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Die degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule

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<strong>Die</strong> <strong>degenerativen</strong> <strong>Erkrankungen</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong>


Phylogenetische<br />

Entwicklung<br />

Ontogenetische<br />

Entwicklung<br />

(aus Tittel 2003, 88)


<strong>Die</strong> Krümmungen <strong>der</strong> WS steigern<br />

<strong>der</strong>en Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit<br />

gegenüber axial gerichteten<br />

Druckkräften.<br />

Nach mechanischen Berechnungen<br />

nimmt die Belastbarkeit einer<br />

gekrümmten Säule proportional dem<br />

Quadrat <strong>der</strong> Krümmungen plus 1 zu.<br />

(aus Kapandji 1992, 13)


Bewegungen von Kopf und Halswirbelsäule<br />

Bewegungen von Brust- u. Lendenwirbelsäule<br />

Ott-Zeichen (C7):<br />

30/32/29cm<br />

Schober-Zeichen (S1):<br />

10/15/9 cm<br />

FBA<br />

Cave!<br />

(aus Debrunner 1994, 68ff.)


Funktionseinheiten <strong>der</strong> WS<br />

Ventral (A) befindet sich <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>e Pfeiler, <strong>der</strong> das<br />

wesentliche Trägerelement ist.<br />

Dorsal liegt <strong>der</strong> hintere Pfeiler (B), <strong>der</strong> von den Zwischenwirbelgelenken<br />

gebildet wird, die wie<strong>der</strong>um von den Wirbelbögen<br />

getragen werden.<br />

Es ist in vertikaler Richtung weiterhin zwischen einem<br />

passiven Segment (I) und einem bewegendem Segment<br />

(II) zu unterscheiden<br />

Je<strong>der</strong> Wirbel kann mit einem Hebel verglichen werden, dessen<br />

Drehpunkt vom Wirbelgelenk (1) gebildet wird.<br />

<strong>Die</strong>ses Hebelsystem erlaubt die Aufnahme u. Weiterleitung von<br />

die WS belastenden axialen Druckkräften.<br />

Eine direkte u. passive Aufnahme geschieht durch die<br />

Zwischen-wirbelscheibe (2), eine indirekte u. aktive durch die<br />

tiefen, autochthonen Rückenmuskeln (3).<br />

(aus Kapandji 1992, 22)


Im entlasteten Zustand nimmt die ZWS Flüssigkeit auf und<br />

bekommt dadurch einen gewissen Turgor (Vorspannung). Unter<br />

mechanischer Belastung (rechts) kommt <strong>der</strong> Gallertkern unter<br />

hydrostatischen Druck, <strong>der</strong> sich auf die Deckplatten u. den<br />

Faserring überträgt.<br />

Kurzfristige, intermittierende Belastungen werden durch diese<br />

Stoßdämpferwirkung weich abgefangen.<br />

Unter langfristiger Belastung wird Wasser abgegeben, die Höhe<br />

<strong>der</strong> ZWS nimmt etwas ab. Der Vorgang ist reversibel: Über Nacht<br />

nimmt <strong>der</strong> Turgor wie<strong>der</strong> zu.<br />

<strong>Die</strong> Zwischenwirbelscheibe<br />

<strong>Die</strong> ZWS besteht aus einem in Schichten (unterschiedlich ausgerichtet!) fest<br />

ineinan<strong>der</strong> verwobenen Faserring (anulus fibrosus) u. einem<br />

druckelastischen Gallertkern (nucleus pulposus).<br />

<strong>Die</strong> mechanische Wirkung dieses Wasserkissensystems besteht<br />

darin, dass die statischen u. dynamischen Kräfte gleichmäßig über<br />

den ganzen Wirbelquerschnitt verteilt werden.<br />

2. Es treten keine schädlichen Spannungsspitzen auf.<br />

3. Harte Schläge werden durch das Puffersystem weich abgefangen<br />

(Stoßdämpfung)<br />

4. Das Bewegungssegment und damit die ganze WS wird stabilisiert.<br />

5. Der Nucleus pulposis wird als Drehpunkt zwischen zwei<br />

benachbarten Wirbelkörpern in <strong>der</strong> Art eines Kugelgelenkes<br />

(aus Debrunner 1994, 574)


Lumbale Zwischenwirbelscheibe eines 17jährigen.<br />

Sofort nach dem Aufschneiden wölbt sich <strong>der</strong><br />

Gallertkern über das Niveau <strong>der</strong> Schnittfläche<br />

(Turgor).<br />

(aus Krämer 1994, 21)


