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mehrWert<br />
Recyclingpapier: auch wirtschaftlich sinnvoll<br />
Hightech mit Blauem Engel<br />
Wer erinnert sich nicht – Mitte der 80er Jahre gab es Jutetaschen,<br />
die aussahen wie Kartoffelsäcke, und Schulhefte aus Recyclingpapier,<br />
die die Englischvokabeln auf ihren mausgrauen Seiten aufsogen<br />
wie ein Schwamm. Diese Utensilien waren weder schön noch<br />
praktisch, aber man benutzte sie unverdrossen, weil es dazugehörte.<br />
Das ist mehr als zwanzig Jahre her. Seitdem hat sich einiges<br />
entwickelt, es gibt Internet, mehr Handys als Einwohner und sogar<br />
Helmut Kohl gehört heute der Vergangenheit an. Was sich hartnäckig<br />
hält, ist das Vorurteil, Recyclingpapier sieht nach „Öko“ aus,<br />
ruiniert den Drucker, hat eine schlechte Qualität und ist dazu noch<br />
teuer. Doch auch hier hat der Fortschritt nicht halt gemacht, im<br />
Gegenteil.<br />
In Deutschland wurden 2004 fast zwanzig<br />
Millionen Tonnen Papier verbraucht,<br />
Bundesumweltminister Gabriel geht von<br />
einem weltweiten Verbrauch von 440<br />
Millionen Tonnen im Jahr 2015 aus.<br />
Diese Zahlen zeigen, dass es hier enormes<br />
Potenzial zur Ressourcenschonung<br />
gibt, zumal die Herstellung von Papier<br />
sehr viel Wasser und Energie verbraucht.<br />
Aus Alt mach Neu<br />
Bereits heute beträgt der durchschnittliche<br />
Einsatz von Altpapier bei der Papierherstellung<br />
in Deutschland 65 Prozent.<br />
Allerdings gibt es große Unterschiede<br />
bei den Papiersorten: Zeitungsdruckpapier<br />
besteht komplett aus<br />
Altpapier, Verpackungspapiere und<br />
–pappen zu 97 und Hygienepapiere zu<br />
75 Prozent. Bei Druck- und Büropapieren<br />
beträgt der Altpapieranteil hingegen<br />
nur 43 Prozent, bei sogenannten „grafischen<br />
Papieren“, die z.B. für Magazine<br />
wie das Stadtblatt verwendet werden,<br />
sogar nur ein Fünftel. Auf den Punkt<br />
gebracht: Je hochwertiger ein Papier,<br />
desto geringer ist heute der verwendete<br />
Altpapieranteil. Dabei wäre es sowohl<br />
ökologisch als auch ökonomisch sinnvoller,<br />
auch bei hochwertigen Papieren<br />
verstärkt auf Recyclingmaterial zu<br />
setzen. Die Nutzungseigenschaften von<br />
gutem Recyclingpapier unterscheiden<br />
sich nicht von denen von Frischfaserpapier,<br />
die optischen und haptischen<br />
Eigenschaften sind absolut gleichwertig<br />
und die Kosten sind maximal gleich<br />
hoch oder sogar geringer.<br />
Woran erkennt man Qualität?<br />
Es gibt drei gängige Zertifikate für Recyclingpapier:<br />
Den Blauen Engel, die<br />
Euroblume und das FSC-Siegel (Forest<br />
Stewardship Council). Die Kriterien für<br />
den Blauen Engel sind am umfassendsten,<br />
da sie nicht nur einen Altpapieranteil<br />
von 100 Prozent festlegen, sondern<br />
auch die Verarbeitung des Materials<br />
mit Chemikalien einschränken und<br />
bestimmte Gebrauchseigenschaften<br />
voraussetzen. Demgegenüber ist bei<br />
der Euroblume kein Mindestanteil von<br />
Altpapier vorgegeben, beim FSC-Siegel<br />
wird die Verwendung von Chemikalien<br />
nicht eingeschränkt und Gebrauchseigenschaften<br />
werden nicht geprüft.<br />
Recyclingpapiere mit Blauem Engel<br />
lassen sich also an Kopierern und<br />
Druckern ebenso wie an großen Druckmaschinen<br />
völlig problemlos verarbei-<br />
ten. Der TÜV prüft Recyclingpapier<br />
regelmäßig nach DIN 19309 auf die<br />
Laufeigenschaften. Recyclingpapier<br />
muss die gleichen Anforderungen an<br />
die technische Eignung erfüllen wie<br />
