Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

schulte.josefine23
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in jedes Haus zu schießen. Diese Einheit wurde von Pionieren reichlich mit Sprengstoffvorräten unterstützt; die "Pioniere" übten demonstrativ und sprengten von Israel aufgegebene Siedlungen in die Luft. Das ganze Regiment praktizierte hier seine destruktiven Fertigkeiten und ließ Neugierige aus sicherem Abstand zusehen; das Ganze entwickelte sich rasch zu einer echten Touristenattraktion. Araber bedruckten T-Shirts mit der Aufschrift ROBO­ SOLDIER!, die reißenden Absatz fanden. Die Männer der Schweizergarde lächelten nicht und beantworteten auch keine Fragen; das fiel ihnen nicht schwer. Journalisten wurden gebeten, sich an Oberst Jacques Schwindler zu wenden, den Kommandeur, und durften gelegentlich in der Kaserne oder bei Übungen mit niederen Dienstgraden sprechen, aber nie auf der Straße. Manche Kontakte mit Einheimischen waren natürlich unvermeidlich. Die Soldaten lernten die Grundzüge des Arabischen, und für die nichtarabischen Einwohner genügte Englisch. Sie ahndeten gelegentlich Verstöße gegen die Verkehrsregeln, obwohl dies eigentlich die Aufgabe der Zivilpolizei war, die gerade mit Unterstützung der Israelis, die sich aus dieser Funktion zurückzogen, gebildet wurde. Nur ganz selten mußte ein Schweizer bei einer Schlägerei oder einem anderen Zwischenfall eingreifen. Meist reichte schon die reine Präsenz eines Fünfertrupps aus, um die Leute zu respektvollem Schweigen und anständigem Auftreten zu bringen. Der Auftrag der Schweizergarde war Einschüchterung, und die Bevölkerung erkannte schon nach wenigen Tagen, wie effektvoll sie ihn ausführte. Gleichzeitig aber bestand ihre Mission nicht nur aus ihrer physischen Anwesenheit. Auf der rechten Schulter trugen die Männer einen Aufnäher in Form eines Schilds. Die Schweizer Flagge in seiner Mitte wies auf die Herkunft der Soldaten hin. Umringt war sie von der Mondsichel und dem Stern des Islam, dem Davidsstern und dem Kreuz. Es existierten drei Versionen dieses Aufnähers, so daß jedes religiöse Symbol einmal zuoberst erschien, und sie wurden nach dem Zufallsprinzip ausgegeben. Die Schweizer Flagge blieb in der Mitte zum Zeichen, daß sie alle drei Konfessionen gleichermaßen schützte. Die Soldaten traten den religiösen Führern mit Respekt entgegen. Oberst Schwindler traf täglich mit der Troika zusammen, die die Stadt regierte. Allgemein glaubte man, daß sie allein die Politik bestimmte, aber Schwindler war ein kluger, aufmerksamer Mann, dessen Anregungen der Imam, der Rabbi und der Patriarch von Anfang an großes Gewicht beigemessen hatten. Schwindler hatte auch die Hauptstädte aller Länder des Nahen Ostens besucht. Die Schweizer hatten in ihm, der als der beste Offizier ihrer Armee galt, eine gute Wahl getroffen; er stand in dem Ruf, ein ehrlicher und kompromißlos fairer Mann zu sein. In seinem Dienstzimmer hing ein Säbel mit Goldgriff, ein Geschenk des Königs von Saudi-Arabien, und auf dem Stützpunkt der Garde stand ein prächtiger Vollbluthengst. Leider konnte Schwindler nicht reiten. Die Troika verwaltete also die Stadt und tat das tüchtiger, als man zu hoffen gewagt hatte. Ihre Mitglieder, nach Kriterien der Gelehrsamkeit und Frömmigkeit ausgesucht, respektierten einander rasch. Man war übereingekommen, 230

