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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

sich wiederholt die verschiedenen Motivationslagen vor Augen führt. Die französischen<br />

„monarchiens“ setzten die Gewaltenteilung als Mittel zum Zweck ein, um<br />

die Stellung eines starken Königs zu rechtfertigen. Nur deshalb verfolgten sie<br />

überhaupt das Ziel der Adaption eines „Royal Assents“. Systemlogisch hätten<br />

jedoch gerade die „monarchiens“ nicht an starker Gewaltenteilung interessiert sein<br />

dürfen, denn sie wollten für die erste französische Nachrevolutionsverfassung von<br />

1791 einen möglichst starken König. Nur weil sie diesen nicht (wieder) bekommen<br />

konnten, verfielen sie auf die Idee, die Macht des Parlaments mittels gut ausgebauter<br />

Kronrechte einhegen zu wollen, wozu gerade auch ein Veto gegen das<br />

Gesetzgebungsgebaren der Nationalrepräsentation als gut geeignet erschien. Nicht<br />

die Überzeugung, dass Gewaltenteilung an sich anstrebenswert sei, trieb sie also<br />

an, sondern dass diese als das einzige Mittel erschien, um überhaupt königliche<br />

Partizipation an der nunmehr zwangsweise zu teilenden Gewalt zu legit<strong>im</strong>ieren.<br />

Neben diesem Begründungsansatz muss ein weiterer Aspekt in die Diskussion<br />

eingeführt werden, der sich insbesondere in der Sichtweise Roman Herzogs 1086 widerspiegelt.<br />

Jene Auffassung will gerade <strong>im</strong> Letztentscheidungsrecht des konstitutionellen<br />

Monarchen bei der Gesetzgebung ein Vetorecht erkannt haben. Gesetzgebung<br />

wird für den Konstitutionalismus als solche „zur gesamten Hand“ 1087<br />

dargestellt. Einige Seiten später <strong>im</strong> selben Herzogschen Werk liest man vom gleichen<br />

Verfasser folgendes:<br />

„…Im konstitutionellen Regierungssystem konnten die Parlamente einfach deshalb keine besondere<br />

politische Macht ausüben, weil sie nicht allein <strong>im</strong> Besitze der gesetzgebenden Gewalt, sondern<br />

stets einem Vetorecht des Monarchen ausgesetzt waren. …“ 1088<br />

Was st<strong>im</strong>mt denn nun? Hatte der konstitutionelle Monarch ein Vetorecht oder<br />

war er partizipierender Teilnehmer am Gesetzgebungsvorgang?<br />

Jene hier aufgezeigte Diskrepanz rührt aus einer viel zu grobschlächtigen Betrachtung<br />

der historischen Entwicklungen bezüglich des Gesetzgebungsprozesses<br />

<strong>im</strong> konstitutionellen Staatsrecht. Es erscheint mir dabei insbesondere als das<br />

Hauptproblem, dass die Entwicklung des Gewaltenteilungssystems viel zu häufig<br />

mit den Problemstellungen bei der Entstehung des Konstitutionalismus gleichgesetzt<br />

wird. 1089 Dieser Ansatz mag häufig nicht sonderlich ins Gewicht fallen, da es<br />

1086 siehe Kapitel B.I.3.d.cc.ccc. – wo Herzog ausführt: …dass der Gegensatz zwischen Krone und Bürgertum<br />

aufgehoben werden sollte und der Monarch für den Verlust der Gesetzgebungsmacht an die Parlamentskammern<br />

eine Kompensation in Form eines autarken Letztentscheidungsrechts über die Gesetzessanktion erhielt, das er als<br />

Vetorecht bezeichnet.<br />

1087 Vgl. Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 232.<br />

1088 A.a.O., S. 269.<br />

1089 Schon Julius Stahl kam in seiner Abhandlung „Das monarchische Prinzip“ (1845) zu der Auffassung, dass die<br />

Vorstellungen der herrschenden Theorien <strong>im</strong> Konstitutionalismus falsch waren, insoweit sie anhand des Vorbildes<br />

England den Begriff „constitutionell“ mit der Gewaltenteilung gleichsetzten. Vgl. ebenso: Ellwein, Das Erbe<br />

der Monarchie in der <strong>deutschen</strong> Staatskrise, S. 85/86.<br />

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