Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
von schulte.josefine23 Mehr von diesem Publisher
23.01.2013 Aufrufe

"Sie haben ein Problem, Bart." "Wie ernst ist es?" "Es ist ziemlich einmalig, Skipper", sagte Jones und benutzte die alte Anrede aus ihrer gemeinsamen Zeit auf USS Dallas. "So etwas ist noch nie vorgekommen." Mancuso verstand seinen Blick. "Haben Sie Bilder von Ihren Kindern dabei?" Jones nickte. "Klar. Was machen Mike und Dominic?" "Mike denkt an die Akademie der Air Force." "Richten Sie ihm aus, daß Sauerstoff das Gehirn zerstört." "Und Dominic will am Institut für Technik in Kalifornien studieren." "Wirklich? Da kann ich ihm helfen." Den Rest der Fahrt verbrachten sie mit Small talk. Mancuso ging mit langen Schritten in sein Büro und schloß die schalldichte Tür, nachdem er bei seinem Steward Kaffee bestellt hatte. "Wo hakt's, Ron?" Jones antwortete erst nach kurzem Zögern. "Ich glaube, daß jemand Maine geortet hat." "Ein Ohio? Ausgeschlossen." "Wo ist Maine jetzt?" "Wieder in See, mit Besatzung >Blau< an Bord, und soll sich vor der Küste zu Geräuschtests mit einem 688 treffen. Anschließend geht es wieder auf Patrouille." Mit Jones konnte Mancuso über fast alles reden. Seine Firma beriet die Marine auf dem Gebiet der Sonartechnologie auf allen U-Booten und U- Abwehrplattformen, also Flugzeugen, Schiffen und Hubschraubern, und aus diesem Grunde hatte er notwendigerweise Zugang zu vielen operativen Informationen. "Haben Sie Leute von der Mannschaft >Gold< auf dem Stützpunkt?" "Der Captain ist in Urlaub, aber der IA ist verfügbar, Dutch Claggett. Kennen Sie ihn?" "War der nicht auf der Norfolk? Er ist Afro-Amerikaner, nicht wahr?" "Stimmt." "Über ihn habe ich Gutes gehört. Als er sich für sein Kommando qualifizierte, leistete er gegen einen Trägerverband gute Arbeit. Ich flog in einer P-3 mit, als er ihre Abwehr unterlief." "Korrekt, der Mann ist im Kommen. Nächstes Jahr um diese Zeit übernimmt er ein Jagd-U-Boot." "Wer ist sein Skipper?" "Harry Ricks. Haben Sie auch von ihm gehört?" Jones schaute zu Boden und murmelte etwas. "Ich habe einen neuen Angestellten in der Firma, einen pensionierten Chief, der zuletzt unter Ricks gedient hatte. Ist Ricks wirklich so schlecht, wie ich höre?" "Ricks ist ein erstklassiger Ingenieur und auf seinem Gebiet ein Genie." "Sicher, Skipper, Sie auf Ihrem auch, aber kann Ricks ein Boot führen?" 332

"Kaffee, Ron?" Mancuso wies auf die Kanne. "Vielleicht sollten Sie Commander Claggett hinzuziehen, Sir." Jones stand auf und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. "Seit wann betätigen Sie sich als Diplomat?" "Das geht mit meiner Position einher. Ich habe auch keinem Außenseiter verraten, was für wilde Sachen Sie auf der Dallas getrieben haben." Jones drehte sich um und lachte. "Gut, stimmt. Ich habe die Sonaranalyse in der Aktentasche und muß Unterlagen über Kurs und Tiefe der Maine sehen. Es ist gut möglich, daß sie beschattet wurde. Im Ernst, Bart." Mancuso griff zum Telefon. "Machen Sie Lieutenant Commander Claggett ausfindig. Er soll sofort in mein Büro kommen. Danke. Ron, wie sicher..." "Ich habe die Analyse selbst durchgeführt. Einer meiner Leute sah sich die Unterlagen an und schöpfte Verdacht. Ich brütete fünfzig Stunden über den Daten. Die Chancen, daß Maine verfolgt wurde, stehen drei zu eins." Bart Mancuso stellte seine Kaffeetasse ab. "Kaum zu glauben." "Ich weiß. Die Tatsache, daß es so unglaublich ist, mag meine Analyse verzerren." Es war bei der US-Marine ein Glaubensbekenntnis, daß ihre Raketen-U- Boote niemals, nicht ein einziges Mal, auf Patrouillenfahrt geortet und verfolgt worden waren. Doch wie die meisten Glaubensbekenntnisse war auch dieses nicht absolut. Die Lage der Stützpunkte für diese Boote war kein Geheimnis. Selbst UPS- Fahrer, die ein Paket abzuliefern hatten, wußten, worauf sie zu achten hatten. Die Marine ließ ihre Einrichtungen aus Kostengründen überwiegend von privaten Sicherheitsfirmen bewachen; nur wo Kernwaffen lagerten, gingen Marines Streife. Wo man also Soldaten der Marineinfanterie sah, mußte es Atomwaffen geben. Das nannte man eine Sicherheitsvorkehrung. Die Raketen-U-Boote selbst unterschieden sich eindeutig von den kleineren Jagdbooten. Ihre Namen standen im Schiffsregister der Navy, und ihre Besatzungen trugen Schildmützen mit Namen und Nummer des Bootes. Dank dieser frei verfügbaren Informationen waren die Sowjets in der Lage, ihre Jagd-U-Boote vor den Stützpunkten zu stationieren und die strategischen Boote auf dem Weg ins offene Meer abzufangen. Anfangs war das kein Problem gewesen. Die ersten Klassen sowjetischer Jagd-U-Boote waren mit Sonar Marke "Heien Keller" ausgerüstet, also praktisch blind und taub, und die Boote selbst lauter als ein Auto ohne Schalldämpfer. Das hatte sich mit der Indienststellung der Klasse Victor-III geändert, die in der Geräuschentwicklung in etwa der amerikanischen 594-Klasse entsprach und in der Sonarleistung allmählich adäquat wurde. Gelegentlich waren Victor-III in der Strait of Juan de Fuca an der kanadischen Grenze - und anderswo - aufgetaucht, um amerikanischen strategischen Booten aufzulauern, und in manchen Fällen war es ihnen in den engen Hafeneinfahrten gelungen, Kontakt aufzunehmen und zu halten. Das war manchmal mit Aktivsonarpeilungen einhergegangen, ein für die amerikanischen Besatzungen beunruhigender und 333