Verhalten <strong>der</strong> Zwischenwirbelscheibe bei asymmetrischer Kompression<br />

a b<br />

a: asymmetrische Kompression des Präparats einer lumbalen Zwischenwirbelscheibe mit 1500 N<br />

b: aufgeschnittene Zwischenwirbelscheibe unmittelbar nach asymmetrischer Kompression. Das mobile<br />

zentrale Bandscheibengewebe ist zur entlasteten Seite ausgewichen und wurde dort vom anulus fibrosus<br />

abgefangen. <strong>Die</strong> zwiebelschalenartige angeordneten Faserringlamellen sind etwas nach außen<br />

vorgewölbt.<br />

(aus Krämer 1994, 32)


Darstellung <strong>der</strong> Flüssigkeitsaufnahme und –abgabe in Relation zum intradiskalen Druck<br />

(nach Nachemson 1975 in Kaps 1993, 36)


Kompressionsbedingte Höhenmin<strong>der</strong>ung des Zwischenwirbelabschnitts und des<br />

Zwischenwirbelgelenks<br />

a: Mittelstellung<br />

b: vermehrte Belastung mit Flüssigkeitsabgabe, Höhenmin<strong>der</strong>ung des Zwischenwirbelabschnitts:<br />

Druckbelastung <strong>der</strong> Zwischenwirbelgelenke<br />

c: längere Entlastung mit Flüssigkeitsaufnahme, Höhenzunahme des Zwischenwirbelabschnitts,<br />

vermehrter Zug an den Kapseln <strong>der</strong> Wirbelgelenke<br />

(aus Krämer 1994, 34)


�1. u. 2. Lendenwirbel in <strong>der</strong> Ansicht von<br />

ventral. <strong>Die</strong> Faserbündel im äußeren Bereich des<br />

anulus fibrosus überkreuzen sich und inserieren<br />

im Randleistenbereich<br />

�Zwischenwirbelscheibe in <strong>der</strong> Ansicht von kranial.<br />

(aus Rauber/Kopsch 1987, 204f.)


Hinteres Längsband bei einem Präparat <strong>der</strong><br />

Lendenwirbelsäule<br />

Das Band verbreitet sich sich in Höhe <strong>der</strong><br />

Zwischenwirbelscheiben und ist fest mit<br />

diesen verwachsen.<br />

Das Band überspringt die Wirbelkörper.<br />

(aus Krämer 1994, 22)


Lig. flavum<br />

Lig.<br />

Supraspinale<br />

Lig.<br />

Interspinale<br />

ffffffff<br />

Bandapparat und Zwischenwirbelgelenke<br />

LLA<br />

LLP<br />

FInt<br />

NP<br />

AF<br />

LLA (lange<br />

Bandzüge)<br />

LLA (kurze<br />

Bandzüge)<br />

Brustwirbelsäule in <strong>der</strong> Ansicht v. links<br />

Median-Sagittalschnitt durch die drei oberen<br />

Lendenwirbel mit Bandapparat u. Zwischenwirbelscheiben;<br />

Ansicht <strong>der</strong> linken Hälfte von<br />

medial (aus Rauber/Kopsch 1987, 212ff.)<br />

ZWG


Funktionsweise <strong>der</strong> Ligamente am<br />

Beispiel des lumbalen<br />

Bewegungssegments.<br />

<strong>Die</strong> Faserzüge des anulus fibrosus und<br />

die übrigen Ligemante führen passiv<br />

den Bewegungsablauf<br />

(aus Putz 1991, 65)


Schichtung und Fixierung <strong>der</strong> Rumpfmuskulatur im Querschnitt<br />

(aus Weineck 2003, 104)


Erector spinae,<br />

Muskeln des lateralen Trakts<br />

<strong>Die</strong> Muskulatur des lateralen Trakts übt eine<br />

kräftige Bewegungswirkung auf <strong>Wirbelsäule</strong> u.<br />

Kopf aus. Bei gemeinsamer Kontraktion<br />

richten sie Rumpf u. Hals auf o<strong>der</strong> geben dem<br />

Vorbeugen langsam nach.<br />

Einseitig kontrahiert, neigen und drehen sie<br />

Rumpf u. Kopf zur Seite bzw. (Gegenseite)<br />

richten sie aus <strong>der</strong> Seitneigung auf resp.<br />

drehen sie wie<strong>der</strong> zurück.<br />

(aus Appell u. Stang-Voss 1996, 41)


