Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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23.01.2013 Aufrufe

"Ja, Commodore?" "Nehmen Sie Platz, Harry. Ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen." "Die Mannschaft ist bereit, das Sonarteam auf Draht." Mancuso schaute seinen Untergebenen an und fragte sich, an welchem Punkt die Machermentalität zur Lüge wird. "Die vielen Versetzungsanträge auf Ihrem Boot machen mir etwas Kummer." Ricks ging nicht in die Defensive. "Die meisten Anträge wurden aus familiären Gründen gestellt. Leute, die mit ihren Gedanken anderswo sind, soll man nicht halten. Ein statistischer Zufall, wie ich ihn schon einmal erlebt habe." Erstaunt mich nicht, dachte Mancuso und fragte: "Wie ist die Moral der Mannschaft?" "Sie haben die Ergebnisse der Übungen und Sicherheitsprüfungen gesehen und können sich daraus wohl ein Bild machen", erwiderte Captain Ricks. Schlitzohr, dachte Mancuso. "Gut. Harry, lassen Sie mich deutlicher werden. Sie hatten eine Meinungsverschiedenheit mit Dr. Jones." "Und?" "Und ich habe mit ihm darüber gesprochen." "Wie offiziell ist dieses Gespräch?" "So inoffiziell, wie Sie wollen, Harry." "Gut. Ihr Dr. Jones ist ein recht guter Techniker, aber er scheint vergessen zu haben, daß er die Marine als Mannschaftsgrad verließ. Wer mit mir wie mit einem Gleichgestellten reden will, sollte etwas geleistet haben." "Der Mann hat am California Institute of Technology seinen Doktor in Physik gemacht, Harry." Ricks schaute verdutzt drein. "Und?" "Und? Er ist einer der klügsten Leute, die ich kenne, und war der beste Mannschaftsgrad, dem ich je begegnet bin." "Schön, aber wenn Mannschaftsgrade so klug wie Offiziere wären, würden sie besser bezahlt." Dieser Gipfel der Arroganz brachte Mancuso auf. "Captain, als ich Kommandant der Dallas war, hörte ich zu, wenn Jones etwas sagte. Hätten sich die Dinge anders entwickelt, wäre er inzwischen Erster Offizier und bekäme bald sein eigenes Jagd-U-Boot. Ron hätte einen erstklassigen Kommandanten abgegeben." Ricks tat das ab. "Es kam aber anders. Ich war schon immer der Auffassung, daß nur die Tüchtigen es schaffen. Der Rest läßt sich Ausreden einfallen. Na schon, er ist ein guter Techniker, das will ich nicht bestreiten. Er hat in meiner Sonarabteilung gute Arbeit geleistet, und dafür bin ich ihm dankbar, aber heben wir ihn doch nicht in den Himmel. Techniker und Berater gibt es wie Sand am Meer." Mancuso erkannte, daß er mit diesem Mann so nicht weiterkam. Es war an der Zeit, ihm klipp und klar zu sagen, worum es ging. "Harry, mir ist zu Ohren gekommen, daß es um die Moral auf Ihrem Boot nicht zum besten steht. Für mich sind die vielen Versetzungsanträge ein Hinweis auf Probleme. Erkundi­ 464

gungen haben meinen Eindruck bestätigt. Sie haben ein Problem, ob Ihnen das nun klar ist oder nicht." "Das ist absoluter Unsinn, Sir. und erinnert mich an das Geschwätz von Suchtberatern. Erklärt jemand, der kein Trinker ist, er sei nicht alkoholabhängig, behaupten die Therapeuten, dieses Dementi sei der erste Hinweis auf die Existenz eines solchen Problems. Das ist doch ein Zirkelschluß; da beißt die Katze sich selbst in den Schwanz. Ware die Moral auf meinem Boot schlecht, fielen die Leistungen ab. Darauf weist nichts hin. U-Boote sind mein Leben, und seit ich diese Uniform anzog, gehörte ich zu den Besten der Besten. Mag sein, daß sich mein Stil von dem anderer Kommandanten unterscheidet. Ich krieche niemandem in den Arsch und verhätschle meine Männer nicht. Ich verlange und erhalte Leistung. Wenn Sie einen unbestreitbaren Beweis haben, daß ich etwas nicht richtig mache, höre ich zu, aber solange Sie den nicht beibringen, Sir, gehe ich davon aus, daß auf meinem Boot alles in Ordnung ist." Bartolomeo Vito Mancuso, bald Konteradmiral der US-Navy, sprang nur deshalb nicht auf, weil sein vorwiegend sizilianisches Blut nach Generationen in Amerika nicht mehr ganz so heiß war. In der alten Heimat, da war er sicher, hätte sein Ururgroßvater auf diese Beleidigung mit einer Ladung Schrot aus seiner lupara reagiert. So ließ er sich nichts anmerken und entschied eiskalt auf der Stelle, daß Ricks über den Rang eines Captains nie hinauskommen würde. Das stand in seiner Macht, Ihm unterstanden viele Kommandanten, und nur die zwei oder drei Besten kamen für die Beförderung zum Flaggoffizier in Frage. Mancuso nahm sich vor, Ricks als Viertbesten von vierzehn zu bewerten. Das war vielleicht ungerecht, erkannte Mancuso in einer Anwandlung von leidenschaftsloser Integrität, aber der Mann war für einen verantwortungsvolleren Posten nicht geeignet und vermutlich sogar schon zu hoch aufgestiegen. Natürlich würde Ricks sich lauthals und leidenschaftlich beschweren, aber Mancuso sagte dann einfach: "Tut mir leid, Harry, Sie machen Ihre Sache sehr gut, aber Andy, Bill und Chuck sind ein klein bißchen besser. Ihr Pech, daß Sie in einem Geschwader mit so vielen Assen dienen. Ich muß eine redliche Entscheidung treffen, und die drei übertreffen Sie nun mal um ein Haar..." So einfach war das. Ricks erkannte, daß er eine Grenze verletzt hatte, daß es in der Navy "inoffizielle" Gespräche im Grunde nicht gab. Er hatte seinen Vorgesetzten herausgefordert, einen Mann, der kurz vor der Beförderung stand und den Respekt und das Ohr der Bürokraten im Pentagon und bei OP-02 hatte. "Sir, entschuldigen Sie meine Offenheit. Niemand läßt sich gerne maßregeln, wenn er..." Mancuso schnitt ihm lächelnd das Wort ab. "Kein Problem, Harry. Auch wir Italiener sind manchmal ein bißchen hitzig." Zu spät, Harry, fügte er in Gedanken hinzu. "Vielleicht haben Sie recht. Lassen Sie mich darüber nachdenken. Warten Sie, bis ich das Akula angehe, dann werden Sie schon sehen, wozu meine Leute fähig sind." Auf einmal redest du von "deinen Leuten", Meister, dachte Mancuso. Zu spät. 465

