Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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23.01.2013 Aufrufe

Sportfans in 71 Ländern sendeten, als der Gamma- und Röntgenfluxus zuschlug. In den meisten Fällen erzeugte die Strahlung ein Signal in den Wellenleitern, doch in sechs Fahrzeugen wurden die Röhren im Sender selbst erregt und strahlten einen gigantischen Puls auf ihrer exakten Frequenz aus, aber das war im Grunde nebensächlich. Resonanzen und normalerweise harmlose Unregelmäßigkeiten in den Wellenleitern hatten zur Folge, daß weite Segmente der Satellitenfrequenzen von einem Störimpuls abgedeckt wurden. Nur zwei der sich über der westlichen Hemisphäre im Orbit befindlichen Satelliten wurden von den TV-Teams in Denver nicht benutzt. Was mit dem Rest geschah, ist leicht erklärt. Ihre empfindlichen Antennen waren auf den Empfang von Milliardstel Watt eingerichtet, wurden nun aber auf einmal mit einem bis zu zehntausendmal stärkeren Signal bombardiert, und das auf vielen Kanälen. Diese Spitze überlastete die Eingangsverstärker. Das die Satelliten steuernde Computerprogramm registrierte diese Überbelastung und aktivierte Trennschaltungen, um die empfindlichen Geräte vor der Überspannung zu schützen. Wäre nur ein Empfänger so in Mitleidenschaft gezogen worden, würde der Betrieb sofort wiederaufgenommen worden sein, aber kommerzielle Nachrichtensatelliten sind immens teuer. Der Bau kostet Hunderte von Millionen, und das Verbringen in die Umlaufbahn noch einmal Millionen. Als mehr als fünf Verstärker Spitzen meldeten, begann das Programm automatisch Schaltkreise zu deaktivieren, um zu verhindern, daß der Satellit ernsthaften Schaden nahm. Und als zwanzig oder mehr betroffen waren, unterbrach die Software die Stromversorgung aller Empfangseinrichtungen und sendete ein Notsignal an die Bodenstation, um ihr mitzuteilen, daß gerade etwas Ernstes passiert war. Die Sicherheitsprogramme der Satelliten waren kundenspezifisch variierte Versionen eines einzigen, sehr konservativen Programms, dessen Aufgabe der Schutz fast unersetzlicher Aktiva im Wert von Milliarden Dollar war. In einer winzigen Zeitspanne wurde ein beträchtlicher Teil der globalen Satellitenkommunikation deaktiviert. Kabel-TV und Telefonverbindungen verstummten, noch ehe die sie steuernden Techniker merkten, daß etwas katastrophal schiefgegangen war. Pete Dawkins ruhte sich einen Augenblick aus und glaubte, den Geldtransporter zu schützen. Der Mann von Wells Fargo hatte sich entfernt, um wieder ein paar hundert Kilo Münzen abzuliefern, und der Beamte saß nun mit dem Rücken zu den mit Geldsäcken gefüllten Regalen auf dem Fahrzeugboden und hörte Radio. Die Chargers stellten sich gerade an der 47-Yard-Linie der Vikings auf. In diesem Augenblick glühte der Abendhimmel draußen erst gelb und dann rot auf - aber nicht in dem friedlichen, milden Licht des Sonnenuntergangs, sondern in einem unnatürlich intensiven, grellen Violett. Sein Verstand hatte kaum Zeit, das wahrzunehmen, als er von einer Million anderer Wahrnehmungen überflutet wurde. Unter Dawkins bäumte sich die Erde auf. Der gepanzerte Geldtransporter wurde hoch und auf die Seite geschleudert wie ein Spielzeug. Die offene Hecktür knallte zu, als wäre sie von einer 594

Kanonenkugel getroffen worden. Die Karosserie des Geldtransporters schützte ihn vor der Druckwelle - die Stadionmauern übrigens auch, aber das merkte Dawkins nicht. Dennoch war er von dem Blitz, der ihn erreicht hatte, geblendet, und der Überdruck, der wie die zerschmetternde Hand eines Riesen über ihn hinweggefahren war, hatte ihn taub gemacht. Wäre Dawkins weniger desorientiert gewesen, mochte er an ein Erdbeben gedacht haben, aber diese Idee kam ihm nicht. Er hatte nur das Überleben im Sinn. Während draußen der Lärm und die Erschütterungen weitergingen, erkannte er plötzlich, daß er in einem Fahrzeug gefangen war, dessen Tank bis zu 200 Liter Benzin enthalten konnte. Er blinzelte, bis er wieder einigermaßen sehen konnte, und kroch durch die zerschmetterte Windschutzscheibe auf einen hellen Fleck zu. Daß seine Handrücken böser aussahen als der schlimmste Sonnenbrand, den er je gehabt hatte, merkte er nicht. Ebensowenig fiel ihm auf, daß er stocktaub war. Er wollte nur unbedingt ans Licht. Bei Moskau befindet sich unter 60 Metern Beton das nationale Hauptquartier der sowjetischen Luftverteidigung Wojska PWO. Die neue Einrichtung war nach dem Vorbild ihrer westlichen Pendants wie ein Theater angelegt, damit so viele Personen wie möglich die Daten auf den großen Kartendisplays an der Wand sehen konnten. Die Digitaluhr über dem Display zeigte 03:00:13 Uhr Ortszeit an, 00:00:13 Uhr Zulu (Weltzeit) und 19:00:13 Uhr in Washington, D.C. Dienst hatte Generalleutnant Iwan Grigorijewitsch Kuropatkin, ein ehemaliger ("ehemalig" hörte er gar nicht gern) Kampfpilot, der nun 51 Jahre alt war. Als dritthöchster Offizier dieses Postens arbeitete er nach dem normalen Dienstplan. Sein Rang hätte es ihm zwar erlaubt, eine angenehmere Schicht zu wählen, aber die neue sowjetische Armee sollte professionell werden, und ein professioneller Offizier, dachte er, geht mit gutem Beispiel voran. Umgeben war er von seinem üblichen Gefechtsstab, der sich aus Obersten und Majoren zusammensetzte; dazu gab es ein paar Hauptleute und Leutnants für die untergeordneten Aufgaben. Wojska PWO hatte den Auftrag, die Sowjetunion gegen Angriffe zu verteidigen. Im Raketenzeitalter und angesichts des Fehlens wirksamer Abwehrmaßnahmen gegen ballistische Flugkörper - daran arbeiteten beide Seiten noch - war seine Pflicht weniger die Verteidigung als die Vorwarnung. Kuropatkin gefiel das zwar nicht, aber er konnte es auch nicht ändern. In einer geostationären Urnlaufbahn über der Küste von Peru überwachten zwei Satelliten - Adler-I und Adler-II - die Vereinigten Staaten und hatten die Aufgabe, einen Raketenabschuß zu melden, sobald der Flugkörper sein Silo verließ. Diese Satelliten waren auch in der Lage, einen seegestützten Abschuß aus dem Golf von Alaska zu registrieren, aber ihr Beobachtungsbereich nach Norden hin war vom Wetter abhängig, das im Augenblick scheußlich war. Das Display für die Signale der Adler im Orbit zeigte das Infrarot-Spektrum an, also vorwiegend Wärmestrahlung. Auf dem Schirm erschien nur das, was die 595

