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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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414<br />

E. Verfassungsrechtliche und verfassungspolitische Einpassung<br />

rationalisierender Kontrolle, die dem Gewaltenteilungsprinzip genauso wie die<br />

Zuständigkeitsverteilung zugrunde liegt, ist den exekutiven <strong>Vetorechte</strong>n durchaus<br />

eine Einpassung in das Gewaltenteilungskonzept des Grundgesetzes zu bescheinigen.<br />

Von dieser Erkenntnis ist auch nichts zurückzunehmen, wenn man einkalkuliert,<br />

dass die <strong>Vetorechte</strong> letztlich nur Verfassungsrelikte einer untergegangen<br />

Verfassungskultur darstellen.<br />

Dieser hier gewählte Ansatz, <strong>Vetorechte</strong> als ein regulierendes Moment <strong>im</strong> Sinne<br />

kontrollierender Gewaltenteilung wahrzunehmen, wird bestätigt durch die<br />

fundierte Montesquieu-Exegese, welche <strong>im</strong> Rahmen der US-amerikanischen Verfassunggebung<br />

<strong>im</strong> 18. Jahrhundert stattfand. Wie am Anfang dieses Beitrags geschildert,<br />

weist die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika ein Vetorecht<br />

des US-Präsidenten gegen Gesetzesbeschlüsse des Kongresses auf. Dennoch<br />

rühmt sich die Konstitution der Vereinigten Staaten des determinierenden Einflusses<br />

der Theorie von Charles des Montesquieu: 1114<br />

„…Montesquieus Theorie war also zum vollständigen Siege gelangt, und die Debatten in dem<br />

nationalen Konvent und bei der Ratifikation in den einzelstaatlichen verstärkten den Eindruck<br />

von der Größe seines Einflusses und erklären ihn. Man wird aus dem Munde der Staatsmänner<br />

selbst hören, daß sie ihr Verfassungsprinzip auf Montesquieu zurückführen. […] Montesquieu<br />

hatte ein regulatives System gegenseitiger Kontrolle der Regierungsorgane empfohlen und es ausdrücklich<br />

als Vorbedingung der Freiheit bezeichnet. Freiheit durch Gewaltenteilung war sein<br />

Losungswort. […]<br />

Man hütet sich vor dem Fehler starrer Theoretiker, den Trennungsbegriff zu überspannen, wodurch<br />

man sich nur um die Früchte der neu gewonnenen Wahrheit gebracht hätte. Deshalb wird<br />

absolute Trennung der Gewalten als unmöglich und <strong>im</strong> Widerspruch mit Montesquieus wahrer<br />

Meinung hingestellt (‚that the powers of the several parts of this government are not kept as<br />

distinct and independent as they ought to be‛ [...] ‚the idea misconceived or mispresented to absolute<br />

and complete seperation is not meant by them‛) [...]<br />

Die innere Struktur der Verfassung muß das Gleichgewicht der drei Gewalten sichern. […]<br />

Morris vergleicht die drei Gewalten mit drei Nachbarn, von denen jeder seine Farm gegen den<br />

anderen zu verteidigen hat; niemand würde darin ernstlich eine Gefahr der Vermischung erblicken<br />

und behaupten, ‚that a right in each to defend his farm against his neighbours, tended to<br />

blend the farms together‛. Ebensowenig kann die Selbstbehauptung der drei Gewalten, auch nicht<br />

durch das Veto, zur Vermischung führen. […] Die Gewaltenteilung gilt also allen politisch<br />

interessierten Kreisen als ein staatsrechtliches Axiom, um dessen rechte Anwendung man sich<br />

sorgfältig bemüht mit vollem Verständnis für die ursprüngliche Auffassung Montesquieus. […]<br />

Jeder Hinweis auf die drei Gewalten und ihre Selbständigkeit kann als eine indirekte Erwähnung<br />

Montesquieus betrachtet werden. Ein Zweifel, daß sie ihm die vielgerühmte Theorie verdankten,<br />

bestand für die Amerikaner nicht… Jedenfalls kennen sie keine andere Quelle für ihr<br />

Verfassungsprinzip als den ‚Geist der Gesetze‛. […]<br />

1114 Vgl. Knust, Montesquieu und die Verfassungen der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 90 ff.

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