Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
Und so war Durling zu nebensächlichen, mehr als sekundären Pflichten verdonnert worden. Fowler düste in einer modifizierten 747 herum, die nur ihm allein zur Verfügung stand, während Roger Durling benutzen mußte, was gerade greifbar war; in diesem Fall eine VC-20B Gulfstream, mit der jeder Beamte entsprechenden Ranges fliegen durfte. Auch Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses machten mit diesem Typ Vergnügungsreisen auf Staatskosten, wenn sie im richtigen Ausschuß saßen oder wenn der Präsident das Gefühl hatte, daß sie Streicheleinheiten brauchten. Jetzt wirst du verbiestert, ermahnte sich Durling. Und damit rechtfertigst du nur die ganze Scheiße, die du dir bieten lassen mußt. Seine Fehleinschätzung war mindestens so schwerwiegend gewesen wie Madisons, erkannte der Vizepräsident, als die Maschine anrollte. Der Verfasser des Entwurfs der amerikanischen Verfassung war mit seinem Wunsch, Politiker sollten die Interessen des Landes über ihren persönlichen Ehrgeiz stellen, nur optimistisch gewesen. Durling aber hatte eine offenkundige politische Realität ignoriert: Dem Präsidenten sind ein Dutzend Ausschußvorsitzende aus Senat und Repräsentantenhaus viel wichtiger als sein Vize. Mit dem Kongreß muß er nämlich zusammenarbeiten, wenn er seine Vorlagen durchbringen will. Mit seinem Vize brauchte er sich noch nicht einmal abzugeben. Wie bin ich bloß in diese Lage geraten? fragte sich Durling zum tausendsten Mal und grunzte erheitert. Schuld war natürlich sein Patriotismus. Er hatte Kalifornien eingebracht, und ohne die Stimmen dieses Staates wären Fowler und er jetzt immer noch Gouverneure. Die einzige Konzession, die er herausgeschlagen hatte - Charlie Aldens Ernennung zum Sicherheitsberater -, galt nun nichts mehr, aber Durling war immerhin der entscheidende Faktor bei der Übernahme der Präsidentschaft durch einen Demokraten gewesen. Und der Lohn? Er bekam nur Routinearbeit zugeschoben, hielt Reden, die nur selten in die Nachrichten kamen, sprach vor dem gemeinen Parteivolk, stellte die Ideen zur Debatte, die selten gut oder seine eigenen waren - und wartete darauf, daß der Blitz ihn traf statt den Präsidenten. Heute sollte er sich über die Notwendigkeit von Steuererhöhungen zur Finanzierung des Friedens im Nahen Osten äußern. Welch großartige Chance für einen Politiker! dachte er. Durling sollte in St. Louis sprechen, wo sich Einkäufer zu einer Tagung trafen. Da ist mir donnernder Applaus sicher, sagte er sich sarkastisch. Aber er hatte den Posten angenommen und den Diensteid geschworen. Also Zähne zusammenbeißen und durchhalten. Die Maschine rumpelte an Hangars und einer Reihe von Flugzeugen vorbei, darunter die als fliegender Befehlsstand im Verteidigungsfall konfigurierte 747 NEACP, auch als "Weltuntergangs-Expreß" bekannt. Diese Boeing, die nie weiter als zwei Flugstunden vom Aufenthaltsort des Präsidenten entfernt sein durfte - ein kniffliges Problem, wenn er Rußland oder China besuchte -, war der einzig sichere Platz, den der Präsident in einer nuklearen Krise einnehmen konnte, aber das lag ja inzwischen nicht mehr im Bereich des Möglichen, oder? Durling sah reges Treiben an der Maschine. Noch waren die Haushaltsmittel 258
für diesen Vogel, der zur Flotte des Präsidenten gehörte, nicht gekürzt worden, und man hielt ihn immer startklar. Wie bald wird sich auch das ändern? fragte sich Durling. "Wir sind bereit zum Start. Sind Sie angeschnallt. Sir?" fragte der Flugbegleiter, ein Sergeant. "Aber sicher! Dann mal los", erwiderte Durling lächelnd. In der Air Force One schnallten sich die Leute manchmal nicht an, um Vertrauen in Maschine und Besatzung zu demonstrieren. Wieder ein Beweis für die Zweitklassigkeit seines Flugzeuges, aber er konnte den Sergeant kaum wegen vorschriftsmäßigem Verhalten anschnauzen. Für diesen Mann war Roger Durling wichtig, und das machte ihn, der bei der Air Force wohl nach E-6 bezahlt wurde, ehrenhafter als die meisten Politiker. Was Wunder? fragte sich Durling. "Roger." "Schon wieder?" fragte