Sportfans in 71 Ländern sendeten, als der Gamma- und Röntgenfluxus zuschlug.<br />

In den meisten Fällen erzeugte die Strahlung ein Signal in den Wellenleitern,<br />

doch in sechs Fahrzeugen wurden die Röhren im Sender selbst erregt<br />

und strahlten einen gigantischen Puls auf ihrer exakten Frequenz aus, aber das<br />

war im Grunde nebensächlich. Resonanzen und normalerweise harmlose Unregelmäßigkeiten<br />

in den Wellenleitern hatten zur Folge, daß weite Segmente<br />

der Satellitenfrequenzen von einem Störimpuls abgedeckt wurden. Nur zwei<br />

der sich über der westlichen Hemisphäre im Orbit befindlichen Satelliten<br />

wurden von den TV-Teams in Denver nicht benutzt. Was mit dem Rest<br />

geschah, ist leicht erklärt. Ihre empfindlichen Antennen waren auf den Empfang<br />

von Milliardstel Watt eingerichtet, wurden nun aber auf einmal mit einem<br />

bis zu zehntausendmal stärkeren Signal bombardiert, und das auf vielen Kanälen.<br />

Diese Spitze überlastete die Eingangsverstärker. <strong>Das</strong> die Satelliten steuernde<br />

Computerprogramm registrierte diese Überbelastung und aktivierte<br />

Trennschaltungen, um die empfindlichen Geräte vor der Überspannung zu<br />

schützen. Wäre nur ein Empfänger so in Mitleidenschaft gezogen worden,<br />

würde der Betrieb sofort wiederaufgenommen worden sein, aber kommerzielle<br />

Nachrichtensatelliten sind immens teuer. Der Bau kostet Hunderte von Millionen,<br />

und das Verbringen in die Umlaufbahn noch einmal Millionen. Als mehr<br />

als fünf Verstärker Spitzen meldeten, begann das Programm automatisch<br />

Schaltkreise zu deaktivieren, um zu verhindern, daß der Satellit ernsthaften<br />

Schaden nahm. Und als zwanzig oder mehr betroffen waren, unterbrach die<br />

Software die Stromversorgung <strong>aller</strong> Empfangseinrichtungen und sendete ein<br />

Notsignal an die Bodenstation, um ihr mitzuteilen, daß gerade etwas Ernstes<br />

passiert war. Die Sicherheitsprogramme der Satelliten waren kundenspezifisch<br />

variierte Versionen eines einzigen, sehr konservativen Programms, dessen<br />

Aufgabe der Schutz fast unersetzlicher Aktiva im Wert von Milliarden<br />

Dollar war. In einer winzigen Zeitspanne wurde ein beträchtlicher Teil der<br />

globalen Satellitenkommunikation deaktiviert. Kabel-TV und Telefonverbindungen<br />

verstummten, noch ehe die sie steuernden Techniker merkten, daß<br />

etwas katastrophal schiefgegangen war.<br />

Pete Dawkins ruhte sich einen Augenblick aus und glaubte, den Geldtransporter<br />

zu schützen. Der Mann von Wells Fargo hatte sich entfernt, um wieder ein<br />

paar hundert Kilo Münzen abzuliefern, und der Beamte saß nun mit dem<br />

Rücken zu den mit Geldsäcken gefüllten Regalen auf dem Fahrzeugboden und<br />

hörte Radio. Die Chargers stellten sich gerade an der 47-Yard-Linie der Vikings<br />

auf. In diesem Augenblick glühte der Abendhimmel draußen erst gelb<br />

und dann rot auf - aber nicht in dem friedlichen, milden Licht des Sonnenuntergangs,<br />

sondern in einem unnatürlich intensiven, grellen Violett. Sein Verstand<br />

hatte kaum Zeit, das wahrzunehmen, als er von einer Million anderer<br />

Wahrnehmungen überflutet wurde. Unter Dawkins bäumte sich die Erde auf.<br />

Der gepanzerte Geldtransporter wurde hoch und auf die Seite geschleudert<br />

wie ein Spielzeug. Die offene Hecktür knallte zu, als wäre sie von einer<br />

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