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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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II. Das Spannungsverhältnis zum Demokratieprinzip und Parl. Regierungssystem<br />

relevanten Demokratieparameter herauszuarbeiten. Um anhand derer die vermeintliche<br />

Diskrepanz zwischen dem fundamentalen Staatsstrukturprinzip Demokratie<br />

und den latent auftretenden vetoartigen Organrechten <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

und den Länderverfassungen zu analysieren.<br />

Mit dem in Art. 20 Abs. 2 GG niedergelegten Kernsatz „Alle Staatsgewalt geht<br />

vom Volke aus“ gibt das Grundgesetz die Richtung vor, in welcher sich die deutsche<br />

Demokratie 1117 zu bewegen hat. Die deutsche Staatsverfassung erkennt mit<br />

jener Formulierung das Prinzip der Volkssouveränität 1118 an. Mit der Grundentscheidung<br />

dafür, dass in unserer freiheitlichen Demokratie alle Staatsgewalt vom<br />

Volke ausgehen soll, wird gleichsam festgelegt, dass das Volk nicht nur herrscht,<br />

sondern überdies auch regiert. Die Demokratie als Staats- und Regierungsform ist<br />

somit maßgebliches deutsches Organisationsprinzip für die Innehabung und Ausübung<br />

der Staatsgewalt. Das Prinzip der Volkssouveränität besagt, dass die Errichtung<br />

und Organisation der politischen Herrschaftsgewalt auf das Volk selbst rückführbar<br />

sein muss. Positiv konstituierend legt das Grundgesetz mit Art. 20 Abs. 1<br />

und 2 fest, dass Innehabung und Ausübung der Staatsgewalt sich konkret vom<br />

Volk herleiten lassen müssen. 1119<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat, basierend auf diesem Ansatz der Volkssouveränität,<br />

als entscheidendes Wesensmerkmal der Demokratie herausgearbeitet,<br />

dass der Wille des Volkes über die Bildung und Lenkung des Staates entscheidet.<br />

Es entspricht dem demokratischen Prinzip, dass die Willensentscheidung des<br />

Volkes die Grundlage jeder Staatsbildung sein muss. 1120 Daher muss jede Ausübung<br />

von Staatsgewalt durch staatliche Organe und Amtswalter vom Volk abgleitet<br />

sein und wird von diesen nur treuhänderisch für das substanziell Träger der<br />

Staatsgewalt bleibende Volk wahrgenommen. 1121 Das Bundesverfassungsgericht<br />

hat frühzeitig festgestellt, dass es sich bei der freiheitlich demokratischen Ordnung<br />

des Grundgesetzes um ein „umfassendes Staatsprinzip“ 1122 handelt. 1123 Aus die-<br />

1117 Zu den Entwicklungsstufen der Demokratie, wie sie als Staatslehre von Jean-Jacques Rousseau aus den<br />

antiken griechischen Vorbildern destilliert wurde, umfassend: Imboden, Roesseau und die Demokratie, in: Staat<br />

und Recht, S. 75 ff.<br />

1118 Zur historischen Entwicklung des Gedankens der Volkssouveränität: Czybulka, Die Legit<strong>im</strong>ation der öffentlichen<br />

Verwaltung, S. 51 ff.<br />

1119 Weitergehende Analysen zum Aspekt der Volkssouveränität als zentralem Aspekt des demokratischen Prinzips<br />

in Art. 20 Abs. 2 GG: E.-W. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip (§22), in: Isensee/Kirchhof<br />

HStR Bd. I, Rn 1-8.<br />

1120 BVerfGE 1, 14 (41).<br />

1121 Vgl. Tettinger/Mann, in: Tettinger/Mann/Salzwedel, Wasserverbände und demokratische Legit<strong>im</strong>ation, S. 6.<br />

1122 Vgl. BVerfGE 3, 58 (118).<br />

1123 In seinem wegweisenden Urteil vom 23. Oktober 1952 beschreibt das Bundesverfassungsgericht zudem die<br />

Parameter dieses essentiellen Staatsstrukturprinzips: Es heißt dort, dass die freiheitlich demokratische Grundordnung<br />

eine Ordnung ist, „… die unter Ausschluß jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung<br />

auf der Grundlage der Selbstbest<strong>im</strong>mung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit<br />

darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den <strong>im</strong> Grundgesetz<br />

konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität,<br />

die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte,<br />

das Mehrheitsprinzip und die Chancengleichheit der Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer<br />

Opposition. …“ (Vgl. BVerfGE 2, 1 (12 ff))<br />

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