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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Neujustierung des Vetobodens<br />

mindestens drei Viertel der Bevölkerung oder mindestens drei Viertel der Anzahl<br />

der Mitgliedstaaten die Annahme des Rechtsakts ablehnen, so dass die Frage erneut<br />

vom Rat zu erörtern ist.<br />

Die „Ioannina-Formel“ statuiert eine ergebnisoffene Neuverhandlungspflicht;<br />

sie wird überdies auch nach dem 01. April 2017 in abgeschwächter Form mit der<br />

doppelten Mehrheit von je 55 % der Bevölkerung und der Staaten weitergelten.<br />

Nach dem Reformvertrag von Lissabon wird deutlich, dass das Ratsverfahren <strong>im</strong><br />

Bereich der allgemeinen EU-Rechtssetzung so gut wie keine absolute Vetomöglichkeit<br />

mehr enthalten wird. Das Prinzip der Einst<strong>im</strong>migkeit ist weitestgehend<br />

ausgeschaltet und auf wenige diffizile hochpolitische Bereiche beschränkt, welche<br />

<strong>im</strong> Vertrag ausdrücklich festgelegt sind. Im Grundsatz wird mit qualifizierter<br />

Mehrheit entschieden werden. 1180<br />

So klar strukturiert das zukünftige Abst<strong>im</strong>mungsverfahren auf den ersten Blick<br />

daher kommt, so deutlich wird das verwirrende Vetopotential bei näherer Analyse:<br />

Übergangsbest<strong>im</strong>mung bis 01. November 2014:<br />

Bis 2014 werden die St<strong>im</strong>mgewichtung <strong>im</strong> Rat und der Abst<strong>im</strong>mungsmechanismus<br />

gemäß des Vertrags von Nizza angewendet, nach welchem jeder Mitgliedsstaat<br />

eine best<strong>im</strong>mte Anzahl von St<strong>im</strong>men hat. Insgesamt sind das für 27 Mitglieder<br />

345 St<strong>im</strong>men, was eine qualifizierte Mehrheit von 255 St<strong>im</strong>men ergibt (73,91<br />

%). Demzufolge liegt bis zum 01. November 2014 die Vetosperrminorität bei 91<br />

St<strong>im</strong>men (26,38 %) bei einer Mehrheit der Staaten. Auf Antrag kann überprüft<br />

werden, ob bei der konkreten Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit durch die<br />

beschließenden Mitgliedsstaaten 62 % der EU-Bevölkerung erfasst wurden. Werden<br />

die vorgesehenen Beschlussquoren nicht erreicht, kann der Ministerrat die<br />

Sekundärrechtsakte nicht wirksam beschließen. Insofern also 91 exekutive Neinst<strong>im</strong>men<br />

<strong>im</strong> Ministerrat aufgebracht werden, handelt es sich bei dieser Negativentscheidung<br />

um ein absolutes Vetorecht.<br />

Übergangsbest<strong>im</strong>mung vom 01.November 2014 bis 31. März 2017:<br />

Während des Zeitraums vom 01. November 2014 bis 31. März 2017 kann jedes<br />

Ratsmitglied für einen konkret zu behandelnden Beschluss verlangen, dass die<br />

Beschlussmodi des Vertrages von Nizza angewandt werden. Dementsprechend<br />

ergeben sich bis dahin die gleichen Anforderungen an ein Vetokonglomerat aus<br />

mitgliedstaatlichen Regierungen um ein absolutes Veto gegen einen EU-Rechtsakt<br />

aufbieten zu können.<br />

1180 Die Politikbereiche, in denen mit qualifizierter Mehrheit entschieden werden kann, werden <strong>im</strong> Vergleich zum<br />

Vertragsstand nach Nizza in der Lissabonner Vertragsvariante von 137 auf 181 erhöht. Teilweise kann der Rat<br />

sogar den Übergang von der Einst<strong>im</strong>migkeit zur qualifizierten Mehrheitsentscheidung beschließen.<br />

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