verkehrsführung, wild<br />

parkenden Autos und unbrauchbaren Restflächen<br />

ein ansehnlicher Platz mit Raum<br />

für öffentliches Leben unter großen alten<br />

Platanen entstanden.<br />

Der Mollerplatz vor... ... und nach dem Umbau.<br />

51<br />

Es folgte der Umbau des kleinen dreieckigen<br />

Mollerplatzes. Umgeben von prachtvollen<br />

gründerzeitlichen Fassaden und dem teils<br />

neugotischen städtischen Altersheim war<br />

er trotz seiner schönen Bäume eine verwahrloste<br />

Restflächen, vollgestopft mit ungeordnet<br />

parkenden Fahrzeugen. Im März<br />

1984 fand eine Anwohnerversammlung zu<br />

den Vorschlägen der Stadtplaner statt. In<br />

der stürmischen Diskussion wurde im wesentlichen<br />

gefordert, Raum für die Autos zu<br />

erhalten und die Sicherheit für Kinder und<br />

besonders auch für die Bewohner des benachbarten<br />

Altenheims zu erhöhen, die Andienung<br />

der anliegenden Bäckerei zu sichern<br />

und einen allgemein nutzbaren Freiraum zu<br />

schaffen. Nach langer Diskussion wurde<br />

einvernehmlich ein Kompromiss gefunden


zwischen den Vorschlägen der Stadtplaner<br />

und den unterschiedlichen Wünschen der<br />

Bürgergruppen. Die Verkehrsflächen für Autos<br />

und Fußgänger wurden neu gepflastert,<br />

47 Parkplätze ausgebaut - vorher standen<br />

52 Fahrzeugen kreuz und quer herum - und<br />

eine ansehnliche, gegen die Autos abgeschirmte<br />

bekieste Freifläche mit einer Plastik<br />

in der Mitte des Platzes geschaffen.<br />

Zusätzlich zu den Ruhebänken stehen dort<br />

im Sommer Tische und Stühle als Außenbereich<br />

der benachbarten Gaststätte.<br />

Neugestaltete kleinere Plätze sind der Taunusplatz,<br />

der Kopernikusplatz und der Kantplatz.<br />

Immer wieder war das Problem zu lösen,<br />

den überhandnehmenden Autoverkehr<br />

zurückzudrängen, wo möglich Parkplätze<br />

zu erhalten und nutzbare, angenehme, dem<br />

Ort angemessene Freiräume zu schaffen.<br />

Über einer privaten Tiefgarage entstand der<br />

kleine Ballonplatz an der Ecke Magdalenen-<br />

Kleiner Ballonplatz heute.<br />

52<br />

/Alexanderstraße, ein an schönen Tagen<br />

gut besuchter Ort des anliegenden Cafés.<br />

Auch der Riegerplatz wurde neu gestaltet.<br />

Er blieb zur Hälfte Parkplatz, die andere<br />

Hälfte wurde große, vielfältig nutzbare Freifläche<br />

für einen Markt, die Kerb und andere<br />

Veranstaltungen. Die Fahrbahn im Osten<br />

wurde aufgehoben und ist nun gastronomischer<br />

Freibereich.<br />

Der Friedrich-Ebert-Platz schließlich wurde<br />

nicht nur als Spielplatz neu gestaltet. Ein<br />

diagonaler Weg führt über den Platz, daran<br />

liegen unterschiedliche Spielbereiche<br />

für alle Altersgruppen. Das Parken in den<br />

umgebenden Straßen wurde geordnet,<br />

ungefährliche und behindertengerechte<br />

Bushaltestellen eingerichtet. Nach dem<br />

Umbau wurde es dort richtig lebhaft, mit<br />

zahlreichen Kindern in den unterschiedlichen<br />

Spielbereichen und einem Platz für<br />

Boule-Spiele der Erwachsenen.


