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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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Die Herald Tribune ist ein gemeinschaftliches Unternehmen der New York<br />

Times und der Washington Post und erscheint in Paris. <strong>Das</strong> Blatt, das amerikanische<br />

Geschäftsleute im Ausland mit lebensnotwendigen Americana wie<br />

Football-Resultaten und den neuesten Comics versorgt, wird seit der Wende<br />

auch im ehemaligen Ostblock von Leuten, die ihr Englisch verbessern und sich<br />

über den früheren Klassenfeind informieren wollen, gerne gelesen. Die vorzügliche<br />

Informationsquelle fand so viele neue Leser, daß das amerikanische<br />

Management die Redaktion vergrößerte und dafür sorgte, daß das Blatt in<br />

Prag, Budapest und Warschau den Abonnenten durch Boten zugestellt wurde.<br />

Einer dieser Stammleser war Günther Bock. Nachdem ihn ein Freund, der<br />

bei der Stasi war, gewarnt hatte, verließ er Ostdeutschland vor einigen Monaten<br />

recht hastig und lebte nun in Sofia. Zusammen mit seiner Frau Petra hatte<br />

Bock Zellen der Baader-Meinhof-Gruppe und später, nachdem diese von der<br />

westdeutschen Polizei zerschlagen worden war, der RAF geleitet. Zweimal<br />

war er knapp der Festnahme entgangen. Danach hatte er sich über die tschechische<br />

Grenze abgesetzt und schließlich in der DDR quasi zur Ruhe gesetzt. Mit<br />

einem neuen Namen, neuen Papieren und einer festen Anstellung - er kam<br />

zwar nie zur Arbeit, aber seine Papiere waren in Ordnung - wähnte er sich in<br />

Sicherheit. Weder er noch Petra hatten mit dem Volksaufstand gerechnet, der<br />

die DDR-Machthaber stürzte, und gehofft, die Wende unerkannt überstehen<br />

zu können. Der Sturm der Demonstranten auf das Ministerium für Staatssicherheit<br />

und die Vernichtung von Millionen von Akten hatten sie ebenfalls<br />

überrascht. Es waren jedoch nicht alle Dokumente zerstört worden, denn<br />

unter den Demonstranten waren Agenten des Bundesnachrichtendienstes gewesen,<br />

die genau gewußt hatten, in welchen Räumen sie wüten mußten.<br />

Innerhalb weniger Tage begannen RAF-Mitglieder abzutauchen. Anfangs war<br />

es nicht einfach gewesen, sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. <strong>Das</strong><br />

verlotterte Telefonsystem der DDR erschwerte die Kommunikation, und die<br />

Ex-Terroristen waren aus naheliegenden Sicherheitsgründen in verschiedenen<br />

Städten untergebracht worden. Als ein anderes Ehepaar nicht wie abgemacht<br />

zum Abendessen erschien, hatten Günther und Petra Lunte gerochen - zu spät<br />

<strong>aller</strong>dings. Während der Ehemann die Flucht vorbereitete, trat ein fünfköpfiges<br />

Team von GSG-9 die dünne Tür der Bockschen Wohnung in Ostberlin ein.<br />

Die Männer fanden Petra beim Stillen eines der Zwillinge vor. Trotz der<br />

rührenden Szene konnten sie angesichts der Tatsache, daß Petra Bock drei<br />

Deutsche ermordet hatte, einen davon sehr brutal, kein Mitleid aufbringen.<br />

Petra saß nun in Stammheim eine lebenslange Freiheitsstrafe ab - was im<br />

Klartext hieß, daß sie das Gefängnis erst im Sarg verließ -, und die beiden<br />

kleinen Töchter wurden von einem Münchner Polizeibeamten und seiner Frau,<br />

die keine Kinder bekommen konnte, adoptiert.<br />

Zu seiner Überraschung mußte Bock feststellen, wie sehr ihn der Verlust der<br />

Familie schmerzte. Immerhin war er ein Revolutionär, der sich seiner Sache<br />

verschworen und für sie getötet hatte. Warum war er dann über die Inhaftierung<br />

seiner Frau und den Verlust seiner Kinder so entsetzlich aufgebracht?<br />

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