Erector spinae,<br />

Muskeln des medialen Trakts<br />

Geradsystem: Verbindung gleichartiger<br />

Knochenanteile <strong>der</strong> Wirbel, also immer<br />

Querfortsätze o<strong>der</strong> Dornfortsätze<br />

Schrägsystem: zieht transversospinal von<br />

Querfortsätzen zu höher gelegenen<br />

Dornfortsätzen; es besteht aus kurzen<br />

Muskeln (1-2 Segmente) u. längeren,<br />

mehrfachgefie<strong>der</strong>ten Muskeln (� 6 Segmente)<br />

Hauptaufgabe: Sicherung <strong>der</strong> spinalen Konfiguration<br />

mm. interspinales mm. intertransversarii mm. transversospinales<br />

öll<br />

Aufgrund <strong>der</strong> komplexen Anordnung <strong>der</strong><br />

einzelnen Züge d. Schrägsystems ist je<strong>der</strong><br />

Wirbel mit mehreren seiner Nachbarn von<br />

einem Dornfortsatz zu den Querfortsätzen u.<br />

einem Querfortsatz zu den Dornfortsätzen<br />

verbunden, was eindrücklich die<br />

umfangreiche Verspannung dokumentiert.<br />

(aus Appell u. Stang-Voss 1996, 41)


Im Bewegungssegment finden keine<br />

einfachen Drehbewegungen, son<strong>der</strong>n<br />

komplizierte Kompromissbewegungen statt.<br />

Das „Gelenk“ muss eine gewisse<br />

Kongruenz haben, damit es gut funktioniert,<br />

d.h. kleine Wirbelgelenke u. Bandscheibe<br />

müssen aufeinan<strong>der</strong> abgestimmt sein.<br />

Erniedrigung <strong>der</strong> Bandscheibe z.B. stört<br />

diese Kongruenz und führt zur Instabilität<br />

des Bewegungs-segments.


Der menschlichen <strong>Wirbelsäule</strong> kommen zwei elementare auf den ersten Blick<br />

konkurrierende Funktionen zu. Einerseits stabilisiert und fixiert das Achsenskelett<br />

den Körper sowohl in aufrechter Haltung als auch in nahezu je<strong>der</strong> dreidimensional<br />

möglichen einnehmbaren Position (Stützmotorik). An<strong>der</strong>erseits erfüllt es<br />

Bewegungsaufgaben sowie <strong>der</strong>en notwendige Koordination (Zielmotorik). Beide<br />

Funktionen wirken jedoch synergistisch, indem die <strong>Wirbelsäule</strong> Bewegungen<br />

initiert als auch den Bewegungsfluss als Schaltzentrale kontrolliert weiterleitet,<br />

was erfor<strong>der</strong>t, dass das Achsenskelett als vielgliedrige syn- und diaarthrotische<br />

Kette für die suffiziente Bewältigung körperlicher Aktivitäten in Beruf, Freizeit und<br />

Sport so stabil wie möglich und so beweglich wie notwendig sein muss.<br />

(Dalichau 2003,44)<br />

(aus Tittel 2003, 245ff.))


Degenerative <strong>Wirbelsäule</strong>nerkrankungen und Rückenschmerzen<br />

Anteil bandscheibenbedingter Leiden<br />

im Krankengut orthopädischer<br />

Fachpraxen und Polikliniken<br />

Häufigkeit bandscheibenbedingter<br />

<strong>Erkrankungen</strong> in den einzelnen<br />

<strong>Wirbelsäule</strong>nabschnitten bei ambulant<br />

behandelten Patienten<br />

(aus Krämer 1994, 14)


Alters- u. Geschlechtsverteilung bei ambulant behandelten Lumbalsyndrompatienten in Relation<br />

zur Altersverteilung <strong>der</strong> weiblichen u. männlichen Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen<br />

Unter einem Lumbalsyndrom versteht<br />

man Krankheitserscheinungen, die durch<br />

Funktionsstörungen u. degenerative<br />

Verän<strong>der</strong>ungen lumbaler<br />

Bewegungssegmente verursacht werden.<br />

(aus Krämer 1994, 141)


a<br />

b c<br />

Querschnitte lumbaler Zwischenwirbelscheiben: a 2jähriger, b 15jähriger, c 42jähriger<br />

