Klimawandel – Faktum oder Spuk? - OPUS - Friedrich-Alexander ...
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Soziale Bedingungen umweltgefährdenden Verhaltens chen Großstädten) an der dritten Mülltonne fehlt, werden biologische Abfälle nicht vom Restmüll getrennt werden können, und solange es keine ausreichenden Angebote für den öffentlichen Nahverkehr in Landkreisen gibt, ist der einzelne auf das private Auto angewiesen. Hier gilt es noch so manche Lücke zu füllen. Für unsere Handlungsbereitschaft ist auch wichtig – und damit komme ich zur vierten These: Die Umweltgefährdung ist eine (zumindest hier und jetzt noch) abstrakte Bedrohung, die zudem nur begrenzt direkte persönliche Betroffenheit begründet. Die Umweltgefährdung ist schleichend gekommen, oft nicht einmal direkt beobachtbar, und sie zeigt für den einzelnen hier und heute nur sehr begrenzt unmittelbare negative Auswirkungen. Trotz des vielfach festgestellten Waldsterbens: Sie können heute jederzeit Ihren Waldspaziergang machen, und nur wenige von uns werden eindeutige Veränderungen sicher feststellen können. Um trotz fehlender Sichtbarkeit und persönlicher Betroffenheit z. B. das eigene Autofahren deswegen einzuschränken, bedarf es eines ausgeprägten Verantwortungsbewusstseins für das Allgemeinwohl. Wie man aber weiß, ist uns im allgemeinen „das Hemd näher als der Rock“, und es bedarf erheblicher wissenschaftlicher Anstrengungen um zu erkennen, dass der Rock möglicherweise seine Schutzfunktion für unser Hemd schon nicht mehr ausüben kann, so dass jede Investition in den Rock (sprich: die Umwelt) auch dem Hemd (sprich: unseren Interessen) direkt zugute kommt. In diese Richtung zielte z. B. der sog. „Stern-Report“, den der britische Ökonom Nicholas Stern im Jahr 2006 im Auftrag der britischen Regierung erstellt hat und in dem er zu dem Schluss kam, dass ein sofortiges konsequentes Handeln für den Klimaschutz uns zwar etwa 1 % des weltweiten Bruttosozialproduktes kosten würde, dass andernfalls aber bereits in wenigen Jahren zwischen 5 % und 20 % zum Ausgleich klimatischer Schäden investiert werden müßten. Umweltschutz rechnet sich – aber eben erst in der Zukunft! Und da liegt, für Individuen wie für Staaten, ein Handlungsproblem, denn (ich komme zur fünften These): Die Schonung der Umwelt ist nur eines von vielen Zielen, die wir bei unserer Handlungsplanung berücksichtigen müssen: Umweltschutz steht in Konkurrenz zu anderen Zielen. Fast immer müssen wir bei unseren Handlungsentscheidungen verschiedene Bedürfnisse und Anforderungen gegeneinander abwägen, und kein einzelnes Ziel kann dauerhaft alle anderen dominieren. In dieser Konkurrenz der Bedürfnisse und Anforderungen liegt eine wesentliche Erklärung für das so 55
56 Werner Meinefeld oft zu beobachtende Nebeneinander umweltbewusster Einstellungen und umweltschädigenden Handelns bei ein- und derselben Person. Kommt anderen Zielen in der konkreten Handlungssituation eine größere Bedeutung zu, so fällt die Entscheidung trotz vorhandenen Umweltbewusstseins für eine umweltschädigende Verhaltensweise. Das beginnt ganz klein mit der morgendlichen Entscheidung, doch das Auto zu nehmen statt des Busses, weil man dann noch zehn Minuten im Bett liegenbleiben kann, oder weil man sich dann auf dem Rückweg nicht mit dem schweren Einkauf abschleppen muss. Man kann aber auch vor der weitaus folgenreicheren Wahl stehen, 30.000 € für eine energetische Sanierung des Hauses anzulegen oder das Studium der Kinder finanziell zu unterstützen. Dies führt uns zur sechsten These: Sog. „Mechanismen der Neutralisierung“ erleichtern das Ignorieren umweltbezogener Verhaltensanforderungen. Dies betrifft nicht nur die Tatsache, dass man ja „nicht genau weiß, was man denn nun eigentlich tun soll“ – oft genug weiß man es durchaus, kann sich der grundsätzlich als legitim anerkannten Forderung aber dadurch entziehen, dass man (vor sich selbst wie auch vor anderen) auf Umstände verweist, die es im konkreten Fall für zulässig erscheinen lassen, anders zu handeln: • An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang der ja auch tatsächlich äußerst geringe Beitrag zu nennen, den das jeweilige Handeln des einzelnen für die Umweltgefährdung der ganzen Welt darstellt: „Darauf kommt es doch jetzt auch nicht an!“; • hierher gehört auch der allgemeine Verweis auf „die anderen“, die sich ja auch nicht daran halten: Schlechte Vorbilder mindern den Druck in Richtung eines normkonformen Handelns; • dies gilt insbesondere dann, wenn diese „Anderen“ Akteure des Staates oder der Wirtschaft sind, die von den „kleinen Leuten“ das fordern, was sie selber nicht einlösen: Wenn Politiker meinen, mit Tempo 200 über die Autobahn fahren zu müssen, kommt ein Appell für Tempo 130 nicht besonders gut an, und bei Bedarf ist fast beliebig auf andere Beispiele zu verweisen – man denke an den horrenden Verbrauch von Wasser und Energie durch Schneekanonen in den wärmer werdenden Alpen oder auf das Versenden von Nordseekrabben per Kühl-LKW quer durch Europa von Husum nach Nordafrika, weil Pulen und Verpacken dort billiger sind.
