Mythos Marilyn - Ubi Bene
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KuNstSinn<br />
Zugegeben, eine Überraschung ist es<br />
schon: Der Mann raucht! Als wir uns am<br />
Parkplatz des Neckarauer Strandbads<br />
treffen, mitten im Wald und recht einsam, hält<br />
er eine Zigarette in der Hand und bläst eine<br />
Schwade des Stoffgemischs aus Nikotin, Teer<br />
und anderen Schadstoffen in die schwere Frühlingsluft.<br />
Ein professioneller Sänger, ein Tenor<br />
zudem, der raucht – das gibt es nicht so oft.<br />
Die Luft drückt. Die Sonne glüht. Maximilian<br />
Schmitt kommt auf uns zu, lächelt und lässt seine<br />
Stimme mit dem duftigen bayerischen Akzent<br />
ein schwungvolles „Hallo“ intonieren. Da steht<br />
er also, der Typ mit dem edlen, feinen, schönen,<br />
hellen, kultivierten Timbre, der Mannheimer<br />
Amadis, Tamino, Lenski, Belmonte, David<br />
und Titus. Ganz normal sieht er aus, rasiert und<br />
kraftvoll, und doch vielleicht eine Spur wilder<br />
und unkonventioneller als erwartet, eine Spur<br />
lockerer gekleidet auch, mit heraushängendem<br />
Hemd und festem Schuhwerk, ganz der Gewappnete<br />
für das, was wir hier vorhaben: am<br />
Wasser, in den Wald und ins Gestrüpp laufen.<br />
Wandeln. Sprechen. Steine springen lassen. Diskutieren.<br />
Scherzen. Uns einfach kennenlernen.<br />
Vom Chorknaben und Rocksänger<br />
zum Operntenor<br />
Zuerst isst er aber: einen Oktopus-Salat. Und<br />
trinkt: eine Apfelsaftschorle. Es ist Mittagszeit.<br />
Im Anschluss an unsere kleine Wanderung<br />
braucht ihn das Nationaltheater. Als Tamino.<br />
Die „Zauberflöte“ beginnt am Goetheplatz um<br />
19 Uhr. Um 17.30 Uhr muss er da sein. Wir gehen<br />
also hinüber ins Restaurant am Strandbad.<br />
Schmitt erzählt beim Essen, dass es exzellent<br />
läuft für ihn, und auch, warum er das Ensemble<br />
des Nationaltheaters Mannheim am Ende der<br />
aktuellen Saison verlassen wird. Die Antwort ist<br />
einfach: „Ich bin gefragt!“ Sagt es und beginnt<br />
mit einer Aufzählung: Er singe in Edinburgh<br />
beim Internationalen Festival. Er singe in der<br />
Pariser Salle Pleyel oder mit Pianist Gerold Huber<br />
auf der Wartburg. Er singe mit Christian<br />
Gerhaher im Münchner Herkulessaal, außerdem<br />
in den Opern- und Konzerthäusern Hamburgs,<br />
Kopenhagens, Leipzigs, Essens, Kölns,<br />
Frankfurts, Baden-Badens, Neapels, Antwerpens<br />
und vieler weiterer Städte. Ende des Jahres<br />
steht auch sein Debüt an der Niederländischen<br />
Oper Amsterdam bevor, als Tamino in der<br />
„Zauberflöten“-Neuproduktion von Simon Mc-<br />
Burney unter Marc Albrecht und an der Seite<br />
von Christina Landshamer als Pamina und Iride<br />
Martinez als Königin der Nacht.<br />
Doch, zwischendurch singt Maximilian Schmitt<br />
auch in Mannheim. „Wir bleiben auch nach meiner<br />
Zeit im Ensemble des Nationaltheaters hier<br />
wohnen. Meine Frau arbeitet ja auch dort – als<br />
Maskenbildnerin.“ Er mag die Region, sagt er.<br />
Den Odenwald. Die Pfalz. Den Wein und den<br />
Rhein, wo er gern spazieren geht. Und bald, so<br />
eröffnet der Laufende uns, werde er Vater. Drüben,<br />
in Ludwigshafen, lebe er mit seiner Frau in<br />
einem gerade erst erworbenen Haus samt großem<br />
Garten. In rund zehn Wochen seien sie dann zu<br />
dritt. „Da wird sich einiges ändern“, sagt er – und<br />
wirkt dabei so glücklich wie nachdenklich.<br />
Wir gehen hinunter zum Wasser. Der Rhein<br />
sieht sauber aus. Er glitzert silbrig. Auf dem Weg<br />
erzählt Schmitt von der Kindheit in Regensburg.<br />
Schmitt war Chorknabe. Domspatz. Aber nicht<br />
interniert. Er wohnte immer bei den Eltern.<br />
„Das war schon eine verrückte Zeit, damals“,<br />
sagt er. Bis zum Stimmbruch sei alles normal<br />
verlaufen. Sie sangen. Sie reisten. Ins In-, ins<br />
Ausland. Dann aber sei es über ihn gekommen.<br />
