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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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G. Innerstaatliche Zukunft der <strong>Vetorechte</strong><br />

ler das Regierungsgeschäft übern<strong>im</strong>mt, und es verlangt, wenn dem Kanzler eine anfängliche Parlamentsmehrheit<br />

<strong>im</strong> Laufe der Wahlperiode verloren geht, weder von der einen noch von der<br />

anderen Seite Trennung oder Freitod. Zu Recht spricht es deswegen – anders als andere Verfassungen<br />

– nicht davon, dass die Regierung auf das Vertrauen des Parlaments angewiesen sei.<br />

…“ 1206<br />

Somit kann festgestellt werden: Weder das Grundgesetz noch die Landesverfassungen<br />

verlangen in apodiktischer Form, dass eine Regierung wirklich dauerhaft<br />

vom Vertrauen des Parlaments getragen sein müsse. Das Grundgesetz, wie auch<br />

etliche Landesverfassungen, gestatten sogar die Wahl eines Minderheitsregierungschefs.<br />

Auch wenn einige Landesverfassungen, wie z.B. die Hessische, zumindest<br />

be<strong>im</strong> Wahlakt das Aufbieten der absoluten Mehrheit verlangen, erachten auch<br />

derartige Verfassungen den faktischen Verlust der absoluten Mehrheit nicht als<br />

hinderlich für die Fortführung der Regierung. Dies wird insbesondere durch die<br />

Möglichkeit einer geschäftsführenden Landesregierung bestätigt, welche lediglich<br />

über das parlamentarische Vertrauen der vergangenen Legislaturperiode verfügt.<br />

Der Trend zur Mehrheitsregierung ist somit keiner, den die <strong>deutschen</strong> Staatsgrundgesetze<br />

– allen voran das Grundgesetz – in irgendeiner Weise apodiktisch<br />

vorgeben, sondern er ist wohl vielmehr ein für den Regierungsalltag wünschenswerter.<br />

Die Ungewissheiten und das planerische Minus, welchem sich eine Minderheitsregierung<br />

ausgesetzt sieht, können jedoch zumindest teilweise durch die<br />

Möglichkeit eines Vetos kompensiert werden.<br />

Aller Voraussicht nach wird die zunehmende Tendenz zur Zersplitterung der<br />

<strong>deutschen</strong> Parteienlandschaft die klassischen politischen Blöcke der Bundesrepublik<br />

weiter aufweichen. Den beiden bisher geborenen Regierungsparteien<br />

CDU/CSU bzw. SPD werden sich in der Folge Alternativen stellen, die vom Verlust<br />

der Teilnahme an der Regierung bis zu voluminösen Koalitionen aus verschiedenen<br />

schwer zu bändigenden oder thematisch zu vereinigenden Kleinstparteien<br />

reichen. Beide Varianten taugen wenig, um die eigenen politischen Vorstellungen<br />

umzusetzen.<br />

Des Weiteren ist fernerhin nicht zu unterschätzen, dass best<strong>im</strong>mte Parteien<br />

auch zukünftig nicht mit allen anderen koalitionsfähig sein könnten oder wollen.<br />

Nicht jedes mathematisch funktionierende politische Farbenspiel wird <strong>im</strong> politischen<br />

Alltag zu einem Regierungsbündnis mit parlamentarischer Mehrheit führen.<br />

In diesen Konstellationen könnte sich bei von Anfang an fehlender Mehrheit oder<br />

bei sukzessivem Mehrheitsverlust zukünftig die Option der Minderheitsregierung<br />

häufiger als bisher als eine Lösung anbieten, in welcher durch eine der beiden<br />

großen Volksparteien der Regierungschef gestellt werden könnte und damit sowohl<br />

das Prestige des Amtes für diese Partei zählte als auch die Hoheit über den<br />

Verwaltungsapparat erhalten bliebe. Dabei könnte der Staatsleitung, mittels des<br />

Beamtenapparates <strong>im</strong> Rahmen des exekutiven Regierens, wie auch be<strong>im</strong> Erarbei-<br />

1206 C. Pestalozza, NJW 2005, 2817 (2817).<br />

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