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Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

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I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

zeigt fragwürdigen Adaption des englischen <strong>Verfassungssystem</strong>s anhing, gelang<br />

ihm die kritische Hinterfragung jener begrifflichen Fehlverwendung <strong>im</strong> Schrifttum,<br />

welche in der königlichen Zust<strong>im</strong>mungsverweigerung ein Veto erblicken<br />

konnte. Stahl, der als fast schon fanatischer Monarchist bezeichnet werden konnte,<br />

war anders als Murhard ein glühender Verfechter eines möglichst unbedingten<br />

monarchischen Vetos und erklärte infolgedessen die Ausprägung des Vetos zum<br />

Qualitätsmerkmal des konstitutionellen Königtums. Hierzu schrieb Stahl:<br />

„… Die Best<strong>im</strong>mung des Königthums ist vorzugsweise Schutz und Hülfe für den Unterdrückten,<br />

sei es als Einzelner, sei es eine Classe, Stand, Provinz, Religionsparthei, kurz eine Minorität.<br />

Dazu dient eben das königliche Veto, das er deshalb frei und selbständig muß ausüben<br />

können, nicht nach dem Willen der Majorität, sondern grade gegen ihren Willen, als Damm<br />

gegen ihre Ungerechtigkeit, gegen Mißbrauch ihrer Überlegenheit, und dieses freie selbständige<br />

Veto ist darum das Kriterium, ob noch wahrhaft ein Königtum besteht oder nicht. Dieses Veto<br />

haben vor der Nachahmung englischer Formen alle Könige Europa‛s geübt… […]<br />

Man mache aber die Probe hierüber in England. Kann dort der König dem Unterdrückten, sei<br />

es ein Einzelner, oder eine Minorität, Schutz und Hülfe gewähren? Könnte der König von England,<br />

wenn das Parlament bedrückende Maßregeln gegen Irland beschließt, die Irländer durch<br />

sein Veto schützen? […] Ja er könnte vielleicht wenn es ihm gelänge kraft außerordentlicher<br />

staatsmännischer Begabung durch die geschickte Handhabung seiner formellen Befugnisse eine<br />

seiner Absicht günstige Umst<strong>im</strong>mung der Meinung des Landes und Umstellung der Partheien<br />

des Parlaments zu bewirken, aber er könnte es n<strong>im</strong>mermehr aus eigener Macht, kraft seines<br />

königlichen Rechts… “ 1076<br />

Stahl erhebt also das Veto zum Kriterium für den Reinheitsgrad königlichen Einflusses<br />

<strong>im</strong> Konstitutionalismus. Anders als Murhard unterliegt er dabei aber nicht<br />

demselben unheilvollen Gleichsetzungsfehler. Er erklärt zwar die Frage nach der<br />

Intensität und Ausprägung des englischen „Royal Assent“ zur Frage nach der Art<br />

und Güte der englischen Monarchie und damit argumentationslogisch auch die<br />

D<strong>im</strong>ension des <strong>deutschen</strong> Vetorechts zum Qualitätsmerkmal deutscher Monarchien.<br />

In seinem Bestreben, die Notwendigkeit eines möglichst starken absoluten<br />

Vetos des <strong>deutschen</strong> Kaisers in der ersten Verfassung auf Reichsebene zu garantieren,<br />

verfängt er sich jedoch nicht <strong>im</strong> Adaptionsmärchen englischen Staatsrechts,<br />

sondern vermag dieses sogar aufzudecken. Gerade Stahls Ansinnen den „Royal<br />

Assent“ als schwach und für die deutsche Kaiserverfassung unbrauchbar dastehen<br />

zu lassen, ermöglicht ihm die praktische Hinfälligkeit jenes englischen Kronrechts<br />

zu erkennen, welches gefangen in der parlamentarischen Einhegung nur noch<br />

rechtshistorisches Dasein fristete.<br />

Der Umstand, dass es sich be<strong>im</strong> „Royal Assent“ letztlich lediglich um einen<br />

Zust<strong>im</strong>mungsvorbehalt des englischen Monarchen als machtloser Teilhaber an der<br />

Gesetzgebung handelte, kann deshalb von Stahl so unideologisch identifiziert<br />

1076 Stahl, Was ist ein constitutioneller König?, in: Die Revolution und die constitutionelle Monarchie, S. 57.<br />

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