SOZIALE EINRICHTUNGEN, HANDEL UND GEWERBE<br />

Die Verbesserung und Ergänzung der Einrichtungen<br />

für den Gemeinbedarf war wenig<br />

strittig. Wie schon im Rahmenplan vorgesehenen<br />

wurden zwei neue Kindertagesstätten<br />

gebaut, in der Pankratius- und in der<br />

Arheilgerstraße. Vorhandene Einrichtungen<br />

wurden ergänzt und modernisiert.<br />

Umstritten war die Planung für ein Bürgerzentrum<br />

mit einem Saal für 600 Personen.<br />

Die Vereine im Viertel forderten das Bürgerhaus<br />

und der Karnevalsverein Orpheum<br />

sowie der Bezirksverein <strong>Martinsviertel</strong> den<br />

großen Saal. Der SPD Ortsverein <strong>Martinsviertel</strong><br />

setzte sich jahrelang intensiv für das<br />

Vorhaben ein und es gelang ihm schließlich,<br />

im August 1987 soweit zu überzeugen, dass<br />

die Stadtverordnetenversammlung mehrheitlich<br />

beschloss, an der Ecke Ruhts-/Arheilgerstraße<br />

- wo eigentlich Wohnbebauung<br />

vorgesehen war - das Bürgerzentrum<br />

zu bauen. Fraglich war, ob ein solch großer<br />

Saal außerhalb der Karnevalszeit häufiger<br />

benutzt würde und heftig kritisiert wurde<br />

der beschlossene Standort an engen Straßen<br />

und inmitten kleinteiliger Bebauung.<br />

1988 wurde ein Architektenwettbewerb für<br />

das Vorhaben ausgelobt, wobei die Preis-<br />

Ruhts- / Arheilgerstraße, Standort für das geplante Bürgerhaus<br />

53<br />

richter beim Vorgespräch zur Wettbewerbsaufgabe<br />

Bedenken anmeldeten „dieses<br />

Ding, an dieser Stelle, in dieser Form“ 52<br />

verwirklichen zu wollen. Es wurde nicht<br />

verwirklicht, obwohl der Wettbewerb mit<br />

dem ersten Preis für eine Frankfurter Architektengruppe<br />

einen Entwurf erbrachte,<br />

der sich überraschend gut in die Umgebung<br />

einfügte. 1993 zog sich der Bund<br />

aus der Städtebauförderung zurück und<br />

die weitgehend mit Sanierungsmitteln gedachte<br />

Finanzierung des Bürgerhauses,<br />

die schon länger als höchst problematisch<br />

galt, war praktisch nicht mehr möglich.<br />

An der Ruhtsstraße wurden Wohnungen<br />

gebaut und als Saal und Bürgertreff baute<br />

der Bauverein für Arbeiterwohnungen 53<br />

seinen nicht mehr benötigten Supermarkt<br />

am Kopernikusplatz zum Heiner-Lehr-Zentrum<br />

um. Ergänzend steht das vor einigen<br />

<strong>Jahre</strong>n eingerichtete Frauenzentrum in der<br />

Kyritz-Schule zur Verfügung.<br />

In Rahmen der Sanierung wurden eine Reihe<br />

störender oder auch expandierender Betriebe<br />

aus dem Wohngebiet an neue Standorte<br />

in Gewerbegebieten ausgelagert, oft<br />

mit Hilfe öffentlicher Mittel. Von den einst


vielen Handwerker haben heute nur noch<br />

wenige ihren Betrieb im Viertel, eine Entwicklung,<br />

die weniger mit der Sanierung<br />

und mehr mit der allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Entwicklung zu tun hat.<br />

