Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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23.01.2013 Aufrufe

sollte der Kern der Botschaft in einer aus fünf Buchstaben bestehenden Codegruppe gesendet werden, die von allen Beteiligten sofort zu verschlüsseln, zu dechiffrieren und zu verstehen war. Im vorliegenden Fall war dies nicht möglich. Die zusätzlichen Sätze mußten zusammengestrichen werden, damit die Nachricht nicht zu lang wurde. Diese Aufgabe übernahm ein Major, der seine Arbeit, bevor er sie dann über nicht weniger als 30 Kommunikationsverbindungen sendete, einem Generalmajor zum Absegnen vorlegte. Bestimmte Waffengattungen erhielten weiter abgewandelte Befehle. Die Admiral Lunin war erst seit fünf Minuten auf ihrem neuen Kurs gewesen, als wieder ein ELF-Signal einging. Diesmal kam der Kommunikationsoffizier fast in die Zentrale gerannt. GENERALALARM STUFE ZWEI. IN DEN USA HAT EINE ATOMEX­ PLOSION STATTGEFUNDEN; GRUND UNBEKANNT. AMERIKANI­ SCHE STRATEGISCHE UND KONVENTIONELLE KRÄFTE FÜR MÖG­ LICHEN KRIEGSZUSTAND ALARMIERT. ALLE MARINEEINHEITEN SOFORT AUSLAUFEN. ALLE ERFORDERLICHEN SCHUTZMASSNAH­ MEN TREFFEN. "Ist die Welt denn wahnsinnig geworden?" sagte der Kapitän und starrte auf die Meldung. "Ist das alles?" "Jawohl, Sir. Das Stichwort zum Ausfahren der Antenne fehlt." "Das ist doch kein vernünftiger Befehl", wandte Dubinin ein. >"Alle erforderlichen Schutzmaßnahmen?< Was soll das heißen? Wen haben wir zu schützen - uns selbst oder das Mutterland? Unfug!" "Käpt'n", meinte der Starpom, "Generalalarm II geht mit bestimmten Regeln einher." "Das weiß ich", erwiderte Dubinin. "Aber sind die hier gültig?" "Hätte man sonst das Signal gesendet?" Generalalarm II hatte es beim sowjetischen Militär noch nie gegeben; er bedeutete einen Zustand zwischen Krieg und Frieden. Wie jedem anderen sowjetischen Kapitän waren Dubinin seine Pflichten klar, aber die Implikationen des Befehls kamen ihm viel zu furchterregend vor... doch diesen Gedanken verdrängte er rasch. Er war Marineoffizier und hatte seine Befehle auszuführen. Wer sie erteilt hatte, mußte einen besseren Überblick haben als er. Der Kommandant der Admiral Lunin richtete sich kerzengerade auf und wandte sich an seinen Ersten Offizier. "Auf 25 Knoten gehen. Alle Mann auf Gefechtsstation." Die Aktion lief so rasch an, wie es menschliche Schnelligkeit nur ermöglichte. Das FBI New York, das seinen Sitz im Jacob-Javits-Bau an der Südspitze von Manhattan hat, schickte seine Leute nach Norden, und weil am Sonntag nur wenig Verkehr herrschte, kamen sie rasch voran. Die nicht markierten, aber starken Fahrzeuge rasten zu den Zentralen der verschiedenen Fernsehnetze. Auch in Atlanta verließen Agenten den Martin-Luther-King-Bau und fuhren zu 632

CNN. In beiden Fällen marschierten nicht weniger als drei Beamte in die Sendekomplexe und untersagten jegliche Berichterstattung über Denver. Und in keinem Fall erfuhren die Angestellten, die verzweifelt versuchten, die Verbindungen wiederherzustellen, dort den Grund. Ähnlich ging es in Colorado zu. Unter der Leitung von Walter Hoskins drangen dort Agenten in die Tochteranstalten und auch die Telefongesellschaft ein, wo sie unter den lautstarken Protesten der Bell-Angestellten alle Fernleitungen unterbrachen. Aber Hoskins unterlief ein Fehler. Der Grund dafür war, daß er nicht viel fernsah. KOLD war ein unabhängiger Sender und im Begriff, sich zu einer überregionalen Kabel-Superstation wie TBS, WOR und andere zu entwickeln. Finanziell war der Versuch riskant, und der Sender, der seine Investoren noch nicht ausgezahlt hatte, arbeitete mit einem sehr knappen Budget in einem alten, fast fensterlosen Gebäude im Nordosten der Stadt. Über kanadische Satelliten der Anik-Serie erreichte er mit seinem Programm, das vorwiegend aus alten TV- Serien bestand, Alaska, Kanada und den Norden der zentralen USA. Das KOLD-Gebäude hatte einmal der ersten Fernsehanstalt von Denver gehört und entsprach den Vorschriften, wie sie in den 30er Jahren von der Rundfunk-Aufsichtskommission erlassen worden waren: ein bombensicherer Monolith aus Stahlbeton, dessen Spezifikationen man noch vor der Entwicklung der Atombombe festgelegt hatte. Fenster gab es nur in den Büros der Senderleitung auf der Südseite. Zehn Minuten nach der Detonation ging jemand an der offenen Tür des Programmdirektors vorbei, blieb wie angewurzelt stehen, machte kehrt und rannte zurück in die Nachrichtenredaktion. Eine Minute später fuhr ein Kameramann mit dem Lastenaufzug aufs Dach. Das Bildsignal erreichte über Kabel den Sendekomplex und ging von dort aus auf dem Ku-Band an den unbeschädigt gebliebenen Anik-Satelliten. In Alaska, Montana, Norddakota und drei kanadischen Provinzen wurde die Wiederholung einer Komödienserie für Teenager aus den Fünfzigern unterbrochen. In Calgary in der Provinz Alberta sah eine Lokalreporterin, die immer noch für Dwayne Hickman, den Star der Serie, schwärmte, verblüfft das Bild, hörte den Kommentar aus dem Off und rief ihre Redaktion an. Ihr atemloser Bericht wurde sofort von der Nachrichtenagentur Reuters weiterverbreitet. Kurz darauf sendete die kanadische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft CBC das Video über ihren intakt gebliebenen Anik nach Europa. Inzwischen drangen zwei FBI-Agenten in das KOLD-Gebäude ein und verkündeten in der Nachrichtenredaktion ihr Sendeverbot. Angesichts der Tatsache, daß die beiden Männer Schußwaffen trugen, hatte der Protest der Journalisten wegen verfassungswidriger Verletzung der Pressefreiheit wenig Gewicht. Wenigstens entschuldigten sich die Agenten, als sie die Stromzufuhr des Senders kappten. Die Mühe hätten sie sich allerdings sparen können. Denn was als nutzloses Unterfangen begonnen hatte, war nun vollends zur Farce geworden. 633

