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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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und weil das Land nun einen täglichen Kampf mit widersprüchlichen Fakten<br />

zu führen hatte. Es war also einfacher, Keitel ein Ruhegehalt zu zahlen, statt<br />

ihn auf die offizielle Liste der Arbeitslosen zu setzen, was als erniedrigend galt.<br />

Dies war die Auffassung der Bundesregierung. Keitel sah das anders. Wenn es<br />

auf der Welt mit rechten Dingen zuging, fand er, hätte man ihn hinrichten oder<br />

ins Exil schicken sollen - nur wohin wußte er nicht. Er hatte erwogen, zu den<br />

Russen überzulaufen, weil er beim KGB über Kontakte verfügte, diesen Gedanken<br />

aber rasch verworfen. Mit den Bürgern der Ex-DDR wollten die<br />

Sowjets nichts mehr zu tun haben; sie fürchteten, von jenen, die dem Weltsozialismus<br />

die Treue gebrochen hatten, aufs neue verraten zu werden. Für<br />

welche Sache die Sowjetunion inzwischen stand, wußte Keitel <strong>aller</strong>dings nicht.<br />

Er nahm neben Bock in der Ecknische einer stillen Kneipe im alten Ostberlin<br />

Platz und sagte: "<strong>Das</strong> ist sehr gefährlich, mein Freund."<br />

"Ist mir klar, Erwin." Bock bestellte zwei große Bier. Die Bedienung war<br />

schneller als vor ein paar Jahren, aber darum kümmerten sich die beiden nicht.<br />

"Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir die Sache mit Petra tut", sagte<br />

Keitel, nachdem die Kellnerin sich entfernt hatte.<br />

"Weißt du eigentlich, was sich genau abgespielt hat?" fragte Bock in ruhigem<br />

und emotionslosem Ton.<br />

"Der Kriminalbeamte, der ihren Fall bearbeitete, besuchte sie häufig im<br />

Gefängnis - aber nicht, um sie zu verhören, sondern um sie ganz bewußt zum<br />

Wahnsinn zu treiben. Dir sollte klar sein, daß der Mut jedes Menschen seine<br />

Grenzen hat. Petra hat nicht aus Schwäche gehandelt. Jeder kann seelisch<br />

brechen. <strong>Das</strong> ist nur eine Frage der Zeit. Man hat ihr kaltblütig beim Sterben<br />

zugesehen."<br />

"So?" Bocks Miene veränderte sich nicht, aber die Knöchel seiner Finger, die<br />

das Glas umklammerten, wurden weiß.<br />

"In ihrer Zelle war eine versteckte Überwachungskamera eingebaut. Der<br />

Selbstmord ist auf Videoband. Die Schweine sahen ihr zu und griffen nicht<br />

ein."<br />

Bock schwieg. <strong>Das</strong> Lokal war so schummrig, daß niemand sehen konnte, wie<br />

blaß er wurde. Heiße Luft wie aus einem Hochofen schien ihm entgegenzufegen,<br />

gefolgt von arktischer Kälte. Er schloß die Augen, um sich wieder in den<br />

Griff zu bekommen. Petra hätte einen Gefühlsausbruch zu einem so entscheidenden<br />

Zeitpunkt mißbilligt. Er schlug die Augen auf und schaute seinen<br />

Freund an.<br />

"Ist das wirklich wahr?"<br />

"Ich kenne den Namen und die Anschrift des Beamten. Man hat immer noch<br />

Freunde", versicherte Keitel.<br />

"<strong>Das</strong> glaube ich dir, Genosse. So, und nun möchte ich dich um einen<br />

Gefallen bitten."<br />

"Nur zu."<br />

"Natürlich weißt du, was uns in diese katastrophale Lage gebracht hat."<br />

"Kommt darauf an, was du meinst", sagte Keitel. "<strong>Das</strong> Volk, das sich so<br />

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