Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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23.01.2013 Aufrufe

"Hochmut kommt vor dem Fall, Commander", merkte Robby an. Sanchez hatte siebzehn 1a-Landungen hintereinander hingelegt. Na, vielleicht kann er den Wind tatsächlich sehen, dachte Jackson. Siebzig ereignislose Minuten später ging die TR wieder auf Ostkurs und begann die Fahrt zur Straße von Gibraltar. Der Trucker stellte sicher, daß die große Kiste gut auf der Ladefläche festgezurrt war, und kletterte dann ins Führerhaus seiner Kenworth-Zugmaschine. Er ließ den Dieselmotor an und winkte Russell zu, der den Gruß erwiderte. "Sollen wir ihm nicht doch lieber hinterherfahren?" fragte Ghosn. "Das merkt er bestimmt, und dann stellt er dumme Fragen", versetzte Marvin. "Und was sollen wir tun, wenn etwas schiefgeht? Den Krater auffüllen, den das Ding in die Autobahn reißt? Dem Schiff bist du ja auch nicht gefolgt." "Stimmt." Ghosn warf Kati einen Blick zu und hob die Schultern. Dann gingen sie zu ihrem Wagen und fuhren nach Charlotte, von wo aus sie direkt nach Denver fliegen wollten. Jack war wie üblich früher fertig, aber Cathy ließ sich Zeit. Nur selten sah sie im Spiegel, daß ihr Haar so wie bei richtigen Frauen aussah und nicht wie bei einer Chirurgin, die ständig Plastikhauben trug und der das Chaos auf ihrem Kopf gleichgültig war. Zwei Stunden hatte sie für ihre Frisur gebraucht, aber diesen Preis war sie zu zahlen bereit gewesen. Ehe sie nach unten ging, holte Cathy zwei Koffer aus dem begehbaren Kleiderschrank und stellte sie mitten ins Schlafzimmer. "Hilfst du mir mal?" fragte sie ihren Mann. "Natürlich, Schatz." Jack ergriff das goldene Halsband, legte es ihr um und ließ den Verschluß einschnappen. Er hatte ihr das Stück einmal zu Weihnachten geschenkt, kurz vor der Geburt des kleinen Jack, und es waren angenehme Erinnerungen damit verbunden. Er trat zurück. "Dreh dich mal um." Cathy tat wie geheißen. Ihr Abendkleid war aus königsblauer Seide, die schimmerte und das Licht reflektierte. Von Damenmode verstand Jack Ryan zwar nicht viel - da interpretierte er lieber die Absichten der Russen -, aber was im Augenblick en vogue war, gefiel ihm. Der kräftige Farbton des Kleides und der Goldschmuck betonten das Rosa ihrer hellen Haut und ihr honigblondes Haar. "Toll siehst du aus", sagte er. "Bist du jetzt fertig?" "Ja, Jack." Sie lächelte ihm zu. "Laß schon mal den Wagen warmlaufen." Cathy sah ihm nach, bis er in der Tür zur Garage verschwunden war, und sprach dann kurz mit der Babysitterin. Sie zog ihren Pelzmantel an - Chirurgen haben gemeinhin wenig Verständnis für die Ansichten von Tierschützern - und ging dann zu Jack, der in der Garage im Auto wartete, und sie fuhren los. Clark mußte lachen. Ryan hatte noch immer keine Ahnung, wie man sich einer Observation entzog. Er wartete, bis die Rücklichter kleiner wurden und dann um die Ecke verschwanden. Dann stellte er seinen Wagen in die Einfahrt der Ryans. 504

"Sind Sie Mr. Clark?" fragte die Babysitterin. "Ja, der bin ich." "Die Sachen stehen im Schlafzimmer." Das Mädchen wies zur Treppe. "Danke." Eine Minute später kam Clark wieder ins Erdgeschoß. Typisch Frau, dachte er, sie hat natürlich viel zuviel eingepackt. Selbst Caroline Ryan war nicht perfekt. "Schönen Abend noch." "Gleichfalls." Die Babysitterin saß schon gebannt vor dem Fernseher. Die Fahrt von Annapolis in Maryland ins Zentrum von Washington dauerte eine Stunde. Ryan vermißte seinen Dienstwagen, aber Cathy hatte darauf bestanden, daß sie selbst fuhren. Sie bogen von der Pennsylvania Avenue in die Osteinfahrt des Weißen Hauses; Polizisten in Uniform wiesen ihnen einen Parkplatz zu. Ihr Kombi nahm sich zwischen den Cadillacs und Lincolns recht bescheiden aus, aber das störte Jack nicht. Die Ryans gingen die kleine Steigung zum Osteingang hoch, wo Leute vom Secret Service ihre Einladungen mit der Gästeliste verglichen und ihre Namen abhakten. Jacks Wagenschlüssel lösten den Metalldetektor aus. Er quittierte das mit einem verlegenen Lächeln. Ganz gleich, wie oft man schon dort war, ein Besuch im Weißen Haus hat immer etwas Magisches, besonders abends. Gleich neben dem kleinen Kino gaben sie ihre Mäntel ab, erhielten Marken und gingen dann weiter. An einer strategisch günstig gelegenen Ecke hatten sich wie üblich die Klatschbasen versammelt, Frauen über sechzig, die für die Gesellschaftsspalten berichteten und Jack mit ihrem maskenhaften Lächeln an die Hexen in Macbeth erinnerten. Offiziere aller Waffengattungen - Ryan nannte sie insgeheim "Oberkellner" - hatten sich in Ausgehuniform in Reihen aufgestellt und übernahmen den Eskortendienst. Wie immer sahen die Marines mit ihren roten Schärpen am tollsten aus, und ein unverschämt attraktiv wirkender Captain geleitete sie die Treppe hinauf. Jack quittierte den bewundernden Blick, den seine Frau zugeworfen bekam, mit einem Lächeln. Am oberen Ende der Treppe empfing sie ein weiblicher Leutnant der Army und führte sie in den Ostraum. Dort wurden ihre Namen ausgerufen - als ob jemand hinhörte -, und ein Diener in Livree kam sofort mit einem silbernen Getränketablett auf sie zu. "Du mußt fahren, Jack", flüsterte Cathy. Jack nahm sich Mineralwasser mit Zitrone. Cathy bekam ein Glas Champagner. Der Ostraum des Weißen Hauses hat die Größe einer kleinen Turnhalle. Die Stucksäulen an den elfenbeinfarbenen Wänden sind mit Blattgold verziert. In einer Ecke spielte ein Streichquartett, und Ryan fand den Sergeant der Army am Flügel recht begabt. Die Hälfte der Gäste, die Männer im Smoking, die Frauen im Abendkleid, war bereits erschienen. Es mag Leute geben, die sich bei solchen Anlässen ganz unbefangen fühlen, dachte Ryan, aber ich gehöre nicht zu ihnen. Zusammen mit Cathy begann er seine Runde und stieß bald auf Verteidigungsminister Bunker und seine Frau Charlotte. "Hallo, Jack." 505

