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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Ursprünge und Entwicklungslinien 49<br />

Handeln eines verfassungsrechtlichen Titels bedurfte 195 , trug der Monarch diesen<br />

Titel, also die Berechtigung zum Handeln, in sich selbst.<br />

Der deutsche Konstitutionalismus stand mithin von Anfang an in einem Gegensatz<br />

zur anschwellenden demokratischen Bewegung, die vom Grundgedanken<br />

der Volkssouveränität ausgeht. Die nicht zugunsten des Volkes beantwortete<br />

Grundfrage nach dem „pouvoir constituant“ machte diesen staatsrechtlichen Dualismus<br />

zwischen dominierender monarchischer und demokratischer Herrschaftsform<br />

erst möglich. Nicht umsonst wird der Konstitutionalismus als Heuchelei und<br />

Illusion, basierend auf einem vermeintlichen Kompromiss zwischen Krone und<br />

Nationalrepräsentation, angesehen. 196 Ernst-Wolfgang Böckenförde fasst die Problematik<br />

zugespitzt dergestalt zusammen:<br />

„…So fehlte der <strong>deutschen</strong> konstitutionellen Monarchie jene geschichtliche Legit<strong>im</strong>ität, die als<br />

eigene politische Formkraft monarchisches und demokratisches Prinzip hätte relativieren und<br />

einer höheren Einheit hätte einfügen können. Damit zeigt sich noch einmal, daß die Verbindung<br />

von monarchischem und demokratisch-repräsentativem Prinzip in einem sogenannten konstitutionellen<br />

System keine eigene politische Form begründen, sondern, prinzipiell betrachtet, nur den<br />

Übergang zur demokratischen Ordnung der Freiheit und Gleichheit regeln konnte.<br />

Mit dieser Feststellung ist keineswegs ein ‚historisches Urteil‛ über die deutsche konstitutionelle<br />

Monarchie gesprochen. Sie soll mit ihrer Kennzeichnung als Übergangs- und Zwischenzustand<br />

nur an ihren eigenen geschichtlichen Ort gestellt werden. Gerade daß sie ein verfassungsrechtliches<br />

Gehäuse bereitstellte, das einen kontinuierlichen Übergang vom monarchischen in das demokratische<br />

Zeitalter ermöglichte ohne einen revolutionären Bruch und ohne Entartung nach Art der<br />

restaurierten oder der Juli-Monarchie in Frankreich, läßt die besondere geschichtliche Bedeutung<br />

erkennen, die ihr zukommt. Die darin gelegene Chance wurde freilich nur zu einem Teil realisiert.<br />

Denn die Einsicht in die geschichtliche Notwendigkeit, die mit dem Übergangscharakter<br />

der konstitutionellen Monarchie gegeben war, blieb den handelnden Zeitgenossen zumeist verborgen.<br />

Sie handelten mehr gegeneinander aus antithetisch verstandenen, ideologisch unterbauten<br />

Positionen von ‚Monarchie‛ und ‚Volkssouveränität‛ – als miteinander und versäumten jene<br />

Überleitung von Tradition in Fortschritt, die von den Zeichen der Zeit gefordert war. …“ 197<br />

Als wesentlicher Grund für dieses deutsche ‚Monstrum‛ <strong>im</strong> Strudel des Dualismus<br />

grundverschiedener Zeitgeiste muss wohl zudem das Scheitern der Französischen<br />

Revolution angesehen werden, in dessen Folge sich das deutsche Bürgertum entweder<br />

als unwillig oder gar als unfähig zur Revolution erwies 198 . Das Scheitern der<br />

195 „…Die Volksvertretung soll nicht selbst regieren, aber sie soll durch wirksame Befugnisse die Regierung <strong>im</strong> volksthümlichen<br />

Sinne beeinflussen und best<strong>im</strong>men, sie soll die Vermittlerin zwischen Herrscher und Beherrschten bilden… […] Ihre Wirksamkeit<br />

kann nur mit königlicher Autorität begonnen und beendet werden »Rex est caput, principium et finis parliamenti«…“; so Schulze,<br />

in: Das Preussische Staatsrecht I. Band, S. 568.<br />

196 v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 30.<br />

197 E.-W. Böckenförde, Der deutsche Typ der konstitutionellen Monarchie <strong>im</strong> 19. Jahrhundert, in: Conze, Beiträge<br />

zur <strong>deutschen</strong> und belgischen Verfassungsgeschichte <strong>im</strong> 19. Jahrhundert, S. 91/92.<br />

198 Hierzu in bestechender Schärfe – Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 274/275: „…Es gehört <strong>im</strong> 18. Jahrhundert<br />

zum Wesen des Rechtstaates deutscher Prägung, dass er mit dem Grundprinzip des Absolutismus vereinbar ist. Insofern

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