Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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23.01.2013 Aufrufe

"So, und was tut sich?" fragte Richards seinen Stab. "Wir haben keine Ahnung, Sir. Ein Grund für den Alarm wurde nicht angegeben", erwiderte der Kommunikationsoffizier lahm. "Wir sitzen also zwischen zwei Stühlen, nicht wahr?" Das war eine rhetorische Frage. Der Gefechtsverband der Theodore Roosevelt passierte gerade Malta und war nun in Reichweite der Ziele in der Sowjetunion. Das bedeutete, daß die Erdkampfflugzeuge A-6E Intruder starteten, rasch auf ihre Reiseflughöhe gingen und kurz darauf in der Luft betankt wurden; nun hatten sie genug Treibstoff, um ihre Ziele auf oder in der Nähe der Halbinsel Kertsch zu erreichen. Noch vor einem Jahr hatten die Flugzeugträger der US-Marine, obwohl sie eine beträchtliche Anzahl von thermonuklearen Bomben an Bord trugen, nicht zu den SIOP-Einheiten gehört. Das Akronym (sprich: "Sai-Op") stand für "Singulärer integrierter Operations-Plan"; die Absicht war die Zerschlagung der Sowjetunion. Mit der Reduzierung der strategischen Raketen ­ im Fall der USA meist landgestützt - hatte sich auch die Anzahl der verfügbaren Gefechtsköpfe radikal verringert, und wie es Planer überall tun, hatte auch der SAC angegliederte, für die Auswahl der Ziele zuständige Stab mit allen Mitteln versucht, die Kürzungen zu kompensieren. Das Resultat war, daß ein Flugzeugträger unter SIOP-Bedingungen operierte, sobald er in Reichweite seiner sowjetischen Ziele gelangte. Im Fall der USS Theodore Roosevelt bedeutete dies, daß sie beim Passieren Maltas keine konventionelle "Theater"-Einheit mehr war, sondern zu einer nuklearstrategischen Kraft wurde. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, hatte der Träger 50 für den Abwurf von Flugzeugen bestimmte Kernwaffen B-61-Mod-8 an Bord, die in einem besonderen, scharf bewachten Magazin gelagert wurden. Die B-61 hatte eine einstellbare Sprengleistung von mindestens 10 und höchstens 500 Kilotonnen, war 3,6 Meter lang, knapp 30 Zentimeter dick, stromlinienförmig und wog nur um die 300 Kilo. Eine A-6E konnte zwei dieser Waffen tragen; alle anderen Aufhängungspunkte waren mit Zusatztanks belegt, um den Gefechtseinsatzradius von über 1700 Kilometern zu ermöglichen. Zehn A-6E hatten die Sprengkraft eines ganzen Geschwaders Interkontinentalraketen des Typs Minuteman an Bord und waren gemäß dem Prinzip, daß Menschen meistens Freunde oder zumindest Kollegen statt Fremde töten, auf Marineziele angesetzt. Ein SIOP- Auftrag war zum Beispiel, die Nikolajew-Werft am Dnjepr in eine radioaktive Pfütze zu verwandeln. Dort war übrigens der sowjetische Träger Kusnezow auf Kiel gelegt worden. Ein weiteres Problem des Captains war, daß der Befehlshaber der Gruppe, ein Admiral, die Gelegenheit genutzt hatte, zu einer Besprechung mit dem Chef der 6. Flotte nach Neapel zu fliegen. Richards war also auf sich allein gestellt. "Wo ist unser Freund?" fragte er. "Liegt etwa 200 Meilen zurück", erwiderte der Operationsoffizier. "Also unangenehm nahe." "Bringen wir die Tomcats in die Luft, Skipper", sagte Jackson. "Ich nehme zwei und kreise hier, um die Hintertür zu bewachen." Er tippte auf die Karte. 634

"Ich bitte um Zurückhaltung, Rob." "Keine Sorge, Ernie." Jackson ging an ein Telefon. "Wer steht zur Verfügung?" fragte er einen Mann in Bereitschaftsraum VF-1. "Gut." Jackson entfernte sich, um seine Kombination und seinen Helm zu holen. "Gentlemen", erklärte Richards, als Jackson gegangen war, "da wir uns nun östlich von Malta befinden, unterliegen wir SIOP, sind eine strategische und keine konventionelle Einheit, und es gilt DEFCON-2. Wer vergessen hat, was DEFCON-2 bedeutet, sollte sich rasch informieren. Alles, was als Bedrohung aufgefaßt werden kann, ist auf meinen Befehl hin anzugreifen und zu zerstören. Noch Fragen?" "Sir, wir wissen nicht, was eigentlich los ist", erklärte der Operationsoffizier. "Richtig. Versuchen wir, erst zu denken und dann zu handeln. Reißen wir uns zunächst mal zusammen. Es tut sich etwas Finsteres, und wir sind auf DEFCON-2." Es war eine schöne, klare Nacht. Draußen auf dem Flugdeck informierte Jackson Commander Sanchez und die beiden Kampfbeobachter. Anschließend wurden sie vom fliegertechnischen Personal zu ihren Maschinen gebracht. Jackson und Walters bestiegen ihre Tomcat. Der Chef der Bodenmannschaft half ihnen beim Anschnallen, verschwand dann nach unten und zog die Leiter weg. Captain Jackson ging die Startsequenz durch, bis sich seine Instrumente auf normalen Leerlauf ausgependelt hatten. Die F-14D war im Augenblick mit vier Phoenix-Luftkampfraketen (Radarsuchkopf) und vier des Typs Sidewinder (IR-Suchkopf) bewaffnet. "Alles klar da hinten, Shredder?" fragte Jackson. "Ab die Post, Spade", erwiderte Walters. Robby drückte die Schubhebel bis zum Anschlag durch und dann über die Kulisse auf Nachbrenner. Danach signalisierte er dem Katapultoffizier seine Bereitschaft. Dieser überzeugte sich, daß das Deck klar war, und salutierte. Jackson erwiderte den Gruß, packte den Knüppel und legte den Kopf zurück an die Stütze. Eine Sekunde später berührte der Leuchtstab des Katapultoffiziers das Deck. Ein Maat drückte auf den Startknopf und Dampf zischte in den Katapultmechanismus. Trotz seiner langjährigen Erfahrung kam ihm seine Wahrnehmung in einer Situation wie dieser immer noch zu langsam vor. Die Beschleunigung des Katapults preßte seine Augäpfel in ihre Höhlen, die schwache Befeuerung des Decks verschwand hinter ihm. Das Heck der Maschine senkte sich, und sie waren frei. Jackson überzeugte sich, ehe er den Nachbrenner abschaltete, daß sie tatsächlich flogen, zog dann Klappen und Fahrwerk ein und ging gemächlich in den Steigflug. Als er 300 Meter erreicht hatte, holten "Bud" Sanchez und "Lobo" Alexander auf. "Da gehen die Radare aus", sagte Shredder nach einem Blick auf seine Instrumente. Der gesamte TR-Verband stellte binnen Sekunden sämtliche Emissionen ein und war anhand seines elektronischen Lärms nun nicht mehr zu orten. 635

