22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I. Ursprünge und Entwicklungslinien 63<br />

sen umfassende Befugnisse übernehmen konnte. 244 Dieser staatsorganisatorische<br />

Gedanke sollte <strong>im</strong> Grundsatz dennoch prägend bleiben.<br />

Aus dem Reich als konstitutionell beschränktem Fürstenbund wurde in der<br />

Folge eine konstitutionelle Monarchie kreiert, der der Kaiser als exekutives Staatsoberhaupt<br />

vorstand. Die vormals eigentlich avisierte Konstruktion wurde lediglich<br />

umgestellt und der Kaiser als „Präsidium des Bundes“ an die Spitze des verfassten<br />

Kaiserreiches gestellt. Es ging Bismarck nicht darum ein Reichsoberhaupt in Form<br />

und Person des Kaisers zu installieren, vielmehr sollte dieser die Einheit des Reiches<br />

gegenüber den partikularistischen Tendenzen dokumentieren. 245 Gemäß Art.<br />

11 der Reichsverfassung wurde diese kaiserliche Präsidialgewalt untrennbar mit<br />

der Krone Preußens verbunden. Der Deutsche Kaiser als oberstes Reichsorgan<br />

war zwar mithin konzeptionell kein Reichsmonarch oder Reichssouverän <strong>im</strong> Sinne<br />

eines Kaisers von Deutschland; er führte den Kaisertitel lediglich in seiner Eigenschaft<br />

als Inhaber der Bundespräsidialgewalt; dennoch hatte der König von Preußen<br />

damit von Anfang an eine hervorgehobene Stellung vor den anderen Monarchen<br />

<strong>im</strong> Reich. 246<br />

bb. Vermeintliche Vetofundstellen<br />

Um der Fragestellung nach potentiellen <strong>Vetorechte</strong>n in der Reichsverfassung, die<br />

es der <strong>Exekutive</strong> erlauben würden, gegen ein beschlossenes Gesetz der autarken<br />

Legislative wirksamen Einspruch einzulegen, effizient nachgehen zu können, gilt<br />

es <strong>im</strong> Folgenden zunächst die staatsrechtliche Stellung desjenigen Organs herauszuarbeiten,<br />

dem dieses Recht systembedingt zuzuordnen ist. Zu fragen ist also, ob<br />

und inwieweit die Bismarcksche Reichsverfassung von 1871 den Vetoansatz für<br />

das kaiserliche Staatsoberhaupt, wie es der Frankfurter Paulskirchenentwurf aufwies,<br />

fortführte. Für die Beantwortung dieser Frage muss zunächst die staatsrechtliche<br />

Stellung des Kaisers in der Reichsverfassung als solche herausgearbeitet werden,<br />

um anhand dieser Erkenntnisse die Frage nach einer aktiven Vetomöglichkeit<br />

beantworten zu können. Vorderhand gilt es also die Unterschiede zwischen der<br />

verfassungsrechtlichen Konzeption des Staatsoberhauptes <strong>im</strong> Paulskirchenverfassungsentwurf<br />

gegenüber derjenigen in der Bismarckschen Reichsverfassung von<br />

1871 aufzuzeigen und die der letzteren zugrunde liegenden Motivlagen näher zu<br />

ergründen.<br />

244 Maurer, Staatsrecht I, S. 64.<br />

245 Maurer, Entstehung und Grundlagen der Reichsverfassung von 1871, in FS Stern, Verfassungsstaatlichkeit, S.<br />

44.<br />

246 Weber-Fas, Deutschlands Verfassung, S. 83.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!