gungen haben meinen Eindruck bestätigt. Sie haben ein Problem, ob Ihnen das<br />

nun klar ist oder nicht."<br />

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Suchtberatern. Erklärt jemand, der kein Trinker ist, er sei nicht alkoholabhängig,<br />

behaupten die Therapeuten, dieses Dementi sei der erste Hinweis auf die<br />

Existenz eines solchen Problems. <strong>Das</strong> ist doch ein Zirkelschluß; da beißt die<br />

Katze sich selbst in den Schwanz. Ware die Moral auf meinem Boot schlecht,<br />

fielen die Leistungen ab. Darauf weist nichts hin. U-Boote sind mein Leben, und<br />

seit ich diese Uniform anzog, gehörte ich zu den Besten der Besten. Mag sein, daß<br />

sich mein Stil von dem anderer Kommandanten unterscheidet. Ich krieche<br />

niemandem in den Arsch und verhätschle meine Männer nicht. Ich verlange und<br />

erhalte Leistung. Wenn Sie einen unbestreitbaren Beweis haben, daß ich etwas<br />

nicht richtig mache, höre ich zu, aber solange Sie den nicht beibringen, Sir, gehe<br />

ich davon aus, daß auf meinem Boot alles in Ordnung ist."<br />

Bartolomeo Vito Mancuso, bald Konteradmiral der US-Navy, sprang nur<br />

deshalb nicht auf, weil sein vorwiegend sizilianisches Blut nach Generationen in<br />

Amerika nicht mehr ganz so heiß war. In der alten Heimat, da war er sicher, hätte<br />

sein Ururgroßvater auf diese Beleidigung mit einer Ladung Schrot aus seiner<br />

lupara reagiert. So ließ er sich nichts anmerken und entschied eiskalt auf der<br />

Stelle, daß Ricks über den Rang eines Captains nie hinauskommen würde. <strong>Das</strong><br />

stand in seiner Macht, Ihm unterstanden viele Kommandanten, und nur die zwei<br />

oder drei Besten kamen für die Beförderung zum Flaggoffizier in Frage.<br />

Mancuso nahm sich vor, Ricks als Viertbesten von vierzehn zu bewerten. <strong>Das</strong><br />

war vielleicht ungerecht, erkannte Mancuso in einer Anwandlung von leidenschaftsloser<br />

Integrität, aber der Mann war für einen verantwortungsvolleren<br />

Posten nicht geeignet und vermutlich sogar schon zu hoch aufgestiegen. Natürlich<br />

würde Ricks sich lauthals und leidenschaftlich beschweren, aber Mancuso<br />

sagte dann einfach: "Tut mir leid, Harry, Sie machen Ihre Sache sehr gut, aber<br />

Andy, Bill und Chuck sind ein klein bißchen besser. Ihr Pech, daß Sie in einem<br />

Geschwader mit so vielen Assen dienen. Ich muß eine redliche Entscheidung<br />

treffen, und die drei übertreffen Sie nun mal um ein Haar..." So einfach war das.<br />

Ricks erkannte, daß er eine Grenze verletzt hatte, daß es in der Navy<br />

"inoffizielle" Gespräche im Grunde nicht gab. Er hatte seinen Vorgesetzten<br />

herausgefordert, einen Mann, der kurz vor der Beförderung stand und den<br />

Respekt und das Ohr der Bürokraten im Pentagon und bei OP-02 hatte.<br />

"Sir, entschuldigen Sie meine Offenheit. Niemand läßt sich gerne maßregeln,<br />

wenn er..."<br />

Mancuso schnitt ihm lächelnd das Wort ab. "Kein Problem, Harry. Auch wir<br />

Italiener sind manchmal ein bißchen hitzig." Zu spät, Harry, fügte er in<br />

Gedanken hinzu.<br />

"Vielleicht haben Sie recht. Lassen Sie mich darüber nachdenken. Warten<br />

Sie, bis ich das Akula angehe, dann werden Sie schon sehen, wozu meine Leute<br />

fähig sind."<br />

Auf einmal redest du von "deinen Leuten", Meister, dachte Mancuso. Zu spät.<br />

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