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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Ursprünge und Entwicklungslinien 73<br />

dem König von Preußen und dem Kaiser und damit auch nicht zwischen dem<br />

Kaiser und dem Präsidium geben.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Reichsverfassung war ihrem Grundansatz<br />

nach vetofeindlich konzipiert. Dies erkannte man schon an dem Umstand,<br />

dass, würde dem Kaiser ein freies Verkündungsrecht zugestanden worden sein,<br />

die staatspolitische Unsinnigkeit denkbar gewesen wäre, dass der Kaiser laut Art.<br />

17 RV 1871 sein dann unbedingtes Veto aussprechen konnte, obwohl er als König<br />

von Preußen dem gleichen Gesetz, bei welchem er über ein Spezialveto verfügte,<br />

zugest<strong>im</strong>mt hatte. Daraus folgt, mittels Art. 5 Abs. 2 RV 1871 wurde nicht für den<br />

Kaiser als Staatsoberhaupt, sondern dem König von Preußen ein spezielles Veto<br />

kreiert, das zudem flankiert war durch die preußischen Reservatst<strong>im</strong>men <strong>im</strong> Bundesrat.<br />

Jedoch allein der Umstand, dass über Art. 11 RV 1871 das Bundespräsidium<br />

dem König von Preußen übertragen wurde, der den Namen „Deutscher Kaiser“<br />

führen sollte, macht die föderalen <strong>Vetorechte</strong> Preußens noch nicht zu denen des<br />

Kaisers, auch wenn dies faktisch und staatspolitisch nicht auseinander zu rechnen<br />

war. Dem Kaiser stand über Art. 17 RV 1871 nur ein verfassungsrechtlich begründbarer<br />

Ausfertigungsvorbehalt zu. Die Notwendigkeit eines solches Rechtes<br />

wird verständlich, wenn man zugrunde legt, dass, anders als <strong>im</strong> heutigen Grundgesetz,<br />

eine Instanz der Verfassungsgerichtsbarkeit, an welche sich in Form von<br />

Organklagen oder abstrakter Normenkontrolle in formellen Verfassungsstreitigkeiten<br />

hätte gewandt werden können, der Bismarckschen Reichsverfassung fremd<br />

war. Es stellt sich so dar, dass der damaligen Staatsrechtswissenschaft die Verortung<br />

einer Endkontrolle der Verfassungsmäßigkeit be<strong>im</strong> Kaiser als äußerst gewinnbringend<br />

erschien, weil dieser als einziger mit einer gewissen historischen<br />

Autorität, erwachsen aus der noch nicht allzu weit entfernten Annahme eines<br />

göttlichen Reg<strong>im</strong>ents, ausgestattet erschien. Hingegen aus der Exegese des Verfassungswortlauts<br />

musste ein solches quasi Veto nicht zwingend gelesen werden. Die<br />

Bezeichnung als verfassungsrechtlich bedingtes Veto erscheint zwar als zulässig,<br />

aber nicht zwingend notwendig.<br />

Dass der Kaiser von jenem Recht zum verfassungsrechtlichen Einspruch gegen<br />

ein Gesetz nie Gebrauch machte, könnte als Menetekel für die in monarchischen<br />

Augen unrühmliche Aufgabenzuweisung angesehen werden.<br />

ccc. Der Vetoverlust in der Reichsverfassung <strong>im</strong> Spiegel des<br />

monarchischen Prinzips – Eine Motivsuche<br />

Es lässt sich somit feststellen, dass die gesamte in der Frankfurter Paulskirchenversammlung<br />

um die Reichweite der Einspruchsrechte des Staatsoberhauptes in<br />

Gesetzesfragen geführte Vetodebatte, die letztlich nach zähem Ringen in den<br />

suspendierenden Einspruch nach § 101 Paulskirchenverfassung mündete, keinen<br />

Niederschlag in der Bismarckschen Reichsverfassung fand. Das Staatsoberhaupt<br />

in der Frankfurter Konzeption sollte ein exekutiver Landesvorsteher sein, der in

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