CNN. In beiden Fällen marschierten nicht weniger als drei Beamte in die<br />

Sendekomplexe und untersagten jegliche Berichterstattung über Denver. Und<br />

in keinem Fall erfuhren die Angestellten, die verzweifelt versuchten, die Verbindungen<br />

wiederherzustellen, dort den Grund. Ähnlich ging es in Colorado<br />

zu. Unter der Leitung von Walter Hoskins drangen dort Agenten in die Tochteranstalten<br />

und auch die Telefongesellschaft ein, wo sie unter den lautstarken<br />

Protesten der Bell-Angestellten alle Fernleitungen unterbrachen. Aber Hoskins<br />

unterlief ein Fehler. Der Grund dafür war, daß er nicht viel fernsah.<br />

KOLD war ein unabhängiger Sender und im Begriff, sich zu einer überregionalen<br />

Kabel-Superstation wie TBS, WOR und andere zu entwickeln. Finanziell<br />

war der Versuch riskant, und der Sender, der seine Investoren noch nicht<br />

ausgezahlt hatte, arbeitete mit einem sehr knappen Budget in einem alten, fast<br />

fensterlosen Gebäude im Nordosten der Stadt. Über kanadische Satelliten der<br />

Anik-Serie erreichte er mit seinem Programm, das vorwiegend aus alten TV-<br />

Serien bestand, Alaska, Kanada und den Norden der zentralen USA.<br />

<strong>Das</strong> KOLD-Gebäude hatte einmal der ersten Fernsehanstalt von Denver<br />

gehört und entsprach den Vorschriften, wie sie in den 30er Jahren von der<br />

Rundfunk-Aufsichtskommission erlassen worden waren: ein bombensicherer<br />

Monolith aus Stahlbeton, dessen Spezifikationen man noch vor der Entwicklung<br />

der Atombombe festgelegt hatte. Fenster gab es nur in den Büros der<br />

Senderleitung auf der Südseite. Zehn Minuten nach der Detonation ging<br />

jemand an der offenen Tür des Programmdirektors vorbei, blieb wie angewurzelt<br />

stehen, machte kehrt und rannte zurück in die Nachrichtenredaktion. Eine<br />

Minute später fuhr ein Kameramann mit dem Lastenaufzug aufs Dach. <strong>Das</strong><br />

Bildsignal erreichte über Kabel den Sendekomplex und ging von dort aus auf<br />

dem Ku-Band an den unbeschädigt gebliebenen Anik-Satelliten.<br />

In Alaska, Montana, Norddakota und drei kanadischen Provinzen wurde die<br />

Wiederholung einer Komödienserie für Teenager aus den Fünfzigern unterbrochen.<br />

In Calgary in der Provinz Alberta sah eine Lokalreporterin, die immer<br />

noch für Dwayne Hickman, den Star der Serie, schwärmte, verblüfft das Bild,<br />

hörte den Kommentar aus dem Off und rief ihre Redaktion an. Ihr atemloser<br />

Bericht wurde sofort von der Nachrichtenagentur Reuters weiterverbreitet.<br />

Kurz darauf sendete die kanadische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft CBC<br />

das Video über ihren intakt gebliebenen Anik nach Europa.<br />

Inzwischen drangen zwei FBI-Agenten in das KOLD-Gebäude ein und<br />

verkündeten in der Nachrichtenredaktion ihr Sendeverbot. Angesichts der<br />

Tatsache, daß die beiden Männer Schußwaffen trugen, hatte der Protest der<br />

Journalisten wegen verfassungswidriger Verletzung der Pressefreiheit wenig<br />

Gewicht. Wenigstens entschuldigten sich die Agenten, als sie die Stromzufuhr<br />

des Senders kappten. Die Mühe hätten sie sich <strong>aller</strong>dings sparen können. Denn<br />

was als nutzloses Unterfangen begonnen hatte, war nun vollends zur Farce<br />

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