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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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Angefangen hatte es harmlos. Er wachte mit Magenschmerzen auf. Der Lauf<br />

am Morgen strengte mehr an als sonst. Er war nicht ganz auf dem Damm.<br />

Schließlich bist du über Dreißig, sagte er sich, und kein junger Mann mehr.<br />

Andererseits war er immer sportlich und energiegeladen gewesen. Vielleicht<br />

war es nur eine Erkältung, ein Virus, die Auswirkung vom Genuß unreinen<br />

Trinkwassers, eine Magenverstimmung. Da mußt du dich durchbeißen, dachte<br />

er, legte mehr Gewicht in seinen Tornister und trug sein Gewehr nun mit<br />

geladenem Magazin. Träge bist du geworden, das ist alles, sagte er sich, so was<br />

läßt sich ändern. Er war ein sehr entschlossener Mann.<br />

Einen Monat lang wirkte das auch. Gewiß, er fühlte sich noch schlapper,<br />

aber das war angesichts der zusätzlichen fünf Kilo im Tornister zu erwarten.<br />

Die Extramüdigkeit nahm er als Beweis für seine Kriegertugend; er aß wieder<br />

einfache Speisen und zwang sich, früher zu Bett zu gehen. <strong>Das</strong> half. Die<br />

Muskeln schmerzten nicht anders als zu Beginn dieses anstrengenden Lebens,<br />

und er schlief den ruhigen Schlaf der Gerechten. Die Befehle seines zielstrebigen<br />

Willens an seinen widerspenstigen Körper machten alles noch schlimmer.<br />

Warum kam er nicht gegen eine unsichtbare Mikrobe an? Hatte er es nicht<br />

schon mit viel größeren und bedrohlicheren Dingen aufgenommen? Der Gedanke<br />

bedeutete ihm weniger eine Herausforderung als ein kleines Amüsement.<br />

Wie bei allen entschlossenen Menschen lauerte der Konkurrent in ihm<br />

selbst; der Körper wehrte sich gegen die Befehle des Verstandes.<br />

Die Beschwerden wollten nicht weggehen. Sein Körper wurde hagerer,<br />

gestählter, aber Schmerzen und Übelkeit hielten sich hartnäckig. <strong>Das</strong> fuchste<br />

ihn, und er machte seinem Ärger zunächst Luft, indem er Witze riß. Als seine<br />

ranghöheren Kameraden merkten, daß er sich nicht wohl fühlte, führte er als<br />

Grund Schwangerschaftsübelkeit an und erntete dafür wieherndes Gelächter.<br />

Einen Monat lang hielt er durch, sah sich dann aber gezwungen, die Traglast zu<br />

verringern, um seinen Platz vorne bei den Führern halten zu können. Zum<br />

ersten Mal in seinem Leben begann er, leise an sich zu zweifeln, und er fand<br />

seinen Zustand nicht mehr amüsant. Einen weiteren Monat lang blieb er,<br />

abgesehen von der Extrastunde Schlaf, streng bei seinem ruhelosen Pensum,<br />

doch es ging ihm weder schlechter noch besser. Vielleicht liegt es nur an<br />

meinem Alter, tröstete er sich. Immerhin bin ich auch nur ein Mensch, und es<br />

ist keine Schande abzubauen, auch wenn ich mit <strong>aller</strong> Gewalt versucht habe, in<br />

Form zu bleiben.<br />

Schließlich begann er über seinen Zustand zu klagen. Seine Kameraden,<br />

allesamt jünger als er, hatten zum Teil fünf Jahre oder länger unter ihm gedient<br />

und zeigten Verständnis. Sie hatten ihn wegen seiner Härte verehrt und sahen<br />

seine sich abzeichnenden Schwächen als Zeichen, daß auch er nur ein Mensch<br />

war, der für sie dadurch noch bewundernswerter wurde. Einige schlugen<br />

Hausmittel vor, und schließlich bedrängte ihn ein guter Kamerad, er sei<br />

verrückt, wenn er nicht zum Arzt ginge. Sein Schwager habe in England studiert<br />

und sei erstklassig. Und so entschlossen er auch war, seinen Leib zu verleugnen,<br />

wußte er doch, daß es Zeit war, einen guten Rat zu beherzigen.<br />

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