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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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Es kam also überraschend. Es begann an einer Schwachstelle in einer Hauptarterie,<br />

die das Gehirn mit Blut versorgte. Zwanzig Jahre zu hohen Blutdruck<br />

und zwanzig Jahre Schlamperei, in denen er seine Medizin nur genommen<br />

hatte, wenn wieder einmal ein Termin beim Arzt bevorstand, führten in dieser<br />

Streßsituation, verursacht durch die kläglich gescheiterte Karriere, zu einem<br />

Riß der Arterie in seiner rechten Kopfhälfte. Was ihm wie eine harmlose<br />

Migräne vorgekommen war, entpuppte sich nun als tödlich. Alden riß die<br />

Augen auf und faßte sich an den Kopf, als wollte er ihn zusammenhalten, doch<br />

es war zu spät. Der Riß öffnete sich weiter, mehr Blut trat aus. Die Sauerstoffzufuhr<br />

wichtiger Teile seines Gehirns wurde unterbrochen und der Druck<br />

im Schädel stieg weiter an, immer mehr Hirnzellen wurden zerstört.<br />

Alden war zwar gelähmt, blieb aber noch eine ganze Weile bei Bewußtsein,<br />

und sein brillanter Verstand registrierte die Ereignisse mit erstaunlicher Klarheit.<br />

Er wußte, daß er sterben mußte - nach fünfunddreißigjähriger Arbeit ­<br />

und so kurz vor dem Ziel, dachte er. Monographien, Seminare, Vorlesungen,<br />

Vortragsreisen, Talkshows, Wahlkämpfe - alles nur, um nach oben zu kommen,<br />

um historische Prozesse nicht nur zu interpretieren, sondern selbst in<br />

Gang zu setzen. Ausgerechnet jetzt sterben müssen! Er konnte nichts mehr<br />

ändern, nichts mehr tun, nur hoffen, daß jemand, irgend jemand, ihm vergeben<br />

würde. Im Grunde war ich doch kein schlechter Mensch. Ich habe mich<br />

angestrengt, um etwas zu bewegen, eine bessere Welt zu schaffen, aber ausgerechnet<br />

jetzt, am Beginn einer bedeutsamen Entwicklung... schade, daß mir<br />

das nicht passiert ist, als ich auf dieser blöden Kuh lag, schade eigentlich auch,<br />

erkannte er in einem letzten Augenblick der Klarheit, daß die Studien nicht<br />

meine einzige Leidenschaft...<br />

Da Alden in Ungnade gefallen und schon von seinen Dienstpflichten entbunden<br />

war, fand man seine Leiche erst eine Stunde später. Seine Sekretärin hatte<br />

den Auftrag, alle Anrufer abzuwimmeln, und stellte daher auch keine Gespräche<br />

durch. Erst als es Zeit zum Heimgehen war, drückte sie auf den Knopf der<br />

Sprechanlage, um ihm das mitzuteilen, bekam aber keine Antwort. Sie runzelte<br />

die Stirn und probierte es noch einmal. Wieder keine Reaktion. Sie stand auf<br />

und klopfte an Aldens Tür, öffnete sie schließlich und schrie dann so laut, daß<br />

die Agenten des Secret Service vor dem Oval Office an der entgegengesetzten<br />

Ecke des Gebäudes sie hörten. Als erste traf Helen D'Agustino, Spitzname<br />

"Daga" ein, eine Leibwächterin des Präsidenten, die sich nach einem Sitzungstag<br />

auf dem Korridor die Beine vertreten hatte.<br />

"Shit!" Bei diesem Kommentar hatte sie auch schon ihren Dienstrevolver<br />

gezogen. Noch nie im Leben hatte sie so viel Blut gesehen. Es war aus Aldens<br />

rechtem Ohr geflossen und hatte auf dem Schreibtisch eine Lache gebildet. Sie<br />

gab über ihr Funkgerät Alarm; das mußte ein Kopfschuß sein. Über den Lauf<br />

ihrer Smith & Wesson Modell 19 hinweg suchten ihre scharfen Augen den<br />

Raum ab. Die Fenster waren okay. Sie huschte durchs Zimmer. Niemand da.<br />

Was war passiert?<br />

Sie tastete mit der Linken nach Aldens Halsschlagader. Natürlich kein Puls.<br />

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