daß jeweils wöchentlich ein Mitglied einen öffentlichen Gottesdienst hielt, dem die beiden anderen beiwohnten, um den Respekt zu erweisen, der ihrem gemeinsamen Unterfangen zugrunde lag. Dieser Vorschlag, der von dem Imam stammte, hatte sich überraschenderweise als die effektivste Methode zur Beilegung ihrer internen Meinungsverschiedenheiten erwiesen und diente auch den Stadtbewohnern als Beispiel. Konflikte brachen durch diese Konstruktion immer nur zwischen zwei Mitgliedern aus, und in solchen Fällen schlichtete der unbeteiligte Dritte. Eine friedliche und vernünftige Lösung war in aller Interesse. "Gott der Herr" - gegen diese Bezeichnung hatte keiner der drei Vorbehalte - verlangte guten Willen von ihnen, und nach anfänglichen Schwierigkeiten herrschte er auch. Nach der Beilegung eines Disputs über den Zugang zu einem Heiligtum merkte der griechische Patriarch beim Kaffee an, dies sei das erste Wunder, das er erlebt habe. Nein, versetzte der Rabbi, es sei doch kein Wunder, wenn Gottesmänner nach ihren Glaubensgesetzen handelten. Nach allen gleichzeitig? hatte der Imam lächelnd gefragt und hinzugefügt, man habe für dieses kleine Wunder immerhin ein Millennium gebraucht. Fangen wir bloß keinen neuen Streit über die Beilegung eines alten an, hatte der Grieche mit einem dröhnenden Lachen gewarnt - sagt mir lieber, wie ich mit meinen Glaubensbrüdern fertigwerde! Wenn auf der Straße ein Geistlicher dem Vertreter einer anderen Religion begegnete, begrüßte man sich, um allen ein Beispiel zu geben. Die Männer der Schweizergarde grüßten alle Gottesmänner und nahmen vor den höchsten ihre Brillen oder Helme ab. Das war die einzige Geste, die ihnen erlaubt war. In der Stadt ging die Rede, daß sie noch nicht einmal schwitzten. "Gespenstische Typen", bemerkte Ryan, der in Hemdsärmeln an einer Straßenecke stand. Amerikanische Touristen knipsten, Juden guckten noch ein wenig verärgert. Araber lächelten. Christen, die durch die zunehmende Gewalt zum größten Teil aus Jerusalem vertrieben worden waren, kehrten nach und nach zurück. Alles machte hastig Platz, als die fünf Männer flott die Straße entlangmarschierten und die behelmten Köpfe hin- und herdrehten. "Sie sehen wirklich wie Roboter aus." "Es hat seit der ersten Woche nicht einen einzigen Angriff auf sie gegeben", sagte Avi. "Mit denen würde ich mich auch nicht gern einlassen", bemerkte Clark leise. In der ersten Woche hatte ein arabischer Jugendlicher bei einem Straßenraub eine ältere Jüdin erstochen, ohne politische Motive. Er hatte den Fehler begangen, dies in Sichtweite eines Schweizers zu tun, der ihn eingeholt und wie im Film mit Karateschlägen außer Gefecht gesetzt hatte. Der Araber war vor die Troika gebracht worden, wo man ihn vor die Wahl stellte, entweder vor ein israelisches oder vor ein islamisches Gericht zu kommen. Er entschied sich für einen Prozeß unter der Scharia, sein zweiter Fehler. Nachdem seine Verletzungen in einem israelischen Krankenhaus ausgeheilt waren, kam er vor ein Gericht unter Imam Ahmed bin Yussif und wurde nach islamischem Recht 231

in jedes Haus zu schießen. Diese Einheit wurde von Pionieren reichlich mit<br />

Sprengstoffvorräten unterstützt; die "Pioniere" übten demonstrativ und<br />

sprengten von Israel aufgegebene Siedlungen in die Luft. <strong>Das</strong> ganze Regiment<br />

praktizierte hier seine destruktiven Fertigkeiten und ließ Neugierige aus sicherem<br />

