Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
Man kann sogar eine Funkboje ausstoßen und mit ihr Hilfe herbeiholen, um ihn auszuschalten. Denken Sie darüber einmal nach. Die Russen werden recht leise. Wenn man den Kontakt gleich nach der Ortung wieder abbricht, ist trotzdem nicht garantiert, daß er einem nicht noch mal in die Quere kommt. Statt dessen verfolgen wir ihn über eine sichere Entfernung und behalten ihn im Auge." "So weit, so gut, Captain. Aber was wird, wenn das andere Boot uns auffaßt oder einfach auf Gegenkurs geht und mit großer Fahrt auf uns losrauscht?" "Gutes Argument. So, und aus diesem Grund verfolgen wir ihn nicht in seiner Kiellinie, sondern leicht seitlich versetzt... da ist eine zufällige Gegenortung unwahrscheinlich. Sich direkt gegen einen Verfolger zu wenden ist zwar eine logische Defensivmaßnahme, aber er kann ja nicht andauernd Löcher in den Ozean bohren, oder?" Himmel noch mal, Ricks definiert die Taktik neu, dachte Claggett. "Sir, sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie das OP-02 verkauft haben." "Anstatt ihm direkt hinterherzufahren, bleibe ich seitlich versetzt auf seiner Nordseite. In dieser Position ist auch unser Schleppsonar effektiver. Das sollte sicherer sein." Wenigstens dieser Aspekt klingt vernünftig, dachte Claggett. "Wie Sie meinen, Captain. Distanz bleibt bei 27 Meilen?" "Ja. Sehen wir uns weiterhin vor." Wie vorhergesagt, hatte der zweite Sturm nicht viel ausgerichtet, stellte Ghosn fest. Eine dünne Schneeschicht lag auf den Autos und dem Parkplatz. Für hiesige Verhältnisse eigentlich nichts Besonderes, aber es entsprach dem schwersten Schneesturm, den er im Libanon erlebt hatte. "Sollen wir was frühstücken?" fragte Marvin. "Ich arbeite nicht gern mit leerem Magen." Ein erstaunlicher Mann, dachte Ibrahim, der hat Nerven wie Drahtseile. Entweder ist er sehr tapfer oder... Oder was? fragte sich Ghosn. Er hatte den griechischen Polizisten getötet, ohne mit der Wimper zu zucken, hatte einem Ausbilder der Organisation eine brutale Lektion erteilt, sein Geschick als Schütze bewiesen und beim Ausgraben der israelischen Bombe keine Spur von Angst gezeigt. Irgend etwas fehlt diesem Mann, schloß Ghosn. Er war völlig furchtlos, und das war nicht normal. Er lernte nicht etwa wie die meisten Soldaten, mit seiner Angst zu leben - nein, er schien überhaupt keine zu empfinden. War das echt, oder wollte er nur seine Umgebung beeindrucken? Vermutlich echt, dachte Ghosn, und wenn das der Fall ist, muß dieser Mann wirklich geistesgestört sein und war somit eher gefährlich als nützlich. Dieser Gedanke erleichterte Ghosns Gewissen ein wenig. Das Motel hatte nur eine kleine Frühstücksbar und keinen Zimmerservice. Die drei mußten also hinaus in die Kälte. Auf dem Weg zum Frühstückszimmer kaufte Russell eine Zeitung, um sich über das Spiel zu informieren. Kati und Ghosn fanden schon auf den ersten Blick einen weiteren Grund, die 564
Amerikaner zu hassen. Die Ungläubigen fraßen Eier mit Frühstücksspeck oder Schinken und Pfannkuchen mit Wurst - in allen drei Fällen Produkte vom unreinsten aller Tiere, dem Schwein. Beide Moslems fanden den Anblick und Geruch ekelerregend, und Marvin machte alles noch schlimmer, indem er sich den Frühstücksspeck mit der gleichen Selbstverständlichkeit bestellte wie seinen Kaffee. Der Kommandant ließ Haferbrei kommen, wie Ghosn feststellte. Aber mitten während der Mahlzeit wurde er plötzlich blaß und verließ den Tisch. "Was ist eigentlich mit ihm los?" fragte Russell. "Ist er krank?" "Ja, Marvin, er ist sehr krank." Ghosn betrachtete den fetten Speck auf Russells Teller. Er wußte, daß Kati von dem Geruch übel geworden war. "Hoffentlich kann er fahren." "Das schafft er bestimmt." Ghosn fragte sich, ob diese Einschätzung korrekt war. Natürlich, dachte er, der Kommandant hat schon Schwereres durchgestanden - und vor anderen sein Gesicht gewahrt. Aber diese Situation nun war einmalig, und der Kommandant würde bestimmt tun, was getan werden mußte. Russell zahlte in bar und legte ein großzügiges Trinkgeld auf den Tisch, weil die Bedienung wie eine Indianerin aussah. Kati war immer noch blaß, als er zurückkam; er wischte sich den Mund, weil er sich offenbar erbrochen hatte. "Kann ich Ihnen etwas bestellen?" fragte Russell. "Etwas für den Magen, Milch vielleicht?" "Danke, im Augenblick nicht." "Wie Sie wollen." Marvin schlug die Zeitung auf. In den nächsten paar Stunden gab es