Beachte die Abnahme <strong>der</strong> Wasserbindungsfähigkeit mit zunehmendem Lebensalter<br />

(aus Krämer 1994, 18)


Degeneration <strong>der</strong> Zwischenwirbelscheibe<br />

Das Gewebe des anulus fibrosus beginnt bereits mit 25 Lebensjahren zu<br />

degenerieren. Es kann schon in diesem Alter zu Einrissen einzelner<br />

Faserlamellen kommen. Man beobachtet hierbei, dass unter Belastung<br />

Kernsubstanz durch u. zwischen einzelne Faserlamellen gepresst wird.<br />

Substanzverlagerungen nach ventral sind selten; am häufigsten erfolgen sie nach<br />

dorsal o<strong>der</strong> dorsolateral.�<br />

Durch Degenrationsvorgänge verliert die Zwischenwirbelscheibe ihren Turgor und<br />

damit Pufferwirkung und Stabilität.<br />

� <strong>Die</strong> Kongruenz des Bewegungssegments geht verloren („Vorspannung“).<br />

(aus Kapandji 1992, 115)


Druckmessung in <strong>der</strong> Zwischenwirbelscheibe L 3/4 eines 25jährigen Mannes beim Heben<br />

von 20 kg mit gebeugtem Rücken, gestreckten Knien (A), mit gestrecktem Rücken,<br />

gebeugten Knie- u. Hüftgelenken (B)<br />

Kg/cm 2<br />

(aus Junghanns 1986, 53)


� Bandscheibenbelastungsdiagramme beim Heben eines<br />

Lastgewichts von 50 kg mit gebeugtem u. geradem Rücken.<br />

li.: Falsches Heben mit starkem Druck auf <strong>der</strong> ZWS vorn u.<br />

Zugspannung hinten.<br />

re.: Beim richtigen Heben keine Zugspannung u. geringer<br />

Druck mit gleichmäßiger Verteilung auf die gesamte ZWS.<br />

Druckverteilung <strong>der</strong> Hebelast auf die<br />

Zwischenwirbelscheiben <strong>der</strong> LWS bei<br />

falscher u. bei richtiger Hebetechnik �<br />

(aus Junghanns 1986, 51)


Bandscheibenprotrusion<br />

Bandscheibenvorfall<br />

hk<br />

(aus Kapandji 1992, 115ff.)


Bandscheibenvorfall (Ischialgie, Lumbalgie)<br />

Kompression einer Nervenwurzel.<br />

(1) Wirbelbogen; (2) Rückenmark, (3)<br />

Bandscheibenvorfall, (4) Bandscheibe,<br />

(5) Wirbelkörper; (6) Nervenwurzel �<br />

Schematisches<br />

Schaubild <strong>der</strong> Schmerzausstrahlung<br />

beim<br />

Bandscheibenvorfall mit<br />

L4-, L5- u. S1-Syndrom<br />

(aus Peterson&Renström 2002, 219)


Protrusion Grad 2: subanulärer<br />

Sequester.<br />

Disloziertes Bandscheibengewebe<br />

hat sich bis zu den äußeren<br />

Schichten des anulus fibrosus<br />

vorgeschoben und wölbt diesen vor<br />

(aus Krämer 1994, 163)


Bandscheibenprotrusion Grad 3:<br />

Supradiskale Ebene:<br />

Supramembranöser Sequester<br />

(aus Krämer 1994, 164)


Bandscheibenprolaps gebunden<br />

Prozentuale Verteilung <strong>der</strong><br />

monoradikulären Lumbalsyndrome<br />

(aus Krämer 1994, 166, 225)


a Homolaterale ischiatische Fehlhaltung bei<br />

paramedianem Prolaps: <strong>der</strong> Patient neigt sich<br />

zur Ischiasseite.<br />

b Kontralaterale ischiatische Fehlhaltung bei<br />

lateralem Prolaps; <strong>der</strong> Patient neigt sich von<br />

<strong>der</strong> Ischiasseite weg<br />

(aus Krämer 1994, 223)


Konservative Therapie:<br />

Stufenlagerung: entlastende Rückenlage mit gebeugten Knie- u. Hüftgelenken<br />

Infiltrationen (Lokalanästhetikum + Kortison) Orale<br />

Medikation Physikalische u.<br />

Physiotherapie<br />

(aus Krämer 1994, 243)


