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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Ursprünge und Entwicklungslinien 53<br />

geschaffen und sich nach staatenbündischen Prinzipien strukturierend. 208 An sich<br />

hat er als staatsrechtliches Oberkonstrukt für die Weiterentwicklung des nationalen<br />

Verfassungsrechts, vor allem aus demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht,<br />

so gut wie nichts beigetragen. 209 Untermauern lässt sich diese Erkenntnis damit,<br />

dass die bündischen „Spielregeln“, enthalten in der Bundesakte, kein fundiertes<br />

Verfassungsgebilde darstellten. Verfassungsstrukturell galt die Zielformulierung<br />

aus Art. 6 Abs. 2 des Pariser Friedens: „Les États de l‛ Allemagne seront<br />

indépendants et unis par un lien fédératif“. 210 Keiner, weder die Großmächte noch<br />

die <strong>deutschen</strong> Fürsten selber, wollte nach den Befreiungskriegen an die Idee eines<br />

einheitlichen Deutschen Reiches anknüpfen. In der Folge vollzogen sich alle revolutionsgeprägten<br />

verfassungsrechtlichen Strukturentscheidungen hin zum Konstitutionalismus<br />

zunächst in den <strong>deutschen</strong> Einzelstaaten. Der Deutsche Bund konnte<br />

seinem Zweck nach zwar zur Umsetzung außenpolitischer Entscheidungen<br />

verbindlich Recht setzen, die Deutsche Bundesakte enthielt darüber hinaus jedoch<br />

keine wesentlichen bundesstaatlichen Regeln für die allgemeine Gesetzgebung auf<br />

Reichsebene.<br />

Vetorechtsbetrachtungen mussten sich dementsprechend für den <strong>deutschen</strong><br />

Raum bis hierher zunächst auf den Länderkonstitutionalismus beschränken, in<br />

welchem ein Vetorecht des Monarchen systembedingt keinen Platz greifen konnte,<br />

da dieser auch nach der Überwindung des Absolutismus, weiterhin autarker<br />

Inhaber der Gesetzgebungsgewalt blieb.<br />

Für die Inkarnation des tribunizischen Vetos der Römischen Republik in Fragen<br />

der Gesetzgebung sollte das Entstehen einer nationalstaatlichen Verfassunggebung<br />

auf Reichsebene förderlich sein. Eine wesentliche Antriebsfeder darf in<br />

diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben: Die Entwicklung einer Reichsverfassung<br />

war <strong>im</strong> Deutschland des 19. Jahrhunderts unmittelbar mit der Frage<br />

der nationalen Einheit verknüpft. 211 Mit dem Startschuss zur nie wirksam gewordenen<br />

Frankfurter Paulskirchenverfassung 212 kann der Beginn eines Prozesses 213<br />

konstatiert werden, der in seinem Schlusspunkt ein einheitliches Deutsches Reich<br />

hervorbringen sollte, das mit der Verfassung von 1871 eine Bundesverfassung<br />

vorwies, welche insbesondere in Fragen des Bundesstaatsprinzips mit seinen Regelungen<br />

über die Abgrenzung von Bund und Ländern, dem heutigen Grundge-<br />

208 Zur Entwicklungsgeschichte des „Deutschen Bundes“: Huber Verfassungsgeschichte Bd. I, S. 543 ff.<br />

209 Maurer, Staatsrecht I, S. 48 Rn 29.<br />

210 „Die Staaten Deutschlands sollen unabhängig und durch ein föderatives Band vereinigt sein“.<br />

211 Ismayr, Das politische System Deutschlands, in: Die politischen Systeme Westeuropas, S. 445.<br />

212 Prägnante Darstellungen zum verfassungshistorischen Kontext der Paulskirchenverfassung sind zu finden bei:<br />

Menzel, Landesverfassungsrecht, S. 21-24.<br />

213 Zu den komplexen für die Verfassungsentwicklung auf Reichsebene bedeutsamen Entwicklungen von der<br />

Entstehung der Frankfurter Paulskirchenverfassung, über deren Ablehnung 1849 durch den König von Preußen<br />

(Friedrich Wilhelm IV.), die Gründung des Nord<strong>deutschen</strong> Bundes 1867, bis hin zur Kaiserproklamation von<br />

Wilhelm I. 1871 <strong>im</strong> Spiegelsaal von Versailles zusammenfassend: Maurer, Entstehung und Grundlagen der<br />

Reichsverfassung von 1871, FS für K. Stern, 1997, S. 29 ff; Huber Verfassungsgeschichte Bd. 2, S. 595 ff, S. 817<br />

ff, 842 ff; Nipperdey, Deutsche Geschichte 1800-1866, S. 598 ff; Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S.<br />

257-297.

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