Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller
die Augenbrauen. "Sein Angebot ist inhaltlich und zeitlich unbeschränkt. Als Gegenleistung brauchen wir ihn und seine Familie, falls erforderlich, nur in die Staaten auszufliegen. Er hat keine Lust, sich in Moskau zur Ruhe zu setzen. Der Mann ist fünfundvierzig, und in diesem Alter werden die Jungs meist unruhig. In zehn Jahren soll er zurück in die Sowjetunion versetzt werden - um was zu tun? Seit dreizehn Jahren lebt er fast ununterbrochen in Japan. Er hat Geschmack am Wohlstand gefunden, an Autos und Videos, und verspürt keine Neigung mehr, für Kartoffeln anzustehen. Amerika ist ihm sympathisch. Er glaubt, sein Land nicht zu verraten, da wir ja nichts erhielten, was er nicht auch nach Moskau liefert, und Teil der Abmachung ist, daß er an uns nichts weiterleitet, das Mütterchen Rußland schaden könnte. Schön, damit kann ich leben", meinte Ryan und lachte in sich hinein. "So geht's im Kapitalismus. Der Mann startet eine Elite-Nachrichtenagentur und bietet uns Informationen an, die wir wirklich gebrauchen können." "Seine Rechnung ist saftig genug." "Sir, die Sache ist es wert. Er kann uns Informationen liefern, die bei Außenhandelsgesprächen Milliarden wert sind und im Land Milliarden an Steuergeldern sparen. Sir, ich habe früher als Anlageberater gearbeitet und dabei mein Vermögen verdient. Eine Chance wie diese bietet sich nur alle zehn Jahre. Das Direktorat Operationen will mitziehen. Ich bin auch dafür. Wir wären Narren, wenn wir den Mann nicht nähmen. Sein Einführungspaket haben Sie ja gesehen." Als Kostprobe hatte Lyalin das Protokoll der letzten japanischen Kabinettssitzung geschickt, in dem akribisch genau jedes Detail, jedes Grunzen und Zischen festgehalten war. Ein allein für die Psychologen der CIA hochwichtiges Dokument, dem zu entnehmen war, wie man im japanischen Kabinett miteinander umging, dachte und Entscheidungen traf - Dinge also, die man bisher nur geschlußfolgert hatte, aber nicht bestätigen konnte. "Es war höchst aufschlußreich, besonders, was über den Präsidenten gesagt wurde. Diese Kommentare habe ich nicht weitergeleitet. Sinnlos, ihn ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt in Rage zu bringen. Okay, die Operation ist gebilligt, Jack. Wie steuern wir sie?" "Als Codename haben wir MUSASHI gewählt; so hieß ein berühmter Schwertmeister. Die Operation läuft unter NIITAKA. Aus naheliegenden Gründen benutzen wir japanische Namen", Ryan erklärte das, weil Cabot zwar intelligent, in Dingen des Nachrichtendienstes aber unbedarft war, "um im Fall einer Enttarnung oder einer undichten Stelle auf unserer Seite den Eindruck zu erwecken, daß unsere Quelle eine japanische und keine russische ist. Die Codenamen dringen über dieses Gebäude nicht hinaus. Außenseitern, die eingeweiht werden, nennen wir andere Decknamen, die wir vom Computer generieren und jeden Monat ändern lassen." "Und wie heißt der Agent wirklich?" "Sir, Sie haben ein Recht, den Namen zu erfahren, aber die Entscheidung überlasse ich Ihnen, Ich habe seine Identität bisher absichtlich verschwiegen, 190
weil ich Ihnen erst einen breiten Überblick verschaffen wollte. In der Geschichte unseres Dienstes wollte ungefähr die Hälfte der Direktoren die Namen solcher Agenten wissen: die anderen verzichteten auf solche Informationen. Unser Grundprinzip lautet: Je weniger Leute eingeweiht sind, desto geringer ist die Möglichkeit, daß es undichte Stellen gibt. Admiral Greers Erstes Gesetz der ND-Operationen lautete: Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Operation auffliegt, ist dem Quadrat der Eingeweihten proportional. Die Entscheidung liegt bei Ihnen, Sir." Cabot nickte nachdenklich und beschloß, auf Zeit zu spielen. "Sie mochten Greer, nicht wahr?" "Er war für mich wie ein Vater, Sir. Nachdem meiner bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, adoptierte mich Greer sozusagen." Besser gesagt: Ich hängte mich an ihn, dachte Ryan. "Was MUSASHI angeht, lassen Sie sich die Sache vielleicht lieber erst einmal durch den Kopf gehen." "Und wenn das Weiße Haus Einzelheiten wissen will?" fragte Cabot nun. "Sir, was MUSASHI uns anbietet, wird bei seinen Arbeitgebern als Landesverrat gelten, ganz gleich, wie er selbst es interpretiert. Narmonow ist ein anständiger Mann, aber wir wissen von vierzig Fällen, in denen die Sowjets Leute wegen Spionage hingerichtet haben, darunter unsere sehr produktiven Agenten ZYLINDERHUT, FAHRENDER GESELLE und ein Mann namens Tolkatschow. Wir bemühten uns in allen drei Fällen um einen Austausch, aber sie wurden noch vor Beginn der Verhandlungen erschossen. Mit Berufungsverfahren ist es in der Sowjetunion nach wie vor nicht sehr weit her", erklärte