Auch viele kleine Läden, die die Bewohner<br />

des Viertels versorgten, gibt es nicht mehr.<br />

Die Tendenz, dass Betriebe schließen,<br />

setzt sich fort. Schon immer gab es viele<br />

Gaststätten im <strong>Martinsviertel</strong>. Die aufgegebenen<br />

Läden wurden häufig von weiteren<br />

Gastronomiebetrieben übernommen. Das<br />

<strong>Martinsviertel</strong> war drauf und dran, sich<br />

zum Kneipenviertel zu entwickeln. Mit<br />

den dadurch zunehmenden nächtlichen<br />

Ruhestörungen und dem erheblich sich<br />

vermehrenden Parksuchverkehr eine für<br />

ein Wohngebiet ungute Entwicklung. Die<br />

Sanierungsplanung griff ein und setzte<br />

in Bebauungsplänen fest, dass keine weiteren<br />

Gaststätten zugelassen werden. In<br />

ehemalige Läden zogen dann kleine Büros<br />

oder sie wurden auch mal in eine Wohnung<br />

umgebaut. Bisweilen gab es auch Ladenübernahmen<br />

von Ausländern mit vielen neuen<br />

Lebensmittelangeboten für das Viertel.<br />

Der allerorten sichtbare Strukturwandel im<br />

Einzelhandel fand auch im <strong>Martinsviertel</strong><br />

statt. Das Viertel ist aber immer noch recht<br />

gut mit den erforderlichen Läden für den<br />

täglichen Bedarf ausgestattet, und seit einiger<br />

Zeit nimmt auch die Zahl speziellerer<br />

Geschäfte mit Kleidung und anderen Angeboten<br />

wieder leicht zu.<br />

54


DAS MARTINSVIERTEL HEUTE - WAR DIE SANIERUNG EIN ERFOLG?<br />

Im Juni 1969 hatte das Darmstädter Echo<br />

zu einer Untersuchung des Statistischen<br />

Amtes der Stadt <strong>Darmstadt</strong> getitelt: „Wird<br />

das <strong>Martinsviertel</strong> <strong>Darmstadt</strong>s Elendsquartier?<br />

Statistik stellt düstere Prognose:<br />

Wenn nichts geschieht, sinkt <strong>Darmstadt</strong>s<br />

originellstes Viertel zum Armenhaus und<br />

Altenheim ab.“ 54 Es geschah etwas und<br />

von einem solchen Schreckensbild wird<br />

niemand mehr reden. Alle neuen Daten<br />

zur Sozial- und Altersstruktur zeigen, dass<br />

das Viertel in keiner Weise negativ auffällt.<br />

Stadtteile mit sozialen Problemen sind heute<br />

die Hochhaus-Neubaugebiete der frühen<br />

70er <strong>Jahre</strong>. Das <strong>Martinsviertel</strong> ist beliebt.<br />

