23.01.2013 Aufrufe

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

inszeniert wird. Fowler wußte, daß das eine Fehleinschätzung war. Gewiß lief<br />

alles glatt, wenn man genug Zeit - ein paar Monate - zur Ausarbeitung <strong>aller</strong><br />

Details gehabt hatte. Diese Zeremonie aber war erst vor wenigen Tagen<br />

angesetzt worden, und das gute Dutzend Protokollbeamte hatte noch nicht<br />

einmal entschieden, wem in ihren Reihen der Vorrang gebührte. Seltsamerweise<br />

blieben die schweizerischen und russischen Beamten am gelassensten.<br />

Vor Fowlers Augen steckten sie die Köpfe zusammen, bildeten rasch eine<br />

Allianz und präsentierten den anderen einen Plan, der dann umgesetzt wurde.<br />

Wie eine gut aufeinander eingespielte Football-Mannschaft, dachte der Präsident.<br />

Der Vertreter des Vatikans war zu alt für diese Aufgabe. Der Mann, den<br />

Fowler für einen Bischof oder Prälaten hielt, war über sechzig und so aufgeregt,<br />

daß er kurz vor einem Herzanfall zu stehen schien. Schließlich nahm ihn der<br />

Russe beiseite und redete kurz beruhigend auf ihn ein; man nickte, reichte sich<br />

die Hand, wurde sich einig, und die Protokollbeamten zogen nun an einem<br />

Strang. Fowler nahm sich vor, sich nach dem Namen des sehr professionell<br />

wirkenden Russen zu erkundigen. Die Szene war überaus unterhaltsam gewesen<br />

und hatte den Präsidenten in einem Augenblick, in dem er Entspannung<br />

brauchte, abgelenkt.<br />

Endlich - mit nur fünf Minuten Verspätung, wie Fowler verwundert feststellte<br />

- erhoben sich wie bei einer Hochzeitsgesellschaft auf Befehl einer<br />

nervösen Schwiegermutter in spe die Staatsoberhäupter von ihren Plätzen und<br />

wurden in einer Reihe aufgestellt. Man schüttelte sich pro forma die Hände<br />

und riß Witze, die wegen der Abwesenheit der Dolmetscher niemand komisch<br />

fand. Der König von Saudi-Arabien schien über die Verzögerung ungehalten<br />

zu sein. Kein Wunder, dachte Fowler, dem Mann gehen bestimmt andere<br />

Dinge im Kopf herum. Radikale hatten bereits Todesdrohungen gegen ihn<br />

ausgestoßen. Dennoch sah man ihm keine Furcht an. Er mochte humorlos sein,<br />

zeigte aber Haltung und Mut - und Stil, wie sich Fowler eingestand -, so wie es<br />

seinem Titel angemessen war. Es war der König gewesen, der sich nach einem<br />

zweistündigen Gespräch mit <strong>Ryan</strong> als erster zu Verhandlungen bereiterklärt<br />

hatte. Eigentlich schade. <strong>Ryan</strong> war für Alden eingesprungen, hatte dessen<br />

Auftrag aus dem Stegreif ausgeführt, und zwar so, als hätte er die Zeit gehabt,<br />

sich gründlich darauf vorzubereiten. Der Präsident zog die Stirn kraus. Er<br />

hatte die Hektik der einleitenden Manöver vergessen. Scott Adler war nach<br />

Moskau, Rom und Jerusalem gereist, <strong>Jack</strong> <strong>Ryan</strong> nach Rom und Riad. Beide<br />

hatten erstklassige Arbeit geleistet, die wohl nie besonders gewürdigt werden<br />

würde. So sind die Regeln der Geschichte, schloß Fowler. Wenn sie die<br />

Lorbeeren einheimsen wollten, hätten sie sich um sein Amt bewerben sollen.<br />

Zwei Männer der Schweizergarde in Livree öffneten die gewaltigen Bronzetüren,<br />

und die füllige Gestalt Giovanni Kardinal D'Antonios wurde sichtbar.<br />

Die grellen Scheinwerfer der TV-Teams umgaben ihn mit einem künstlichen<br />

Heiligenschein, der den Präsidenten der Vereinigten Staaten beinahe zum<br />

Lachen gebracht hätte. Die Prozession in den Nebensaal begann.<br />

183

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!