23.01.2013 Aufrufe

Jahresbericht 2009 (PDF, 2 mb) - Flury Stiftung

Jahresbericht 2009 (PDF, 2 mb) - Flury Stiftung

Jahresbericht 2009 (PDF, 2 mb) - Flury Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

und bin sehr stolz. Nun treten wir ins erste Zimmer<br />

ein. «Guten Morgen Herr P., wie geht es Ihnen?» Er<br />

antwortet: «Guten Morgen Schwester, sehr gut».<br />

«Sie irren sich, ich bin nicht die Schwester, sondern<br />

die Ärztin» entgegne ich. «Oh, tut mir sehr leid».<br />

«Macht nichts, wollte es nur erwähnen, damit Sie<br />

nicht das Gefühl haben, die ganze Woche sei kein<br />

Arzt vorbeigekommen, diese Beschwerde gab‘s<br />

schon mal.» Nach kurzem Dialog und Klärung der<br />

Missverständnisse und erfragen des Zustands und<br />

Verlaufs verlasse ich das Zimmer. «Das ging ja schon<br />

mal gut» sage ich zu mir selbst, bestärkt durch meine<br />

Krankenschwester, ganz gut gemacht, gehen<br />

wir ins nächste Zimmer. «Guten Morgen Frau M.»,<br />

«Guten Morgen Schwester» … So kann das doch<br />

nicht weitergehen. Nach wiederholter Erklärung der<br />

Schwester-Arzt-Sache gehe ich zum nächsten Patienten:<br />

«Guten Morgen Herr F., ich bin Ihre zuständige<br />

Ärztin, wie geht es Ihnen?» «Guten Morgen<br />

Frau Doktor, sehr gut!». Uff, dieses Problem hätten<br />

wir gelöst und wieder etwas dazugelernt.<br />

Ich bekomme ein Telefon, wo ich denn sei, der Röntgenrapport<br />

habe wie immer bereits vor 15 Minuten<br />

angefangen. Herrje, das hatte ich ganz vergessen,<br />

ich renne runter, der Rapport ist im Gange. Einer<br />

meiner Patienten wird aufgerufen. Herr P., mein<br />

Stichwort. Wie alt ist der Patient, was hat er schon<br />

wieder? Ich suche auf meiner Liste, während mein<br />

Chef mich rettet und über den Patienten P. berichtet.<br />

Wie können sich die das alles merken?!<br />

Ich schreibe mir erneut einen Wochenplan, damit<br />

ich nicht wieder einen der vielen Termine verpasse,<br />

welche wir im Verlauf der Woche haben.<br />

Morgenrapport, Abendrapport, Röntgenrapport,<br />

Patientengespräche, Physiotherapierapport. Am<br />

Anfang scheint es, als werde man ständig durch<br />

irgendeinen Rapport gestört, mit der Zeit erkennt<br />

man darin ein durchaus sinnvolles Muster.<br />

Mittlerweile bin ich über zwei Jahre in Schiers angestellt.<br />

Ich habe unter drei verschiedenen Chefs<br />

gearbeitet und habe die Arbeit genossen. Ich lerne<br />

täglich mit jedem Moment, mit jeder Visite, jedem<br />

Gespräch mit Kollegen und Schwestern, mit jedem<br />

Patienten und Fall dazu. Meine Lernkurve ist<br />

steil, der Job wahnsinnig spannend und aufregend,<br />

nicht nur spassig sondern auch stressig und eine<br />

grosse Herausforderung. Man wird unterstützt vom<br />

ganzen Team. Von den Chefs, welche uns lehren und<br />

jederzeit bei noch so simplen Fragen eine Antwort<br />

geben. Von den Pflegenden, welche sich zum Glück,<br />

entgegen meiner anfänglichen Ängste, als nette<br />

Mitarbeiter und Zeitgenossen herausgestellt haben<br />

und am Patientenbett mit Rat und Tat zur Seite<br />

stehen. Sie sind es auch, welche einem auch aus der<br />

Verzweiflung retten, für die ganze Menschheit zuständig<br />

zu sein. Das Problem mit meinem «Gepäck»<br />

während der Visite konnte ich lösen und habe meine<br />

Ausrüstung auf mein Stethoskop dezimiert.<br />

Mein erster Wochenenddienst<br />

Dr. Janine Fornaçon, Assistenzärztin Chirurgie<br />

Es ist 8.00 Uhr morgens an einem Samstag im Winter,<br />

und für mich beginnt mein erster Tagdienst am<br />

Wochenende. In den vergangenen Tagen hat es ununterbrochen<br />

geschneit. Heute verspricht die aufgehende<br />

Sonne einen wolkenlosen Tag – Skispass<br />

vom Feinsten – ich erwarte das schlimmste.<br />

In meinem Kopf gehe ich wieder und wieder die<br />

häufigsten Verletzungsmuster durch. Eine schnelle,<br />

effektive Schmerztherapie und vor allem, was zu<br />

tun ist, wenn die Wirbelsäule oder der Kopf betei ligt<br />

sind. Alle meine Sinne sind in Alar<strong>mb</strong>ereitschaft.<br />

Als das Telefon das erste Mal klingelt, springe ich<br />

beinahe vom Stuhl – ich bin bereit! Aber es ist nur<br />

eine Schwester, die mir einen Kaffee anbietet. Ich<br />

nehme dankend an und hoffe pochenden Herzens,<br />

dass niemand meinen Sprintstart gesehen hat.<br />

Der Morgen verstreicht friedlich, während ich Visite<br />

auf der Station mache. Es ist fast Mittag, als<br />

das nächste Mal das Telefon klingelt. Eine besorgte<br />

Mutter berichtet von ihrem achtjährigen Sohn<br />

– nennen wir ihn Max. Wie so oft hat er Bauchschmerzen,<br />

aber heute sei es irgendwie anders. Ich<br />

atme ein paar Mal tief durch. In den vergangenen<br />

Wochen habe ich jede noch so unmögliche Notfallsituation<br />

studiert, aber Kinder mit Bauchschmerzen<br />

waren nicht dabei! Dabei sind die immer eine besondere<br />

Herausforderung.<br />

Als Max wenig später auf der Notfallstation eintrifft,<br />

wird schnell klar, dass die Mutter ihr Gefühl<br />

nicht getäuscht hat. Sein Blinddarm ist entzündet<br />

und muss sofort operiert werden. Schnell sind die<br />

Kaderärzte im Hintergrund informiert und Max wird<br />

für die Operation vorbereitet.<br />

Er ist kaum in der OP-Schleuse, als wieder das Telefon<br />

klingelt – und jetzt steht es nicht mehr still. Ein<br />

junger Mann hört plötzlich schlecht auf dem linken<br />

Ohr, die Rettung bringt eine ältere Frau mit Lungenentzündung,<br />

ein Familienvater kann sich vor lauter<br />

Rückenschmerzen kaum noch bewegen, eine lokale<br />

Wirtin plagt ein Gallensteinleiden. Jetzt gilt es, die<br />

Patienten gründlich zu befragen und zu untersuchen<br />

und zu einer ersten Einschätzung zu gelangen.<br />

Ich informiere die Kaderärzte und organisiere, wo<br />

es nötig ist, weiterführende Diagnostik.<br />

14 15

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!