Abstand zusehen; das Ganze entwickelte sich rasch zu einer echten<br />

Touristenattraktion. Araber bedruckten T-Shirts mit der Aufschrift ROBO­<br />

SOLDIER!, die reißenden Absatz fanden.<br />

Die Männer der Schweizergarde lächelten nicht und beantworteten auch<br />

keine Fragen; das fiel ihnen nicht schwer. Journalisten wurden gebeten, sich an<br />

Oberst Jacques Schwindler zu wenden, den Kommandeur, und durften gelegentlich<br />

in der Kaserne oder bei Übungen mit niederen Dienstgraden sprechen,<br />

aber nie auf der Straße. Manche Kontakte mit Einheimischen waren natürlich<br />

unvermeidlich. Die Soldaten lernten die Grundzüge des Arabischen, und für<br />

die nichtarabischen Einwohner genügte Englisch. Sie ahndeten gelegentlich<br />

Verstöße gegen die Verkehrsregeln, obwohl dies eigentlich die Aufgabe der<br />

Zivilpolizei war, die gerade mit Unterstützung der Israelis, die sich aus dieser<br />

Funktion zurückzogen, gebildet wurde. Nur ganz selten mußte ein Schweizer<br />

bei einer Schlägerei oder einem anderen Zwischenfall eingreifen. Meist reichte<br />

schon die reine Präsenz eines Fünfertrupps aus, um die Leute zu respektvollem<br />

Schweigen und anständigem Auftreten zu bringen. Der Auftrag der Schweizergarde<br />

war Einschüchterung, und die Bevölkerung erkannte schon nach wenigen<br />

Tagen, wie effektvoll sie ihn ausführte. Gleichzeitig aber bestand ihre<br />

Mission nicht nur aus ihrer physischen Anwesenheit.<br />

Auf der rechten Schulter trugen die Männer einen Aufnäher in Form eines<br />

Schilds. Die Schweizer Flagge in seiner Mitte wies auf die Herkunft der<br />

Soldaten hin. Umringt war sie von der Mondsichel und dem Stern des Islam,<br />

dem Davidsstern und dem Kreuz. Es existierten drei Versionen dieses Aufnähers,<br />

so daß jedes religiöse Symbol einmal zuoberst erschien, und sie wurden<br />

nach dem Zufallsprinzip ausgegeben. Die Schweizer Flagge blieb in der Mitte<br />

zum Zeichen, daß sie alle drei Konfessionen gleichermaßen schützte.<br />

Die Soldaten traten den religiösen Führern mit Respekt entgegen. Oberst<br />

Schwindler traf täglich mit der Troika zusammen, die die Stadt regierte.<br />

Allgemein glaubte man, daß sie allein die Politik bestimmte, aber Schwindler<br />

war ein kluger, aufmerksamer Mann, dessen Anregungen der Imam, der Rabbi<br />

und der Patriarch von Anfang an großes Gewicht beigemessen hatten.<br />

Schwindler hatte auch die Hauptstädte <strong>aller</strong> Länder des Nahen Ostens besucht.<br />

Die Schweizer hatten in ihm, der als der beste Offizier ihrer Armee galt,<br />

eine gute Wahl getroffen; er stand in dem Ruf, ein ehrlicher und kompromißlos<br />

fairer Mann zu sein. In seinem Dienstzimmer hing ein Säbel mit Goldgriff, ein<br />

Geschenk des Königs von Saudi-Arabien, und auf dem Stützpunkt der Garde<br />

stand ein prächtiger Vollbluthengst. Leider konnte Schwindler nicht reiten.<br />

Die Troika verwaltete also die Stadt und tat das tüchtiger, als man zu hoffen<br />

gewagt hatte. Ihre Mitglieder, nach Kriterien der Gelehrsamkeit und Frömmigkeit<br />

ausgesucht, respektierten einander rasch. Man war übereingekommen,<br />

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