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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

tion, welche <strong>im</strong> Fall einer Minderheitsregierung normalerweise regelmäßig ausfällt.<br />

Die fehlenden Abhängigkeiten und Kollusionen verhindern, anders als in der<br />

Mehrheitskonstellation, die stabilen Interaktionen zwischen <strong>Exekutive</strong> und Parlamentsmehrheit.<br />

Unter Gesichtspunkten moderner Gewaltenteilung <strong>im</strong> Sinne des<br />

Grundgesetzes wird gerade in der engen Verflechtung von Parlamentsmehrheit<br />

und Regierung unter den institutionellen Gegebenheiten des parlamentarischen<br />

Systems ein gesteigerter Aspekt von Gewaltenteilung gesehen. An die Stelle von<br />

Legislative und <strong>Exekutive</strong>, wie sie sich <strong>im</strong> konstitutionellen Staat gegenüberstanden<br />

1105 , sind unter dem Reg<strong>im</strong>e des parlamentarischen Systems die Regierung und<br />

Opposition getreten. Regierung und parlamentarische Mehrheit bilden eine weitgehende<br />

Handlungseinheit. Die Spannungen finden daher nunmehr zwischen den<br />

Regierungsfraktionen inkl. der von ihr gewählten <strong>Exekutive</strong> einerseits und der<br />

parlamentarischen Opposition andererseits statt. Dieses Wechselspiel von Mehrheit<br />

und Minderheit ist die moderne Form funktionaler Gewaltenteilung. 1106 Gerade<br />

dadurch, dass die parlamentarische Opposition ständig versuchen wird den<br />

politischen Wechsel zu initiieren, wird originäre und effektive politische Gewaltenteilung<br />

<strong>im</strong> Geiste der klassischen Gewaltenteilungslehre Montesquieus erzeugt.<br />

1107 Zentraler Dreh- und Angelpunkt der auf der parlamentarischen Opposition<br />

fußenden Gewaltenteilung sind deren Kontrollmöglichkeiten gegenüber der<br />

Mehrheitsseite und vor allem der von dieser getragenen <strong>Exekutive</strong>. Allerdings<br />

findet auch <strong>im</strong> Parlamentarischen Regierungssystem die funktionale Gewaltenteilung<br />

nicht ihr Bewenden bei der stupiden oppositionellen Kontrolle eines quasi<br />

würde, stellte die hessische Staatskanzlei ihr Kommunikationskonzept gegenüber dem Landtag um und ging<br />

wesentlich interessierter und ‚zutraulicher‛ mit den Abgeordneten, insbesondere auch der bisherigen Opposition,<br />

um. Der Chef der hessischen Staatskanzlei sah die vormalige Regierungszentrale nunmehr als ‚Partner des Parlaments‛.<br />

– Vgl. „Landespolitik vor dem freien Spiel der Kräfte“, in: FAZ NET, v. 20. März 2008.<br />

Dieser neue parlamentarische Trend setzte sich mit der konstituierenden Sitzung des hessischen Landtags fort, in<br />

welcher es mangels Mehrheiten zur Wahl eines neuen Ministerpräsidenten zu einem eher milden und verbindlichen<br />

Werben um die Abgeordneten kam: Vgl. „Koch verspricht ‚offene Türen“, in: sueddeutsche.de, v. 05. April<br />

2008 „…Der amtierende Ministerpräsident sagte, Parlament und Regierung müssten künftig konstruktiv zusammenwirken. Seine<br />

Regierung wolle Partner des Parlaments sein. Sie werde Vorschläge unterbreiten, Sachverstand anbieten und Alternativen aufzeigen.<br />

Koch versprach vor wichtigen Gesetzesprojekten oder bundespolitischen Entscheidungen, die Vorsitzenden der <strong>im</strong> Landtag vertretenen<br />

Fraktionen mit Ausnahme der Linkspartei zu konsultieren und mit ihnen mehrheitsfähige Lösungen zu erarbeiten. Um die Mehrheitsfindung<br />

zu erleichtern, wolle die Regierung unabhängige Experten aus Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft einbeziehen,<br />

die als Moderatoren auftreten könnten. …“; ebenso: Süddeutsche Zeitung, v. 05./06. April 2008, S. 6, „Neue Sanftheit<br />

in Wiesbaden“. Überdies: „Koch tritt zurück – und bleibt <strong>im</strong> Amt“, in: FAZ NET, v. 05. April 2008: „…Koch<br />

appellierte an die ‚besondere gemeinsame Verantwortung‛ aller Abgeordneten. Das Land Hessen könne sich keinen Stillstand leisten,<br />

sagte er. Seine Regierung sei ‚uneingeschränkt handlungsfähig‛. Er kündigte einen Regierungsstil ‚der offenen Türen‛ an. Die geschäftsführende<br />

Regierung sehe sich als Partner des Parlaments, sagte Koch. Auch die Streitkultur <strong>im</strong> Landtag müsse überprüft<br />

werden. Koch sagte, er wolle alle Fraktionen künftig gleichermaßen und fortlaufend über die Arbeit der Regierung unterrichten. ‚Die<br />

Trennlinien werden von diesem Tag an anders verlaufen‛. …“.<br />

1105 Im konstitutionellen Staat waren Parlament und Regierung die Repräsentanten der unterschiedlichen sozialen<br />

Machtgruppen Bürgertum und Adel. Mit dem Untergang des Ständestaates löste sich diese Frontlinie auf.<br />

1106 Vgl. N. Gehrig, Gewaltenteilung zwischen Regierung und Opposition, in: DVBl. 1971, 633 ff; ebenso mit<br />

weiteren systemtheoretischen Differenzierungen: H.-P. Schneider, Das parlamentarische System (§13), in: Handbuch<br />

des Verfassungsrechts, Rn 17.<br />

1107 H.-P. Schneider, Gewaltenverschränkung zwischen Parlament und Regierung, in: Gewaltentrennung <strong>im</strong><br />

Rechtsstaat, S. 89.<br />

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