Primärfaserpapier. Großunternehmen<br />
wie Bertelsmann, Commerzbank, Otto<br />
Versand und viele andere setzen bei<br />
einem Papierverbrauch von mehreren<br />
Millionen Blatt im Bürobereich zu über<br />
90 Prozent Recyclingpapier mit Blauem<br />
Engel ein – ohne jedes Problem.<br />
Erfüllt alle Standards<br />
Da es über mehrere hundert Jahre<br />
alterungsbeständig und somit archivierbar<br />
ist, ist Recyclingpapier auch für<br />
Urkunden und Zeugnisse geeignet.<br />
Natürlich sind auch Farbausdrucke<br />
möglich. Der Weißgrad von Recyclingpapier<br />
wird durch die Anforderungen<br />
des Blauen Engels nicht beschränkt, im<br />
Handel sind Qualitäten von 60, 70, 80,<br />
90 Prozent Weißgrad oder höher nach<br />
DIN ISO erhältlich. Papier mit 80er/90er<br />
Weiße ist sehr hell und entspricht den<br />
Bedürfnissen der Industrie an weißen<br />
Recycling-Kopierpapieren.<br />
Das Umweltbundesamt hat im Jahr<br />
2000 eine Studie zur Ökobilanz von<br />
grafischen Papieren vorgelegt. Das<br />
durchführende Institut für Energie- und<br />
Umweltforschung IFEU hat die Ergebnisse<br />
aktuell mit einer neuen Studie<br />
bestätigt.<br />
Die wesentlichen Erkenntnisse:<br />
1. Je mehr Altpapier bei der Produktion<br />
grafischer Papiere eingesetzt wird,<br />
desto günstiger für die Umwelt.<br />
2. Die stoffliche Verwertung von Altpapier<br />
ist immer günstiger als das Verbrennen.<br />
3. Die Verwendung von Kopierpapier<br />
Ressourcenverbrauch<br />
bei 500 Blatt Din A4-Papier<br />
(= ein Paket, ca. 2,3 kg)<br />
Recyclingpapier Frischfaserpapier<br />
2,8 kg Altpapier 3,0 kg Holz<br />
37,4 Liter Wasser 262,5 Liter Wasser<br />
6,8 kWh Energie 14,8 kWh Energie<br />
aus 100 % Altpapier ist sinnvoller<br />
als der Einsatz von Frischfaserpapieren,<br />
weil sämtliche Ressourcen (v.a.<br />
Wasser und Energie) geschont werden.<br />
Initiative Pro Recyclingpapier<br />
Unternehmen verschiedenster Branchen<br />
haben sich im Jahr 2000 zu der Wirtschaftsallianz<br />
„Initiative Pro Recyclingpapier“<br />
zusammengeschlossen, um die<br />
Akzeptanz von Recyclingpapier zu<br />
verbessern. Die Initiative kooperiert<br />
eng mit Institutionen wie dem Umweltbundesamt,<br />
der Deutschen Bundesstiftung<br />
Umwelt, Wirtschafts-, Verbraucher-<br />
und Umweltschutzorganisationen<br />
und sieht sich als Ansprechpartner,<br />
Impulsgeber und Moderator in Fragen<br />
rund um das Thema Papier. Mitglieder<br />
der Initiative sind u.a. AEG, Lufthansa,<br />
Hipp, Karstadt, Otto, Steinbeis Temming,<br />
Siemens, Sony und Xerox.<br />
Stadtblatt wird in den nächsten Ausgaben<br />
weiter über das Thema Papier und<br />
einzelne Aspekte wie Herstellung von<br />
Recyclingpapier, Büropapiere u.a.<br />
berichten.<br />
übrigens ...<br />
... das Stadtblatt wird auf 100 %<br />
Recyclingpapier gedruckt. Jede<br />
Ausgabe umfasst ungefähr sechs<br />
Tonnen Papier – es lohnt sich also.<br />
Weitere Informationen:<br />
Initiative Pro Recyclingpapier<br />
>> www.papiernetz.de<br />
Umweltbundesamt<br />
>> www.umweltbundesamt.de<br />
Verband Deutscher Papierfabriken e.V.<br />
>> www.vdp-online.de<br />
Blauer Engel<br />
>> www.blauer-engel.de<br />
kostenlose Broschüre<br />
Seitenwechsel – Best Practice Recyclingpapier<br />
Initiative Pro Recyclingpapier<br />
Schützenstr. 5, 10117 Berlin<br />
Tel. 030.240 793 96<br />
Fax 030.240 793 99<br />
info@papiernetz.de<br />
18 Stadtblatt: September & Oktober 2006 Nr. 08 Stadtblatt: September & Oktober 2006 Nr. 08 19<br />
Fotos: VDP