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stadtGespräch<br />

Viel mehr als ein Bierchen<br />

Interview: Barbara Underberg<br />

Fotos: philippwente.com<br />

Er ist einer der bekanntesten und prägnantesten deutschen<br />

Schauspieler. Schauspielausbildung an der Folkwang Hochschule<br />

in Essen, Clown-Schule von Pierre Byland, dann einige<br />

Jahre am Theater. Seit Anfang der 90er Jahre spielte Armin<br />

Rohde in zahlreichen Filmen: Schtonk!, Kleine Haie, Der<br />

bewegte Mann, Rossini, Lola rennt, Das Wunder von Lengede,<br />

Die Bluthochzeit, Räuber Hotzenplotz – um nur einige zu<br />

nennen.<br />

Sie sind als Schauspieler sehr erfolgreich<br />

und bundesweit bekannt<br />

– und Sie leben immer noch in<br />

Bochum. Was verbindet Sie mit dem<br />

Ruhrgebiet?<br />

Ich bin in Gladbeck geboren und habe<br />

in Essen studiert. Aber eigentlich ist es<br />

egal, wo ich meinen Koffer packe. Meine<br />

Frau und ihre Familie stammen aus<br />

Bochum, Freunde von uns leben hier.<br />

Am Anfang unserer Beziehung hat es<br />

mal die Absprache gegeben, dass, egal<br />

was mein Beruf mit sich bringt, der<br />

Koffer da gepackt wird, wo meine Frau<br />

sich am wohlsten fühlt. Und mittlerweile<br />

fühle ich mich hier auch am wohlsten.<br />

Vor drei Jahren haben Sie am<br />

Bochumer Schauspielhaus mit grossem<br />

Erfolg Richard III gespielt.<br />

Wollen Sie in Zukunft wieder was<br />

am Theater machen?<br />

Nein, dafür ist mein Kalender zu voll.<br />

Die Zeitplanung von Theater und Film<br />

passt auch meistens nicht sehr gut zusammen.<br />

Ich habe lange genug Theater<br />

gespielt - aber sag niemals nie. Kann<br />

sein, dass ich das irgendwann wieder<br />

mache, zurzeit verspüre ich aber kein<br />

gesteigertes Bedürfnis. Der Theater-<br />

Intendant müsste mir schon sehr genau<br />

erklären können, warum ich das spielen<br />

soll. Es müssten sehr viele Begleitumstände<br />

zusammenpassen, sonst sehe<br />

ich für mich - auch biografisch - keinen<br />

Sinn mehr darin, wieder Theater zu<br />

spielen. Ich bin immer noch gern auf<br />

der Bühne, aber ich bin nicht mehr gern<br />

im Theater.<br />

„Kulturhauptstadt ist<br />

im Moment nur ein<br />

Schlagwort“<br />

Mit der RuhrTriennale hat das Ruhrgebiet<br />

ein bundesweit beachtetes<br />

Theaterfestival auf die Beine gestellt.<br />

Das würde Sie nicht reizen?<br />

Nö, null. Dafür müsste ich mich mit<br />

Büros einlassen, mit denen ich keine<br />

Lust habe mich einzulassen. (lacht) Ich<br />

habe mich davon auch zu weit entfernt,<br />

um mich von der Planstellung solcher<br />

Veranstalter einfangen zu lassen. Das<br />

mache ich nicht mehr.<br />

Was verbinden Sie mit der<br />

Kulturhauptstadt 2010? Bringt das<br />

was fürs Ruhrgebiet?<br />

Das ist für mich im Moment nur ein<br />

Schlagwort. Ich weiß nicht, wer was<br />

damit will und was man davon hat. Die<br />

machen viel PR, ich sollte mich daran<br />

auch beteiligen. Aber ich weiß nicht,<br />

was die Veranstalter wollen. Ob das<br />

was bringt, kann ich erst beurteilen,<br />

wenn ich verstanden habe, was die<br />

Zielsetzung ist. Und bisher habe ich<br />

noch nichts verstanden.<br />

