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Clancy, Tom - Jack Ryan 05 - Das Echo aller

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"Warte morgen um halb zehn reisefertig vor dem Hotel. Verstanden?"<br />

"Neun Uhr dreißig. Verstanden." Es wurde aufgelegt.<br />

"Gut", sagte Russell, stand auf und ging zum Bett. Die Tür war mit einer<br />

Vorhängekette gesichert und zweimal abgeschlossen; außerdem hatte er einen<br />

Stuhl unter die Klinke geklemmt. Marvin bedachte seine Lage. Wenn dies eine<br />

Falle war, konnte er direkt vor dem Hotel erwischt oder in einen Hinterhalt<br />

außerhalb der Sichtweite der Passanten gelockt werden ... Für wahrscheinlicher<br />

hielt er die letztere Möglichkeit. Man würde sich doch nicht die Mühe<br />

machen, einen Treff zu vereinbaren, um dann hier die Tür einzutreten. Andererseits<br />

waren Polizisten unberechenbar. Er schlief also bekleidet in Jeans und<br />

Hemd und mit seinem umgeschnallten Geldgürtel; schließlich mußte er auch<br />

vor Dieben auf der Hut sein.<br />

Russell erwachte beim ersten rosa Schimmer der Morgendämmerung. Er hatte<br />

sich ganz bewußt ein Zimmer mit Ostfenster geben lassen, sprach nun ein<br />

Morgengebet zur Sonne und bereitete sich auf die Abreise vor. <strong>Das</strong> Frühstück<br />

ließ er sich aufs Zimmer bringen - auf die paar Drachmen extra kam es nun<br />

wirklich nicht an - und packte die wenigen Sachen, die er aus seinem Koffer<br />

genommen hatte, wieder ein. Um neun war er fertig. Er war sehr nervös. Wenn<br />

etwas passierte, konnte in dreißig Minuten alles vorbei sein. Vielleicht mußte<br />

er noch vor der Mittagszeit sterben - in einem fremden Land, fern den Geistern<br />

seines Volkes. Bringt man meine Leiche zurück ins Reservat? fragte er sich.<br />

Wohl kaum. Man läßt mich bestimmt einfach verschwinden. Er unterstellte der<br />

Polizei Methoden, die er selbst angewandt hätte. Russell ging im Zimmer auf<br />

und ab, schaute immer wieder aus dem Fenster auf den Verkehr und die<br />

Straßenverkäufer. Jeder, der dort unten Cola verkaufte oder Andenken an die<br />

Touristen verhökerte, konnte jemand von der Polizei sein. Vielleicht sogar alle.<br />

Bullen fehlte der Mumm zu einem fairen Kampf; sie schossen aus dem Hinterhalt<br />

und griffen in Rudeln an.<br />

9:15. Die Ziffern der Digitaluhr sprangen entweder rasch oder träge um - je<br />

nachdem, wie oft sich Russell nach ihnen umdrehte. Nun war es soweit. Er<br />

nahm sein Gepäck und verließ das Zimmer, ohne noch einmal zurückzuschauen.<br />

Ein kurzer Weg zum Aufzug, der so schnell kam, daß Russells<br />

Paranoia wieder geweckt wurde. Kurz darauf stand er in der Halle. Ein Page<br />

wollte ihm das Gepäck abnehmen, aber er lehnte das Angebot ab und ging an<br />

den Empfang. Hier war nur noch das Frühstück zu bezahlen; er beglich die<br />

Rechnung mit seinen restlichen Drachmen. Da er nun noch ein paar Minuten<br />

Zeit hatte, sah er am Kiosk nach, ob es dort Zeitungen in Englisch gab. Was<br />

geschieht auf der Welt? fragte er sich und stutzte: Die Welt, was ist das<br />

eigentlich? Für ihn, der von Gefahr, Bedrohung und Fluchtinstinkten eingeengt<br />

lebte, war die Welt das, was er jeweils gerade sehen konnte, eine Sphäre,<br />

die immer nur so weit war, wie seine Sinne reichten. In der Heimat konnte er<br />

ferne Horizonte und die riesige Himmelskuppel sehen. Hier wurde die Realität<br />

von Mauern eingegrenzt. Er bekam einen jähen Anfall von Angst, erkannte<br />

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