Operation des lumbalen Bandscheibenvorfalls mit<br />

Mikrotechnik. Der Zugang erfolgt von dorsal über einen<br />

trichterförmigen Retraktor (c).Ausgeleuchtet wird <strong>der</strong><br />

Operationssitus entwe<strong>der</strong> mit einer Stirnlampe (a) o<strong>der</strong><br />

mit einem Operationsmikroskop (b).<br />

(aus Krämer 1994, 285)


Instabilität und Inkongruenz im Bewegungssegment bei<br />

Bandscheibendegeneration:<br />

<strong>Die</strong> Bandscheibe hat ihren Turgor verloren und damit ihren Halt.<br />

Unphysiologische Verschiebungen sind möglich.<br />

Der Intervertebralraum wird schmäler, die Gelenkflächen <strong>der</strong> kleinen<br />

Wirbelgelenke verschieben sich gegeneinan<strong>der</strong>, passen nicht mehr,<br />

werden inkongruent, das Foramen intervertebrale verengt sich.<br />

�<br />

(aus Debrunner 1994, 637)<br />

Degenerative Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Lendenwirbelsäule in <strong>der</strong><br />

Seitenansicht im Röntgenbild �


Gelenkstellung bei Flexion u. Extension (Lordosierung) im normalen (obere Bildreihe) o<strong>der</strong><br />

<strong>degenerativen</strong> (untere Bildreihe) lumbalen Bewegungssegment:<br />

Flx; physiol. Gelenkkapselspannung Mittelstellung; entspannte Gelenkkapsel Ext; teleskopartiges Ineinan<strong>der</strong>schieben d.<br />

Flx: Mittelstellung wie im normalen<br />

Segment<br />

(aus Krämer 1994, 35)<br />

Mittelstellung entspricht <strong>der</strong> Ext-<br />

Stellung im normalen Segment (c)<br />

Gelenkflächen; physiol. Kapselspannung<br />

Ext. u. Belastung aus schon vorgegebener<br />

Ext.-Stellung bedeutet weiteres<br />

Ineinan<strong>der</strong>schieben d. Gelenkflächen mit<br />

pathologischer Gelenkkapselspannung


Ausgeprägte degenerative Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> LWS im Röntgenbild<br />

Randzacken in allen Stadien, Konsolen- u.<br />

Spangenbildung bis zur knöchernen<br />

Überbrückung einzelner Segmente. <strong>Die</strong>ses Bild<br />

entspricht einem fortgeschrittenem Stadium mit<br />

weitgehen<strong>der</strong> Versteifung. Leichtere Formen<br />

sind sehr häufige Befunde. Im Alter zeigt fast<br />

jede WS solche Verän<strong>der</strong>ungen. <strong>Die</strong> meisten<br />

davon werden klinisch nicht manifest.<br />

An<strong>der</strong>erseits ist bei außerordentlicher<br />

Häufigkeit von Kreuzschmerzen ein kausaler<br />

Zusammenhang mit einer radiologisch<br />

feststellbaren Spondylose naheliegend. Da<br />

Röntgenbild u. Klinik aber längst nicht immer<br />

Übereinstimmen, ist ein solcher<br />

Zusammenhang nicht ohne Weiteres in jedem<br />

Fall anzunehmen. <strong>Die</strong>s zu wissen ist wichtig<br />

auch für die Beurteilung von Leistungs- u.<br />

Arbeitsfähigkeit.<br />

(aus Debrunner 1994, 637)


Versteifende Spondylose<br />

Skizze links: Knöcherne Randzacken erscheinen am<br />

Bandansatz und wachsen einan<strong>der</strong> entgegen bis sie sich<br />

schließlich berühren und in Extremfällen das<br />

Bewegungssegment überbrücken u. knöchern versteifen.<br />

Parallel dazu werden die Grund- u. Deckplatten <strong>der</strong><br />

Bandscheiben sklerotisch.<br />

Präparat rechts: Spondylose mit völlig versteifter BWS. In<br />

diesem Stadium ist die WS zwar steif, dafür aber meist nicht<br />

mehr so schmerzhaft. Derart schwere hyperostotische<br />

Verän<strong>der</strong>ungen sieht man allerdings nicht allzu häufig. Im<br />

Alter zeigen aber alle WSn mehr o<strong>der</strong> weniger starke<br />

spondylotische Verän<strong>der</strong>ungen. Ihre klinische Bedeutung ist<br />

dann gering.<br />

(aus Debrunner 1994, 639)


