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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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acht werden. Papst Urbans Botschaft von der Eroberung des Heiligen Landes<br />

durch die Ungläubigen eröffnete auf einmal die Möglichkeit eines Angriffskrieges<br />

- nicht nur, um die heiligen Stätten zu sichern, sondern auch, um neue<br />

Lehnsgüter zu erobern, mit Bauern, die man unterdrücken konnte, und sich<br />

auf den Handelswegen in den Orient auszubreiten und Wegezoll zu kassieren.<br />

Die Prioritäten variierten von Fall zu Fall, aber über die Optionen waren die<br />

Kreuzritter alle miteinander informiert gewesen, <strong>Jack</strong> hätte gerne gewußt, wie<br />

viele Menschen verschiedener Nationen über diese Straßen gegangen waren<br />

und wie sie ihre persönlichen, politischen und wirtschaftlichen Ziele mit ihrer<br />

religiösen Mission in Einklang gebracht hatten. Ähnliches traf wohl auch auf<br />

die Moslems zu, denn dreihundert Jahre nach Mohammeds Tod hatten, wie es<br />

auch im Christentum der Fall gewesen war, eigennützige Opportunisten die<br />

Reihe der Frommen anschwellen lassen. Und in der Mitte saßen die Juden ­<br />

zumindest jene, die nicht von den Römern in die Diaspora getrieben worden<br />

oder die heimlich zurückgekehrt waren. Sie hatten zu Anfang des zweiten<br />

Jahrtausends unter den Christen mehr zu leiden als unter den Moslems.<br />

Israel ist wie ein Knochen, dachte <strong>Ryan</strong>, um den sich Rudel von hungrigen<br />

Hunden streiten.<br />

Ganz war der Knochen aber nie zerstört worden, und die Rudel waren im<br />

Lauf der Jahrhunderte immer wieder zurückgekehrt, weil das Land historisch<br />

so wichtig war. Hunderte von bedeutsamen Figuren der Weltgeschichte waren<br />

hier gewesen, einschließlich Jesus Christus, in dem der Katholik <strong>Ryan</strong> den<br />

Sohn Gottes sah. Über diese Bedeutung hinaus symbolisierte diese schmale<br />

Landbrücke zwischen Kontinenten und Kulturen auch menschliche Gedanken,<br />

Ideale und Hoffnungen, die irgendwie im Sand und in den Steinen dieser<br />

selten reizlosen Landschaft, in der sich nur Skorpione heimisch fühlen konnten,<br />

ihren Ausdruck fanden. Es gab auf der Welt nur fünf große Religionen, von<br />

denen sich wiederum nur drei über ihr Ursprungsgebiet hinaus verbreitet<br />

hatten, und ausgerechnet diese drei waren nur wenige Meilen von der Stelle<br />

beheimatet, wo er jetzt stand.<br />

Und deswegen bekriegen sie sich, dachte <strong>Ryan</strong>.<br />

Eigentlich eine unglaubliche Blasphemie, überlegte er. Immerhin war der<br />

Monotheismus hier entstanden, bei den Juden zuerst, um dann von Christen<br />

und Moslems angenommen zu werden. Von hier aus hatte er sich durchgesetzt.<br />

Die Juden - der Begriff "das Volk Israel" kam ihm zu geschwollen vor - hatten<br />

ihren Glauben über Tausende von Jahren hinweg zäh gegen Animisten und<br />

Heiden verteidigt und dann ihre schwerste Prüfung ausgerechnet gegen jene<br />

Religionen bestehen müssen, die sich aus ihrer eigenen Idee des Einen Gottes<br />

entwickelt hatten. Ungerechterweise waren Religionskriege die barbarischsten<br />

<strong>aller</strong> Kriege. Wer im Namen Gottes kämpfte, konnte sich so gut wie alles<br />

leisten, denn der Feind kämpfte ja gegen Gott, und das war abscheulich und<br />

gräßlich. Gegen jene, die die Autorität des Allmächtigsten in Frage stellten,<br />

fühlte sich jeder Soldat als verlängerter Arm Gottes und führte hemmungslos<br />

das rächende Schwert. Wenn es um die Züchtigung der Feinde und Sünder<br />

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