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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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B. Systematische und strukturelle Einordnung der <strong>Vetorechte</strong><br />

So dominant der Absolutismus als solcher es verstand, einen Einspruch in Form<br />

des Dazwischentretens einer anderen Instanz zu verhindern, so dankbar musste in<br />

der Folgezeit die Monarchie als Regierungsform sein, dass ihr das Veto als eine<br />

der letzten Partizipationswaffen <strong>im</strong> Kampf des Ständeausgleichs und seiner Parlamentarisierungsfolgen<br />

zugewiesen bleiben sollte. Im Folgenden sollen diese<br />

Entwicklungen für die Vetosuche thematisch zielführend dargestellt werden. Dabei<br />

wird insbesondere auch auf die Vielfältigkeit und tendenzielle Fragwürdigkeit<br />

vermeintlicher Vetozuordnungen einzugehen sein. Die Benennung historischer<br />

Einspruchsrechte als Vetos findet ihren Ursprung maßgeblich in der nunmehr zu<br />

untersuchenden Epoche des Konstitutionalismus. Bei grober Betrachtung erscheint<br />

das Einsatzfeld der Vetomöglichkeiten dabei als mannigfaltig. Es wird<br />

jedoch mittels genauer Analyse und Zuordnung zu klären sein, inwieweit jene <strong>im</strong><br />

konstitutionellen Staatsrecht <strong>im</strong>mer wieder aufzufindenden Veto-Bezeichnungen<br />

den Ansprüchen wissenschaftlicher Exaktheit genügen und rechtshistorisch zu<br />

Recht eine solche Titulierung erfahren.<br />

Vorab lässt sich als Ausgangspunkt nochmals konstatieren, dass während der<br />

sich nach dem Zerfall des Römischen Weltreichs anschließenden langen Phase<br />

zunächst anarchischer und später despotischer Staatsformen in Europa, den vetogleichen<br />

Einsprüchen der lebensnotwendige Nährstoff der Instanzenverschiedenheit<br />

verwehrt wurde. Trotz der historischen Distanz, die seit der Okkupation des<br />

tribunizischen Interzessionsrechts durch die Römischen Kaiser zu bewältigen war,<br />

konnten die absoluten Auswüchse in der Staatsleitung mittelalterlicher Nationen<br />

und Staaten die Spuren der <strong>Vetorechte</strong> dennoch nicht gänzlich verwischen, auch<br />

wenn deren Freilegen nicht ohne Probleme vonstattengehen sollte.<br />

Nach dem Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation<br />

103 <strong>im</strong> Jahr 1806 war der staatsorganisatorische Boden dafür bereitet, dass, getrieben<br />

durch das wirtschaftlich und in dieser Folge politisch erstarkende Bürgertum<br />

104 , der liberale Rechtsstaat zu entstehen begann. 105 Dabei konnten die diesbezüglichen<br />

Emanzipationstendenzen der Stände auch die absolute Stellung des<br />

Monarchen mit seinen rechtsstaatsfreien Auswüchsen nicht unberührt lassen.<br />

103 Zum Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, seiner Bedeutung, geschichtlichen sowie geografischen<br />

Entwicklung und seinem Untergang mit der 1806 nach dem verlorenen Krieg gegen Frankreich unterzeichneten<br />

„Reinbundakte“ – in der gebotenen Kürze: Peters, in: Geschichtliche Entwicklung und Grundfragen der Verfassung,<br />

S. 60-63.<br />

104 Vgl. Anschütz, in: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung IV. Band; S. 39/40, der<br />

die gesellschaftlichen Geschehnisse zum Erstarken des Bürgertums zusammenfasst: „…Dieser Bau der geburtsständischen<br />

Verfassung hatte nun schon lange gewankt, als er, in Frankreich kurz zuvor, in Deutschland kurz nach der Wende des 19.<br />

Jahrhunderts in sich zusammenstürzte. Die alte ständische Gesellschaft geht unter, an ihre Stelle tritt die bürgerliche Gesellschaft des<br />

19. Jahrhunderts, beruhend auf dem Gedanken der allgemeinen Rechtsgleichheit der Nivellierung der Standesvorrechte, der freien<br />

Berufswahl, –die bürgerliche Gesellschaft, die ihren Namen entlehnte von dem schon langeher kräftig aufstrebenden zweiten der alten<br />

Geburtsstände, dem Bürgertum: einer wohlhabenden und gebildeten Mittelklasse, die den Beruf in sich fühlte, die anderen Geburtsstände<br />

zu absorbieren, die geistige und wirtschaftliche Führung der Gesamtheit zu übernehmen. Im Zuge dieser Entwicklung werden<br />

die geburtsständischen Schranken niedergelegt: in Frankreich durch Revolution und ihre gesetzgeberischen Gewalttaten, <strong>im</strong> Süden und<br />

Westen Deutschlands durch die französische Gesetzgebung der Rheinbundepoche. …“.<br />

105 Zu den diesbezüglichen verfassungsgeschichtlichen Entwicklungslinien, mit besonderem Bezug zu den Teilgliederungen<br />

auf dem damaligen <strong>deutschen</strong> Territorium: Menzel, Landesverfassungsrecht, S. 13-16.

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