Stadien <strong>der</strong> <strong>degenerativen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong><br />

Stadium 1: Instabilität<br />

� Erstes Stadium <strong>der</strong> Bandscheibendegeneration (Chondrose)<br />

� Erste intermittierende Schmerzen bei körperl. Belastung<br />

� Röntgenologisch zeigen sich nur wenige degenerative Verän<strong>der</strong>ungen (geringfügige<br />

Verschmälerung d. Intervertebralraumes, kleine Randzacken an den Vor<strong>der</strong>kanten <strong>der</strong> Wirbel –<br />

beginnende Spondylose)<br />

� Auftreten von Bandscheibenprotrusionen u. –vorfällen ist in diesem Stadium am häufigsten<br />

� <strong>Die</strong> entstandene Instabilität ermöglicht abnormale leichte Verschiebungen <strong>der</strong> Wirbelkörper<br />

gegeneinan<strong>der</strong> (im Röntgenbild sichtbar als Rückwärtsgleiten (Retrolisthesis), Vorgleiten<br />

(Pseudospondylolisthesis) und seitliches Wirbelgleiten (Drehgleiten))<br />

� Subluxationen <strong>der</strong> Zwischenwirbelgelenke induzieren plötzliche Schmerzattacken, beginnende<br />

Spondylarthrose<br />

(aus Debrunner 1994, 636f.)


Stadien <strong>der</strong> <strong>degenerativen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong><br />

Stadium 2: Knochenreaktionen<br />

� Reaktive Verän<strong>der</strong>ungen am gut durchbluteten Knochen in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge:<br />

1. Randzacken an Wirbelkörpern (Osteophyten: „Spondylosen“)<br />

2. Verschmälerung d. Intervertebralraumes („Chondrose“)<br />

3. Sklerosierung <strong>der</strong> Grund- u. Deckplatten <strong>der</strong> Wirbelkörper („Osteochondrose“)<br />

4. Arthrosezeichen (Osteophyten u. Sklerosierung) an den Zwischenwirbelgelenken<br />

(„Spondylarthrose“)<br />

5. Spangenbildungen<br />

<strong>Die</strong>se Röntgenzeichen sind im fortgeschrittenen Lebensalter bei fast allen Menschen zu<br />

finden, meist ohne o<strong>der</strong> mit nur geringen Beschwerden!<br />

(aus Debrunner 1994, 637f.)


Stadien <strong>der</strong> <strong>degenerativen</strong> Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong><br />

Stadium 3: Versteifung<br />

� Funktionell u. klinisch steht die zunehmende Versteifung <strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong> im Vor<strong>der</strong>grund<br />

� <strong>Die</strong>se Stabilisierung bedeutet eine Art Selbstheilung des betroffenen Segmentes<br />

� <strong>Die</strong> normale Gesamtfunktion <strong>der</strong> WS ist allerdings gestört, beson<strong>der</strong>s wenn Fehlhaltungen<br />

(Kyphosen, Skoliosen) damit verbunden sind<br />

� Oft entstehen dann Beschwerden in an<strong>der</strong>en Abschnitten <strong>der</strong> WS, welche die verlorene<br />

Beweglichkeit kompensieren müssen (beson<strong>der</strong>s durch Hyperlordose von LWS u. HWS)<br />

(aus Debrunner 1994, 637)


(aus Debrunner 1994, 640)


Skoliose<br />

(fixierte seitliche Verkrümmung <strong>der</strong><br />

<strong>Wirbelsäule</strong>)<br />

Der äußere Aspekt <strong>der</strong> S. hängt von <strong>der</strong><br />

Lokalisation <strong>der</strong> Krümmung ab:<br />

Links: thorakale Form (stärkste<br />

Verunstaltung, da <strong>der</strong> Thorax stark<br />

mitdeformiert ist<br />

Mitte: lumbale Form (weniger auffällige<br />

Deformität, welche beson<strong>der</strong>s an<br />

asymmetrischen Taille und Hüftpartie zu<br />

erkennen ist<br />

Rechts: S-förmige, großbogige thorakolumbale<br />

Form (kosmetisch wenig störend;<br />

mit <strong>der</strong> Zeit treten Beschwerden auf<br />

infolge statischer Störungen<br />

(aus Debrunner 1994, 620)


