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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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454<br />

G. Innerstaatliche Zukunft der <strong>Vetorechte</strong><br />

parlamentarischen Verquickungen zwischen Mehrheit und Regierung Bestand<br />

haben, wird den <strong>Vetorechte</strong>n nur ein Platz auf der Reservebank des Parlamentarismus<br />

bleiben.<br />

<strong>Vetorechte</strong> bekommen jedoch dann eine besonders große Einsatzchance,<br />

wenn der gewählten Regierung die parlamentarische Mehrheit abhandenkommt<br />

bzw. eine solche bei der Kreation einer Minderheitsregierung niemals bestand. Im<br />

Falle einer Minderheitsregierung könnte es dann zwar am Potential und am entsprechenden<br />

parlamentarisch-politischen Konsens fehlen, um eine Mehrheit zur<br />

Wahl einer anderen Regierung zu formieren. Doch auch wenn alle politischen<br />

Kräfte des Plenums bei der Wahl eines anderen Regierungschefs in der Minderheit<br />

bleiben, könnten es Fraktionen dennoch schaffen, in singulären Normabst<strong>im</strong>mungssituationen<br />

relative parlamentarische Mehrheiten für Gesetze aufzubieten,<br />

welche durch die amtierende Regierung politisch nicht goutiert werden.<br />

Wenn solche Gesetze gegen den Willen der Minderheitsregierung beschlossen<br />

würden, wären die in einigen <strong>deutschen</strong> Verfassungen auffindbaren suspensiven<br />

Vetos ein probates Mittel, dem Parlament, welches ohnehin nur mit wechselnden<br />

Mehrheiten agiert, die exekutiven Zweifel zu offenbaren und den sowieso fragilen<br />

Mehrheitswillen zu durchlöchern. Es wird also deutlich: So wenig tauglich das<br />

suspensive Veto möglicherweise für die Konstellation der Mehrheitsregierung ist,<br />

so nützlich könnte es einer Minderheitsregierung sein, um zu verhindern, ohne<br />

Gegenwehrmöglichkeiten zum Spielball der Unvorhersehbarkeiten wechselnder<br />

parlamentarischer Mehrheitsverhältnisse zu werden. Die Durchsetzungsfähigkeit<br />

und Unabhängigkeit von Minderheitsregierungen, die in ihrem ‚Köcher‛ ein Vetorecht<br />

vorzuweisen haben, kann also als potentiell höher eingeschätzt werden, als<br />

ohne diese Vetomöglichkeit.<br />

Es wurde hier schon mehrfach angedeutet und die politische Begutachtung der<br />

Wahlen in der jüngeren Vergangenheit scheinen dies auch zu bestätigen: Der<br />

Trend zur Minderheitsregierung ist unverkennbar. Dem Stichwort Minderheitsregierung<br />

haftet in der derzeitigen verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen<br />

Begutachtung zwar, mehr oder weniger deutlich ausgesprochen, das Etikett<br />

des gleichsam Minderwertigen an. Dass eine solche Bewertung aus verfassungsrechtlicher<br />

Sicht jedenfalls nicht standhält, wird von Christian Pestalozza für die<br />

Bundesebene in eindeutiger Art und Weise dargelegt:<br />

„…Das Grundgesetz sieht ohne es deutlich zu sagen, als Normalfall an, dass der Bundestag die<br />

Bundesregierung grundsätzlich stützt. Alles beginnt ja mit der Zumutung eines Vertrauensvorschusses:<br />

[…]<br />

Dass der anfängliche, sich in der Kanzlerwahl nach Art. 63 I, II GG dokumentierende<br />

Grundkonsens über die gesamte Legislaturperiode erhalten bleibt, hofft das Grundgesetz, fordert<br />

es aber nicht. Jederzeit kann sich das Parlament vom Kanzler und damit auch von der Regierung<br />

insgesamt trennen, freilich auf eigene Initiative nur mit Hilfe der Wahl eines neuen Kanzlers,<br />

Art. 67 GG. Aber das Grundgesetz ist noch bescheidener und toleriert auch Minderheitsregierungen:<br />

Es n<strong>im</strong>mt zur Not – siehe Art. 63 IV 3 GG – auch hin, dass ein Minderheitskanz-

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