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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Der bisherige europäische Vetohorizont<br />

Übergewicht über die anderen Gewalten erhalten, und keine Gewalt dürfe der für<br />

die Erfüllung verfassungsgemäßer Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt<br />

werden 1157 . Daraus folgerte das Bundesverfassungsgericht, dass der Kernbereich<br />

jeder Funktion vor Übergriffen und Überlagerungen des jeweils anderen<br />

Funktionsträgers zu schützen sei 1158 . Die Regierung verfüge dabei zwar auch über<br />

einen Kernbereich exekutivischer Eigenverantwortung 1159 . Akte des auswärtigen<br />

Verkehrs würden hierbei jedoch grundsätzlich dem Kompetenzbereich der <strong>Exekutive</strong><br />

zugeordnet 1160 .<br />

Seit dem Vertrag von Maastricht wurde allerdings <strong>im</strong>mer fraglicher, ob Europapolitik<br />

wirklich ein Bereich klassischer Außenpolitik ist. 1161 Insbesondere <strong>im</strong><br />

Rahmen der europäischen Rechtsetzung, also der Schaffung europäischen Sekundärrechts,<br />

wurde sie zunehmend zu europäischer Innenpolitik. 1162 Das Bundesverfassungsgericht<br />

stellte für das Verhältnis von Bundestag und Bundesregierung<br />

fest, dass zum Handlungsbereich der <strong>Exekutive</strong> all diejenigen Aufgaben gehören,<br />

die funktionell betrachtet nicht Gesetzgebung <strong>im</strong> Sinne des Art. 20 Abs. 2 S. 2<br />

GG sind. 1163<br />

Europäische Sekundärrechtssetzung stellte jedoch in sachlicher Hinsicht gerade<br />

Gesetzgebung dar 1164 – entweder in direkter Form als Verordnung oder als<br />

Richtlinie zur Umsetzung in innerstaatliches Recht. Der fortschreitende Integrationsprozess<br />

griff damit durch den Entzug von Rechtssetzungsbefugnissen <strong>im</strong>mer<br />

deutlicher in typische Legislativkompetenzen des Bundestages aber auch der Landesparlamente<br />

ein, so dass der Kernbereich seiner Aufgaben berührt war. Diese<br />

Entwicklung hatte gravierende Folgen für das Verhältnis von <strong>Exekutive</strong> und Legislative<br />

<strong>im</strong> Nationalstaat. Die (Bundes)<strong>Exekutive</strong> entwickelte sich mehr und mehr<br />

zum demokratischen Vollzugsinstrument. 1165 Die <strong>deutschen</strong> Legislativen hingegen<br />

verloren durch die Umwandlung vieler innerstaatlicher Entscheidungsmaterien in<br />

supranationale <strong>im</strong>mer stärker an Einfluss.<br />

Dieser Prozess wurde zudem dadurch verstärkt, dass <strong>im</strong> Rahmen der Prozeduralisierung<br />

und Transformation europäischen Rechts die nationalen Parlamente<br />

auch noch die Verantwortung für die innerstaatliche Umsetzung von europäischen<br />

Rechtsakten übernehmen mussten, an deren Kreation sie jedoch nicht oder über<br />

den Art. 23 GG nur placebohaft beteiligt waren. Im Grundsatz standen den nationalen<br />

Parlamenten in Deutschland über Art. 23 GG zwar Informationsrechte<br />

1157 BVerfGE 9, 268 (279 ff); 22, 106 (111); 34, 52 (59).<br />

1158 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II, §36 IV 5.<br />

1159 BVerfGE 67, 100 (139).<br />

1160 BVerfGE 68, 1(87).<br />

1161 Vgl. Lang, Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates und des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der<br />

Europäischen Union gemäß Art. 23 Abs. 2 bis 7 GG, 1997, S. 275.<br />

1162 Möller/L<strong>im</strong>pert, ZParl 1/93, 21(24).<br />

1163 BVerfGE 68, 1(87).<br />

1164 Lang, Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates und des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der<br />

Europäischen Union gemäß Art. 23 Abs. 2 bis 7 GG, 1997, S. 276.<br />

1165 Vgl. Dreier, Die drei Staatsgewalten <strong>im</strong> Zeichen von Europäisierung und Privatisierung, in: DÖV 2002, 537.<br />

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