Die Sanierung des <strong>Martinsviertel</strong>s ist eine<br />

Erfolgsgeschichte.<br />

Die Sünde, den Zusammenhang eines über<br />

Jahrzehnte gewachsenen und von Bomben<br />

weitgehend verschonten Viertels durch eine<br />

neue Hauptverkehrsstraße zu zerreißen,<br />

wurde verhindert. Die Wunden der jahrelangen<br />

Vorbereitung des Osttangentendurchbruchs<br />

mit Hausabbrüchen, fehlenden Instandsetzungen<br />

und Verfall sind geheilt.<br />

Fand die gelungene Erneuerung des <strong>Martinsviertel</strong>s<br />

nun statt, weil das Viertel so<br />

„schick“ entwickelt wurde, dass viele Zuziehende<br />

mit höherem Einkommen ärmere<br />

Schichten verdrängt haben? Unter der<br />

Überschrift „Vom alten Watzeviertel bleibt<br />

nichts übrig“ machte die Frankfurter Allgemeine<br />

Zeitung in einem Artikel am 18.<br />

März 1977 eine solch düstere Prognose:<br />

„Das <strong>Martinsviertel</strong> ist wie eine kleine Gemeinde<br />

mitten in einer großen Stadt. Es<br />

hat ein ausgeprägtes Eigenleben und besondere<br />

Eigenschaften. Sein Stadtbild trägt<br />

dazu ebenso bei wie das soziale Gefüge.<br />

Die Modernisierung wird beides verändern.<br />

Die höheren Mieten werden, ob man es zu-<br />

55<br />

geben will oder nicht, zu einer sozialen Verschiebung<br />

zu Gunsten besser verdienender<br />

Einwohnerschichten führen und der äußere<br />

Anschein (oder Anstrich) wird den Charakter<br />

des Viertels verletzen.“ Nein, Vertreibung,<br />

die den Charakter des Viertels verändert<br />

hätte, fand nicht statt, es ist immer<br />

noch Wohnort für arm und reich, für jung<br />

und alt.<br />

Als die Sanierung konkret wurde hatte sie<br />

nicht nur städtebauliche sondern auch soziale<br />

Ziele. Der wichtigste Grundsatz der zu<br />

Beginn der Sanierungsmaßnahmen völlig<br />

neuen Aufgabe Sozialplanung, dass kein<br />

Bewohner durch die Sanierung verdrängt<br />

werden soll, wurde ernst genommen und<br />

von den im Viertel arbeitenden Sozialplanern<br />

mit vielerlei Maßnahmen beachtet.<br />

Zudem beschloss die Stadt zu einer Zeit<br />

als dies durchaus unüblich war, selbst Sanierungsträger<br />

zu werden, anstelle einer<br />

der sich anbietenden auswärtigen Firmen,<br />

die nur schwer von der Kommunalpolitik<br />

und schon garnicht von den betroffenen<br />

Bürgern beeinflusst werden können. 55 Das<br />

war ein wichtiger Faktor für den Erfolg der<br />

langjährigen Erneuerungsmaßnahmen. Nur<br />

so war es möglich, eine vorsichtige, flexible<br />

und schrittweise Modernisierung durchzuführen,<br />

die sich auch an den Problemen derer<br />

orientierte, die auf billigen Wohnraum<br />

angewiesen sind.<br />

In einzelnen anderen Städten wurden bei der<br />

Wohnungsmodernisierung in Sanierungsgebieten<br />

in großem Umfang Sozialbaumittel<br />

verwendet. In die vollständig entmieteten<br />

und nach dem Standard des sozialen Wohnungsbaus<br />

teuer umgebauten und ausgestatteten<br />

Wohnungen konnten dann nur<br />

Mieter mit Bindungsbescheinigung neu einziehen,<br />

d.h. Mieter mit geringem Einkommen.<br />

Diese einseitige Belegung mit einer


estimmten Bevölkerungsgruppe schafft<br />

noch nach <strong>Jahre</strong>n vielfältige Probleme im<br />

Viertel. Die Sanierung mag baulich geglückt<br />

sein, sozial ist sie gescheitert. Das konnte<br />

im <strong>Martinsviertel</strong> vermieden werden. Die<br />

Finanzierung der Modernisierungsmaßnahmen<br />

folgte unterschiedlichen, auf die<br />

jeweiligen Eigentümer und Bewohner sowie<br />

auf den Umfang der erforderlichen Maßnahmen<br />

abgestimmten Möglichkeiten. Angeboten<br />

wurden öffentliche Finanzierungshilfen<br />

aus Sanierungsförderungsmitteln, aus dem<br />

Modernisierungsprogramm von Bund und<br />

Ländern und in bescheidenen Umfang auch<br />

aus Sozialbaumitteln.<br />

Ein glücklicher Umstand für das <strong>Martinsviertel</strong><br />

und seine Erneuerung war auch die<br />

für die Kommunalpolitik mutige Berufung<br />

von Anwaltsplaner. Sie hatten eine wichtige<br />

Funktion als Scharnier zwischen den<br />

betroffenen Bewohnern des Viertels und<br />

der planenden Verwaltung. „In dieser Situation<br />

hat sich das Darmstädter Modell<br />

von Bürgerbeteiligung für beide Seiten<br />

(auch wenn das nicht alle so sehen wollen)<br />

als außerordentlich hilfreich erwiesen: Die<br />

