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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

erste Umstand, den Montesquieu bei seiner Grundthese für die Gewaltenteilung<br />

nicht einkalkulieren konnte. Schon von Anfang an erwies sich also ein für den<br />

Legislativbereich konzeptionell angelegter Gewaltenteilungsaspekt als schwach.<br />

Der Hochadel, dem Montesquieu selbst entstammte, konnte schon faktisch keinen<br />

Beitrag mehr zur Verteidigung monarchischer Interessen liefern. Damit blieb<br />

einzig der Monarch selbst, als Verteidiger monarchischer Interessensgebiete übrig.<br />

Das ihm in der montesquieuschen Gewaltenteilungstheorie zugedachte Vetorecht<br />

wurde <strong>im</strong> Rahmen der politischen Realitäten somit in eine ganz andere Bedeutungssphäre<br />

hochtransformiert.<br />

3. Das englische Staatssystem seiner Zeit wird als Vorbild der montesquieuschen<br />

Gewaltenteilungsgedanken unterstellt. Obwohl das englische <strong>Verfassungssystem</strong><br />

von Montesquieu in seinem Werk „De L'esprit des Loix“ nirgendwo ausdrücklich<br />

als das Vorbild für sein Gewaltenteilungssystem tituliert wird, soll es wegen des<br />

zeitlich-chronologischen Zusammenhangs zu seinem langen Englandaufenthalt<br />

unmittelbar vor dem Erscheinen seines Werkes die maßgebliche Determinante<br />

seiner Teilungslehre sein. Meines Erachtens könnte diese Unterstellung den maßgeblichen<br />

Ausgangspunkt vieler fragwürdiger Interpretationsweisen zu den <strong>Vetorechte</strong>n<br />

darstellen, die sich auch bei Roman Herzog wiederfinden. In deren Folge<br />

kam es zu einer grundsätzlichen Gleichsetzung des Konstitutionalismus mit der<br />

Gewaltenteilung. Diese Betrachtungsweise ist jedoch einer Sicht auf das Werk<br />

Montesquieus geschuldet, welche dessen eigentliche Stoßrichtung verkennt. Problematisch<br />

ist insbesondere, dass seine Theorie regelmäßig dergestalt wahrgenommen<br />

und gedeutet wurde, als knüpfte sie an tatsächliche englische Rechtsverhältnisse<br />

an, als entspringe sie wirklich dem ihr vielmals unterstellten englischen Verfassungsvorbild,<br />

als sei das, was Montesquieu <strong>im</strong> „Geist der Gesetze“ beschreibt,<br />

einem <strong>Verfassungssystem</strong> entlehnt, welches den Konstitutionalismus, wie er in<br />

Kontinentaleuropa Platz greifen sollte, erfunden hätte. Diesbezügliche Annahmen<br />

stellen das montesquieusche Gewaltenteilungskonstrukt oft so dar, als ob zu dessen<br />

Verwirklichung nur noch die Kopie einer schon komplett vorhandenen Verfassungskonstruktion,<br />

zu installieren gewesen wäre.<br />

Montesquieu soll nach dieser Lesart in seinem Werk „Esprit des Lois“ den<br />

Konstitutionalismus als erstrebenswertes Abbild des englischen Systems dergestalt<br />

beschrieben haben, dass dieser insbesondere der Despotie des absolutistischen<br />

Frankreich in allen Bereichen überlegen wäre. Schon allein aufgrund dieser Überlegenheitsannahme<br />

wurde sein Werk weitgehend als die Quintessens des konstitutionellen<br />

Gedankens wahrgenommen.<br />

4. Da das Werk Montesquieus nun mal aber auch dezidierte Aussagen zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

machte, ist es in der Folge zumindest nicht verwunderlich,<br />

wenn der Konstitutionalismus mit der Gewaltenteilung und diese mit den <strong>Vetorechte</strong>n<br />

und umgekehrt gleichgesetzt und vermengt wurden. Montesquieu trägt<br />

dazu ein gutes Stück Verwirrung bei, in dem er einem Kapitel seines Werkes „De<br />

L'esprit des Loix“ die Überschrift gibt: „De la constitution d‛Angleterre“ (Buch XI,<br />

Kap. 6). Auf den ersten Blick könnte man daher durchaus zu der Sichtweise ge-<br />

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