"Kaffee, Ron?" Mancuso wies auf die Kanne.<br />

"Vielleicht sollten Sie Commander Claggett hinzuziehen, Sir." Jones stand<br />

auf und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. "Seit wann betätigen Sie sich als<br />

Diplomat?"<br />

"<strong>Das</strong> geht mit meiner Position einher. Ich habe auch keinem Außenseiter<br />

verraten, was für wilde Sachen Sie auf der Dallas getrieben haben."<br />

Jones drehte sich um und lachte. "Gut, stimmt. Ich habe die Sonaranalyse in<br />

der Aktentasche und muß Unterlagen über Kurs und Tiefe der Maine sehen. Es<br />

ist gut möglich, daß sie beschattet wurde. Im Ernst, Bart."<br />

Mancuso griff zum Telefon. "Machen Sie Lieutenant Commander Claggett<br />

ausfindig. Er soll sofort in mein Büro kommen. Danke. Ron, wie sicher..."<br />

"Ich habe die Analyse selbst durchgeführt. Einer meiner Leute sah sich die<br />

Unterlagen an und schöpfte Verdacht. Ich brütete fünfzig Stunden über den<br />

Daten. Die Chancen, daß Maine verfolgt wurde, stehen drei zu eins."<br />

Bart Mancuso stellte seine Kaffeetasse ab. "Kaum zu glauben."<br />

"Ich weiß. Die Tatsache, daß es so unglaublich ist, mag meine Analyse<br />

verzerren."<br />

Es war bei der US-Marine ein Glaubensbekenntnis, daß ihre Raketen-U-<br />

Boote niemals, nicht ein einziges Mal, auf Patrouillenfahrt geortet und verfolgt<br />

worden waren. Doch wie die meisten Glaubensbekenntnisse war auch dieses<br />

nicht absolut.<br />

Die Lage der Stützpunkte für diese Boote war kein Geheimnis. Selbst UPS-<br />

Fahrer, die ein Paket abzuliefern hatten, wußten, worauf sie zu achten hatten.<br />

Die Marine ließ ihre Einrichtungen aus Kostengründen überwiegend von<br />

privaten Sicherheitsfirmen bewachen; nur wo Kernwaffen lagerten, gingen<br />

Marines Streife. Wo man also Soldaten der Marineinfanterie sah, mußte es<br />

Atomwaffen geben. <strong>Das</strong> nannte man eine Sicherheitsvorkehrung. Die Raketen-U-Boote<br />

selbst unterschieden sich eindeutig von den kleineren Jagdbooten.<br />

Ihre Namen standen im Schiffsregister der Navy, und ihre Besatzungen trugen<br />

Schildmützen mit Namen und Nummer des Bootes. Dank dieser frei verfügbaren<br />

Informationen waren die Sowjets in der Lage, ihre Jagd-U-Boote vor den<br />

Stützpunkten zu stationieren und die strategischen Boote auf dem Weg ins<br />

offene Meer abzufangen.<br />

Anfangs war das kein Problem gewesen. Die ersten Klassen sowjetischer<br />

Jagd-U-Boote waren mit Sonar Marke "Heien Keller" ausgerüstet, also praktisch<br />

blind und taub, und die Boote selbst lauter als ein Auto ohne Schalldämpfer.<br />

<strong>Das</strong> hatte sich mit der Indienststellung der Klasse Victor-III geändert, die<br />

in der Geräuschentwicklung in etwa der amerikanischen 594-Klasse entsprach<br />

und in der Sonarleistung allmählich adäquat wurde. Gelegentlich waren Victor-III<br />

in der Strait of Juan de Fuca an der kanadischen Grenze - und anderswo<br />

- aufgetaucht, um amerikanischen strategischen Booten aufzulauern, und in<br />

manchen Fällen war es ihnen in den engen Hafeneinfahrten gelungen, Kontakt<br />

aufzunehmen und zu halten. <strong>Das</strong> war manchmal mit Aktivsonarpeilungen<br />

einhergegangen, ein für die amerikanischen Besatzungen beunruhigender und<br />

333

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!