Also ein Defizit in der Vermittlung<br />

gegenüber der Öffentlichkeit?<br />

Den Eindruck habe ich. Fragen Sie mal<br />

jemanden auf der Straße, was er davon<br />

erwartet, dass das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt<br />

wird. Es wird Ihnen kaum<br />

jemand eine Antwort darauf geben können,<br />

die über anderthalb Sätze hinausgeht.<br />

Das veröffentlichte Bild des Schauspielers<br />

Armin Rohde entspricht<br />

bisweilen dem alten Klischee des<br />

Ruhrgebietsproleten, an „Bierchen“<br />

aus dem Film Kleine Haie von 1992<br />

können sich viele noch gut erinnern:<br />

Lederjacke, Bierflasche, Goldkettchen<br />

...<br />

... das ist eine falsche Beobachtung.<br />

Die Kettchen, die ich trage, sind immer<br />

silbern. Und ich weiß auch nicht, was<br />

mit „Proll“ überhaupt gemeint ist. Ist<br />

jeder, der ein silbernes Kettchen trägt<br />

und im Ruhrgebiet wohnt, ein Proll? -<br />

oder was macht einen Proll zum Proll?<br />

„Wofür man gemocht<br />

wird, hat man nicht<br />

in der Hand“<br />

Das ist genau meine Frage: Sie<br />

haben seit Bierchen sehr viele<br />

Rollen gespielt, hängt Ihnen das<br />

Klischee trotzdem noch nach?<br />

Nein, eigentlich nicht. Das mit dem<br />

„Proll“ war eine Zeit lang so ein Begriff,<br />

weil das Kind ja einen Namen haben<br />

muss. Die Rolle war dazu angetan,<br />

diesen Begriff zu prägen – und die<br />

Tatsache, dass ich aus dem Ruhrgebiet<br />

kam. Ich selbst konnte damit nie viel<br />

anfangen, „Bierchen“ habe ich damals<br />

gern gespielt, und ich bin Sönke<br />

Wortmann immer noch dankbar, denn<br />

er hat mir dadurch die Tür ins Kino weit<br />

aufgestoßen. Aber es war nur eine von<br />

vielen Rollen, so an die 150 müssen es<br />

mittlerweile sein. Mich freut natürlich,<br />

wenn eine Rolle so viel Aufsehen erregt.<br />

Für mich waren das damals aber nur<br />

vier Drehtage, das hab ich zwischen<br />

Tür und Angel gemacht, weil ich auch<br />

noch am Theater beschäftigt war.<br />

Als Schauspieler wundert man sich<br />

natürlich schon, warum ausgerechnet<br />

eine solche Rolle derart lange nachwirkt<br />

und derart im Gedächtnis bleibt. Aber<br />

man hat es als Schauspieler nicht in<br />

der Hand, wofür man gemocht wird -<br />

das entscheidet das Publikum, darüber<br />

schreiben Kritiker. Ich selbst mache mir<br />

darüber die wenigsten Gedanken.<br />

Welche Rollen werden Ihnen heute<br />

angeboten? Gibt es Gemeinsamkeiten?<br />

Gemeinsam ist den meisten Rollen, die<br />

ich angeboten bekomme, dass es keine<br />

Gewinnertypen sind. Meistens haben<br />

sie auch kein Abitur. Das ist aber auch<br />

das einzige. Meine Rollen sind sehr<br />

komplex geworden, das ist einmal ein<br />

schwuler Teufel, dann ist es Räuber<br />

Hotzenplotz. Im Moment spiele ich fürs<br />

Kino einen Mann, der eigentlich ein<br />

Hund ist - ein Hund trinkt eine Zauberflüssigkeit,<br />

verwandelt sich in einen<br />

Menschen, und das bin dann ich. In<br />

„Nachtschicht“ spiele ich wiederum einen<br />

undurchsichtigen Kommissar. Ich bin<br />

6 Stadtblatt: September & Oktober 2006 Nr. 08 Stadtblatt: September & Oktober 2006 Nr. 08 7

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