"Hochmut kommt vor dem Fall, Commander", merkte Robby an. Sanchez<br />

hatte siebzehn 1a-Landungen hintereinander hingelegt. Na, vielleicht kann er<br />

den Wind tatsächlich sehen, dachte <strong>Jack</strong>son. Siebzig ereignislose Minuten<br />

später ging die TR wieder auf Ostkurs und begann die Fahrt zur Straße von<br />

Gibraltar.<br />

Der Trucker stellte sicher, daß die große Kiste gut auf der Ladefläche festgezurrt<br />

war, und kletterte dann ins Führerhaus seiner Kenworth-Zugmaschine. Er ließ<br />

den Dieselmotor an und winkte Russell zu, der den Gruß erwiderte.<br />

"Sollen wir ihm nicht doch lieber hinterherfahren?" fragte Ghosn.<br />

"<strong>Das</strong> merkt er bestimmt, und dann stellt er dumme Fragen", versetzte Marvin.<br />

"Und was sollen wir tun, wenn etwas schiefgeht? Den Krater auffüllen, den das<br />

Ding in die Autobahn reißt? Dem Schiff bist du ja auch nicht gefolgt."<br />

"Stimmt." Ghosn warf Kati einen Blick zu und hob die Schultern. Dann<br />

gingen sie zu ihrem Wagen und fuhren nach Charlotte, von wo aus sie direkt nach<br />

Denver fliegen wollten.<br />

<strong>Jack</strong> war wie üblich früher fertig, aber Cathy ließ sich Zeit. Nur selten sah sie im<br />

Spiegel, daß ihr Haar so wie bei richtigen Frauen aussah und nicht wie bei einer<br />

Chirurgin, die ständig Plastikhauben trug und der das Chaos auf ihrem Kopf<br />

gleichgültig war. Zwei Stunden hatte sie für ihre Frisur gebraucht, aber diesen<br />

Preis war sie zu zahlen bereit gewesen. Ehe sie nach unten ging, holte Cathy zwei<br />

Koffer aus dem begehbaren Kleiderschrank und stellte sie mitten ins Schlafzimmer.<br />

"Hilfst du mir mal?" fragte sie ihren Mann.<br />

"Natürlich, Schatz." <strong>Jack</strong> ergriff das goldene Halsband, legte es ihr um und<br />

ließ den Verschluß einschnappen. Er hatte ihr das Stück einmal zu Weihnachten<br />

geschenkt, kurz vor der Geburt des kleinen <strong>Jack</strong>, und es waren angenehme<br />

Erinnerungen damit verbunden. Er trat zurück. "Dreh dich mal um."<br />

Cathy tat wie geheißen. Ihr Abendkleid war aus königsblauer Seide, die<br />

schimmerte und das Licht reflektierte. Von Damenmode verstand <strong>Jack</strong> <strong>Ryan</strong><br />

zwar nicht viel - da interpretierte er lieber die Absichten der Russen -, aber was<br />

im Augenblick en vogue war, gefiel ihm. Der kräftige Farbton des Kleides und<br />

der Goldschmuck betonten das Rosa ihrer hellen Haut und ihr honigblondes<br />

Haar. "Toll siehst du aus", sagte er. "Bist du jetzt fertig?"<br />

"Ja, <strong>Jack</strong>." Sie lächelte ihm zu. "Laß schon mal den Wagen warmlaufen."<br />

Cathy sah ihm nach, bis er in der Tür zur Garage verschwunden war, und<br />

sprach dann kurz mit der Babysitterin. Sie zog ihren Pelzmantel an - Chirurgen<br />

haben gemeinhin wenig Verständnis für die Ansichten von Tierschützern - und<br />

ging dann zu <strong>Jack</strong>, der in der Garage im Auto wartete, und sie fuhren los.<br />

Clark mußte lachen. <strong>Ryan</strong> hatte noch immer keine Ahnung, wie man sich einer<br />

Observation entzog. Er wartete, bis die Rücklichter kleiner wurden und dann<br />

um die Ecke verschwanden. Dann stellte er seinen Wagen in die Einfahrt der<br />

<strong>Ryan</strong>s.<br />

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