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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Ursprünge und Entwicklungslinien 77<br />

ge dessen hegemonialer Führerschaft auch für die Reichsebene eine eminent wichtige<br />

staatspolitische Motiveinordnung vorn<strong>im</strong>mt. Insbesondere wird als deren<br />

Quintessenz deutlich, dass die Welt des Parlamentarismus und die des monarchischen<br />

Prinzips aus jeweils diametral unterschiedlichen historischen Determinierungen<br />

stammen.<br />

Egal, ob wir aus der heutigen Sicht, die einen fortschrittlicheren Demokratieansatz<br />

für sich gepachtet zu haben glaubt, jene Einstellung, die das preußischmonarchische<br />

Prinzip prägte, goutieren oder nicht, für die hier zu eruierenden<br />

<strong>deutschen</strong> Vetoansätze, wie sie sich nach dem Paulskirchenentwurf andeuteten,<br />

bietet jene Sichtweise eine probate Reflektionsfläche und hilft die tragenden Motive<br />

zu verstehen. Es lässt sich daher zuvorderst feststellen, dass sich das Gewicht<br />

<strong>im</strong> dualistischen Spannungsfeld zwischen Parlamentarismus und Monarchie in der<br />

preußischen Mixtur des Konstitutionalismus zugunsten der Letzteren verschob.<br />

Da die Deutsche Reichsverfassung von 1871 als das staatsphilosophische Spiegelbild<br />

zu der preußischen Verfassung zu sehen ist, ist es systemlogisch nicht verwunderlich,<br />

dass sich das monarchische Prinzip auch auf Reichsebene gegenüber<br />

der Tendenz zum Parlamentarismus durchsetzte. Es mag zwar sein, dass, wie die<br />

Autoren 299 E. R. Huber oder auch Maurer es andeuten, die Verfassungsentwicklung<br />

von 1871 zumindest auch von demokratischen Säulen getragen wurde, da am<br />

Verfassungswerk neben der obrigkeitlichen <strong>Exekutive</strong> auch die Nation als gleichberechtigter<br />

Partner (ob es sich um wirkliche Gleichberechtigung handelte, kann<br />

an dieser Stelle dahinstehen) teil hatte. Unbestreitbarer Weise entschieden mittels<br />

der notwendigen Ratifikationen der völkerrechtlichen Beitrittsverträge, neben den<br />

Landesobrigkeiten, auch die Ländervolksvertretungen über die Herstellung der<br />

<strong>deutschen</strong> Einheit, manifestiert in der Bundesverfassung. Diese Beteiligung der<br />

Vertreter des Volkes als „pouvoir constituant“ stellte zwar eine demokratische<br />

Komponente in dem Akt der Verfassunggebung dar, kann wohl aber nicht gleichsam<br />

als Durchsetzung des vom demokratischen Gedanken getragenen Parlamentarismus<br />

gegenüber dem monarchischen Prinzip gewertet werden. Eine Sichtweise,<br />

die den oftmals nur formalen Akt der Ratifikationsbeteiligung der Länderparlamente<br />

zu einem durchschlagenden Demokratieeinbruch stilisiert, würde einem<br />

historisch falschen Zirkelschluss unterliegen und verbietet sich daher.<br />

Diese Erkenntnis gilt umso mehr, wenn Autoren wie E. R. Huber 300 ganz unverblümt<br />

von einer prosperierenden Nationalrepräsentation mit erheblicher Kraft<br />

berichten. Zweifelsohne mag es sein, dass der Reichstag als Volksvertretung de<br />

facto mit für die damalige Zeit, insbesondere <strong>im</strong> Verhältnis zu den Länderparlamenten<br />

gesehen, außerordentlichen Beteiligungsrechten auch und gerade in Fragen<br />

der Gesetzgebung ausgestattet war. Aus der geleisteten, zweifellos beachtli-<br />

299 Huber, Das Kaiserreich als Epoche verfassungsstaatlicher Entwicklung (§2), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. I,<br />

Rn 10 & 19; Maurer, Entstehung und Grundlagen der Reichsverfassung von 1871, in FS Stern, Verfassungsstaatlichkeit,<br />

S. 39.<br />

300 Huber, Das Kaiserreich als Epoche verfassungsstaatlicher Entwicklung (§2), in: Isensee/Kirchhof HStR Bd. I,<br />

Rn 43 ff.

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