Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
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aber vorwiegend mit seiner Ausbildung. Nach dem Studium in Cambridge war er Heeresoffizier geworden und hatte seine militärische Ausbildung in Fort Leavenworth und der Carlyle-Kaserne in den USA fortgesetzt. In letzterer Einrichtung war er der Jüngste seiner Klasse gewesen und mit siebenundzwanzig bereits Colonel - Prinz eines königlichen Hauses zu sein, ist der Karriere nur förderlich - und hatte als Drittbester in einer Gruppe abgeschlossen, die später zehn Divisionskommandeure stellte. Ein General der Army, der Ryan über Ali informiert hatte, erinnerte sich gerne an den Kameraden und schrieb ihm einen wachen Geist und hervorragende Führungsqualitäten zu. Es war Ali gewesen, der den König nach Ausbruch der Golfkrise bewegt hatte, amerikanische Waffenhilfe anzunehmen. Er galt als entscheidungsfreudig und hatte trotz seiner vornehmen Manieren - nur wenig Geduld mit Zeitverschwendern. Das Arbeitszimmer des Prinzen war wegen der beiden Wachen an der Doppeltür leicht zu erkennen. Ein dritter Mann öffnete, verbeugte sich und ließ sie eintreten. "Ich habe schon viel von Ihnen gehört", meinte Ali beiläufig. "Hoffentlich nur Gutes", erwiderte Ryan, der bemüht war, entspannt zu wirken. Ali drehte sich mit einem verschmitzten Lächeln um. "Wir haben in Großbritannien gemeinsame Freunde, Sir John. Halten Sie sich mit Handfeuerwaffen in Übung?" "Dazu fehlt mir die Zeit, Hoheit." Ali wies Jack einen Sessel an. "Für manche Dinge sollte man sich die Zeit einfach nehmen." Beide nahmen Platz und gingen zum Formellen über. Ein Diener erschien mit einem Silbertablett, schenkte den beiden Männern Kaffee ein und zog sich anschließend zurück. "Ich habe von Dr. Alden gehört und bedaure seinen Tod aufrichtig. Schade, daß ein so guter Mann über eine so dumme Sache stolpern mußte... Andererseits wollte ich Sie schon immer kennenlernen, Dr. Ryan." Jack nippte an seinem Kaffee, der dick, bitter und teuflisch stark war. "Danke, Hoheit. Dank auch für Ihre Bereitschaft, mich anstelle eines höheren Vertreters zu empfangen." "Die wirksamsten diplomatischen Vorstöße beginnen oft informell. Nun, was kann ich für Sie tun?" Ali lächelte, lehnte sich zurück und spielte mit der Linken an seinem Bart. Auch wenn seine glänzenden, kohlschwarzen Augen den Besucher ungezwungen musterten, war die Atmosphäre nun geschäftsmäßig. Ryan begann. "Meine Regierung möchte sondieren - will sagen, die groben Umrisse eines Plans zur Reduzierung der Spannungen in der Region vorlegen." "Sie meinen natürlich die Spannungen mit Israel. Ich nehme an, daß Adler in diesem Augenblick den Israelis denselben Vorschlag unterbreitet." "Korrekt, Hoheit." "Wie dramatisch", merkte der Prinz mit einem amüsierten Lächeln an. "Bitte fahren Sie fort." 98
"Hoheit, der wichtigste Faktor in dieser Angelegenheit muß die Sicherheit des Staates Israel sein. Zu einer Zeit, als wir beide noch nicht geboren waren, taten die USA und andere Länder praktisch nichts, um die Ausrottung von sechs Millionen Juden zu verhindern. Diese Unterlassungssünde lastet schwer auf meinem Land." Ali nickte ernst. "Das habe ich nie verstanden. Mag sein, daß die USA entschiedener hätten handeln können, aber Roosevelt und Churchill trafen ihre strategischen Entscheidungen während des Krieges in gutem Glauben. Das Schiff voller Juden, das vor Kriegsausbruch niemand haben wollte, ist natürlich ein anderes Thema. Ich finde es sehr sonderbar, daß Ihr Land diesen armen Menschen kein Asyl gewährte. Andererseits konnten weder Juden noch Nichtjuden ahnen, was bevorstand, und als sich die Katastrophe abzeichnete, hatte Hitler Europa besetzt und Ihnen die Möglichkeit einer direkten Intervention verwehrt. Ihre Führung kam damals zu dem Schluß, daß dem Morden am besten durch rasche Beendigung des Krieges Einhalt zu gebieten sei; eine logische Entscheidung. Man hätte natürlich die sogenannte Endlösung politisch thematisieren können, hielt diesen Kurs aber aus praktischen Erwägungen für ineffektiv. Im Rückblick gesehen, war das vermutlich eine Fehlentscheidung, die aber nicht in böswilliger Absicht getroffen worden war." Ali machte eine Pause, damit Ryan den historischen Diskurs verarbeiten konnte. "Auf jeden Fall haben wir Verständnis für Ihren Wunsch, den Staat Israel zu erhalten, und akzeptieren ihn auch, wenngleich mit Vorbehalten. Sie werden sicher verstehen, daß wir unsere Zustimmung nur geben können, wenn Sie auch die Rechte anderer Völker anerkennen. Dieser Teil der Erde wird nicht nur von Juden und Wilden bewohnt." "Und das, Hoheit, ist die Grundlage unseres Friedensplans", erwiderte Ryan. "Sind