nichts zu tun außer Warten. Wie er sah, schätzte das Blatt die Gewinnchancen für Minnesota auf sechseinhalb zu eins. Auch er hätte auf die Vikings getippt. Special Agent Walter Hoskins, stellvertretender Chef der Abteilung OK&K (Organisierte Kriminalität und Korruption) in Denver, hatte gewußt, daß er es nicht zum Spiel schaffen würde, und die Karte, die ihm seine Frau zu Weihnachten geschenkt hatte, für 200 Dollar an den SAC verkauft. Hoskins hatte viel zu tun, denn eine Vertrauensperson hatte am Vorabend bei dem alljährlichen Empfang des NFL-Vorsitzenden etwas aufgeschnappt. Dieses Fest zog ähnlich wie die Veranstaltungen vor dem Kentucky Derby - immer die Reichen, Mächtigen und Prominenten an. Gestern waren beide Senatoren der Staaten Colorado und Kalifornien erschienen, eine Horde Kongreßabgeordnete, die Gouverneure der beiden Staaten und schätzungsweise 300 andere Gäste. Seine VP hatte mit dem Gouverneur von Colorado, Senatoren und der Kongreßabgeordneten aus dem 3. Wahlbezirk an einem Tisch gesessen gegen alle diese Personen ermittelte er wegen Korruption. Der Alkohol war geflossen, und der vino hatte die übliche Menge veritas enthalten. Gestern abend war man übereingekommen: Der Damm sollte gebaut werden. Auch über die Schmiergelder war man sich einig. Selbst der Vorsitzende des Ortsver 565
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leise. Wenn man den Kontakt gleich nach der Ortung wieder abbricht, ist<br />
trotzdem nicht garantiert, daß er einem nicht noch mal in die Quere kommt.<br />
Statt dessen verfolgen wir ihn über eine sichere Entfernung und behalten ihn<br />
im Auge."<br />
"So weit, so gut, Captain. Aber was wird, wenn das andere Boot uns auffaßt<br />
oder einfach auf Gegenkurs geht und mit großer Fahrt auf uns losrauscht?"<br />
"Gutes Argument. So, und aus diesem Grund verfolgen wir ihn nicht in<br />
seiner Kiellinie, sondern leicht seitlich versetzt... da ist eine zufällige Gegenortung<br />
unwahrscheinlich. Sich direkt gegen einen Verfolger zu wenden ist<br />
zwar eine logische Defensivmaßnahme, aber er kann ja nicht andauernd Löcher<br />
in den Ozean bohren, oder?"<br />
Himmel noch mal, Ricks definiert die Taktik neu, dachte Claggett. "Sir,<br />
sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie das OP-02 verkauft haben."<br />
"Anstatt ihm direkt hinterherzufahren, bleibe ich seitlich versetzt auf seiner<br />
Nordseite. In dieser Position ist auch unser Schleppsonar effektiver. <strong>Das</strong> sollte<br />
sicherer sein."<br />
Wenigstens dieser Aspekt klingt vernünftig, dachte Claggett. "Wie Sie meinen,<br />
Captain. Distanz bleibt bei 27 Meilen?"<br />
"Ja. Sehen wir uns weiterhin vor."<br />
Wie vorhergesagt, hatte der zweite Sturm nicht viel ausgerichtet, stellte Ghosn<br />
fest. Eine dünne Schneeschicht lag auf den Autos und dem Parkplatz. Für<br />
hiesige Verhältnisse eigentlich nichts Besonderes, aber es entsprach dem<br />
schwersten Schneesturm, den er im Libanon erlebt hatte.<br />
"Sollen wir was frühstücken?" fragte Marvin. "Ich arbeite nicht gern mit<br />
leerem Magen."<br />
Ein erstaunlicher Mann, dachte Ibrahim, der hat Nerven wie Drahtseile.<br />
Entweder ist er sehr tapfer oder... Oder was? fragte sich Ghosn. Er hatte den<br />
griechischen Polizisten getötet, ohne mit der Wimper zu zucken, hatte einem<br />
Ausbilder der Organisation eine brutale Lektion erteilt, sein Geschick als<br />
Schütze bewiesen und beim Ausgraben der israelischen Bombe keine Spur von<br />
Angst gezeigt. Irgend etwas fehlt diesem Mann, schloß Ghosn. Er war völlig<br />
furchtlos, und das war nicht normal. Er lernte nicht etwa wie die meisten<br />
Soldaten, mit seiner Angst zu leben - nein, er schien überhaupt keine zu<br />
empfinden. War das echt, oder wollte er nur seine Umgebung beeindrucken?<br />
Vermutlich echt, dachte Ghosn, und wenn das der Fall ist, muß dieser Mann<br />
wirklich geistesgestört sein und war somit eher gefährlich als nützlich. Dieser<br />
Gedanke erleichterte Ghosns Gewissen ein wenig.<br />
<strong>Das</strong> Motel hatte nur eine kleine Frühstücksbar und keinen Zimmerservice.<br />
Die drei mußten also hinaus in die Kälte. Auf dem Weg zum Frühstückszimmer<br />
kaufte Russell eine Zeitung, um sich über das Spiel zu informieren.<br />
Kati und Ghosn fanden schon auf den ersten Blick einen weiteren Grund, die<br />
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