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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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H. Zusammenfassung der Ergebnisse in Thesen<br />

lage dafür war die Aufspaltung der Entstehung des materiellen Gesetzes in Feststellung<br />

des Inhalts und dessen eigentlichen Beschluss. Jene auf Paul Laband basierende<br />

Sanktionstheorie, mittels der in ihrer negativen Anwendung ein Vetorecht<br />

in die Reichsverfassung hineingelesen wurde, ist abzulehnen. Sowohl der<br />

ursprüngliche Ansatz hierüber dem Bundesrat ein Vetorecht zuzugestehen als<br />

auch die Zuweisung des Sanktionsverweigerungsrechts an den Kaiser können<br />

nicht überzeugen. Weder Verfassungstext noch <strong>Verfassungssystem</strong>atik des Deutschen<br />

Reichs geben hinreichenden Anlass für dieses dem Monarchismus huldigende<br />

Konstrukt (Kapitel B.II.).<br />

7. In der nach der Novemberrevolution 1918/19 geschaffenen ersten demokratischen<br />

Verfassung auf deutschem Boden, der We<strong>im</strong>arer Verfassung, stellten der<br />

Reichstag und der Reichspräsident für die Vetofrage den zentralen Betrachtungsaspekt<br />

dar. Dem Reichstag oblag in Abkehr vorheriger Prinzipien nunmehr die<br />

alleinige Gesetzgebungsgewalt. Dieser Normsetzungsmacht stand das bewusst<br />

machtvoll ausgestaltete Organ Reichspräsident gegenüber, der ebenso unmittelbar<br />

demokratisch legit<strong>im</strong>iert war, wie der Reichstag selbst. Der Reichspräsident war<br />

mit einigen <strong>Vetorechte</strong>n ausgestattet, die das Gesetzgebungsgebaren des Reichstags<br />

unterminieren konnten:<br />

Es stand dem We<strong>im</strong>arer Präsidenten ein aus Art. 17 der Kaiserverfassung fortentwickeltes<br />

Recht zur Verweigerung der Ausfertigung und Verkündung zu. Die<br />

Staatsrechtslehre erweiterte dieses formelle Prüfungsrecht aus Art. 70 We<strong>im</strong>arer<br />

RV sogar noch um die materielle Prüfkomponente. Da die WRV nicht nur kein<br />

Normenkontrollverfahren, sondern auch kein Organstreitverfahren kannte, war<br />

die Ausfertigungsverweigerung des Reichspräsidenten unanfechtbar. Ein Erzwingen<br />

der Ausfertigung und Verkündung per Verfassungsgerichtsbeschluss wegen<br />

verfassungswidriger Verletzung der Rechte des legislativen Reichtags war somit<br />

mangels Klageweg nicht möglich. Der Reichstag musste sich also der Entscheidung<br />

des Reichspräsidenten beugen, sie war unumstößlich. Sein Veto aus Art. 70<br />

WRV war damit zwar ein verfassungsrechtlich bedingtes. In seiner Bedingtheit<br />

dann aber ein Absolutes, da es keine Instanz gab, die dieses Veto hätte aufheben<br />

oder abmildern können (Kapitel B.III.1. & 2.a.aa.).<br />

8. Über das vetoartige Prüfrecht des Reichspräsidenten hinaus, stand diesem mit<br />

Art. 73 Abs. 1 WRV ein noch viel durchschlagkräftigeres Vetorecht zur Verfügung.<br />

Dieses beinhaltete drei wesentliche Komponenten: Es stand erstens nur<br />

dem exekutiven Reichspräsidenten zu, der zweitens wiederum nicht am eigentlichen<br />

Gesetzgebungsvorgang beteiligt war. Nach der infolge der Wahrnehmung<br />

der Rechte aus Art. 73 Abs. 1 WRV eintretenden zeitlichen Verzögerung des Gesetzwerdungsvorganges<br />

hätte innerhalb eines Monats aber letztlich nicht der<br />

Reichspräsident in vollkommener und autarker Form über das Schicksal dieses<br />

Gesetzes entschieden, sondern es würde in die Hände des Reichsvolks als unmittelbarem<br />

Träger der Staats- und damit Gesetzgebungsgewalt gelegt. Zum Dritten<br />

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