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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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Giovanni Kardinal D'Antonios Arbeitszimmer wäre in Amerika für Bälle<br />

oder Staatsbankette benutzt worden. Die Decke zierten Fresken, die Wände<br />

waren mit blauer Seide bespannt, und die Teppiche auf dem uralten Parkett<br />

hatten die Größe eines mittelgroßen Wohnzimmers. <strong>Das</strong> Mobiliar, die vermutlich<br />

neuesten Objekte im Raum, schien mindestens zweihundert Jahre alt zu<br />

sein: Die Polstermöbel waren mit Brokat bezogen und hatten geschwungene,<br />

blattgoldbelegte Beine. <strong>Das</strong> silberne Kaffeeservice war ein dezenter Hinweis,<br />

wo <strong>Ryan</strong> sich hinzusetzen hatte.<br />

Der Kardinal kam mit dem Lächeln, das vor Jahrhunderten ein König einem<br />

favorisierten Minister geschenkt haben mochte, von seinem Schreibtisch auf<br />

sie zu. D'Antonio war ein kleiner Mann, der, seiner Leibesfülle nach zu<br />

urteilen, gerne gut aß. Tabakgeruch verriet eine Angewohnheit, die er mit<br />

seinen knapp siebzig Jahren eigentlich schon aufgegeben haben sollte. Sein<br />

rundliches Gesicht strahlte eine derbe Würde aus. D'Antonio war der Sohn<br />

eines sizilianischen Fischers, und der verschmitzte Blick seiner braunen Augen<br />

ließ auf einen etwas rauhen Charakter schließen, den seine fünfzig Jahre im<br />

Dienst der Kirche nicht hatten überdecken können. <strong>Ryan</strong> wußte von seiner<br />

Herkunft und konnte sich leicht vorstellen, wie er früher zusammen mit seinem<br />

Vater die Netze eingeholt hatte. D'Antonios Derbheit war eine nützliche<br />

Tarnung für einen Diplomaten, und das war der Beruf des Kardinals, wenn<br />

auch vielleicht nicht seine Berufung. Dieser Mann, der, wie viele seiner Kollegen<br />

im Vatikan, mehrere Sprachen beherrschte, ging seinem Handwerk seit<br />

dreißig Jahren nach und bemühte sich mangels militärischer Macht mit Schlauheit<br />

um den Frieden auf der Welt. Er war ein einflußreicher Agent, an vielen<br />

Orten willkommen und immer bereit, zuzuhören oder guten Rat zu geben.<br />

Natürlich begrüßte er Adler zuerst.<br />

"Schön, Sie wiederzusehen, Scott."<br />

"Es ist mir wie immer ein Vergnügen, Eminenz." Adler ergriff die ausgestreckte<br />

Hand und setzte sein Diplomatenlächeln auf.<br />

"Und Sie sind Dr. <strong>Ryan</strong>. Wir haben schon viel von Ihnen gehört."<br />

"Hoffentlich nur Gutes, Eminenz."<br />

"Nehmen Sie doch bitte Platz." D'Antonio wies auf ein Sofa, das so wertvoll<br />

aussah, daß <strong>Ryan</strong> kaum wagte, sich zu setzen. "Kaffee?"<br />

"Ja, gerne", sagte Adler für beide. Bischof OToole schenkte ein und setzte<br />

sich dann, um Notizen zu machen. "Sehr freundlich von Ihnen, uns so kurzfristig<br />

zu empfangen."<br />

"Ach was!" <strong>Ryan</strong> war ziemlich überrascht, den Kardinal eine Zigarrenspitze<br />

aus der Tasche holen zu sehen. D'Antonio schnitt die Brasil mit einem silbernen<br />

Instrument ab und zündete sie mit einem goldenen Feuerzeug an, ohne sich<br />

für das Laster zu entschuldigen. Es war, als habe der Kardinal die Würde<br />

abgelegt, um seinen Gästen die Befangenheit zu nehmen. Wahrscheinlich hält<br />

er sich bei der Arbeit gerne an einer Zigarre fest, dachte <strong>Ryan</strong>, wie Bismarck.<br />

"Sie sind mit der groben Skizzierung unseres Konzepts vertraut", begann<br />

Adler.<br />

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