22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

wie sie dem Werk Montesquieus entnommen wird, der ist dann verständlicherweise<br />

auch bereit, in einem Zust<strong>im</strong>mungserfordernis, wie es der „Royal Assent“ darstellt,<br />

ein Veto zu erkennen.<br />

6. Es waren insbesondere die französischen Revolutionen, welche den Geist der<br />

Gewaltenteilung zum Staatsgrundsatz werden ließen. Zur Grundlage dieses Geistes<br />

wurde m.E. weniger die englische Parlamentsverfassung, wie sie zu der Zeit<br />

Montesquieus gestaltet war, sondern es waren vielmehr die politischen Gedanken,<br />

welche Montesquieu dieser andichtete und mehr in sie hinein als aus ihr heraus<br />

gelesen hat, die dann aber die Französische Revolution von 1789 befruchteten<br />

und inspirierten. Die Umsetzung dieser politischen Gedanken Montesquieus in<br />

der ersten französischen Nachrevolutionsverfassung von 1791 ist daher nichts<br />

anderes, als die Übernahme einer Theorie in die Wirklichkeit, welche bis dahin<br />

keine reale Vorlage hatte. Die Französische Revolution, die sich das Werk Montesquieus<br />

„De L'esprit des Loix“ zu eigen machte und in ihrer konstitutionellen<br />

Theorie verarbeitet haben will, kann dann konsequenterweise auch keine <strong>Vetorechte</strong><br />

englischen Verfassungsursprungs in ihre Verfassungen geschrieben, sondern<br />

nur eines der montesquieuschen Institute übernommen haben. Selbst wenn<br />

man diejenige französische Nachrevolutionsverfassung von 1791 zugrunde legt,<br />

welche stringent der Volksvertretung die Gesetzgebung zuwies und dem Monarchen<br />

nur die <strong>Exekutive</strong>, so fällt auf, dass die königliche Gesetzessanktion<br />

(„Consentement royal“) nichts anderes als der „Royal Assent“ der englischen<br />

Krone war.<br />

Dieses Recht des Monarchen zum Gesetzesplazet war systemlogisch jedoch<br />

kein Vetorecht <strong>im</strong> Sinne tribunizischer Einsprüche. Der „Royal Assent“ stammte<br />

rechtshistorisch betrachtet aus einer Zeit, zu welcher die „bills“ dem englischen<br />

König als Petitionen vorgelegt wurden, um sie mit der Sanktionsformel „le roy le<br />

veult“ zu versehen. 1094 Jener Ursprung macht mehr als deutlich, dass es sich auch<br />

in der Zeit des „King in Parliament“ nicht um einen exekutiven Einspruch gehandelt<br />

haben kann.<br />

7. Die gesamte Gewaltenteilungssystematik wurde mithin nicht dem englischen<br />

<strong>Verfassungssystem</strong> entlehnt, sondern entsprang einer Theorie Montesquieus.<br />

Wenn man diese Sichtweise als richtig fingiert, ist der erste Schritt getan, um die<br />

dem Konstitutionalismus zugeschriebenen exekutiven <strong>Vetorechte</strong> richtig zu deuten.<br />

Es sei gerade wegen der Inadäquanz dieses hier vertretenen Gedankens<br />

nochmals darauf hingewiesen: Nicht der Umstand, dass <strong>Vetorechte</strong> Aspekte der<br />

Gewaltenteilung sein könnten, steht grundsätzlich in Frage (dies wurde <strong>im</strong> Kapitel<br />

E.2.a. hinreichend verifiziert), sondern die hemmungslose Gleichsetzung von<br />

Gewaltenteilung und Konstitutionalismus wirft Fragen auf, welche ihren Kristallisationspunkt<br />

gerade auch bei den <strong>Vetorechte</strong>n erreichen. Es wird der Eindruck<br />

vermittelt, als sei Konstitutionalismus ohne Gewaltenteilung undenkbar. Gerade<br />

dies führt jedoch zu einer brachialen Überfrachtung der <strong>Vetorechte</strong> als Aspekte<br />

1094 Vgl. Laband, Das Staatsrecht des <strong>deutschen</strong> Reiches Bd. II, S. 7.<br />

403

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!