anonym drohende Verwaltungsmacht wird<br />

durch sachkundige Information sozusagen<br />

vermenschlicht; die Betroffenen ihrerseits<br />

wissen durch manipulationsfreie fach- und<br />

sachliche Anleitung Details einzuordnen.<br />

Außerdem ist zwischen Handelnden und<br />

Erlebenden plötzlich ein Dialog möglich.<br />

Anders herum: Die Administration lernt<br />

nolens volens die für den Erfolg unverzichtbare<br />

Flexibilität und Zugang zu ihrer ureigenen<br />

Kundschaft, während die Bürgerschaft<br />

durch Artikulation konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

gewinnt. Vermittler in diesem<br />

Prozess - und mithin auch unstrittig Motor<br />

der Sanierung - sind die Advokaten.“ 56<br />

56<br />

Im Zuge der Sanierung sind die ungeordneten<br />

Plätze des Viertels zu attraktiven Freiflächen<br />

für vielfältiges öffentliches Leben<br />

umgebaut worden. In den Innenräumen vieler<br />

Baublöcke entstanden neue Grünflächen<br />

mit Kinderspielplätzen. An einzelnen Stellen<br />

wurde das Parkplatzdefizit abgebaut.<br />

Die Ausdehnung der Technischen Universität<br />

in das <strong>Martinsviertel</strong> konnte verhindert<br />

werden und weitere übermäßig dichte und<br />

hohe Bebauung, wie am Kopernikusplatz,<br />

wurde vermieden. Den Autoverkehr in den<br />

Straßen zu beruhigen war nur in recht bescheidenem<br />

Umfang möglich. Der Wohnwert<br />

des Viertels, seine Attraktivität hat<br />

aber deutlich zugenommen.<br />

Eine große Zahl von Kneipen aller Art, Freizeit-<br />

und Begegnungsstätten von Vereinen<br />

mit ihren Einrichtungen und die gute Ausstattung<br />

mit Infrastruktur für Kinder, Jugendliche<br />

und alte Menschen sorgen für<br />

einen lebendigen Stadtteil, der trotz vieler<br />

Veränderungen einen guten Teil seines alten<br />

Flairs erhalten hat.


Frankfurter Straße<br />

Ploenniesstraße<br />

Robert-Schneider-Straße<br />

Emilstraße<br />

Pallaswiesenstraße<br />

Rhönring<br />

Mollerstraße<br />

58<br />

Barkhausstraße<br />

Liebfrauenstraße<br />

Robert-Schneider-Straße<br />

Schlossgartenplatz<br />

Schlossgartenstraße<br />

Schuknechtstraße<br />

Gardistenstraße<br />

Ruthsstraße<br />

Eckhardtstraße<br />

Friedrich-Ebert-Platz<br />

Eckhardtstraße<br />

Beckerstraße<br />

Löffelstraße<br />

Schlossgartenstraße<br />

Liebfrauenstraße<br />

Kantplatz<br />

Arheilger Straße<br />

Kaupstraße<br />

Ruthsstraße<br />

Pankratiusstraße<br />

Barkhausstraße<br />

Magdalenenstraße<br />

Liebf<br />

Maue


auenstraße<br />

Wenckstraße<br />

Müllerstraße<br />

Lauteschlägerstraße<br />

rstraße<br />

Pankratiusstraße<br />

Heinheimer Straße<br />

Kaupstraße<br />

ÜBERSICHTSPLAN MARTINSVIERTEL<br />

aße<br />

Riegerplatz<br />

Heinheimer Straße<br />

Kopernikusplatz<br />

Heinheimer Straße<br />

Dieburger Straße<br />

Kaupstraße<br />

Lichtenbergstraße<br />

Lichtenbergstraße<br />

Kranichsteiner Straße<br />

Vogelsbergstraße<br />

Liebfrauenstraße<br />

Wenckstraße<br />

Taunusstraße<br />

Gutenbergstraße<br />

Taunusplatz<br />

Dieburger Straße<br />

Taunusstraße<br />

59<br />

Kranichsteiner Straße<br />

Spessartring<br />

Kranichsteiner Straße<br />

(L3097)<br />

Vogelsbergstraße<br />

Am Karlshof<br />

Kittlerstra<br />

Diebu


1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

31<br />

32<br />

33<br />

61<br />

QUELLEN, ANMERKUNGEN<br />

Ekkehard Wiest, Darmstädter Bürgeratlas. Reba Verlag, <strong>Darmstadt</strong> 1980<br />

siehe 1, Seite 56<br />

Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan 1960, S. 14<br />

siehe 3, S. 3<br />

Teil des Generalbebauungsplanes<br />

siehe 3, S. 16<br />

Magistratsbeschluss vom 20. Mai 1960<br />

Darmstädter Echo (DE), 15.4.64<br />

siehe 8<br />

DE 18.6.69<br />

siehe 10<br />

DE 2.7.69<br />

siehe 12<br />

Statistische Mitteilungen der Stadt <strong>Darmstadt</strong>, Juli 1969<br />

ursprünglich Metron-Heidelberg, dann umfirmiert<br />

so Stadtbaurat Reißer, Darmstädter Echo, 19.11.71<br />

Sanierungsplanung <strong>Martinsviertel</strong>, Metroplan GmbH, S. 9<br />

vom 25.5.72<br />

siehe 18<br />

vom 21.1.75<br />

DE 26.7.75<br />

Das vorgeschlagene Profil wurde später nördlich des Rhönrings gebaut;<br />

zwei der vier Fahrspuren werden heute zum Parken genutzt.<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 11.6.76<br />