Progredienz <strong>der</strong> Skoliose; praktisch alle S. nehmen<br />

mit dem Alter zu; je früher sie auftreten, desto stärker<br />

(obere Kurven: infantile u. juvenile S.; untere Kurve:<br />

adoleszente S.);<br />

Während des pubertären Wachstumsschubs verläuft<br />

die Krümmungszunahme plötzlich viel schneller,<br />

nach Abschluss des Wachstums ist die<br />

Krümmungszunahme nur noch gering.<br />

<strong>Die</strong> meisten idiopathischen Skoliosen treten<br />

während <strong>der</strong> Wachstumsschübe auf. Deutlich ist<br />

<strong>der</strong> Gipfle in <strong>der</strong> Pubertät, beson<strong>der</strong>s bei<br />

Mädchen.<br />

(aus Debrunner 1994, 618)


Rippenbuckel u. Thoraxdeformität. Beson<strong>der</strong>s beim<br />

Vornüberneigen lässt sich <strong>der</strong> Rippenbuckel auf <strong>der</strong><br />

Konvexseite <strong>der</strong> Skoliose deutlich erkennen; er sit<br />

das auffälligste Merkmal <strong>der</strong> Thoraxdeformität, die<br />

zustande kommt durch eine Rotation <strong>der</strong><br />

Wirbelkörper, welche immer mit <strong>der</strong> seitlichen<br />

Krümmung einhergeht<br />

16jähriges Mädchen mit rechtskonverxer<br />

thorakaler Skoliose (links); im<br />

Vornüberneigen wird die Thoraxdeformität,<br />

<strong>der</strong> „Rippenbuckel“ auf <strong>der</strong> konvexen Seite,<br />

deutlich. Von vorne (rechts oben) u. von<br />

hinten (rechts unten) gesehen<br />

(aus Debrunner 1994, 619)


(Funktionelle) Skoliosen<br />

(aus Peterson&Renström 2002, 225)


Deckplattendefekt unter dem<br />

Mikroskop; mit Einbruch von<br />

Bandscheibengewebe in die<br />

Wirbelspongiosa<br />

<strong>Die</strong> juvenile Kyphose (Morbus Scheuermann)<br />

Während des Wachstums ist die<br />

Deckplatte die schwächste Stelle:<br />

bei <strong>der</strong> Scheuermann‘schen<br />

Krankheit können Teile des<br />

Gallertkerns durch Lücken in <strong>der</strong><br />

Deckplatte in die<br />

Wirbelkörperspongiosa<br />

hineingedrückt werden, als<br />

„Schmorl‘sche Knötchen“ sichtbar<br />

Beim Erwachsenen ist <strong>der</strong><br />

Faserring die schwächste Stelle.<br />

Bandscheibenteile können als<br />

Diskushernien durch Lücken in<br />

den anulus fibrosus durchgedrückt<br />

werden u. durch Kompression von<br />

Nervenelementen massive<br />

Beschwerden machen<br />

(aus Debrunner 1994, 611.)


a<br />

<strong>Die</strong> Verän<strong>der</strong>ungen beim M. Scheuermann im Röntgenbild<br />

b<br />

c d<br />

a: normale BWS nach Wachstumsabschluss; ziemlich regelmäßige Begrenzung <strong>der</strong> Deckplatten<br />

b: Brustkyphose bei einem 16jährigen Mädchen; die Randleisten stehen kurz vor <strong>der</strong> Verschmelzuing mit<br />

den Deckplatten; im unteren u. oberen Abschnitt sehen sie normal aus, im mittleren sind sie unregelmäßig,<br />

abgeplattet, fragmentiert. <strong>Die</strong> Deckplatten sind auch etwas unregelmäßig, sklerotisch, beson<strong>der</strong>s ventral. 2<br />

o<strong>der</strong> 3 Wirbel haben eindeutige Keilform: flori<strong>der</strong>, mittelschwerer M. Scheuermann <strong>der</strong> BWS mit Kyphose<br />

c: mittelschwerer Scheuermann in Abheilung begriffen, bei einem 18jährigen Mädchen<br />

d: schwerer Scheuermann bei einem 18jährigen Jungen, starke Kyphose <strong>der</strong> oberen BWS<br />

(aus Debrunner 1994, 612)


