22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

460<br />

H. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen<br />

ist als wesentlich hervorzuheben, dass der Reichspräsident diese Verbringung zum<br />

Volksentscheid aus jeglichen ihm beliebenden Motiven vornehmen hätte können.<br />

Dies hätten sowohl verfassungsrechtliche als auch politische Beweggründe sein<br />

können. Die WRV verlangte de facto noch nicht einmal von ihm, dass er diese<br />

Gründe offenlegt. Nurmehr die anstehende öffentliche Entscheidung hätte eine<br />

Offenlegung der Motive durch den Reichspräsidenten erzwingen können. Mit Art.<br />

73 Abs. 1 stattete die We<strong>im</strong>arer Reichsverfassung den Reichspräsidenten mit einem<br />

Einspruchsrecht aus, das zwar keine vollkommene und unbedingte Vetowirkung<br />

hatte, aber dennoch zunächst suspendierenden Charakter gegenüber dem<br />

davon betroffenen Reichstagsgesetz aufwies. Dieser suspendierende Charakter<br />

konnte sich durch die Entscheidung des Reichsvolkes dazu auswachsen, dass der<br />

gesamte Gesetzesbeschluss nicht in Gesetzeskraft ergehen konnte. Mit dem<br />

Reichsvolk entschied somit eine andere Ebene über die Durchschlagskraft des<br />

ursprünglichen Vetos. Der Präsident konnte das Gesetz mithin zwar weder dauerhaft<br />

suspendieren noch autark letztgültig verhindern. Er konnte es jedoch hemmen<br />

und eine andere Instanz über dieses entscheiden lassen. Das Veto war somit<br />

devolutiv.<br />

Das Vetorecht des Reichspräsidenten aus Art. 73 Abs. 1 WRV erfuhr sogar<br />

durch seine Möglichkeit, über Art. 25 WRV den Reichstag ohne Angabe von<br />

Gründen auflösen zu können, noch eine Verstärkung. Die damit einhergehende<br />

Drohkulisse verstärkte potentiell das Entgegenkommen der Parlamentarier, da sie<br />

ansonsten Gefahr gelaufen wären, auf der Welle der politischen Empörung über<br />

ein Gesetz gleichsam auch ihr Mandat zu verlieren.<br />

Beiden <strong>Vetorechte</strong>n konnte die notwendige Gegenzeichnung (Art. 50 WRV)<br />

seitens der vom Vertrauen des Parlaments abhängigen Reichsregierung nichts von<br />

ihrer Durchschlagskraft nehmen, da sie insbesondere aufgrund der Auflösungsoption<br />

faktisch wertlos war (Kapitel B.III.2.a.bb. & cc.).<br />

9. Auch den Reichsländern der We<strong>im</strong>arer Republik können exekutive Einspruchsrechte<br />

bescheinigt werden, die in ihrer Qualität den Vetos der Reichsebene in<br />

keiner Weise nachstanden. Vielmehr erweiterten sie das Artenspektrum, in welchem<br />

die We<strong>im</strong>arer Exekutivspitzen von ihrem Veto Gebrauch machen konnten.<br />

Die Vetospanne reichte über die sofortige Anordnung eines Volksentscheides<br />

hinaus. Insbesondere die exekutiven Möglichkeiten das Legislativorgan zu zwingen,<br />

sich erneut mit dem Gesetz zu beschäftigen und entweder mit gleichem oder<br />

wesentlich erhöhtem Quorum zu bestätigen, stellen eine Ausdehnung der Vetovielfalt<br />

dar. Der Umstand, dass in etlichen Reichsländern fernerhin nach legislativer<br />

Einspruchszurückweisung auch noch die Initiierung eines Volksentscheids<br />

möglich war, erhöhte die Durchschlagskraft des exekutiven Vetos.<br />

Die Einsprüche der Staatsregierungen, mit welchen die Gesetze zurück in die<br />

Landesparlamente verweisbar waren, können als suspensive <strong>Vetorechte</strong> bezeichnet<br />

werden. Zum Teil existierten extrem hohe Quorummehrheiten für die Zu-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!