Sie bereit, einem Plan zuzustimmen, der die USA als Garantiemacht für Israels Sicherheit vorsieht, wenn eine Formel für die Anerkennung der Rechte anderer gefunden werden kann?" Ryan blieb keine Zeit, den Atem anzuhalten und auf die Antwort zu warten. "Aber gewiß. Haben wir das nicht deutlich gemacht? Wer außer Amerika kann den Frieden denn garantieren? Wenn Sie in Israel Truppen stationieren und Ihre Garantie vertraglich sichern wollen, können wir das akzeptieren. Doch was wird aus den Rechten der Araber?" "Auf welche Weise sollten wir uns Ihrer Auffassung nach mit diesen Rechten befassen?" fragte Jack. Prinz Ali fand diese Gegenfrage verblüffend. War es nicht Ryans Auftrag, den amerikanischen Plan zu unterbreiten? Ali war zu klug, um seine momentane Verärgerung zu zeigen. Das war keine Falle, erkannte er, sondern eine fundamentale Änderung der amerikanischen Außenpolitik. "Dr. Ryan, Sie haben diese Frage nicht grundlos gestellt, aber trotzdem ist sie rhetorisch. Eine Antwort wird Ihre Seite formulieren müssen." Das nahm drei Minuten in Anspruch. Ali schüttelte betrübt den Kopf. "Dr. Ryan, wir wären wahrscheinlich in der 99
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"Hoheit, der wichtigste Faktor in dieser Angelegenheit muß die Sicherheit<br />
des Staates Israel sein. Zu einer Zeit, als wir beide noch nicht geboren waren,<br />
taten die USA und andere Länder praktisch nichts, um die Ausrottung von<br />
sechs Millionen Juden zu verhindern. Diese Unterlassungssünde lastet schwer<br />
auf meinem Land."<br />
Ali nickte ernst. "<strong>Das</strong> habe ich nie verstanden. Mag sein, daß die USA<br />
entschiedener hätten handeln können, aber Roosevelt und Churchill trafen<br />
ihre strategischen Entscheidungen während des Krieges in gutem Glauben.<br />
<strong>Das</strong> Schiff voller Juden, das vor Kriegsausbruch niemand haben wollte, ist<br />
natürlich ein anderes Thema. Ich finde es sehr sonderbar, daß Ihr Land diesen<br />
armen Menschen kein Asyl gewährte. Andererseits konnten weder Juden noch<br />
Nichtjuden ahnen, was bevorstand, und als sich die Katastrophe abzeichnete,<br />
hatte Hitler Europa besetzt und Ihnen die Möglichkeit einer direkten Intervention<br />
verwehrt. Ihre Führung kam damals zu dem Schluß, daß dem Morden am<br />
besten durch rasche Beendigung des Krieges Einhalt zu gebieten sei; eine<br />
logische Entscheidung. Man hätte natürlich die sogenannte Endlösung politisch<br />
thematisieren können, hielt diesen Kurs aber aus praktischen Erwägungen<br />
für ineffektiv. Im Rückblick gesehen, war das vermutlich eine Fehlentscheidung,<br />
die aber nicht in böswilliger Absicht getroffen worden war." Ali<br />
machte eine Pause, damit <strong>Ryan</strong> den historischen Diskurs verarbeiten konnte.<br />
"Auf jeden Fall haben wir Verständnis für Ihren Wunsch, den Staat Israel zu<br />
erhalten, und akzeptieren ihn auch, wenngleich mit Vorbehalten. Sie werden<br />
sicher verstehen, daß wir unsere Zustimmung nur geben können, wenn Sie<br />
auch die Rechte anderer Völker anerkennen. Dieser Teil der Erde wird nicht<br />
nur von Juden und Wilden bewohnt."<br />
"Und das, Hoheit, ist die Grundlage unseres Friedensplans", erwiderte<br />
<strong>Ryan</strong>. "Sind Sie bereit, einem Plan zuzustimmen, der die USA als Garantiemacht<br />
für Israels Sicherheit vorsieht, wenn eine Formel für die Anerkennung<br />
der Rechte anderer gefunden werden kann?" <strong>Ryan</strong> blieb keine Zeit, den Atem<br />
anzuhalten und auf die Antwort zu warten.<br />
"Aber gewiß. Haben wir das nicht deutlich gemacht? Wer außer Amerika<br />
kann den Frieden denn garantieren? Wenn Sie in Israel Truppen stationieren<br />
und Ihre Garantie vertraglich sichern wollen, können wir das akzeptieren.<br />
Doch was wird aus den Rechten der Araber?"<br />
"Auf welche Weise sollten wir uns Ihrer Auffassung nach mit diesen Rechten<br />
befassen?" fragte <strong>Jack</strong>.<br />
Prinz Ali fand diese Gegenfrage verblüffend. War es nicht <strong>Ryan</strong>s Auftrag,<br />
den amerikanischen Plan zu unterbreiten? Ali war zu klug, um seine momentane<br />
Verärgerung zu zeigen. <strong>Das</strong> war keine Falle, erkannte er, sondern eine<br />
fundamentale Änderung der amerikanischen Außenpolitik.<br />
"Dr. <strong>Ryan</strong>, Sie haben diese Frage nicht grundlos gestellt, aber trotzdem ist<br />
sie rhetorisch. Eine Antwort wird Ihre Seite formulieren müssen."<br />
<strong>Das</strong> nahm drei Minuten in Anspruch.<br />
Ali schüttelte betrübt den Kopf. "Dr. <strong>Ryan</strong>, wir wären wahrscheinlich in der<br />
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