Ryan. "Kurz gesagt, Sir, wenn dieser Mann enttarnt wird, setzt es höchstwahrscheinlich einen Kopfschuß. Deswegen hüten wir die Identität unserer Agenten so eifersüchtig. Wenn wir Mist bauen, müssen Menschen sterben, trotz Perestroika. Die meisten Präsidenten verstehen das auch. Und noch etwas." "Ja?" "Er stellt noch eine weitere Bedingung: Alle seine Meldungen sollen mit Boten und nicht über Kabel an uns gehen. Damit müssen wir einverstanden sein, sonst macht er nicht mit. Gut, technisch ist das kein Problem. Bei Agenten dieses Kalibers haben wir das öfters schon so gehalten. Die Art der Informationen, die er uns zu liefern verspricht, erzeugt keinen sofortigen Handlungsbedarf. United Airlines, Northwest und selbst All Nippon Airways haben Direktflüge zwischen Tokio und Washington." "Moment mal..." Cabot zog eine Grimasse. "Genau." Jack nickte. "Er hält unser Kommunikationsnetz nicht für sicher. Sehr unangenehmer Gedanke." "Sie glauben doch nicht etwa ..." "Ich bin nicht sicher. Wir sind in den letzten Jahren nur mit sehr begrenztem Erfolg in den sowjetischen Chiffrenverkehr eingedrungen. Die NSA nimmt an, daß die Gegenseite ähnliche Probleme mit unserer Kommunikation hat. Solche Annahmen sind gefährlich. Wir erhielten schon einmal einen 191
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die Augenbrauen. "Sein Angebot ist inhaltlich und zeitlich unbeschränkt. Als<br />
Gegenleistung brauchen wir ihn und seine Familie, falls erforderlich, nur in<br />
die Staaten auszufliegen. Er hat keine Lust, sich in Moskau zur Ruhe zu<br />
setzen. Der Mann ist fünfundvierzig, und in diesem Alter werden die Jungs<br />
meist unruhig. In zehn Jahren soll er zurück in die Sowjetunion versetzt<br />
werden - um was zu tun? Seit dreizehn Jahren lebt er fast ununterbrochen in<br />
Japan. Er hat Geschmack am Wohlstand gefunden, an Autos und Videos, und<br />
verspürt keine Neigung mehr, für Kartoffeln anzustehen. Amerika ist ihm<br />
sympathisch. Er glaubt, sein Land nicht zu verraten, da wir ja nichts erhielten,<br />
was er nicht auch nach Moskau liefert, und Teil der Abmachung ist, daß<br />
er an uns nichts weiterleitet, das Mütterchen Rußland schaden könnte.<br />
Schön, damit kann ich leben", meinte <strong>Ryan</strong> und lachte in sich hinein. "So<br />
geht's im Kapitalismus. Der Mann startet eine Elite-Nachrichtenagentur und<br />
bietet uns Informationen an, die wir wirklich gebrauchen können."<br />
"Seine Rechnung ist saftig genug."<br />
"Sir, die Sache ist es wert. Er kann uns Informationen liefern, die bei<br />
Außenhandelsgesprächen Milliarden wert sind und im Land Milliarden an<br />
Steuergeldern sparen. Sir, ich habe früher als Anlageberater gearbeitet und<br />
dabei mein Vermögen verdient. Eine Chance wie diese bietet sich nur alle<br />
zehn Jahre. <strong>Das</strong> Direktorat Operationen will mitziehen. Ich bin auch dafür.<br />
Wir wären Narren, wenn wir den Mann nicht nähmen. Sein Einführungspaket<br />
haben Sie ja gesehen."<br />
Als Kostprobe hatte Lyalin das Protokoll der letzten japanischen Kabinettssitzung<br />
geschickt, in dem akribisch genau jedes Detail, jedes Grunzen und<br />
Zischen festgehalten war. Ein allein für die Psychologen der CIA hochwichtiges<br />
Dokument, dem zu entnehmen war, wie man im japanischen Kabinett<br />
miteinander umging, dachte und Entscheidungen traf - Dinge also, die man<br />
bisher nur geschlußfolgert hatte, aber nicht bestätigen konnte.<br />
"Es war höchst aufschlußreich, besonders, was über den Präsidenten gesagt<br />
wurde. Diese Kommentare habe ich nicht weitergeleitet. Sinnlos, ihn ausgerechnet<br />
zum jetzigen Zeitpunkt in Rage zu bringen. Okay, die Operation ist<br />
gebilligt, <strong>Jack</strong>. Wie steuern wir sie?"<br />
"Als Codename haben wir MUSASHI gewählt; so hieß ein berühmter<br />
Schwertmeister. Die Operation läuft unter NIITAKA. Aus naheliegenden<br />
Gründen benutzen wir japanische Namen", <strong>Ryan</strong> erklärte das, weil Cabot zwar<br />
intelligent, in Dingen des Nachrichtendienstes aber unbedarft war, "um im Fall<br />
einer Enttarnung oder einer undichten Stelle auf unserer Seite den Eindruck zu<br />
erwecken, daß unsere Quelle eine japanische und keine russische ist. Die<br />
Codenamen dringen über dieses Gebäude nicht hinaus. Außenseitern, die<br />
eingeweiht werden, nennen wir andere Decknamen, die wir vom Computer<br />
generieren und jeden Monat ändern lassen."<br />
"Und wie heißt der Agent wirklich?"<br />
"Sir, Sie haben ein Recht, den Namen zu erfahren, aber die Entscheidung<br />
überlasse ich Ihnen, Ich habe seine Identität bisher absichtlich verschwiegen,<br />
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