22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

I. Ursprünge und Entwicklungslinien 45<br />

war der dominierende Bestandteil der Legislative, die ohne seine Zust<strong>im</strong>mung<br />

nicht stattfand. Das sich in Frankreich und England durchsetzende Prinzip der<br />

Gesetzgebung „zur gesamten Hand“ 184 , in welchem die Gesetze durch übereinst<strong>im</strong>mende<br />

Beschlüsse der aristokratisch beherrschten Adelskammer und der demokratisch<br />

gewählten Volkskammer zustande kamen und dem König die abschließende<br />

Aufgabe der Sanktion zugewiesen war, konnte in Deutschland erst<br />

später Platz greifen. Für die frühen konstitutionellen Staatsgrundgesetze galt: Der<br />

deutsche Fürst als Inhaber der Gesetzgebungsgewalt sah sich zwar mit Anfeindungen<br />

seiner Stellung durch die mit demokratischer Energie ausgestatteten aufstrebenden<br />

Ständeversammlungen konfrontiert, dennoch war die deutsche Form<br />

der konstitutionellen Monarchie, die sich vor allem in Süddeutschland gern am<br />

französischen Konstitutionalismus maß, in den meisten Staaten nicht über einen<br />

Scheinkonstitutionalismus 185 hinausgekommen.<br />

Die positiven Entwicklungen hin zu mehr Partizipation der sonstigen gesellschaftlichen<br />

Akteure fallen nur deshalb besonders ins Auge, da die Ständestrukturen<br />

gegenüber dem Absolutismus ein Aufblühen bisher unbekannten Ausmaßes<br />

erlebten. Dies war aber mehr der vorherigen Ständeunterdrückung <strong>im</strong> absoluten<br />

Fürstenstaat geschuldet als einer besonderen und machtvollen Stellung <strong>im</strong> Konstitutionalismus.<br />

186<br />

Es lässt sich also erkennen, dass in der Frühform des Konstitutionalismus in<br />

den süd- und mittel<strong>deutschen</strong> Kleinstaaten der Monarch seine zentrale Stellung<br />

inmitten des Gesetzgebungsprozesses nicht verloren hatte und er weiterhin die<br />

Gesetze erließ. 187 Auch nach den revolutionsbedingten Angleichungsprozessen in<br />

Preußen 188 ab 1848/49 war dies faktisch nicht anders. 189 Eines konnte somit allen<br />

Morlok und Krüper beschreiben (in anderem Zusammenhang) diese monarchisch determinierte Legislativstruktur<br />

rückblickend und <strong>im</strong> Vergleich zum modernen Parlamentarismus heutiger Prägung wie folgt: „…Das Parlament<br />

war historisch zunächst ein gesellschaftlich rückangebundener ‚Störfaktor‛ <strong>im</strong> monarchisch best<strong>im</strong>mten Staat. Später wuchs dem<br />

Parlament dann die Funktion zu, die Regierung durch ihre Kreation demokratisch zu legit<strong>im</strong>ieren und solchermaßen institutionalisierte<br />

politische Macht zu kontrollieren. …“ – Vgl. Morlok/Krüper, in: NVwZ 2003, 573.<br />

184 Entsprechend beschrieben in: Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 232 – Wichtig ist hierbei auch der Umkehrschluss<br />

der Gesetzgebung „zur gesamten Hand“: Es oblag den Monarchen Englands und Frankreichs hierdurch<br />

gerade kein alleiniges Gesetzgebungsrecht mehr.<br />

185 v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 150.<br />

186 Vgl. Ellwein, Das Erbe der Monarchie in der <strong>deutschen</strong> Staatskrise, S. 51, 54.<br />

187 Diese Bestandsaufnahme lässt sich nicht nur allein am Verfassungstext der konstitutionellen Länderstaatsgrundgesetze<br />

festmachen, sondern auch das tendenziell verfassungsverletzende Gebaren der Regierungen muss<br />

gewichtet werden. So schreibt Ellwein, Das Erbe der Monarchie in der <strong>deutschen</strong> Staatskrise, S. 68: „…Die dualistische<br />

Einstellung wurde natürlich durch die unerquicklichen politischen Verhältnisse nur bestärkt. Auch die Regierungen waren ja<br />

nicht bereit, ehrlich konstitutionell zu regieren, und schalteten die Landtage noch weit mehr aus, als es die Verfassungen vorsahen.<br />

…“<br />

188 Diesen zähen, vom König <strong>im</strong>mer wieder verschleppten, Verfassungsprozess in Preußen beschreibt ausführlich<br />

– Anschütz, in: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung IV. Band; S. 44-47.<br />

189 Es mag sein, dass <strong>im</strong> einschlägigen Schrifttum zum konstitutionellen Staatsrecht der Ländermonarchien des<br />

Öfteren weitaus euphemistischere Darstellungen zu finden sind; so schreibt Bluntschli, in: Allgemeines Staatsrecht,<br />

S. 56: „…Schon der Modus tenendi parliamentum enthält das alte Rechtssprichwort: ‚Rex est caput, principium et finis parliamenti<br />

– Die gesetzgebende Gewalt wird gemeinschaftlich von dem Könige, der Kammer der Pairs und der Kammer der Delegierten ausgeübt‛<br />

Auch die meisten neueren Verfassungen, welche auf dem System der konstitutionellen Monarchie beruhen, schreiben die gesetzgebende<br />

Gewalt dem Könige und den Kammern zu. …“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!