22.01.2013 Aufrufe

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

Exekutive Vetorechte im deutschen Verfassungssystem - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

I. Konfliktlinien zum Gewaltenteilungsprinzip<br />

„…Ferner hingen die Monarchisten einer mechanischen Auffassung der Gewaltenteilung an, in<br />

der die Gesetzesinitiative ausschließlich bei der Versammlung lag und dem König als Gegenmittel<br />

ein absolutes Veto zustehen sollte. …“ 1069<br />

Die letztlich nur rud<strong>im</strong>entäre Kenntnislage bezüglich des adaptierten britischen<br />

Staatssystems erwies sich <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Bestreben, die Stellung des<br />

Königs mittels der englischen Kronrechte zu sichern, als besonders verhängnisvoll.<br />

Dabei unterlagen die sog. französischen Monarchisten dem fatalen historischen<br />

Irrtum, dass es sich bei dem britischen „Royal Assent“ 1070 um eine besonders<br />

starke Ausformung der Gewaltenteilung handelte. Die Monarchisten meinten<br />

in dem „Royal Assent“ der Krone ein Veto zu erkennen, durch welches der König<br />

gegen unliebsames Gesetzgebungsgebaren des englischen Unterhauses vorgehen<br />

könnte. Dass es sich schon damals um ein obsoletes, weil seit 1707 nicht mehr<br />

angewandtes Zust<strong>im</strong>mungsverweigerungsrecht handelte, wurde genauso übersehen,<br />

wie die divergierende Natur des englischen Staatsrechts an sich.<br />

Die französischen Monarchisten hatten sich schon früh damit abgefunden,<br />

dass es unmöglich sein würde, dem König eine dominierende Position inmitten<br />

des Gesetzgebungsverfahrens verschaffen zu können. Aber sie wollten auch nicht,<br />

dass der König, dem lediglich die <strong>Exekutive</strong> zugewiesen war, zu einem „Magistrat“<br />

oder einem „einfachen Armeegeneral“ herabsinke. 1071 Um dies zu verhindern, erachteten<br />

die Monarchisten ein suspensives Veto als nicht ausreichend. Bei ihren Bestrebungen<br />

<strong>im</strong> Rahmen der Verfassunggebung für den König ein absolutes Veto<br />

herauszuhandeln, übersahen die ‚monarchiens‛ allerdings, dass der „Royal Assent“<br />

des englischen Monarchen eine grundsätzliche Beteiligung des Königs an der Gesetzgebung<br />

1072 voraussetzte, die dem französischen König ausdrücklich nicht mehr<br />

zugestanden werden sollte.<br />

Auch wenn sich die Monarchisten in der Verfassungsversammlung mit ihren<br />

Vorstellungen 1073 für die Ausgestaltung eines königlichen Vetos in absoluter Form<br />

1069 v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 57.<br />

1070 Der „Royal Assent“ stellt das Recht der Krone dar, einem parlamentarisch verabschiedeten Gesetz (engl. bills)<br />

die Zust<strong>im</strong>mung zu verweigern. Der parlamentarische Akt des Gesetzesbeschlusses bedurfte folglich der<br />

Goutierung durch den englischen Monarchen. Eigentlich stellt der „Royal Assent“ das Plazet des englischen<br />

Monarchen zu dem parlamentarischen Gesetz dar. Es wurde aus dem französischen Sprachgebrauch entlehnt.<br />

Die offizielle Genehmigungsformel lautet „Le roy le veut“. Die Zurückweisung des solchen wurde in der Verweigerungsformel<br />

„Le roy s‛avisera“ zum Ausdruck gebracht. Siehe dazu: Bluntschli, Allgemeines Staatsrecht, S. 108.<br />

1071 So v. Beyme – die Auffassungen der Partei der Monarchisten um Mounier zusammenfassend, in: v. Beyme,<br />

Die Parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, S. 58.<br />

1072 The King of England is a member of the English legislature, because Parliament is in theory his Great Council<br />

which he sumons an in which he presides. – diese Aussage spiegelt sich wieder in der Formel: “le Roy le<br />

veult“.<br />

1073 Der Sichtweise der Monarchisten stand die der grundsätzlichen Gegner eines königlichen Vetos gegenüber.<br />

V. Beyme beschreibt diese fundamental abweichende Auffassung in: v. Beyme, Die Parlamentarischen Regierungssysteme<br />

in Europa, S. 59, „…Scharf nahm er (Sieyés – ein linker Gegner aller monarchistischen Tendenzen)<br />

gegen die Forderung nach einem königlichen Veto Stellung. Den vieldiskutierten Unterschied zwischen absolutem und suspensivem<br />

Veto wischte er mit einer Handbewegung weg und erklärte, dass jedes Veto ein ‛lettre de cachet‚ gegen die ‚volonté nationale‚ sei.<br />

Sieyés griff die Auffassungen der Anglomanen an deren schwächsten Stelle an. Er legte dar, dass der Unterschied zwischen Frank-<br />

391

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!