„Ich und ein paar andere Chorknaben“, sagt er,<br />
„wir haben eine Hardrockband gegründet. Das<br />
war schon ziemlich ungewöhnlich.“ Ein Jahr<br />
lang habe er mit der Band richtig harte Sachen<br />
gespielt. Schwer vorstellbar: Er als Rocksänger.<br />
Der aufkommende Speed-, Trash- oder Heavy-<br />
Metal von Bands wie Metallica habe es ihnen<br />
angetan gehabt, doch die Phase nicht allzu lang<br />
angedauert. 1999 begann der 1977 Geborene<br />
bereits sein Musikstudium in Berlin an der Universität<br />
der Künste. Von da an verlief seine Karriere<br />
stringent. Und steil. Bis heute.<br />
Ein mündiger Künstler – mutig,<br />
witzig, schlagfertig<br />
Am Wasser werfen wir Steine. Schmitt übt<br />
für seine künftige Rolle als Vater. Söhne und<br />
Töchter lieben solche Sachen. Steine, die nicht<br />
sinken, sondern übers Wasser hüpfen. Unsere<br />
Fotografin ist immer dabei. Sie läuft im Rückwärtsgang<br />
vor uns her. Über die Steine. Über<br />
die Hügel. Akrobatisch fotografiert sie unentwegt.<br />
Schmitt stört das nicht. Er wirkt, als sei<br />
er es gewohnt. Er ist, wie er ist. Aber wie ist er<br />
eigentlich? Was ist er für ein Menschentypus,<br />
dieser Schmitt? Bei der Suche nach Adjektiven<br />
findet man einiges, was gut zusammenpasst:<br />
ruhig, lässig, natürlich, normal und normabweichend<br />
zugleich. Schmitt strahlt eine Ruhe aus,<br />
die ausdrückt: „Alles wird gut!“ Er strahlt aber<br />
auch etwas Mutiges aus, das zugleich zu sagen<br />
scheint: „Verzeihen Sie meine Kühnheit.“ Als<br />
Dichter Lenski singt er diesen Satz in Tschaikowskis<br />
„Eugen Onegin“ auch – zu den beiden<br />
Schönheiten Tatjana und Olga, die er heiß begehrt.<br />
Mut in strahlendem G-Dur, Mut, für den<br />
Schmitt sich aber gleichzeitig auch ein wenig<br />
entschuldigt – das passt zu ihm.<br />
Sein Ich trägt er nicht nur mit Stolz, sondern<br />
auch mit Witz durch die Welt. Irgendwann<br />
AM wASSER wERFEn DER TEnOR UnD DER AUTOR STEinE. ScHMiTT ÜbT FÜR<br />
SEinE kÜnFTiGE ROllE AlS vATER. SöHnE UnD TöcHTER liEbEn SOlcHE SAcHEn.<br />
machen wir ein Fotoshooting mitten im gestrüppigen<br />
Unterholz. Einige Kletteraktionen<br />
haben wir hinter, eine Wand aus saftigem Grün<br />
vor uns. Wir sind in dem Waldstück südöstlich<br />
des Strandbads. Ein fester Weg: Fehlanzeige.<br />
Die Sonne brennt. Die ersten Fliegen malträtieren<br />
uns. Grashalme kitzeln hüfthoch. Das<br />
Licht scheint grell und krass. Ideal ist das nicht.<br />
Schweißperlen müssen noch gewischt, juckende<br />
Hautstellen gekratzt werden. Es klickt. Und<br />
Vorher<br />
klickt. Die Sonne fällt in Mustern durch die<br />
Baumwipfel. Das ist schwer zu fotografieren.<br />
„Was tut man nicht alles für die Presse“, sagt er<br />
da. Er tut uns leid. Um ihn aufzulockern, schlagen<br />
wir Schmitt vor, er solle doch zur Ablenkung<br />
etwas singen, und stellen die Frage: „Was macht<br />
denn ein Tenor im Wald?“ Und da kommt es,<br />
gefolgt von schallendem Lachen, wie aus einer<br />
Verbalpistole: „Rauchen! Was sonst!“ Dieser<br />
Mann ist schlagfertig.<br />
Nachher<br />
Auch mit Filterlosen hat er kein Problem. Mit<br />
Artgenossen raucht er einfach mit. Es ist schon<br />
die dritte Zigarette. Und er lacht. Wir reden<br />
über dies und das. Über Tenöre, das Vorurteil<br />
des Geistig-Unterbemittelten, über das Spiel<br />
mit der angeblichen Dummheit hoher Stimmlagen,<br />
über das, was manche Sänger heutzutage<br />
an manchen Häusern tun müssen, und über<br />
das, was manche Sänger an manchen Häusern<br />
sich heute leisten können, nicht zu tun. Die �<br />
Restauratorentage<br />
22. und 23. Juni<br />
Informationen unter<br />
www.galerie-lauth.de<br />
Malerei | Grafik | Vergoldungen | Einrahmungen | Restaurierungen<br />
Mundenheimer Str. 252 | 67061 Ludwigshafen<br />
Fon 0621-563840| mail@galerie-lauth.de<br />
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