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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

werden. Gewaltenteilung unter dem Reg<strong>im</strong>e des Grundgesetzes wird daher als<br />

organisatorisches Grundprinzip der Verfassung wahrgenommen, welches auf<br />

Konstituierung, Rationalisierung, Stabilisierung und Begrenzung staatlicher Gewalt<br />

fußt. 1110 Nicht alle diese Funktionen müssen jeweils kumulativ in einer dieser<br />

Kompetenzregeln volle Ausformung finden. Für die <strong>Vetorechte</strong> kann man jedenfalls<br />

feststellen, dass sie der Aufgabenstellung von Stabilisierung und Begrenzung<br />

gerecht werden und somit in den Verfassungen, in welchen sie niedergelegt sind,<br />

ihren Anteil an der „stabilisierenden Wirkung“ 1111 des Gewaltenteilungsprinzips<br />

als „tragendem Organisationsprinzip“ 1112 unserer Verfassung beisteuern. Auf das<br />

Staatsganze betrachtet, können die <strong>Vetorechte</strong> daher als struktur<strong>im</strong>manentes Wesenselement<br />

der grundgesetzlichen Gewaltenteilung bewerten werden. Ein Versteigen<br />

in systematisch falsche Verquickungsargumentationen rund um system<strong>im</strong>manente<br />

Brüche <strong>im</strong> Gewaltenteilungssystem ist schlechterdings nicht erforderlich.<br />

<strong>Vetorechte</strong> verletzen den Gewaltenteilungsgrundsatz der Verfassung schon<br />

deshalb nicht, da auch bei ihrem Einsatz die Gewichte zwischen den Gewalten<br />

aufrecht erhalten bleiben. Im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts<br />

1113 erhält durch sie keine Gewalt ein von der Verfassung nicht vorgesehenes<br />

Übergewicht über eine andere Gewalt und keine Gewalt wird der Zuständigkeiten<br />

beraubt, deren sie zur Erfüllung ihrer typischen Aufgaben bedarf. Die<br />

grundsätzlichen Zuständigkeitszuweisungen des Grundgesetzes bleiben auch <strong>im</strong><br />

Falle des Vetoeinsatzes gewahrt, da insbesondere die in Frage stehende Organunabhängigkeit<br />

des Parlaments nicht angetastet wird. <strong>Vetorechte</strong> führen lediglich<br />

dazu, dass die Regierung als Organ der <strong>Exekutive</strong> das parlamentarische Organ ein<br />

Stück weit mehr kontrollieren kann. Jene Kontrolle der legislativen Staatsgewalt<br />

lässt sich problemlos unter die Zielvorgabe der Missbrauchsverhinderung staatlicher<br />

Macht als einen der Hauptaspekte moderner Gewaltenteilung subsumieren.<br />

Diese Mechanismen der Verhinderung von Machtmissbrauch waren nachweislich<br />

Zielvorgaben des Parlamentarischen Rates bei der Entstehung des Grundgesetzes.<br />

<strong>Vetorechte</strong> unterminieren dieses Ziel nicht, sondern tragen ihren Anteil dazu bei,<br />

dass jenes Ansinnen Realisierung finden kann.<br />

Wenn aufgrund der Einflüsse des Parlamentarischen Regierungssystems <strong>im</strong><br />

kollusiven Zusammenwirken zwischen <strong>Exekutive</strong> und Parlamentsmehrheit oder in<br />

der vertikalen föderalen Teilnahme der Länderexekutive an der Bundesgesetzgebung<br />

kein Bruch des Gewaltenteilungssystems erkennbar ist, sondern als funktionale<br />

Gewaltenteilung anerkannt ist, dann kann den gesteigerten Kontrollmöglichkeiten,<br />

welche die <strong>Vetorechte</strong> gerade <strong>im</strong> Falle fehlender institutioneller Abhängigkeit<br />

bieten, dieser Bruch erst recht nicht unterstellt werden. Unter dem Aspekt<br />

1110 Vgl. Hesse, Verfassungsrecht, S. 215.<br />

1111 Hesse, Verfassungsrecht, S. 215.<br />

1112 BVerfGE 3, 225 (247).<br />

1113 BVerfGE 9, 279 ff; 34, 59 ff.<br />

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