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Soziale Bedingungen umweltgefährdenden Verhaltens<br />
chen Großstädten) an der dritten Mülltonne fehlt, werden biologische Abfälle<br />
nicht vom Restmüll getrennt werden können, und solange es keine ausreichenden<br />
Angebote für den öffentlichen Nahverkehr in Landkreisen gibt, ist<br />
der einzelne auf das private Auto angewiesen. Hier gilt es noch so manche<br />
Lücke zu füllen.<br />
Für unsere Handlungsbereitschaft ist auch wichtig <strong>–</strong> und damit komme<br />
ich zur vierten These: Die Umweltgefährdung ist eine (zumindest hier und jetzt<br />
noch) abstrakte Bedrohung, die zudem nur begrenzt direkte persönliche Betroffenheit<br />
begründet.<br />
Die Umweltgefährdung ist schleichend gekommen, oft nicht einmal direkt<br />
beobachtbar, und sie zeigt für den einzelnen hier und heute nur sehr begrenzt<br />
unmittelbare negative Auswirkungen. Trotz des vielfach festgestellten<br />
Waldsterbens: Sie können heute jederzeit Ihren Waldspaziergang machen,<br />
und nur wenige von uns werden eindeutige Veränderungen sicher feststellen<br />
können. Um trotz fehlender Sichtbarkeit und persönlicher Betroffenheit<br />
z. B. das eigene Autofahren deswegen einzuschränken, bedarf es eines ausgeprägten<br />
Verantwortungsbewusstseins für das Allgemeinwohl. Wie man<br />
aber weiß, ist uns im allgemeinen „das Hemd näher als der Rock“, und es bedarf<br />
erheblicher wissenschaftlicher Anstrengungen um zu erkennen, dass der<br />
Rock möglicherweise seine Schutzfunktion für unser Hemd schon nicht mehr<br />
ausüben kann, so dass jede Investition in den Rock (sprich: die Umwelt) auch<br />
dem Hemd (sprich: unseren Interessen) direkt zugute kommt. In diese Richtung<br />
zielte z. B. der sog. „Stern-Report“, den der britische Ökonom Nicholas<br />
Stern im Jahr 2006 im Auftrag der britischen Regierung erstellt hat und in dem<br />
er zu dem Schluss kam, dass ein sofortiges konsequentes Handeln für den<br />
Klimaschutz uns zwar etwa 1 % des weltweiten Bruttosozialproduktes kosten<br />
würde, dass andernfalls aber bereits in wenigen Jahren zwischen 5 % und<br />
20 % zum Ausgleich klimatischer Schäden investiert werden müßten. Umweltschutz<br />
rechnet sich <strong>–</strong> aber eben erst in der Zukunft!<br />
Und da liegt, für Individuen wie für Staaten, ein Handlungsproblem,<br />
denn (ich komme zur fünften These): Die Schonung der Umwelt ist nur eines von<br />
vielen Zielen, die wir bei unserer Handlungsplanung berücksichtigen müssen: Umweltschutz<br />
steht in Konkurrenz zu anderen Zielen.<br />
Fast immer müssen wir bei unseren Handlungsentscheidungen verschiedene<br />
Bedürfnisse und Anforderungen gegeneinander abwägen, und kein einzelnes<br />
Ziel kann dauerhaft alle anderen dominieren. In dieser Konkurrenz der<br />
Bedürfnisse und Anforderungen liegt eine wesentliche Erklärung für das so<br />
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