Juvenile Kyphose (Morbus Scheuermann)<br />

Thorakale Form: Rundrücken mit<br />

Scheitelpunkt relativ hoch u.<br />

kompensatorisch vermehrter<br />

Lumballordose (Hohlrundrücken):<br />

häufigste, gutartigste Form. <strong>Die</strong> BWS wird<br />

durch den Rippenthorax recht gut<br />

stabilisiert.<br />

Thorakolumbale Form: Rundrücken mit<br />

Scheitelpunkt am dorsolumbalen<br />

Übergang: Ganzrundrücken: ungünstigere<br />

Form, weniger häufig<br />

Lumbale Form: die Lumballordose ist<br />

weitegehend aufgehoben: Geradrücken.<br />

Beson<strong>der</strong>s anfällig für Beschwerden,<br />

seltener<br />

(aus Peterson&Renström 2002, 224)


Spondylolyse mit Spondylolisthesis. <strong>Die</strong> Verlagerung<br />

nach anterior wird durch den Pfeil angezeigt �<br />

Das CT-Bild zeigt eine Spondylolyse des fünften<br />

Lendenwirbels. Man beachte den Defekt im Wirbelbogen<br />

(Pfeile). 1, Wirbelkörper; 2, Spinalkanal; 3, Wirbelbogen �<br />

(aus Peterson&Renström 2002, 226)


� links Spondylolyse: Wirbelbogendefekt in<br />

<strong>der</strong> Interartikularportion, am häufigsten beim 5.<br />

Lendenwirbel. Kein Gleiten; ein häufiger Zufallsbefund.<br />

rechts Spondylolisthesis: Abgleiten eines Wirbelkörpers<br />

vom tiefer gelegenen, bei Spondylolyse. Der hintere<br />

Bogenanteil mit dem Dornfortsatz bleibt zurück.<br />

Ebenfalls häufig symptomlos.<br />

(aus Debrunner 1994, 630ff.)<br />

Spondylolisthesis im Seitenbild bei einem 16jährigen<br />

Mädchen. Der untere Lendenwirbel ist um ¼ des<br />

Wirbelkörperdurchmessers vom Sakrum abgeglitten.<br />

Der unterste Intervertebralraum ist verschmälert. Der<br />

Unterbruch in <strong>der</strong> Interartikularportion des<br />

Wirbelbogens ist in <strong>der</strong> Regel nur im schrägen<br />

Strahlengang zu sehen, auf seitlichen Bil<strong>der</strong>n nur<br />

ausnahmsweise so deutlich wie hier. �


Links Im schrägen Strahlengang sehen die Wirbelbogen wie kleine Hündchen aus: das Ohr entspricht <strong>der</strong><br />

Gelenkfacette des oberen, die Vor<strong>der</strong>pfote <strong>der</strong>jenigen des unteren Zwischenwirbelgelenks. Ein Unterbruch in<br />

<strong>der</strong> Interartikularportion, eine Spondylolyse, ergibt das Bild eines vom Rumpf getrennten Kopfes (Halsband)<br />

rechts Manchmal ist die Interartikularportion auch lediglich stark in die Länge gezogen. Eine solche<br />

„Elongation“, als Vorstufe <strong>der</strong> „Lyse“, spricht für die Theorie einer Dysplasie.<br />

(aus Debrunner 1994, 631)


<strong>Die</strong> Lebenskurve<br />

<strong>der</strong> <strong>Wirbelsäule</strong><br />

(aus Debrunner 1994, 576)<br />

<strong>Die</strong> Pathologie <strong>der</strong> WS ist eng mit den normalen Verän<strong>der</strong>ungen im Laufe des Lebens verbunden<br />

In <strong>der</strong> Wachstumsperiode, beson<strong>der</strong>s zur Zeit des pubertären Wachstumsschubs sind die Wachstumszonen,<br />

die Deckplatten <strong>der</strong> schwächste Punkt im Gefüge. <strong>Die</strong> entsprechenden Krankheiten, wie M. Scheuermann,<br />

Skoliosen, treten in dieser Periode auf. Dazu kommt die ungünstige Beanspruchung in <strong>der</strong> Schulzeit durch das<br />

Sitzen.<br />

Im mittleren Lebensalter ist die Bandscheibe bzw. <strong>der</strong>en Faserring die schwächste Stelle. Diskushernien sind<br />

vorzugsweise eine Krankheit des mittleren Alters.<br />

Im höheren Alter ist <strong>der</strong> Wirbelkörper die schwächste Stelle. Osteoporose führt zu Deformitäten und<br />

Wirbelkörpereinbrüchen.

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