"Ich bitte um Zurückhaltung, Rob."<br />

"Keine Sorge, Ernie." <strong>Jack</strong>son ging an ein Telefon. "Wer steht zur Verfügung?"<br />

fragte er einen Mann in Bereitschaftsraum VF-1. "Gut." <strong>Jack</strong>son entfernte<br />

sich, um seine Kombination und seinen Helm zu holen.<br />

"Gentlemen", erklärte Richards, als <strong>Jack</strong>son gegangen war, "da wir uns nun<br />

östlich von Malta befinden, unterliegen wir SIOP, sind eine strategische und<br />

keine konventionelle Einheit, und es gilt DEFCON-2. Wer vergessen hat, was<br />

DEFCON-2 bedeutet, sollte sich rasch informieren. Alles, was als Bedrohung<br />

aufgefaßt werden kann, ist auf meinen Befehl hin anzugreifen und zu zerstören.<br />

Noch Fragen?"<br />

"Sir, wir wissen nicht, was eigentlich los ist", erklärte der Operationsoffizier.<br />

"Richtig. Versuchen wir, erst zu denken und dann zu handeln. Reißen wir<br />

uns zunächst mal zusammen. Es tut sich etwas Finsteres, und wir sind auf<br />

DEFCON-2."<br />

Es war eine schöne, klare Nacht. Draußen auf dem Flugdeck informierte<br />

<strong>Jack</strong>son Commander Sanchez und die beiden Kampfbeobachter. Anschließend<br />

wurden sie vom fliegertechnischen Personal zu ihren Maschinen gebracht.<br />

<strong>Jack</strong>son und Walters bestiegen ihre <strong>Tom</strong>cat. Der Chef der Bodenmannschaft<br />

half ihnen beim Anschnallen, verschwand dann nach unten und zog die Leiter<br />

weg. Captain <strong>Jack</strong>son ging die Startsequenz durch, bis sich seine Instrumente<br />

auf normalen Leerlauf ausgependelt hatten. Die F-14D war im Augenblick mit<br />

vier Phoenix-Luftkampfraketen (Radarsuchkopf) und vier des Typs Sidewinder<br />

(IR-Suchkopf) bewaffnet.<br />

"Alles klar da hinten, Shredder?" fragte <strong>Jack</strong>son.<br />

"Ab die Post, Spade", erwiderte Walters.<br />

Robby drückte die Schubhebel bis zum Anschlag durch und dann über die<br />

Kulisse auf Nachbrenner. Danach signalisierte er dem Katapultoffizier seine<br />

Bereitschaft. Dieser überzeugte sich, daß das Deck klar war, und salutierte.<br />

<strong>Jack</strong>son erwiderte den Gruß, packte den Knüppel und legte den Kopf zurück<br />

an die Stütze. Eine Sekunde später berührte der Leuchtstab des Katapultoffiziers<br />

das Deck. Ein Maat drückte auf den Startknopf und Dampf zischte in den<br />

Katapultmechanismus. Trotz seiner langjährigen Erfahrung kam ihm seine<br />

Wahrnehmung in einer Situation wie dieser immer noch zu langsam vor. Die<br />

Beschleunigung des Katapults preßte seine Augäpfel in ihre Höhlen, die<br />

schwache Befeuerung des Decks verschwand hinter ihm. <strong>Das</strong> Heck der Maschine<br />

senkte sich, und sie waren frei. <strong>Jack</strong>son überzeugte sich, ehe er den<br />

Nachbrenner abschaltete, daß sie tatsächlich flogen, zog dann Klappen und<br />

Fahrwerk ein und ging gemächlich in den Steigflug. Als er 300 Meter erreicht<br />

hatte, holten "Bud" Sanchez und "Lobo" Alexander auf.<br />

"Da gehen die Radare aus", sagte Shredder nach einem Blick auf seine<br />

Instrumente. Der gesamte TR-Verband stellte binnen Sekunden sämtliche<br />

Emissionen ein und war anhand seines elektronischen Lärms nun nicht mehr<br />

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