Pressemitteilung der Stadt <strong>Darmstadt</strong>, Darmstädter Echo, 16.11.73<br />

siehe 23<br />

Frankfurter Rundschau (FR), 26.1.77<br />

DE 21.5.77<br />

vom 19.11.77<br />

FAZ 22.2.78<br />

DE 5.7.79<br />

vom 1.3.80<br />

Darmstädter Tagblatt (DT), 19.4.80<br />

Arheilger Allee – Grüne Achse der Vernunft<br />

Baudezernat, Februar 1980, S. 4


QUELLEN, ANMERKUNGEN<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37<br />

38<br />

39<br />

<strong>40</strong><br />

41<br />

42<br />

43<br />

44<br />

45<br />

46<br />

47<br />

48<br />

49<br />

50<br />

51<br />

52<br />

53<br />

54<br />

55<br />

56<br />

DT 3.9.76<br />

siehe 34<br />

DT 3.3.77<br />

siehe 36<br />

DE 7.5.77<br />

FAZ 18.3.77<br />

F. Wartenpfuhl, Die Mieter – Spekulanten im <strong>Martinsviertel</strong> ???, in B. Meyer<br />

(Hrsg.), Lesebuch <strong>Martinsviertel</strong>, Verlag Gebr. Meurer, <strong>Darmstadt</strong> 1999, S. 84<br />

DE 12.2.79<br />

DE 9.7.82<br />

Beispiel für einen gelungenen Umbau ist die Viktoriastraße im Johannesviertel<br />

DT 10.8.84<br />

DE 5.6.85<br />

DE 30.11.84<br />

DT 30.10.85<br />

DT 23.10.85<br />

DE 31.10.85<br />

DE 11.3.81<br />

DE 30.3.84<br />

DE 15.6.88<br />

heute: Bauverein AG<br />

DE 18.7.69<br />

nachzulesen bei C. Jonas: Besser als das Oligopol der bekannten Sanierungsträger<br />

machen wir’s immer; Stadtbauwelt 45/1975<br />

Udo Voss: Vom Bürgerprotest zur Wählergemeinschaft, in Brech/Greiff,<br />

Bürgerbeteiligung mit Experten, Beltz Verlag Weinheim und Basel 1978, S. 147<br />

62


Stadtarchiv Stadt <strong>Darmstadt</strong><br />

S. 2, 9, 23<br />

Archiv Kulturamt <strong>Darmstadt</strong>, Abt. Denkmalschutz und Denkmalpflege<br />

S. 3, 5, 6, 7, 50 oben (Foto N. Heiss)<br />

Nikolaus Heiss<br />

Titelblatt Luftaufnahme<br />

Stadtplanungsamt <strong>Darmstadt</strong><br />

S. 8, 11, 15, 16 (aus der Broschüre der Metroplan, 1972)<br />

S. 19, 20 (aus der Rahmenplanbroschüre, 1975)<br />

S. 26 (aus der Broschüre Arheilger Allee, 1980)<br />

S. 28 oben, 31, 32<br />

S. 33 (aus der Broschüre „Vier Sanierungsprojekte“, 1982)<br />

S. 45 (aus Faltblatt Verkehrskonzept - Fortschreibung des Rahmenplans)<br />

S. 46<br />

S. 51 (aus Faltblatt zum Umbau des Mollerplatzes)<br />

S. 53<br />

Milena Knap, Stadtplanungsamt<br />

S. 4, S. 50<br />

Hermann Stumme<br />

S. 27, 28 unten, 48, 52<br />

63<br />

BILDNACHWEIS


Herausgeberin Kontakt<br />

Wissenschaftsstadt <strong>Darmstadt</strong><br />

Stadtplanungsamt<br />

Bessunger Straße 125, Block D<br />

64295 <strong>Darmstadt</strong><br />

E-Mail: stadtplanungsamt@darmstadt.de<br />

Internet: http://stadtplanung.darmstadt.de<br />

Wissenschaftsstadt<br />

<strong>Darmstadt</strong>

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