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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

daher nicht, dass der König Träger aller Staatsgewalt blieb und den Repräsentativeinrichtungen<br />

nur best<strong>im</strong>mte Mitwirkungsrechte zu Teil wurden, was dazu führte,<br />

dass in Wahrheit allein der Monarch regierte, wenn auch selbstbeschränkt durch<br />

die Konstitution. Es konnten sich unter diesen Weichenstellungen zwar neben<br />

dem Monarchen parlamentarische Institutionen 194 durchsetzen, deren Befugnisse<br />

bei der Gesetzgebung und Regierungskontrolle auch wachsen sollten. Dennoch<br />

war dem System der <strong>deutschen</strong> Kleinstaatenverfassungen ein autarker Parlamentarismus<br />

fremd.<br />

Diese Erkenntnis erstaunt nicht, wenn man zugrunde legt, dass sich eine parlamentarische<br />

Demokratie unter dem Vorbehalt des „pouvoir constituant“ des<br />

Königs wesentlich von der parlamentarischen Demokratie auf der Grundlage des<br />

Volkes als verfassunggebender Gewalt unterscheidet. Der Monarch als Souverän<br />

ist ständig präsent und handlungsfähig, er legt sich mit der Verfassung zwar eine<br />

Selbstbeschränkung auf, aber er behält das Recht, diese Verfassungsmauern auch<br />

wieder niederzureißen. Die Verortungsfrage der verfassunggebenden Gewalt kristallisiert<br />

somit deutlich den zentralen Aspekt heraus: Zwischen der konstitutionellen<br />

und der absoluten Monarchie besteht nur ein gradueller, kein prinzipieller<br />

Unterschied. Greifbar wird diese Nuance strukturell nur in dem Punkt, dass anders<br />

als in der absoluten Monarchie, der Staat und das Staatsoberhaupt auseinander<br />

treten und keine Ganzheit mehr bilden.<br />

Die verbleibende Verortung der verfassunggebenden Gewalt wurde mithin<br />

zum Menetekel des <strong>deutschen</strong> Konstitutionalismus, der nicht loskam vom monarchischen<br />

Prinzip. Dieses steht jedoch seit jeher unauflöslich in einer Konstellation<br />

der Inkompatibilität zum Parlamentarismus. Das fortwirkende monarchische<br />

Prinzip führte dazu, dass der Monarch der <strong>deutschen</strong> Kleinstaaten die Rechtfertigung<br />

für sein Handeln weiterhin in sich selbst trug. Sie wurde ihm Kraft seiner<br />

Stellung zuteil und ist ihm weder durch die Verfassung noch durch das Volk oder<br />

Dritte eingeräumt. Der Monarch war nicht Herrscher auf dem Boden der Verfassung,<br />

sondern vor der Verfassung, die Verfassung war daher nicht Grundlage der<br />

Herrschaftsgewalt des Königs, sondern nur deren Beschränkung. Damit war der<br />

Monarch selbst die verfassunggebende Gewalt, also „pouvoir constituant“ und<br />

nicht bloß verfasste Gewalt, „pouvoir constitué“.<br />

Im Hinblick auf die Stellung des Volkes und der Volksvertretung lässt sich zusammenfassend<br />

sagen: Während Volk und Volksvertretung für jedes politische<br />

allen staatliche Dingen nichts ohne und nichts gegen den Willen des Monarchen geschehen könne. Dem richtig verstandenen monarchischen<br />

Prinzip widersprechen daher Einrichtungen, wie das s.g. suspensive Veto oder Best<strong>im</strong>mungen, welche den Monarchen<br />

rechtlich zwingen seine Minister zu entlassen, wenn sie <strong>im</strong> Abgeordnetenhause in der Minorität bleiben, ja selbst theoretische Sätze,<br />

welche die Selbständigkeit der königlichen Gewalt verleugnen, wie z.B. »alle Gewalten gehen vom Volke aus«; sehr wohl aber<br />

verträgt es sich damit, dass der König bei der Ausübung der verschiedenen Funktionen der Staatsgewalt an gesetzliche Best<strong>im</strong>mungen<br />

und an die Mitwirkung anderer, in ihrer Sphäre selbständige Organe gebunden ist, sodass sein Wille erst dadurch zum vollendeten<br />

Staatswillen ergänzt wird. […] Somit ist heut zu Tage die in der Person des Staatsoberhauptes vereinigte, in ihrer Ausübung<br />

gesetzlich best<strong>im</strong>mte und an die Mitwirkung anderer selbständiger Organe gebundene Staatsgewalt das Grundprinzip der <strong>deutschen</strong><br />

Monarchie überhaupt, wie des preussischen Königthums insbesondere. …“.<br />

194 Zu dieser Zeit bezeichneten die Verfassungen der Fürstentümer diese noch als Landstände (siehe Verfassungsvergleich<br />

unter B.I.3.cc.).

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