Ryan. "Ja, Sir", sagte die Stimme am Telefon. "Gut, geben Sie mir ein paar Minuten Zeit." "Jawohl, Sir." Ryan trank seinen Kaffee aus und ging hinüber in Cabots Büro, wo er zu seiner Überraschung Goodley vorfand. Der junge Mann hielt Distanz zu den Qualmwolken des Direktors, und selbst Jack fand, daß Cabot seine Patton- Show übertrieb. "Was gibt's, Jack?" "CAMELOT", erwiderte Jack sichtlich vergrätzt. "Dieser Verein im Weißen Haus drückt sich mal wieder und will, daß ich einspringe." "Na und? Sind Sie denn so beschäftigt?" "Sir, über dieses Thema sprachen wir schon vor vier Monaten. Die Teilnahme von Leuten aus dem Weißen Haus ist wichtig..." "Der Präsident und seine Leute haben andere Dinge zu tun", erklärte der DGI müde. "Sir, diese Termine werden Wochen im voraus angesetzt, und es ist nun schon das vierte Mal, daß..." "Ich weiß, Jack." Ryan ließ sich nicht beirren. "Jemand muß ihnen sagen, wie wichtig das ist." "Hab' ich doch versucht!" schoß Cabot zurück. Jack wußte, daß das stimmte. "Haben Sie versucht, sich hinter Minister Talbot oder Dennis Bunker zu klemmen?" Auf die hört der Präsident wenigstens, fügte Ryan im stillen hinzu. Cabot verstand ihn auch so. "Jack, wir können dem Präsidenten keine Befehle geben, sondern ihn nur beraten. Leider befolgt er unseren Rat nicht immer. Außerdem verstehen Sie sich doch gut auf solche Sachen. Dennis spielt gerne mit Ihnen." "Das freut mich, Sir, aber Sachen wie diese sind nicht mein Job. Werden die Ergebnisse überhaupt im Weißen Haus gelesen?" 259
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"Aber sicher! Dann mal los", erwiderte Durling lächelnd. In der Air Force<br />
One schnallten sich die Leute manchmal nicht an, um Vertrauen in Maschine<br />
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seines Flugzeuges, aber er konnte den Sergeant kaum wegen vorschriftsmäßigem<br />
Verhalten anschnauzen. Für diesen Mann war Roger Durling wichtig, und<br />
das machte ihn, der bei der Air Force wohl nach E-6 bezahlt wurde, ehrenhafter<br />
als die meisten Politiker. Was Wunder? fragte sich Durling.<br />
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"Schon wieder?" fragte <strong>Ryan</strong>.<br />
"Ja, Sir", sagte die Stimme am Telefon.<br />
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<strong>Ryan</strong> trank seinen Kaffee aus und ging hinüber in Cabots Büro, wo er zu<br />
seiner Überraschung Goodley vorfand. Der junge Mann hielt Distanz zu den<br />
Qualmwolken des Direktors, und selbst <strong>Jack</strong> fand, daß Cabot seine Patton-<br />
Show übertrieb.<br />
"Was gibt's, <strong>Jack</strong>?"<br />
"CAMELOT", erwiderte <strong>Jack</strong> sichtlich vergrätzt. "Dieser Verein im Weißen<br />
Haus drückt sich mal wieder und will, daß ich einspringe."<br />
"Na und? Sind Sie denn so beschäftigt?"<br />
"Sir, über dieses Thema sprachen wir schon vor vier Monaten. Die Teilnahme<br />
von Leuten aus dem Weißen Haus ist wichtig..."<br />
"Der Präsident und seine Leute haben andere Dinge zu tun", erklärte der<br />
DGI müde.<br />
"Sir, diese Termine werden Wochen im voraus angesetzt, und es ist nun<br />
schon das vierte Mal, daß..."<br />
"Ich weiß, <strong>Jack</strong>."<br />
<strong>Ryan</strong> ließ sich nicht beirren. "Jemand muß ihnen sagen, wie wichtig das ist."<br />
"Hab' ich doch versucht!" schoß Cabot zurück. <strong>Jack</strong> wußte, daß das<br />
stimmte.<br />
"Haben Sie versucht, sich hinter Minister Talbot oder Dennis Bunker zu<br />
klemmen?" Auf die hört der Präsident wenigstens, fügte <strong>Ryan</strong> im stillen hinzu.<br />
Cabot verstand ihn auch so. "<strong>Jack</strong>, wir können dem Präsidenten keine<br />
Befehle geben, sondern ihn nur beraten. Leider befolgt er unseren Rat nicht<br />
immer. Außerdem verstehen Sie sich doch gut auf solche Sachen. Dennis spielt<br />
gerne mit Ihnen."<br />
"<strong>Das</strong> freut mich, Sir, aber Sachen wie diese sind nicht mein Job. Werden die<br />
Ergebnisse überhaupt im Weißen Haus gelesen?"<br />
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